Die Räuberhöhle am Schafteiche zu Glauchau

Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Die Räuberhöhle am Schafteiche zu Glauchau
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 1. S. 520-522
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[520]
580) Die Räuberhöhle am Schafteiche zu Glauchau.
Poetisch beh. v. Ziehnert Bd. II. S. 225 sq.

In der Nähe von Glauchau befindet sich der sogenannte Schafteich, der fast eine halbe Stunde im Umfang hat und beinahe den ganzen ebenen Raum zwischen dem Schneeberge, der Mulde und der Lungwitz einnimmt. Nahe bei diesem Teiche befindet sich eine Art Stolln, der weit hinein in die Erde reicht, und den man gewöhnlich die Räuberhöhle nennt. [521] In derselben soll es aber nicht geheuer sein. So erzählt man, daß einst ein armer Hirtenknabe an jener Höhle fast täglich gespielt und oft von brennender Neugierde gequält worden sei, einmal hinein zu kriechen, um zu wissen, was denn eigentlich darin sei. Nun getraute er sich aber, so beherzt er sonst auch immer war, doch nicht so recht hinein, weil er den Rückweg zu verfehlen dachte. Da sah er einmal eine schwarze, goldgesprenkelte Henne in den Eingang kriechen und gackern, gerade als wenn sie legen wolle. In der Hoffnung, ihr Nest zu finden, folgte er ihr einige Schritte, allein bald ward es ihm zu unheimlich und zu finster und so kehrte er wieder um. Da er nun aber die Henne auch die nächsten Tage immer wieder an demselben Orte fand, so dachte er darüber nach, wie ihm wohl die Henne den Weg in das Innere der Höhle zeigen könne. Er nahm also einen starken Knäuel Garn und band der Henne einen Faden desselben an das Bein, und diese zog ihn nun ganz langsam, gerade als ob sie seine Absicht merke, hinter sich in die Höhle. Schon war aber das Garn fast ganz abgeweift, da sah er auf einmal vor sich ein brennendes Licht. Allein wie ward ihm, als er bemerkte, daß dasselbe aus den Augen eines schwarzen zottigen großen Hundes mit furchtbarem Rachen und scharfen Klauen ausströme! Neben demselben stand aber ein Männchen in einem grauen Mäntelchen, das hatte einen großen Sack Geld in der Hand und rief ihm zu, er möge nur näher kommen. Allein der Knabe wagte es nicht, und nur erst, als das Männchen ihm nochmals zurief, er könne es ohne Gefahr thun, wagte er es. Hierauf reichte ihm der Graumantel eine Hand voll Thaler und sagte, er könne hierher so oft kommen, als er wolle, er solle jedesmal eine gleiche Summe bekommen, nur dürfe er Niemanden sagen, wo er das Geld her habe, sonst sei er verloren. Der Knabe fand nun den Rückweg sehr leicht, allein da er Niemanden, auch seinen Eltern nicht, sein Glück mittheilen konnte, so blieb ihm nichts übrig, als das Geld zu vernaschen. Dies that er auch nach und nach, und als dasselbe verthan war, begab [522] er sich wieder in die Höhle und holte sich eine zweite Auflage des vorigen Geschenks. Weil nun aber der Knabe gar zu oft bei dem Kaufmann Näschereien kaufte und stets in blanken Thalern bezahlte, schöpfte derselbe Verdacht, das Geld sei gestohlen, und theilte seine Wahrnehmung dem Vater des Knaben mit. Da dieser nun recht gut wußte, daß sein Sohn nicht Pfennige, geschweige denn Thaler haben könne, so suchte er erst durch Drohungen herauszubringen, wo das Geld her sei, und als der Knabe es nicht gestehen wollte, prügelte er ihn so lange auf’s Unbarmherzigste, bis derselbe Alles gestand, aber auch hinzusetzte, daß ihm gewiß sein Brod gebacken sei, weil er das graue Männchen verrathen habe. Und so geschah es auch, denn als der Hirt am andern Morgen seinen Sohn, der ihm zu lange zu schlafen schien, aufwecken wollte, war er todt, der Böse hatte ihm den Hals umgedreht.