Die Photographie des Blutes im Dienste der Criminaljustiz

Textdaten
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Autor: S. Th. Stein
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Titel: Die Photographie des Blutes im Dienste der Criminaljustiz
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 695–698
Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1876
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Nachdruck nicht gestattet.
Die Photographie des Blutes im Dienste der Criminaljustiz.
Von Dr. S. Th. Stein.


Unsere schöpferische, überall auf Neugestaltung hinwirkende Zeit hat die drei mächtigen Erscheinungen der Natur, den Dampf, die Electricität und das Licht, auf fast allen Gebieten des Wissens und Schaffens zu verwerthen verstanden. Während Elektricität und Galvanismus für den gegenseitigen geistigen Verkehr der Völker dienstbar gemacht wurden, während man den Dampf zur raschen Fortbewegung und zur Förderung der Industrie benutzte, während die Lehre vom Schall in der Musik ihre praktische Verwerthung fand, waren es die Gesetze des Lichtes und die Bewegungen der Lichtwellen, welche neben den Leistungen, die sie dem bürgerlichen Leben durch die Lichtbildkunst, die Photographie, erwiesen haben, fast ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung in praktischer und theoretischer Hinsicht zu Gute kamen.

Die angewandten Lehren vom Lichte treten besonders zu Gunsten der Fächer ein, welche die Entwickelung der Naturwissenschaften zu fördern bestimmt sind, eröffnen aber auch anderen exacten Wissenszweigen ein reiches Feld der Thätigkeit und der Vervollkommnung. Daß optische Apparate für die Resultate der Astronomie von unschätzbarem Werthe geworden sind und die Errungenschaften anatomischer und physiologischer Studien durch die mikroskopische Forschung befestigt haben, daß sie in rastloser Thätigkeit verschiedenen Zweigen der Kunst und Industrie, insbesondere der Portrait- und Landschafts-Photographie ihre bilderzeugende Kraft zur Verfügung gestellt, sind allgemein bekannte Thatsachen. Man schreitet alltäglich in der Ausbildung der genannten Fächer weiter fort.

Auch in der Criminalgerichtspflege hat man in den jüngsten Jahren versucht, die Anwendung des Lichtes durch die Photographie einzubürgern, und dies ist in den betheiligten Kreisen wohlbekannt. Daß steckbriefliche Verfolgungen von Verbrechern durch die Versendung von Photographien zu schleuniger Erledigung geführt wurden, ist den Lesern der „Gartenlaube“ vor Kurzem in einem besonderen Artikel (Nr. 29) dargelegt worden; auch die directe Anwendung der Photographie zur Darstellung von Oertlichkeiten, die irgend einen Thatbestand beweisen sollen, hat sich von bedeutendem Werthe für die Untersuchung erwiesen. Allein eine weit förderlichere Benutzung steht der Photographie in Verbindung mit dem Mikroskope noch bevor.

Sehr häufig wird dem Gerichtsarzte und dem Gerichtschemiker die Frage vorgelegt, ob dieser oder jener Flecken an der Wäsche eines Angeschuldigten von Blut herrühre, ob einzelne Härchen, welche an den Kleidungsstücken eines verdächtigen Individuums gefunden wurden, Menschen- oder Thierhaare seien, ob Flecken auf Werkzeugen, Möbeln, Thüren, Wänden und Geschirren, die augenscheinlich eine Aehnlichkeit mit Blutflecken haben, wirklich von Blut herrühren oder nicht. Der Angeschuldigte leugnet entweder Alles, oder er räumt ein, daß die Flecken an seinen Kleidern wohl Blutflecken sein könnten, behauptet aber, daß sie von Thierblut herstammen. Es ist auf [696] mikroskopischem Wege möglich, eingetrocknetes Menschenblut von Thierblut selbst nach langer Zeit zu unterscheiden. Der berühmte Gerichtsarzt Casper erzählt in seinem Werke über die gerichtlich-medicinische Leichendiagnostik einige merkwürdige hierher gehörige Fälle.

Ein Mann war aus seiner Wohnung zwangsweise exmittirt und dabei mißhandelt worden. Er gab an, in Folge dessen erkrankt zu sein; es entstand der Verdacht, daß das in der Krankheit ihm angeblich abgegangene Blut nicht Menschen-, sondern absichtlich verschlucktes unverdautes Taubenblut gewesen sei. Zwei Aerzte hatten dies bescheinigt. Auch in weiterer Instanz hatten zwei Aerzte erklärt, daß das zwischen dem 30. Januar und 3. Februar des betreffenden Jahres abgegangene Blut sich bei einer nach fast sechs Monaten von ihnen ausgeführten mikroskopischen Untersuchung als Vogelblut ergeben habe. Das requirirte k. Medicinal-Collegium hatte darüber wegen Unkenntlichkeit der fraglichen Substanz eine bestimmte Ansicht nicht mehr aussprechen können. Mitte Februar des darauffolgenden Jahres, also mehr als ein Jahr nach seinem Abgange im frischen Zustande, wurde das Blut nochmals von Sachverständigen untersucht und folgendes Gutachten erstattet: „Zur Erledigung unseres Auftrages wurde die übersandte Blutsubstanz (ganz trockenes, pulveriges Blut in einer Schachtel) unter dem Mikroskope verglichen: 1) mit frischem und mit getrocknetem Blute aus einer menschlichen Leiche; 2) mit frischem und mit getrocknetem Blute einer Taube. Die Blutkörperchen des fraglichen Blutes lassen sich, wenn hinreichend kleine Fragmente desselben mit einer Kochsalzlösung oder mit Zucker angesetzt unter das Mikroskop gebracht werden, deutlich erkennen. Sie sind nicht elliptisch und haben die Form, welche den Blutkörperchen des Menschen und der Säugethiere eigen und gemeinsam sind. Von der Größe der menschlichen abweichende Blutkörperchen haben sich darin durchaus nicht erkennen lassen. Von der runden Form einigermaßen verschiedene Blutkörperchen sind darin nur wenige enthalten und nicht mehr und nicht minder, als man dergleichen geringe Abweichungen im Blute des Menschen und mancher Säugethiere wahrnimmt.“

Aus der Differenz der betreffenden Untersuchungen folgt, wie leicht der Sachverständige subjectiven Täuschungen unterworfen ist, indem die vorgelegte Blutsubstanz nicht Taubenblut und überhaupt kein Vogelblut war, vielmehr nur Menschen- oder Säugethierblut sein konnte.

Ein weiterer interessanter Fall ist folgender:

Am 14. Januar 1857 waren zu N. im Wirthshause unter mehreren gemeinschaftlich Trinkender der Bauer S. und der Knecht W. anwesend. Letzterer sah, daß S. einen Geldbeutel mit fünfundzwanzig Thalern bei sich trug, fragte denselben, welchen Weg er nach Hause nehmen werde, und entfernte sich. Als S. in der Nacht nach Hause zurückkehrte, erhielt er plötzlich einen Schlag in’s Gesicht, der ihn besinnungslos zu Boden streckte. Als er wieder zu sich kam, fand er sich seines Geldbeutels beraubt. Der Raubes dringend verdächtig, wurde der Knecht W. eingezogen. Seine Stiefel paßten genau in die Fußspuren im Schnee. Er war schon früher wegen Diebstahls bestraft worden und trieb ungewöhnlichen Aufwand. Besonders verdächtig war ein fast handtellergroßer Blutfleck in seinem drillenen Rocke. Er erklärte, daß derselbe davon herrühre, daß er zu Weihnachten des vorangegangenen Jahres beim Schlachten einer Kuh behülflich gewesen, und diese Angabe hat sich bestätigt. Das dortige Kreisgericht fand sich bei dieser Sachlage veranlaßt, den genannten Rock an einen Sachverständigen einzusenden, welcher durch mikroskopische Untersuchung feststellen sollte, ob der Blutfleck von menschlichem oder von Thierblut herrühre. Frisches Menschen- und frisches Ochsenblut wurden vergleichsweise bei einer einhundertundachtzigmaligen Vergrößerung unter das Mikroskop gebracht und ein Unterschied auf das Entschiedenste wahrgenommen. Auch beim Mischen beider Blutarten konnte man auf’s Deutlichste die kleineren Rind- und die größeren Menschenblutkörperchen sofort von einander unterscheiden. Für den fraglichen Criminalfall jedoch wurde wegen möglicher subjectiver Täuschungen ein Urtheil nicht abgegeben.

Einen dritten Fall erzählte kürzlich Dr. Malinin in Tiflis. Gegen zwei Edelleute, Brüder aus Sura im Kaukasus, lag Verdacht einer Mordthat vor. Unter Anderem hatte man bei denselben im Stalle eine mit Blut befleckte Tafel gefunden. Die Beschuldigten betheuerten, daß es Ziegenblut und Hammelblut sei. Bei der Untersuchung dieser Flecken zeigte das Mikroskop wirklich, daß der eine Flecken aus Ziegenblut, der andere aus Hammelblut bestand – die beiden Edelleute waren gerettet.

Bringt man bei solchen Untersuchungen eine kleine Quantität von menschlichem Blute, etwa ein Tröpfchen von der Größe eines i-Punktes zwischen zwei Glasplättchen unter das Mikroskop, so löst sich diese kleine Masse bei einer etwa 250-fachen Vergrößerung für das beschauende Auge in hunderte kleiner röthlicher, an den Kanten abgerundeter, in der Mitte dellenartig eingedrückter Scheibchen von ungefähr anderthalb Millimeter scheinbarer Größe auf; diese Körperchen schwimmen in einer klaren Flüssigkeit, welche „Serum“ genannt wird; sie machen mehr als die Hälfte der ganzen Blutmasse aus und sind bei verschiedenen Thierclassen sehr verschieden, sodaß sie, je nach ihrer Form und Größe, einen Schluß auf das Thier gestatten, von welchem das untersuchte Blut herrührte. Das Blut der Säugethiere nämlich, mit Ausnahme des Kameeles und des Lamas, zeigt runde, das Blut der Vögel, Reptilien und Fische ovale Blutkörperchen. Die einzelnen Gattungen genannter Thierclassen lassen sich aus der verschiedenen Breite der Blutkörperchen erkennen, und bei einer von uns und anderen Sachverständigen angestellten vergleichenden Berechnung ergaben sich merkwürdige Verschiedenheiten, nicht nur in Bezug auf die Form, sondern auch in Betreff der Größe der einzelnen Blutbestandtheile.

Der Laie verbindet mit dem Begriffe „Blut“ nur den Eindruck einer gleichmäßigen, dunkel- oder hellrothen Flüssigkeit von klebriger Consistenz. Den Wenigsten ist es indessen bekannt, daß die eigentlichen Träger des Lebens nicht in der Blutflüssigkeit, sondern in den dieselbe zu Milliarden durchsetzenden beweglich-zusammenziehbaren Körperchen zu suchen sind.

In einem Cubikmillimeter Blut eines kräftigen Mannes finden sich ungefähr fünf Millionen rothe Blutkörperchen, in einem Cubikcentimeter 5000 Millionen und in der gesammten, ungefähr 4400 Cubikcentimeter betragenden Blutmasse eines gesunden erwachsenen Mannes ungefähr zweiundzwanzig Billionen Blutkörperchen. Die Masse eines solchen Körperchens beträgt nur 0,000000072 Cubikmillimeter. Die in einem Cubikmillimeter enthaltenen Blutkörperchen (fünf Millionen) besitzen eine Oberfläche von 640 Quadratmillimeter und die Zellen des Gesammtblutes (4400 Cubikcentimeter) eine Oberfläche von 2816 Quadratmetern. Bei Frauen finden sich ein Zehntel weniger derartige Gebilde im Blute vor, und bei erschöpfenden Krankheiten, bei der Bleichsucht, bei anhaltendem Hungern, nimmt die Zahl dieser mikroskopischen Träger des Lebens noch weit mehr ab.

Es ist nicht zu leugnen, daß bei den Untersuchungen selbst der exactesten Gelehrten die Gesichtsempfindungen, auf welchen ja einzig und allein die directe Beobachtung beruht, Täuschungen unterworfen sind. Es ist durch genannte Untersuchungen dargethan, daß auf physiologischen Anomalien (Regelwidrigkeiten) des betrachtenden Auges beruhende Fehler durchaus nicht immer dieselben sind, selbst nicht während einer einzigen Reihe von Beobachtungen. Wenn nun der menschliche Empfindungsmechanismus derartige Unvollkommenheiten zeigt, welche nicht nur mit dem Lebensalter, sondern sogar von einem Augenblicke zum andern sich ändern, von vorübergehender Störung der Verdauung, der Blutcirculation oder von nervöser Erregung abhängen, so wird besonders bei Beantwortung wissenschaftlicher Fragen, von welchen das Leben eines Menschen abhängt, die Anwendung des Lichtes und der Photographie als ein unschätzbares Förderungsmittel in der Wissenschaft betrachtet werden müssen. Ich habe in meinem größeren Werke „Das Licht im Dienste wissenschaftlicher Forschung“ durch eine große Anzahl erläuternder Abbildungen und eine populär allgemein verständliche Sprache gerade in dieser Richtung sowohl die Fachgelehrten, wie auch die Gebildeten im Volke auf die Wichtigkeit obiger Momente hinzuweisen versucht.

Um nun den mitgetheilten, besonders für die Gerichtspflege so sehr wichtigen Thatsachen einen reellen Boden zu verleihen, ist es wichtig, dem Richter und den Geschworenen neben der gutachtlichen Schilderung das objective Bild der Untersuchung des Blutes vorzulegen. Nach der Natur durch den Einblick in [697] das Mikroskop gezeichneten Bilder können hier durchaus nicht maßgebend sein. Selbst der trefflichste Zeichner wird subjective Anschauungen in die Objectivität des zu schaffenden Bildes hineintragen; die Darstellung einer angeblich absolut richtigen Erkenntniß von den Gegenständen, welche die reale Beobachtung der Natur ihm vorführt, kann angezweifelt werden.


Fig. 1. Das photographische Mikroskop.


Als Ersatz der Zeichenkunst bietet die Photographie insbesondere dem Forscher auf dem Gebiete der Mikroskopie ein großes Feld der Thätigkeit, indem die empfindliche Platte nicht nur die Einzelheiten der durch den Tubus des Mikroskopes betrachteten Bilder in bedeutender Vergrößerung wiedergiebt, sondern sogar empfindlicher als unser Auge ist, die kleinsten Formverschiedenheiten auf einmal in sich aufnimmt, welche wir mit den besten Instrumenten bei directer Beobachtung nicht in gleicher Zeit zu erkennen vermögen. Besonders zur Beseitigung falscher Auffassungen in Betreff gewonnener Bilder bietet die Photographie dem Forscher eine sichere Handhabe, und gerade in dieser Hinsicht stand der Arzt, wenn er selbst des Stiftes nicht mächtig war, stets in Abhängigkeit von einer helfenden Hand, so daß zwei Anschauungen sich geltend machen konnten, die rein mechanisch schaffende des Zeichners und die denkend erklärende des Forschers. Von dem mikroskopischen Nachweis, ob ein Blutfleck von Menschen- oder Thierblut herrühre, kann einerseits die Klarlegung der Nichtschuld, andererseits die Enthüllung des Verbrechens einzig und allein abhängen. Die gerichtliche Praxis hat wegen der möglichen subjectiven Täuschungen bis jetzt die Hülfe des Mikroskopes bei Criminalfällen nicht positiv anerkannt. Was man aber mit dem Mikroskop sehen kann, das ist auch, direct nach der Natur vergrößert, photographisch darzustellen. Man hat zu diesem Zwecke nur nöthig, an Stelle des besichtigenden Auges, welches eine natürliche Camera obscura ist, eine photographische Miniaturcamera zu setzen.


Fig. 2. Menschenblut. 350 Mal vergrößert.
Nach einer Mikrophotographie.
Die runden Körperchen sind auf der Fläche, die länglichen Körperchen auf der Seite liegende Blutscheiben.


Die Netzhaut des Auges wird alsdann durch die chemisch präparirte lichtempfindliche Platte, welche das vergrößerte Bild festhält, ersetzt. Die durch Lichteindrücke gewonnenen Untersuchungsresultate können nunmehr festgehalten und die erhaltenen Bilder zur differentiellen Beurtheilung verschiedenartigen Blutes dauernd bewahrt werden. Derartige Mikrophotographien kann man auf eine höchst einfache Methode mit jedem Mikroskope darstellen.

In Fig. 1 haben wir ein derartiges mikrophotographisches Instrument abgebildet. a b k l ist das Mikroskop, h die demselben aufgesetzte Camera obscura und g f d e die Vorrichtung zum Photographiren. Legen wir nun auf den Tisch k b des Mikroskops ein flaches Gläschen, auf welchem sich eine Spur Blut befindet, und lassen wir durch Vermittelung des leicht beweglichen Spiegels a einen Sonnenstrahl von unten her auf dieses Gläschen fallen, so wird das Blut genügend beleuchtet sein, um ein vergrößertes Bild seiner Bestandtheile durch die dreihundertfünfzigmal vergrößernde optische Vorrichtung auf einer mattgeschliffenen Glasscheibe erkennen zu lassen, mit welcher man das kugelförmige Rohr h abschließt. Nun wird an der feinen Schraube, der sogenannten Mikrometerschraube l hin und her gedreht, bis das Bild der mikroskopischen Blutbestandtheile recht scharf begrenzt und markirt auf der in dem Rahmen e d befindlichen Scheibe erscheint. Die Schraube ist so eingerichtet, daß sie das Rohr des Mikroskops um ein Minimum nach Bedarf hebt oder senkt. Nachdem nun das Bild der Blutelemente genau eingestellt ist, verschiebt man die mattgeschliffene Scheibe und ersetzt dieselbe durch eine in einem mit ihr verbundenen flachen Kästchen, der sogenannten Cassette g f, ruhenden, chemisch präparirten, lichtempfindlichen Glasplatte.

Die photographische Aufnahme geschieht, indem man den Schieber j, welcher das photographische Kästchen nach unten verschließt, aufzieht und die Lichtwirkung beginnen läßt. Nach einigen Secunden schon ist ein vergrößertes Bild in den feinsten Einzelheiten entstanden, welches nun nach den gewöhnlichen Regeln der Photographie vollendet wird. Kein Zeichner ist im Stande, in so exacter Naturtreue vergrößerte Bilder mikroskopischer Objecte darzustellen, wie wir solche, als zu unserem Thema gehörig, in Fig. 2 und 3 nach mikrophotographischen Copien wiedergegeben haben. Fig. 2 zeigt die Bestandtheile des menschlichen Blutes bei dreihundertfünfzigfacher linearer Vergrößerung, Fig. 3 die Blutkörperchen einer Taube, mit derselben Linse photographisch aufgenommen und durch den Holzschnitt wiedergegeben.


Fig. 3. Taubenblut.
350 Mal vergrößert.
Nach einer Mikrophotographie.


Wird man nun in einer zweifelhaften Criminalsache, bei welcher durch abweichende Anschauung zweier Sachverständigen die Frage „ob Thier- oder Menschenblut“ unerledigt bliebe, zwei derartige Naturbilder des Blutes dem Richter zur Vergleichung [698] vorlegen können, so wird dadurch den Verhandlungen sicher eine sehr feste Grundlage geboten. Nimmt man nun noch die chemischen Blutproben hinzu, so kann man eine bisher nicht vorhanden gewesene Sicherheit für die bezüglichen Urtheile erwarten. Der Unschuldige wird eher entlastet, der Mörder um so sicherer überführt und mit Hülfe der raschen Wirkungen des Lichtstrahls eine unantastbare Klarheit und Erkenntniß in die Nacht des Verbrechens entsendet werden können.