Die Pfirsichcultur in Nordamerika

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Titel: Die Pfirsichcultur in Nordamerika
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 810
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[810] Die Pfirsichcultur in Nordamerika. Um die Anpflanzung des Pfirsichbaumes in den Vereinigten Staaten hat sich der verstorbene Dr. S. Hull, Präses des Horticulturdepartements im Staate Illinois, besondere Verdienste erworben. Sein gegenwärtig dem Sohne gehöriger Garten bei Alton, der einige hundert Acker umfaßt, lieferte in manchen Jahren eine Bruttoeinnahme von mehr denn 30,000 Dollars und beschäftigte das ganze Jahr hindurch eine nicht unbedeutende Anzahl von Arbeitern, zur Zeit, wenn die Frucht abgepflückt werden mußte, oft täglich mehr denn 150. Da seine Methode der Anpflanzung wie seine Art, die Pfirsiche auf den Markt zu bringen, in ganz Nordamerika als mustergültig anerkannt ist, so dürfte ein Bild seiner Fruchtfarm und der darauf herrschenden Thätigkeit auch für das Ausland nicht ohne Interesse sein.

Parallel laufende, etwa 100 Meter von einander entfernte, dicht an einander gepflanzte Edeltannen schützen gleich einer von Südwest nach Nordost gezogenen Mauer die dazwischen gepflanzten Pfirsichbäume gegen die rauhen, im Winter hier herrschenden Nordweststürme. Jeden Herbst, wenn die Ernte vorüber und so lange es die Witterung erlaubt, wird der Boden gepflügt, um erst kurz vor der Ernte abgeeggt zu werden. Ferner werden die Wintermonate dazu benutzt, die Bäume auszuästeln, die zur Verpackung und Versendung aus dünnen, von Fabriken schon in die passenden Längen und Formen geschnittenen Holztafeln zu Körben und Kisten zusammen zu nageln, wie überhaupt alle zur Ernte nöthigen Geräthschaften in Stand zu setzen. Gegen das Frühjahr, wenn der Boden noch gefroren ist, wird derselbe um die Bäume herum mit Sägemehl oder einem anderen, die Wärme schlecht leitenden Material bedeckt, um denselben so lange wie möglich gefroren zu erhalten; damit soll möglichst verhindert werden, daß der Saft vor Aufhören der Nachtfröste in die Knospen tritt. Später gilt es, den Baum vor Insecten und [811] Raupen zu schützen, zu welchem Zwecke man sich eines auf zwei Rädern liegenden Balkens bedient, dessen eines Ende mit einer Guttaperchaplatte bekleidet ist; an diesem Ende ist ferner ein Schirm befestigt, vorn mit einer Spalte versehen, die es zuläßt, daß der Baum mit dem Ende des Balkens gestoßen werden kann, während der Schirm gleichzeitig den Stamm umgiebt; in Folge der durch die Stöße bewirkten Erschütterung fallen Raupen und Käfer auf den Schirm herab, worauf sie zusammengefegt und dem Feuertode übergeben werden.

Wächst die Frucht, so werden die abfallenden unreifen Früchte täglich aufgelesen und vernichtet, um die darin enthaltene Insectenbrut zu zerstören; durch dieses Verfahren wurde allmählich dem Insectenschaden fast gänzlich vorgebeugt.

Die Pfirsiche an und für sich zerfallen der Farbe nach in rothe, weiße und gelbe, der Beschaffenheit nach in Free Stones, solche, deren Kern bei eintretender Reife sich leicht von dem ihn umgebenden Fleische loslöst, und Cling Stones, solche, deren Kern mit dem Fleische fest verwachsen ist; erstere Sorten werden mehr zum frischen Genuß gezogen, letztere mehr zum Einmachen für den Winter gebraucht; endlich unterscheidet man noch frühe und späte Pfirsiche. Hull cultivirte etwa vierzig verschiedene Sorten, deren früheste er schon zu Ende Juni auf den Markt bringen konnte, während die andern Sorten successive zur Reife gelangten, bis die letzten Ende October zum Verkauf kamen.

Sind die Pfirsiche zur Reife gelangt, so werden die Bäume täglich gemustert und die reifen Früchte abgepflückt. Jeder Arbeiter erhält Marken mit seinem Namen, deren eine er jedem gepflückten Korbe beilegt. Auf diese Weise läßt sich zugleich Dreierlei controlliren: erstens, ob der Arbeiter fleißig war, zweitens, ob er nicht etwa unreife Früchte gepflückt hat, und drittens, ob er vollkommen den Baum abgelesen hat. Sofortige Entlassung trifft den, welcher gegen diese drei Haupterfordernisse des Pflückens fehlt. –

Die nun gepflückten Pfirsiche werden nach dem Verpackhause gebracht; die wurmstichigen nebst den vom Boden aufgelesenen, welche an Destillerien zur Fabrikation des bekannten Peach Brandy verkauft werden, legt man in große Fässer bei Seite, die weniger beschädigten wandern in das Präservirungshaus, von wo sie in hermetisch verschlossenen Blechbüchsen in den Handel kommen, die übriggebliebenen ganz fehlerfreien werden dann nach ihrer Größe wieder in zwei Theile, und endlich jeder dieser Theile nochmals in reifere und noch etwas grüne Pfirsiche geschieden, von denen die ersteren für näher gelegene, die letzteren für entferntere Märkte bestimmt sind.

Jetzt werden die Früchte in Holzkörbe gepackt, deren etwa zehn einen preußischen Scheffel fassen, alsdann hübsch mit Eichenlaub, welches sich lange grün hält, verziert, endlich die rothen Pfirsiche mit rothem, die gelben mit gelbem Flor überzogen, des schöneren Aussehens wie der Insecten wegen. Je zwei solcher Körbe werden durch dünne Latten zusammengehalten und sind dann für den Versand fertig, der alle Abende durch besonders für diesen Zweck von der Eisenbahn gestellte Züge geschieht. Der Preis des Arbeitslohnes für einen guten Pflücker ist etwa fünfviertel Dollar pro Tag, der für ein Paar Körbe erzielte Marktpreis schwankt zwischen anderthalb Dollar und fünfzig Cent, je nach dem Ausfall der Ernte.

Im Allgemeinen werden in Nordamerika die Pfirsiche in Körben von je einem halben Bushel, etwa dreiviertel Scheffel, in ganzen Eisenbahnzügen unsortirt nach den Handelscentren New-York, Philadelphia, Baltimore etc. gesandt, und die Staaten Delaware und Süd-Carolina haben den Markt in guten Jahren schon so überfüllt gehabt, daß Commissionäre aus Furcht, die dafür auszulegende Fracht zu verlieren, die Annahme verweigerten und daß dann die Eisenbahnen ganze Wagenladungen in das Meer oder den Fluß werfen ließen. Jetzt hat der Absender die Fracht zu zahlen, was zur Folge hat, daß er vorsichtiger in der Wahl des Marktes ist und nur bessere Qualität versendet. Trotzdem ist die Anpflanzung des Pfirsichbaumes immer noch sehr lohnend für den, der es richtig anzufangen versteht.