Die Maschinen-Fabrik von Richard Hartmann in Chemnitz

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Autor: Diverse
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Titel: Die Maschinen-Fabrik von Richard Hartmann in Chemnitz
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 6–7
Herausgeber: Louis Oeser
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung: siehe auch Das Richard-Hartmann Fest in Chemnitz am 24. Juni 1862
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Maschinen-Fabrik von Richard Hartmann in Chemnitz.

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Die Maschinen-Fabrik von Richard Hartmann in Chemnitz.
(Hierzu eine Abbildung.)


Wandern wir von Chemnitz die Leipziger Chaussee entlang, so treffen wir südwestlich von der Stadt am Chemnitzflusse auf dieses weltberühmte Etablissement, das sich daselbst über einen Flächenraum von mehr als 160,000 □Ellen erstreckt.

Eine Menge ein-, zwei- und mehrstöckiger Gebäude, durchgängig massiv, mit vielen thurmhohen Schornsteinen, aus denen die Rauchwolken gleich Siegesfahnen des Dampfes lustig flattern, giebt uns das Bild der Fabrikstadt Chemnitz im Kleinen wieder, ja wir haben hier selbst eine kleine Fabrikstadt vor uns; denn es befinden sich allein diesseits der Leipziger Straße neun Gebäude mit herrschaftlichem Wohnhaus, während jenseits derselben noch acht größere und kleinere Gebäude in den letzten drei Jahren aufgeführt wurden, welche sämmtlich das Hartmann’sche Etablissement bilden. Um auch das Schöne und Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, umschließen ferner noch am Fuße des Katzberges neue große Parkanlagen mit mehreren herrlichen, in verschiedenem Styl erbauten Pavillons die jenseits der oben genannten Straße gelegenen Fabrikgebäude.

Sehen wir uns in den Gebäuden selbst um, wozu Herr Hartmann jederzeit auf das Zuvorkommendste und Bereitwilligste die Hand bietet, so finden wir im Parterre:

1) die Locomotiven-Bau-Anstalt,
2) den Dampfmaschinen-Bau mit Kesselschmiede,
3) den Turbinen-, Wasserräder- Transmissionen-Bau,
4) sämmtliche große Drehbänke, Bohr-, Hobel-, Nuth-Stoß- und Schraubenschneide-Maschinen, sowie Räderschneidemaschinen in größerer Dimension;
5) die Anstalt zum Bau größerer Werkzeugmaschinen;
6) den Bau von Appretur-Maschinen für Tuchfabrikation, als Rau-Maschinen, Walken, hydraulische Pressen;

in den oberen Stockwerken:

die kleinen Drehbänke, Modelltischlerei und eine große Anzahl anderer Hilfsmaschinen; den Bau von Maschinen für Baumwoll-, Kamm- und Streichgarn-Spinnerei, Scheer-Maschinen, ferner den Bau von Weberei-Maschinen, als mechanische Webstühle, Kettenscheer-Bäum- und Spul-Maschinen.

Welche Menge von Arbeitsfächern und Geschäftsbranchen, zu denen noch einige großartige Schmiede-Werkstätten mit Dampfhammer und Schweißöfen, bedeutende Eisen-, Kupfer-, Messing- und Roth-Gießerei hinzukommen.

Sämmtliche größere und kleinere (Hilfs-) Maschinen werden durch vier Dampfmaschinen von zusammen circa 100 Pferdekraft bewegt; letztere sind von verschiedener Größe, aber sämmtlich von den anerkannt besten Constructionen.

Hier in diesen Räumen herrscht stets ein äußerst reges Leben, was man sich leicht vorstellen kann, wenn man bedenkt, daß allein 1000 bis 1200 Fabrikarbeiter fortwährend darin beschäftigt sind, und außerdem noch ein Procurist (der rühmlichst bekannte Herr F. E. Hermsdorf), 27 Comptoiristen und Expedienten, 4 technische Oberbeamte und 19 diesen zugeordnete Techniker für die einzelnen Branchen, 18 Zeichner und 8 Reisende zu dem so reichlich besetzten Personal dieses Etablissements gehören.

Sämmtliche hier erwähnte Branchen stehen im größten Flor und die hieraus hervorgehenden Erzeugnisse sind ohne Ausnahme weithin berühmt und als vorzüglich anerkannt, weshalb denn auch Aufträge darauf fortwährend nicht nur aus ganz Europa, sondern sogar nicht selten auch aus den neueren Welttheilen eingehen.

[7] Auf allen größeren Industrie-Ausstellungen Deutschlands, sowie zu Paris (während London wegen zu überhäuften Aufträgen nicht beschickt werden konnte) haben sie die größte Anerkennung gefunden und sind mit den vorzüglichsten Prämien gekrönt worden, wie unter Andern z. B.:

1843 zu Dresden mit der großen goldenen Medaille für gangbare Dampf-Maschinen, durch welche sämmtliche ausgestellten Maschinen zum ersten Mal in einer Ausstellung in Betrieb waren, und den Webestuhl für Tuchfabrikation.

1844 zu Berlin die große silberne Medaille für Streichgarn-Spinn-Maschinen und baumwollene Selfacting-Mule-Maschine.

1850 zu Leipzig den Verdienst-Orden wegen Ausstellung einer Locomotive, Dampf- und Spinnerei-Maschine.

1854 zu München den Verdienst-Orden zum heiligen Michael für Maschinen zur Baumwoll-, Kamm- und Streichgarn-Spinnerei, sämmtlich in Betrieb, sowie für Meyer’sche, Woolf’sche transportable Dampfmaschinen.

Mit Staunen und Verwunderung stehen wir in diesen, von der Riesenhaftigkeit menschlicher Fähigkeiten überall Zeugniß gebenden Räumen; und wenn wir uns einerseits beinahe beängstigt fühlen, gegenüber den gewaltigen, Vernichtung drohenden Kräften des Dampfes und des Feuers, so stärkt uns andererseits doch nur um so mehr das Bewußtsein der Uebermacht des diese furchtbaren Naturkräfte mit Weisheit und gleichsam spielend und sorglos benutzenden Menschengeistes, wie wir auf jedem Schritte, bei jedem Blicke davon die deutlichsten Beweise finden.

Unwillkürlich wenden wir da unsere Aufmerksamkeit auf den Gründer, Lenker und Besitzer dieses großartigen Fabrik-Etablissements, Herrn Richard Hartmann, und wir finden in ihm einen Mann, noch in voller Manneskraft stehend, mit rastlos thätigem Geist, der in dem großen Kampfe unserer Industrie manche Schlacht geschlagen, manches Hinderniß bekämpft und manchen Sieg erfochten hat.

Geboren im Jahre 1809 zu Barr bei Straßburg, im Departement Niederrhein, begründete er 1837 sein jetzt über 1200 Personen zählendes Etablissement in Chemnitz mit nur drei Arbeitern und widmete anfänglich besonders der Baumwollspinnerei-Branche seine volle Aufmerksamkeit. Durch eine etwas später gemachte hochwichtige Erfindung „der Contumee“ (Vorspinnkrämpel zur Streichgarnspinnerei) schaffte er sich sehr bald einen ausgebreiteten Ruf, welcher durch eine Reihe anderer nützlicher Erfahrungen nur noch erweitert wurde, so daß nie Mangel an Aufträgen fühlbar worden ist. Die Zahl seiner Arbeiter mußte fort und fort vermehrt werden und seine Werkstätten breiteten sich mit unglaublicher Schnelligkeit nach allen Seiten aus. 1847/48 errichtete Richard Hartmann seine Locomotiven- und Tender-Bau-Anstalt, nachdem mehrere Jahre vorher der Dampfmaschinenbau mit Kesselschmiede begründet war. Im Frühjahr 1855 etablirte der nimmermüde Geist auch eine Werkstätte für den Turbinen- und Tengential-Räder-Bau, dem bald darauf eine gleiche für größere Bergwerks-Maschinen, Kunstzeuge, Erdbohrer etc, durch Dampfkraft in Bewegung gesetzt, folgte.

Er hat uns auf das Eindringlichste bewiesen, was der Geist eines Mannes und wieviel ein Mann vermag, der ganz das ist, was er sein will und soll, und unbeirrt durch Hindernisse einzig nur sein großes Ziel vor Augen hat!

Möge der verehrte Mann noch recht lange segensreich wirken in seinem Berufskreise, und uns sowie dem heranwachsenden Geschlechte voranleuchten als ein nachahmungswürdiges Muster und Vorbild!