Das Richard-Hartmann Fest in Chemnitz am 24. Juni 1862

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Autor: Diverse
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Titel: Das Richard-Hartmann Fest in Chemnitz am 24. Juni 1862
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 168–169
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung: siehe auch: Die Maschinen-Fabrik von Richard Hartmann in Chemnitz
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Das Richard-Hartmann Fest in Chemnitz
am 24. Juni 1862.


Es war in den dreißiger Jahren, als in Chemnitz ein Zeugschmiedgehilfe in der Maschinenfabrik von Haubold in Arbeit trat; dieser junge Mann war aus Barr bei Straßburg im Elsaß gebürtig und sein Name Richard Hartmann. Damals ahnte man wohl nicht, welche hohe Bedeutung dieser sehr anspruchslose aber intelligente junge Mann nicht nur für Chemnitz, sondern auch für ganz Sachsen haben und er sich zu dem Ersten in der Maschinenbauerei unseres Vaterlandes emporschwingen würde. Man darf wohl behaupten, daß hauptsächlich er es war, welcher diese Branche in unserem Vaterlande zu einer Ausbildung und einem Aufschwung brachte, daß sie sich kühn mit den Maschinenbauereien des Auslandes messen darf; sein Etablissement war das erste Sachsens, welches Locomotiven lieferte, und wenn auch andere Etablissements des Auslandes, wie z. B. Cokerill in Seraing, Borsig in Berlin u.s.w. das Hartmannsche an Ausdehnung überragen, so ist doch längst anerkannt, daß es in Hinsicht auf Güte der Erzeugnisse von keinem übertroffen wird.

Im Jahre 1837 gründete Herr Richard Hartmann in Chemnitz ein eigenes Etablissement, ward am 24. Juni Bürger und eröffnete mit geringen Mitteln und nur drei Arbeitern das Geschäft, über dessen Fortgang wir auf den ersten Band unseres Albums, Seite 6, verweisen. – Wir bemerken hierzu nur noch, daß der am 17. Juli 1860 die wichtigsten Theile des Etablissements verwüstende Brand nicht vermochte, die Thätigkeit auch nur momentan zu unterbrechen, die Arbeiten sofort in rasch aufgeführten Interimsgebäuden fortgingen und das Etablissement sich schnell wieder aus seiner Asche erhob.

Zu welchem großartigen Betriebe Herr Hartmann ganz allein durch seine eigene Thatkraft und Umsicht dieses Etablissement gebracht hat, kann man daraus schließen, daß er jetzt nahe an fünfzehnhundert Menschen fortwährend beschäftigt, daß das großartige Werk jetzt zu seinem Betrieb 150 Pferdekraft hat, und ungefähr 500 Hilfsmaschinen aufgestellt sind, als: 260 Stück Drehbänke, 70 Stück Hobelmaschinen, 80 Stück Bohrmaschinen, 30 Stück Stoßmaschinen, 50 Stück verschiedene Maschinen u.s.w.

Bei der Wichtigkeit dieses Etablissements war es natürlich, daß, als Herr Hartmann am 24. Juni 1862 sein fünf und zwanzigjähriges Betriebs- und Bürgerjubiläum feierte, Alles sich vereinigte, um dieses Fest zu einem möglichst glanzvollen zu machen. – So brachten an diesem Ehrentage schon früh fünf Uhr die Arbeiter und Gewerbsgehilfen dem Jubilar ein Morgenständchen. Der nach dem Morgenständchen angeordnete Festzug begab sich aus den Räumen der Kesselschmiede, Marschälle und ein Musikkorps an der Spitze, sechs Mann hoch, die große Fabrikfahne in der Mitte, die Abtheilungsfahnen [169] an der Spitze der Züge durch einen hergestellten Ausgang nach der Fabrikstraße, diese entlang nach der Leipziger Straße und in den Fabrikhof, dessen Eingang prächtig verziert war. Im Wohnhause wurde nun dem Jubilar durch eine Abordnung ein ihm von seinem Beamten- und Comptoirpersonale gewidmetes prachtvolles Album überreicht. Dasselbe ist, seinem äußeren Schmucke nach, aus dem rühmlichst bekannten Atelier der Herren Theodor Strube und Sohn in Leipzig hervorgegangen und enthält außer den photographischen Portraits der jetzigen und früheren Mitarbeiter des Jubilars und photographischen Darstellungen aus dem Leben und Wirken des Gefeierten, eine sinnige, edle Dichtung in acht Bildern. Auf eine treffliche, mit Begeisterung vorgetragene Festrede dankte der Jubilar tiefgerührt in längerer Ansprache und schloß mit einem dreifachen Hoch auf seine Arbeiter. Es ließ sich erwarten, daß auch die Regierung diesen Tag nicht ohne Beweise der Anerkennung vorübergehen lassen würde. Der König ehrte den Jubilar mit dem Titel „Commerzienrath“. Schriftliche Beweise der Verehrung waren eingegangen von den sämmtlichen Ministerien, vom Geheimen Rath Dr. Weinlig, Geheimen Finanzrath Schill, der Kreisdirektion zu Zwickau, durch den Amtshauptmann Ritter Brückner überreicht, und von vielen Vorständen größerer Gewerbschaften u.s.w. Eine Abordnung des Stadtraths von Chemnitz überreichte ein Beglückwünschungsschreiben, der Handwerkerverein das Ehrendiplom. Die Hüttenleute vom Kupferhammer Grünthal widmeten eine kupferne Votivtafel. Depeschen und Beglückwünschungsschreiben in Prosa und Poesie liefen während des Tages zahlreich ein.

Abends vereinigten sich die Beamten der Fabrik und das Bureaupersonal zu einem heiteren Festmahl im Saale der „Linde“, wo auch eine Abtheilung Arbeiter zu frohem Mahle und Ball zusammen kamen, während das übrige Arbeiterpersonal in fünf Localen der Stadt zu gleichem Zweck versammelt war.

Kein Mißton störte das heitere Fest, das bis zum Morgen währte. Die Fabrikarbeiter haben bei demselben abermals den erfreulichen Beweis geliefert, daß sie trotz verschiedener Bildungsgrade jubeln und fröhlich sein können, ohne irgend wie zu Rohheiten sich hinreißen zu lassen. Es ist gewiß anerkennenswerth, wenn in einer Nacht mindestens drei bis viertausend Menschen tollen und jubeln, ohne daß nur eine Ueberschreitung vorkommt.

Wir entnehmen die Festbeschreibung selbst der „Glocke“, deren Redakteur früher ebenfalls in dem Etablissement des Herrn Hartmann angestellt war und fügen noch hinzu, daß Herr Richard Hartmann bei der Londoner Weltausstellung von 1862 vier Medaillen erhielt, für Klasse 5, 7 A. 7 B u. 8.