Textdaten
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Autor: Gustav Schwab
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Titel: Die Maid von Bodmann
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 47–52
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Joseph von Lassberg an Johann Caspar Zellweger. Nach der Gedichtausgabe 1828: Die Maid von Bodmann (Schwab).
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[47]
Die Maid von Bodmann.

Es schwillet aus den Wellen
Die grüne Mayenau;
Dort sitzt bei dem Gesellen
Eine reine, süße Frau;

5
Von Bodmann ist’s die treue Magd,

Ihr Herz, ihr Blütheneiland,
Hat sie ihm zugesagt.

„Ruh’ aus in meiner Laube
Und singe Lieder mir!

10
Der Apfel und die Traube,

Sie blüh’n, sie reifen dir!“
Da sprach Herr Hug von Langenstein,[1]
Und sprang empor vom Rasen:
„Nicht also darf es seyn!

15
Mir ist ein Bote kommen:

Der alte Vater gern
Das Kreuz hätt’ er genommen,
Gehorcht dem Landesherrn!
So ist er krank und altersmatt,

20
Den Sohn in frischer Jugend

Schickt er an seiner Statt.“

Nicht traurig soll der Wille
Des Vaters seyn gethan;
Die Maid weint in der Stille,

25
Er schaut sie brünstig an:

„Ich kehre heim, du süße Braut!
Vertrau dem Christ im Himmel,
Und bleib’ mir hold und traut!“

[48]

Er schwingt sich in den Nachen,

30
Die Fluth trägt ihn davon,

Den Vater gut, den schwachen,
Vertritt der starke Sohn.
Der Gram um seine treue Maid,
Er wird zu grimmen Streichen,

35
Davon erliegt der Heid’.


In Beten und in Sehnen
Die Jungfrau harrt zu Haus,
Bis bei den Saracenen
Der lange Streit ist aus.

40
Es kehret heim der Kämpfer Schaar;

Sie schaut hinaus nach Einem,
Den wird sie nicht gewahr.

Der Herbstwind rauscht im Laube,
Der Apfel fällt vom Baum,

45
Es reift die dunkle Traube:

War Alles denn ein Traum?
Und endlich braußt der Wintersturm –
Herr Hug er liegt gefangen
Und wund im Heidenthurm.

50
Da hat der Jungfrau Hoffen

Recht wie ein Donnerstrahl
Die böse Kunde troffen;
Sie sitzet stumm im Saal.
Es kam der Freyer Schwarm herbei:

55
Die Hoffnung ist gestorben,

Doch lebt ja noch die Treu! –

Die Hoffnung ist gestorben,
Doch lebt ja noch die Treu:
Ob auch im Thurm verdorben

60
Des Ritters Jugend sey;

Man beut ihm Freiheit, Gold und Ehr’,
Wollt’ er vom Glauben lassen;
Das thät er nimmermehr.

[49]

Von Jahr zu Jahr sie trauern,

65
Sie sinken fleh’nd aufs Knie,

Er in den schwarzen Mauern,
Auf grünem Eiland sie.
Bis daß in einer Frühlingsnacht
Das Wort des Herrn im Traume

70
Ward vor sein Ohr gebracht.


Der Engel sprach zum Ritter:
„Auf, opfre dich dem Herrn,
So springt dein Kerkergitter,
So leitet dich sein Stern!“

75
Der Ritter denkt der süßen Frau’n,

Die Minne soll er opfern;
Doch ach! er darf sie schau’n!

Und einem Ritterorden
Gelobt er sich im Traum; –

80
Sieh da, erfüllt ist worden,

Was schien ihm möglich kaum.
Denn als er aus dem Schlaf erwacht,
Das Kerkerthor steht offen
In sternenheller Nacht.

85
Er pflegt’ in jungen Jahren

Der Sterne Wissenschaft;
So zieht er, wohlerfahren,
Gott stärket seine Kraft.
Er führt ihn durch den heißen Sand,

90
Und unter wilden Völkern,

Bis an des Meeres Strand.

Durch Sturm und Felsenriffe
Bringt schnell und sicher ihn
Auf einem Christenschiffe

95
Der Herr zur Heimath hin.

Bald unter teutschem Blüthenschnee
Steht er am alten Ufer
Und rudert durch den See.

[50]

Und aus den Wellenschäumen,

100
Erfrischt vom Morgenthau,

Mit Reben, Wiesen, Bäumen,
Winkt ihm die Mayenau;
Und eine selige Gestalt,
Die Arm’ entgegenbreitend,

105
Ruft ihn mit Allgewalt.


Da wird sein Auge trüber,
Sein Haupt sinkt auf die Brust,
Er lenkt den Kahn hinüber
Von Liebe weg und Lust.

110
Im Walde vor dem Landcomthur

Steht er: im deutschen Orden
Will Gott er dienen nur.

Und einen Freund er sendet
Zur grünen Mayenau,

115
Den letzten Gruß er spendet

Der herzgeliebten Frau.
Da löscht die Hochzeitfackel aus,
Die ihr im Geist entglommen,
Und starb in Nacht und Graus.

120
Und als aus tiefem Leide

Sie wieder hob den Blick,
Da glänzt im Blumenkleide
Das Eiland, wie im Glück;
Da goß ein Rebenblüthenduft

125
So süß Erinnrungsträume

Durch die gewürzte Luft.

Jetzt kam, was Ruhe bringet,
Ihr vor die Seele hell,
Die Fluth, die sie umringet,

130
Zertheilt ihr Nachen schnell;

Es geht die schöne blasse Maid
Durch ferne Lande schweigend,
Im Blick der Liebe Leid.

[51]

Bald wird ihr Auge dreister,

135
Und kecker auch ihr Schritt,

Und vor des Ordens Meister,
Den obersten, sie tritt
Und sprach: „Nehmt hin, was noch ist mein,
Zu Gottes Eigenthume,

140
Ein reiches Inselein!


„Es scheinet warm die Sonne
Und pflegt die Rebe drauf,
Und Früchte glühn zur Wonne
Und Saaten rings vollauf!

145
Doch Eines, Eines bitt’ ich nur:

Herr Langenstein, der Ritter,
Der werde dort Comthur!“

Der Meister ihr gewähret
Die fromme Bitte gern;

150
Da war ihr Wunsch erhöret,

Wie dankte sie dem Herrn!
Da schied sie, Thränen in dem Blick,
Da glänzt ihr hell im Herzen
Zugleich des Liebsten Glück.

155
„So sind doch Ihm die Reben,

Die Felder Ihm gebaut!
Die Laube wird Ihn umweben,
Die mich und Ihn geschaut!
Und wo zusammen wir gefleht,

160
Ach, in der Burgkapelle,

Da tönt doch Sein Gebet!“ – –

Wohin die Maid geflüchtet,
Wo sie verweint die Zeit?
Das hat kein Mund berichtet,

165
Begraben ist ihr Leid.

Doch in dem neuen Ordenshaus,
Da tönte durch die Wellen
Ein ernster Sang hinaus:

[52]

„O Gottesminne hehre!

170
Du hast gelenkt mein Schiff

Auf sturmbewegtem Meere
Vorbei am Felsenriff!
Doch sanfte Still’ und wahre Ruh,
Die hab ich nie genossen, –

175
Wann deckt das Grab mich zu?“
Gustav Schwab.

  1. [52] „Es ist keinem Zweifel unterworfen“ – sagt Schönhuth in seinem Werke „Die Burgen des Hegau’s etc.“ (3. Heft, S. 30) daß dieser Hug von Langenstein derselbe Sänger ist, von dem wir mehrere Gedichte besitzen, nämlich ein Gedicht über die Märtyrin Martina in nicht weniger als 32,000 Versen, sodann eine astrologische Abhandlung von den 4 Elementen, 7 Planeten und 12 Himmelszeichen, und ferner ein Gedicht von 324 Versen, welches letztere Meister Sepp von Eppishusen „gueten Fründen zu Lust und Lieb im Jahr 1826 an’s Liecht stellte“ unter dem Titel: „Ein schön und anmüetig Gedicht, wie ein heidescher Küng, genannt der Littower, wunderbarlich bekert und in Prüssenland getoufft ward.“ (2. Auflage. Constanz 1826. Seemüller.)
    Er nennt sich am Schlusse seines größeren Gedichtes ausdrücklich:

    „Ob ez och wäre viwer (euer) gir
    Das ich iv wissen lieze
    Wie ich ze namen hieze,
    Wolten jr mir guotes

    5
    Wünschen vnd stetes muotes

    Ze gotte vnd vnverdrozzin (unverdrossen)
    So wurde iv hie entslozzin
    Min name vnd doch vil blüc
    Ich bin geheizin brvder huc

    10
    Se nach namen von langenstein

    Da was miner vordern hein
    Zim tuischen huse ein bruoder
    Den gottes minne ruoder
    Ab dem tobenden Sewe (See) schielt (schaltete)

    15
    Der nie rechter rvove (Ruhe) wielt (waltete)

    Noch de keiner sanfter stille etc.“

    „Von diesem Hugo finden wir, daß er im J. 1298, also 16 Jahre nach der Vergabung der Insel Mainau an das Teutsch-Herrenhaus, im teutschen Hause zu Freiburg i. B. gelebt hat. Eben so wenig läßt sich bestreiten, daß er Comthur des teutschen Ordens auf der Mainau war.“

    (Siehe Schönhuth oben erwähntes Werk, 3. Heft S. 30 ff.)