Die Leichen
Die Leichen.
Erhebe dich, o Lied, zum Ruhm der Leichen!
Nur sie allein sind deiner Kränze werth.
Kaum darf ein Schuft dem Biedermanne weichen,
Sobald aus ihm die schwarze Seele fährt.
Wenn er dem Reich der Schatten angehört,
O frommes Grab! dem Redlichen zum Glücke,
Bist du ein Damm für alle Bubenstücke.
Ein Held, ist er vom Daseyn nur geschieden,
Nicht frevelnd bricht er den gelobten Frieden;
Neckt ihn der Feind, er schweigt, und schlummert fort.
Mögt Ihr ein Schwert, mögt einen Pflug Ihr schmieden,
Ihm gilt es gleich, und glaubt der Muse Wort!
Sie sind zu schwach, mit Lust ihn zu erfüllen.
Die Unschuld mordet nimmer, Der dort rastet,
Dein Nachbar, o des Wunders! lügt nicht mehr.
Von Jenem wird kein Waisengut betastet,
Daß dort der Schlemmer ohne Murren fastet,
Zu glauben fällts wohl keinem Zweifler schwer.
Der Reiche hier, zum Ruhm ihm laßt michs sagen,
Drückt nur die Armen, die zur Gruft ihn tragen.
Und ach! zu viele blieben unvergnügt.
Doch mögen auch sich Tausende gedulden,
Wenn nur nicht Jeden eitle Hoffnung trügt!
Ihn zu bestatten, kostet manchen Gulden,
Kein Krämer wird, kein Tischler wird betrogen,
Der Redner nicht, der ihm zum Preis gelogen.
Hier läßt ein Nimrod seine Hunde wedeln;
Ihn ruft zur Jagd nicht mehr das laute Horn.
Den Eifrer reizt kein Widerspruch zum Zorn.
Vergessen hat der Sohn Merkurs das Trödeln;
Der Wuchrer fragt nicht mehr: Was gilt das Korn?
Die Lais, ach! geschmeichelt sonst von Allen,
Mit Unsinn hört Euch Klingklang auf zu quälen;
Der Krittler dort, er hat sich satt gebellt.
Ein Harpagon vergißt sein Gold zu zählen;
Versöhnt hat sich ein Timon mit der Welt.
Nicht mehr die Chronik hier ans Licht gestellt.
Dem Lästern, denkt! und Javas edler Bohne
Entsagt zugleich die würdige Matrone.
Die Mutter starb, und jetzt erst haben eine
Im offnen Sarge seht dort jene Kleine!
Mit falschen Perlen hat man sie behenkt;
Nicht ächt in ihrer Krone sind die Steine,
Und doch bleibt sie, die Thörinn, ungekränkt.
Ihr Tadel, denkt! hat sie nicht angefochten.
Drum soll die Todten nur die Muse preisen,
Wenn Lebende der Schmeichler nur erhebt!
Erst, wenn die Maden gierig von uns speisen,
Auf, schenkt der Gruft, Ihr Dichter, Eure Weisen,
Und achtet nicht des Volks, das leibt und lebt!
Und will ein Lied der Menge nicht gefallen,
So denkt: Es ist das würdigste von allen!
Weisser.