Die Grossh. Central-Strafanstalt

Textdaten
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Autor: Leopold Freiherr von Stengel
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Titel: Die Grossh. Central-Strafanstalt
Untertitel:
aus: Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten, S. 589–596
Herausgeber: Badischer Architekten- und Ingenieur-Verband
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: H. M. Poppes & Sohn
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Erscheinungsort: Freiburg
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Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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DIE GROSSH. CENTRAL-STRAFANSTALT.
Von Frhr. L. v. Stengel.


Die nach dem System der strahlenförmigen Anlagen ausgeführte badische Central-Strafanstalt für Männer liegt im Norden der Stadt, auf allen Seiten frei. Sie stellt sich dem Auge als ein stattlicher, burgähnlicher, von hoher Kuppel überragter Steinbau dar.

In der Anstalt können 535 Gefangene untergebracht werden.

Das angekaufte Gelände umfasst 563 a 63 m; der von der Ringmauer umschlossene Theil misst ca. 300 a.

Den einzigen Zugang, der zu der Anstalt führt, bildet der architectonisch bevorzugte Thorbau. Auf diesen folgt, mit ihm durch einen seitwärts abgeschlossenen, aber nicht gedeckten Gang verbunden, der Eingangsbau mit dem Krankenhause, an den sich unmittelbar der Verwaltungsbau mit der Anstaltskirche anschliesst.

Durch einen Lichtgang getrennt, folgt nunmehr das eigentliche Gefängniss mit dem Centralbau, von welchem aus sich die vier Zellenflügel strahlenförmig erstrecken. In der Hauptachse des Gebäudes, an den Centralbau anschliessend, liegt das Kesselhaus.

Rechts und links vom Eingangsbau liegen zwei Baracken mit Arbeitssälen, Magazinen, einem Desinfectionsraum nach dem System Budenberg und einer Trockenkammer. In den Zwischenräumen der Flügel befinden sich vier offene Spazierhöfe und ein geschlossener Erholungshof mit 21 Einzelabtheilungen.

Ausserdem stehen in den Höfen vertheilt hinter den einzelnen Zellenflügeln Schuppen zur Aufbewahrung von Holz und Korbweiden.

Diese sämmtlichen Gebäude sind von einer Ringmauer umschlossen. [590] Ausserhalb liegen links von der auf die Anstalt zuführenden Hauptstrasse das Beamtenwohngebäude und rechts davon, an einer Parallelstrasse vier Aufseherwohnhäuser.

Der Thorbau enthält die Einfahrt, je einen Raum für den Thoraufseher und die Militärwache, ferner einen Abort, den Aufgang zur Ringmauer sowie Verkaufsmagazine.

Grossh. Central-Strafanstalt (Grundriss).

Im Souterrain des Eingangsbaues befinden sich Kleidermagazine, zwei Badezellen, vier Aufnahmezellen sowie ein Abort und ein Einkleidezimmer; im Erdgeschoss das Besuchszimmer, drei Magazine, das Zimmer des Anstaltsarztes und ein Raum für den Bureaudiener; im zweiten Stocke das Krankenhaus mit drei grösseren und zwei kleineren Krankenzimmern und zusammen 20 Betten. Zum Speicher führt eine Sandsteintreppe.

[591] Im Souterrain des Verwaltungsbaues liegen einerseits Keller, anderseits Magazine für Leibwäsche; im ersten Stocke die Diensträume für den Director und die übrigen Verwaltungsbeamten sowie ein Conferenzzimmer. Den zweiten Stock nimmt die Kirche ein, in welcher 220 amphitheatralisch aufgebaute Einzelsitze so angebracht sind, dass kein Gefangener den anderen, alle aber den Priester sehen können. Auf einer Empore stehen Altar und Kanzel, daneben Sitzplätze für die Aufseher. Der Empore gegenüber ist die Orgel aufgestellt, zu deren Seiten noch einige offene Sitzplätze angeordnet sind.

Portalbau des Landesgefängnisses.

Der Centralbau bildet im Grundriss ein regelmässiges Zehneck und überragt als stattlicher Kuppelbau von 24,60 m lichter Höhe die sich um ihn gruppirenden Gebäude. Als Mittelpunkt der ganzen Anlage ist er im Innern und Aeussern in hübschen architectonischen Formen durchgebildet. Durch dreifach gekuppelte Fenster in jeder der zehn Seiten erhält diese Halle, welche 16,40 m im Lichten misst und durch alle Stockwerke reicht, ihr Licht und verleiht dem sonst so ernsten Gebäude ein freundliches Aussehen.

Im Souterrain sind zu beiden Seiten der Hauptachse je ein Magazin mit Durchgang, ferner links ein Brausebad und rechts ein Raum mit Maschinen für Schreinerei und schliesslich in der Hauptachse selbst der Maschinenraum mit einer zehnpferdigen Dampfmaschine und das Kesselhaus mit drei Dampfkesseln untergebracht; im ersten Stocke drei Arbeitsräume, links und rechts in den abgetrennten Fünfecksräumen zwei Oberaufseherzimmer, gegenüber ein Schlafsaal und das Wachzimmer; in den übrigen Stockwerken endlich fünf Schlafsäle mit 100 Betten, die Zimmer der Geistlichen und Lehrer, zwei Schulsäle, ein Raum für die Uhr sowie Schneider- und Schustermeister-Werkstätte.

[592] Die vier Zellenflügel enthalten zu beiden Seiten der 4,50 m breiten, bis zum ersten Stocke panoptisch durchgeführten Corridore in drei Geschossen 397 Einzelzellen.

Grundriss der Zellenflügel.

Im Souterrain sind ausserdem untergebracht; in Flügel No. 1 die Dampfkochküche, Wirthschaftsräume und der Vorrathskeller; in Flügel No. 2 der Waschsortirraum, das Aufseherzimmer, verschiedene Magazine und sechs Badezellen; in Flügel No. 3 die Bäckerei und die Schlosserei; in Flügel No. 4 die Küferei und 18 Einzelzellen. Ausserdem sind in jedem Flügel je zwei Heizräume und ein Abort, ferner in Flügel No. 2, 3 und 4 zusammen fünf Strafzellen untergebracht.

In den Stockwerken ist die Eintheilung aller vier Zellenflügel die gleiche.

Nächst dem Centralbau liegt auf jeder Seite der Flügelcorridore in allen Stockwerken je ein Aufseherzimmer und im Flügel No. 1 [593] über der Dampfkochküche je ein Magazin. Ferner hat der erste Stock eines jeden Flügels links und rechts einen Ausgang nach dem Hofe.

Die Thüren der Zellen im zweiten und dritten Stock münden auf 1 m breite Gallerien, welche durch schmiedeiserne Treppen verbunden sind.

Die Zellen sind 2,40 m breit, 3,90 m lang und 3,30 m hoch, besitzen also einen Luftinhalt von 30 cbm. 45 Zellen mit je 3 m Breite sind für Gefangene bestimmt, deren Arbeitsgeräth grösseren Raum beansprucht.

Längsschnitt durch einen Zellenflügel.

Jede Zelle enthält einen an der Wand befestigten Tisch, eine Bank, ein Schränkchen mit Büchergestell, ein Bett, das mittelst Charnieren umgeschlagen werden kann, ferner ein Wassercloset in verschliessbarer Nische. Auf der Kopfplatte der Nische sind Wasserkrug und Waschapparat aufgestellt. Die Thüren sind innen mit Eisen beschlagen. In jeder Zelle ist ein Glockenzug.

Sämmtliche Gebäude mit Ausnahme der beiden Baracken und der Schuppen sind massiv in Bruchsteinen erbaut und die Façaden mit Schichtensteinen aus den Sandsteinbrüchen bei Freiburg verkleidet.

Die Dachstühle über den Zellenflügeln sind aus Walzeisen construirt. Die Dächer sind mit Rimogener Schiefer auf Schalung umgedeckt.

Sämmtliche Räume ausser denen der Verwaltung, der Krankenabtheilung und der Kirche sind überwölbt und mit Cement-Böden versehen.

[594] Die Zellenflügel haben Heisswasserheizung; für den Centralbau, den Eingangs- und Verwaltungsbau, sowie für die Souterrainräumlichkeiten der Zellenflügel ist Dampfheizung, für die Krankenabtheilung Dampfwasserheizung gewählt.

In jedem Zellenflügel befinden sich im Souterrain zwei Heizapparate, von welchen jeder die drei Stockwerke einer Langseite des Zellenflügels beheizt. Zu diesem Zwecke ist jeder dieser Heizapparate in drei Heizkammern und zwei Roste eingetheilt, so dass es möglich ist, jede Seite eines Stockwerkes beliebig stark zu heizen. Die Rohrleitung an der Façadenwand jeder Zelle besteht aus drei nahe dem Fussboden liegenden Heizröhren, während die vierte, die Rücklaufröhre eines jeden Systemes längs den Corridorwänden nach dem Heizapparate im Souterrain zurückgeführt ist. Im Centralbau sind Dampföfen aufgestellt.

Grundriss einer Zelle.

Die Dampferzeugung für sämmtliche Heizungen und Maschinen geschieht durch drei mit Ten Brink’scher rauchverzehrender Vorfeuerung versehene Dampfkessel.

Schnitt durch eine Zelle

Für die Lufterneuerung ist grosse Sorge getragen. Jede Zelle besitzt zwei Luftzuführungs- und einen Luftabzugskanal. Frische Luft führt ein Kanal oberhalb der Zellenthüre zu, der als Winterventilation dient; ein zweiter Kanal, der in der Nähe des Fensters in die Zelle mündet, dient zur Sommerventilation. Die Abführung der verdorbenen Luft geschieht mittelst lothrechter Kanäle in den Querwänden. Sie münden 30 cm über dem Fussboden und sind im Speicher in wagrechte Kanäle eingeführt, aus denen in jedem Flügel zwei heizbare Abzugsschlote über Dach hinausgehen.

[595] Das Wasser für die Anstalt wird aus der städtischen Wasserleitung entnommen. In den Zellenflügeln befindet sich ausser der Closetwasserleitung in jedem Stockwerke auf jeder Seite ein Wandbrunnen. Für den Fall einer Feuersgefahr sind auf den Speichern und in den fünf Höfen Hydranten angebracht.

Für das Brausebad und für die Badezellen ist im Kesselhaus ein Warmwasserbehälter aufgestellt, welcher mit den Dampfkesseln durch Röhren verbunden ist.

Die Closets, sowie die Ableitungen des Haus-, Regen- und Hofwassers sind an die städtische Schwemmkanalisation angeschlossen.

Jede Zelle enthält ein Wassercloset. Dieses befindet sich in der durch einen gusseisernen Halbcylinder gebildeten Nische, die mittelst Steinplatte abgedeckt und mittelst Thüre verschlossen ist. Zwischen Halbcylinder und Steinplatte ist ein horizontaler Schlitz mit Dunstrohr nach dem grossen Sammelkanal im Speicher. Die Closetfallröhren liegen in Mauerschlitzen, welche nach den Corridoren hin durch glatte, auf Winkeleisenrahmen aufgeschraubte Eisenthürchen abgeschossen sind und münden in einen unter dem Souterrainboden befindlichen Hauptstrang, der auch das Brauch-, Haus-, Regen- und Hofwasser aufnimmt. Jeder Fallrohrstrang kann nach Belieben völlig frei gelegt werden.

Die Beleuchtung der ganzen Anlage erfolgt durch Gas aus der städtischen Leitung.

In der Dampfkochküche sind zur Zubereitung der Kost sechs Senking’sche Wasser-Dampf-Menageherde mit runden Gehäusen, sowie ein Kondensator, ein schmiedeiserner Kochherd und ein Kataplasmenherd aufgestellt. Zum Waschen der Gemüse dient ein viertheiliger Waschtrog und zum Reinigen von Geschirr das Spülbassin. Der Küche wird vorgewärmte Luft zugeführt, während Dämpfe und schlechte Luft durch einen Abzugsschlot mit verstellbarer Jalousie entfernt werden. Die ganze Küche ist unterkellert; in dem auf diese Weise gewonnenen Raume sind die Gesammtrohrleitungen jeder Zeit sichtbar und zugänglich.

Die das ganze Gefängniss einschliessende 6 m hohe Ringmauer ist auf der Aussenseite mit rothem Schichtenstein verkleidet und innen verputzt; abgedeckt ist sie mit überkragenden Steinplatten, welche den Gang für die Wachposten bilden. Aussen begrenzt eine Zinnenbrüstung den Gang, innen ein eisernes Geländer. Zur Belebung der grossen Flächen ist die Mauer in Abständen von etwa 7 m durch Lisenen gegliedert.

[596] Die vier Aufseherhäuser sind zweistöckig und bergen je vier Wohnungen mit getrenntem Zugang, Speicher und Keller.

Die Baukosten der ganzen Anlage einschliesslich Grunderwerb und innerer Einrichtung betrugen rund 2,275,000 Mk.

Die Strafanstalt, mit Ausschluss des Flügels No. 1 und der Aufseherwohnhäuser, wurde in den Jahren 1875–79 durch den grossh. Baurath Hemberger erbaut. Die Ausführung des Zellenflügels No. 1 und der Aufseherwohnhäuser geschah durch den grossh. Bezirksbauinspector Freiherrn L. v. Stengel.