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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1893
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[709]

Nr. 42.   1893.
Die Gartenlaube.

Illustriertes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

In Wochen-Nummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pf. In Halbheften: jährlich 28 Halbhefte à 25 Pf. In Heften: jährlich 14 Hefte à 50 Pf.



Ein Lieutenant a. D.

Roman von Arthur Zapp.
 (2. Fortsetzung.)

Am ersten Tage seiner Anwesenheit im elterlichen Hause schlief Erwin bis in den Vormittag hinein, und als er in das Wohnzimmer hinüberkam, war der Major schon auf seinem Bureau. Der Lieutenant athmete erleichtert auf. Die unerquickliche, verdrießliche Geschichte kam immer noch frühzeitig genug zur Sprache.

Der Vormittag gehörte der Mama und den beiden Schwestern. Erwin mußte allerlei Neuigkeiten aus seiner Garnison auskramen – welche Versetzungen und Beförderungen im letzten Jahre stattgefunden hätten, ob die neue Kommandeuse eine liebenswürdige Dame sei, ob es auf den Gesellschaften bei Hauptmann Bielefelds noch immer so knapp zugehe, wer zur Zeit der flotteste Tänzer sei und ob Lieutenant Graf Werra von den Dragonern der Jenny Hoff, der Heroine des Stadttheaters, noch immer auffallend den Hof mache.

Als man sich satt geschwatzt hatte, schlugen die beiden jungen Mädchen einen Spaziergang vor, während die Frau Major sich der Küche widmen wollte. Es drängte die Schwestern, sich mit dem schmucken Bruder an der Seite den Kleinstädtern zu zeigen. Denn weder die Tochter des Amtsgerichtsdirektors noch die unausstehliche Lucie Döring, die Tochter des reichen Fabrikbesitzers vorm Thor, noch irgend eine der anderen Honoratiorendamen


Unerhört.
Nach einem Gemälde von M. Lebling.

[710] der Stadt hatte einen Lientenant als Bruder aufzuweisen. Der Spaziergang fand denn auch statt und erzielte den von Erwins Schwestern gewünschten Erfolg. Zum Schluß wurden noch einige kurze Besuche gemacht, die nachher beim Mittagstisch zu Hause Stoff zu einem launigen, mit anzüglichen Bemerkungen gespickten Gespräch geben mußten. Was die Mahlzeit selbst betraf, so war Erwin nicht gerade sehr erbaut davon, obgleich die Mama sich sichtlich bemüht hatte, ihrem Liebling zu Ehren der Tafel einen außergewöhnlichen Glanz zu verleihen.

Den verwöhnten Augen des Lieutenants erschien alles ärmlich und dürftig, nicht nur die Mahlzeit, sondern auch das Geschirr, das Mobiliar der Wohnung. Die ganze Haushaltung hatte einen kleinbürgerlichen, fast kärglichen Zuschnitt, den der junge Offizier niemals so unangenehm empfunden hatte wie gerade jetzt. Die Beschränktheit der Mittel, über welche der zur Disposition gestellte Major verfügte, verrieth sich in allem und jedem, und Erwin würde schon jetzt an dem Gelingen seines Vorhabens gezweifelt haben, wenn er nicht gewußt hätte, daß von seiten seiner Mutter ein kleines Vermögen vorhanden war.

Als der Major sich nach Beendigung der Mahlzeit erhob, nahm Erwin all seine Energie zusammen. Was half alles Zögern? Es mußte sein.

„Papa!“ sagte er, hastig aufstehend, mit heiser klingender Stimme.

„Du wünschest?“ Der Major drehte sich halb nach dem Sohne herum, während die übrigen Familienmitglieder erstaunt auf Erwin blickten, dessen verstörtes Wesen ihnen auffiel.

„Ich – ich möchte – ich hätte gern etwas mit Dir besprochen,“ stammelte er.

„So komm’!“ gab der Major kurz zur Antwort und verließ das Zimmer.

In seinem kleinen, sehr bescheiden ausgestatteten Arbeitsstübchen angelangt, ließ sich der Major vor dem Schreibtisch nieder und sagte mit einem durchdringenden Blick auf seinen Sohn: „Sprich! Aber wenn ich bitten darf, ohne Umschweife!“

Erwin strich sich über die Stirn, die sich ganz feucht anfühlte und senkte die Augen. Ohne Umschweife! Das war leicht gesagt, aber schwer gethan, ja es war in seiner Lage geradezu eine Unmöglichkeit. Was für ein Gesicht der strenge alte Herr wohl gemacht haben würde, wenn sein Sohn mit der kurzen Erklärung herausgerückt wäre: „Du, Papa, ich habe Schulden, schauderhaft viel Schulden. Sei doch so gut und bezahle sie!“ Wahrscheinlich hätte damit die Unterredung ein schnelles unliebsames Ende genommen. Nein, er mußte vorsichtig, Schritt für Schritt vorgehen! Einen Operationsplan hatte er sich bereits zurechtgelegt.

Sich zu einer harmlosen Miene zwingend, begann er langsam, fast tastend: „Sage ’mal, Papa, sind hier bei Euch die Lebensmittelpreise währeud der letzten Jahre auch so gräßlich gestiegen wie in unserer Garnison?“

Der Major blickte erstaunt auf und entgegnete dann in seiner militärisch knappen Weise: „Weiß nicht, kümmere mich nicht um Wirthschaftsgeschichten.“

„Aber an dem Wirthschaftsgeld, das Du der Mama zahlst, wirst Du es doch merken?“

„Ich zahle ihr heute keinen Pfennig mehr als vor fünf Jahren.“

„So? Hm! Na, dann könnt Ihr von Glück sagen. Bei uns ist die reine Theurung ausgebrochen.“

Der alte Offizier sah jetzt ironisch lächelnd zu dem Sprechenden hinüber. „Seit wann bekümmerst Du Dich denn um die Fleisch- und Mehlpreise?“ bemerkte er spöttisch.

„Na, man liest doch seine Zeitungen, Papa,“ antwortete der Lieutenant mit gekünstelter Lebhaftigkeit, um etwas langsamer fortzufahren: „Und dann, siehst Du, dann wird unsereiner von einer solchen Preissteigerung doch auch in Mitleidenschaft gezogen. Ja, unser Regimentsadjutant machte kürzlich schon Andeutungen, daß der Mittagstisch im Kasino möglicherweise aufschlagen dürfte.“

Der alte Offizier warf einen forschenden Blick auf seinen Sohn und begann mit den Fingern auf der Platte des Schreibtisches einen Marsch zu trommeln. „Das kann sich doch höchstens um fünfundzwanzig Pfennig täglich handeln. Die wirst Du wohl noch erübrigen können, mußt eben ein Glas Bier weniger trinken.“

„Hm!“ Erwin räusperte sich, zupfte eine Weile an seinem Schnurrbart und entgegnete dann in einem bestimmteren Tone: „Ja, Papa, wenn das das Einzige wäre! Aber da sind noch so viel andere Dinge, die theurer geworden sind, so daß –“ jetzt, wo die Entscheidung nahte, kam doch wieder ein Gefühl lähmender Bangigkeit über ihn.

Aber der Vater selbst drängte ihn vorwärts. „Nun?“ sagte derselbe streng, fast drohend.

Der Lieutenant biß sich auf die Lippen. Lebhaft sprang er auf und stieß mit krampfhafter Entschlossenheit heraus: „Papa, ich kann unmöglich mehr mit meiner Zulage auskommen. Du mußt – mußt mir schon noch etwas zuschießen.“

„Muß ich?“ Das kam so scharf und beißend heraus, daß Erwin zusammenfuhr während seine Wangen vor Aerger dunkelroth wurden. „Ja, Papa, ich stehe sonst für nichts,“ entgegnete er achselzuckend.

Die Augen des alten Offiziers schossen Blitze nach dem Sohn hinüber; er richtete sich in seiner ganzen stattlichen Größe im Sessel auf. „Wenn Du mir etwa drohen willst, Du werdest Schulden machen, falls ich Deine Zulage nicht erhöhe, so laß Dir ein für allemal gesagt sein, daß Du die Folgen eines solchen Leichtsinns selbst zu tragen haben wirst. Und damit Du klar siehst, so sage ich Dir hiermit ein für allemal, daß von einer Erhöhung Deiner Zulage nie, hörst Du, nie die Rede sein kann. Im Gegentheil!“

Der Lieutenant war ganz blaß geworden. „,Im Gegentheil‘ sagst Du, Papa? Was soll das heißen? Du wirst doch nicht verlangen, daß ich mich von allem zurückziehe und mich vor den Kameraden lächerlich mache!“

„Lächerlich?“ Der alte Offizier stand auf und trat dicht vor den Sohn hin. „Glaubst Du, daß ich mich je in meinem Leben lächerlich gemacht habe?“

Erwin warf einen scheuen Blick auf die hohe breitsthulterige Gestalt des Vaters, der in seinem weißen Haar, mit den ehrenfesten ehernen Zügen aussah wie das verkörperte Bild der Rechtlichkeit. „Nein, Papa!“ entgegnete er kleinlaut.

„In Deinem Alter,“ fuhr der alte Herr immer erregter fort, „in Deinem Alter mußte ich noch mit viel weniger auskommen als Du. Mein Vater hatte flott und über seine Verhältnisse gelebt, und als er starb, war so gut wie nichts vorhanden. Nur meine Zulage war sichergestellt und ich schätzte mich glücklich, daß ich sie meiner Mutter überlassen konnte. Mir blieb ja mein Gehalt, das für mich ausreichte, ausreichen mußte, wenn auch die Lieutenantsgage damals noch um ein gut Theil geringer war als heute.“

Der Lieuteuaut schlug die Augen nieder. Seine ganze Entschlossenheit war dahin. „Ich begreife nicht –“ stammelte er.

„Ich hatte eben eine andere Auffassung von dem Beruf und der Ehre des Offiziers als Ihr heutzutage.“ Der Sprechende warf einen geringschätzigen Blick auf die breiten, mit einer frisch gebügelten Prinz Wales-Falte versehenen Beinkleider, auf die spitzen, fast absatzlosen Halbstiefelchen des Sohnes und auf den modischen Interimsrock, der oben in einen übermäßig hohen Kragen auslief und unten kaum bis auf die Schenkel reichte. „Ich hielt es nicht für die Aufgabe des Offiziers,“ fuhr er fort, „jede neue Mode eilfertig nachzuäffen, ich war nicht der Ansicht, daß es die Offiziersehre erfordere, jeden Ball, zu dem ich geladen wurde, mitzumachen, die theuersten Weine zu trinken, keine Delikatesse der Saison auszulassen und jede mir angebotene Wette zu halten. Ich fürchtete auch nicht, daß es meine Würde beeinträchtige, wenn ich, statt im theuren Restaurant zu speisen, abends zu Hause saß bei Brot und Butter. Ich betrachtete es vielmehr als eine Aufgabe des Offiziers, daß er mäßig lebe, seinen Körper stähle und sich in Selbstbeherrschung übe, um sich kriegstüchtig zu erhalten. Ein Mensch, der ein weichliches Leben führt, seinen Körper bei Gelagen und Schwelgereien zerrüttet, ist ein unnützes Mitglied des Offiziercorps, denn er wird nicht imstande sein, im Felde seinen Mann zu stehen.“

Der alte Herr schwieg, seine hohe Gestalt sank etwas in sich zusammen, als habe ihn die lange, mit gerötheten Wangen und blitzenden Augen gesprochene Rede ermüdet.

Der Lieutenant fand kein Wort der Erwiderung; den Kopf auf die Brust gesenkt, stand er regungslos da. Eine verzweifelte Stimmung war über ihn gekommen; Reue und Angst kämpften mit dem Rest von Muth, den er krampfhaft festzuhal1en suchte. [711] Sollte er jeden weiteren Versuch aufgeben, Hilfe von dem Vater zu erlangen? Aber wenn er sie hier nicht fand, so war er verloren! Und die Liebe für seinen Beruf, die ihm von Jugend an eingeimpft worden war, fluthete mächtig in ihm empor. Gewiß, der Vater war streng, aber er war doch sein Vater und konnte den Sohn nicht herzlos zu Grunde gehen lassen. Wenn er ein offenes Geständniß ablegte, wenn er bei seiner Ehre gelobte, ein anderer zu werden, dann konnte ihn der Vater nicht im Stiche lassen. Und ganz durchdrungen von diesem Gedanken, erhob er sein Gesicht und begann, während ihm ein ehrlicher Eifer aus den Augen leuchtete: „Du hast recht, Papa. Man legt in unsern Kreisen viel zu viel Werth auf Aeußerlichkeiten und macht sich den Kopf heiß um Dinge, die im Grunde doch recht überflüssig sind. Aber der Teufel soll mich holen, wenn ich nicht einen Strich durch die Vergangenheit mache, einen dicken Strich, und ein vernünftiger Kerl werde!“ Er erhob sich und näherte sich mit ausgestreckter Hand dem Major, der ihn erstaunt, mit einem Ausdruck von Mißtrauen betrachtete.

„Ja, Papa, das will ich, wahr und wahrhaftig! Aber nun sei auch gut und hilf mir!“

„Ich? Die Hauptsache ist, daß Du selbst den ehrlichen Willen hast. Ein rechter Mann verläßt sich auf sich selbst und seine eigene Kraft.“

„Nun ja,“ Erwin ließ seine Hand sinken, „das ist ja richtig. Aber siehst Du, es giebt doch Verhältnisse und Umstände und – und Sünden der Vergangenheit, die einem wie Steine im Wege liegen –“

Erschrocken hielt er inne. Der Major hatte einen der Federhalter auf dem Schreibtisch ergriffen und mitten entzweigebrochen. Seine Brauen waren finster gerunzelt und um Auge und Mund lag ein Zug von Härte.

„Hast Du Schulden?“ fragte er kurz und rauh.

Erwin holte tief Athem und stieß dann entschlossen hervor:

„Ja, Papa.“

Mit einer heftigen Bewegung trat der alte Offizier näher. „Du hast gespielt?“ Es war eine angstvolle Spannung, mit der er die Antwort erwartete.

„Nein!“ entgegnete der Lieutenant, den Blick des Vaters voll aushaltend.

„Gottlob!“ Fast unhörbar waren die Worte von den Lippen des alten Mannes gekommen. „Das ist das Schlimmste, das Hazardieren,“ fügte er mit einem tiefen Athemzuge hinzu. „Nun, da Du nicht gespielt hast, kann die Sache ja nicht schlimm sein. Ein paar hundert Mark! Damit wirst Du leicht allein fertig werden.“

„Aber bedenke, Papa!“ unterbrach ihn Erwin mit dem Eifer der Verzweiflung.

„Ich kann Dir auf keinen Fall eine besondere Zahlung leisten,“ fuhr der Major entschieden fort. „Auf keinen Fall! Ich hatte sogar die Absicht, von Dir zu fordern, daß Du jetzt, als Premierlieutenant, zu gunsten Deiner Schwestern auf die Zulage verzichtest. Davon kann allerdings unter diesen Umständen vorläufig nicht die Rede sein. Aber ordne die Sache mit Deinen Gläubigern, biete Ihnen monatliche Abschlagszahlungen oder noch besser: schreibe mir auf, wieviel und wem Du schuldest, und ich sende die dreißig Mark monatlich, die ich bisher zu Deinem Gehalt zuschoß, Deinen Gläubigern ein. Du mußt sehen, wie Du Dich künftig ohne Deine Zulage behilfst.“

Der Lieutenant taumelte erschrocken zurück. Der Angstschweiß trat ihm auf die Stirn. Auf zehntausend Mark beliefen sich alles in allem seine Schulden, und diese Summe sollte er in Ratenzahlungen von dreißig Mark tilgen! „Unmöglich!“ Er hatte es unwillkürlich laut gerufen.

„Unmöglich? Unmöglich scheint es Dir, mäßig zu leben und zu sparen, wie Dein Vater es sein ganzes Leben lang gethan hat und noch heute thut? Wenn Du leichtsinnig gewirthschaftet hast, so hast Du die Folgen zu tragen. Oder willst Du auf Kosten der Gesundheit Deiner Eltern, die sich ohnehin alles versagen, Dein altes Leben weiterführen? Von meinem Gehalt kann ich Dir keinen größeren Zuschuß gewähren; das ist bis auf den letzten Heller eingetheilt und vergeben.“

„Aber Mamas Vermögen!“ stieß der Lieutenant heftig hervor. Das Wort war ihm kaum entfahren, so bereute er, es gesprochen zu haben.

Der alte Offizier, wie von einem elektrischen Schlag berührt, war zusammengefahren; seine Augen öffneten sich weit, seine ganze Gestalt erbebte. „Mamas Vermögen!“ stieß er mit bitterem Lachen hervor. „Also danach gelüstet es Dich?“ Und seine Rechte erhebend und sie gegen den Sohn ausstreckend, setzte er mit unheildrohender Stimme hinzu: „Lieber lasse ich mir diese meine Hand abhauen, ehe ich auch nur einen Pfennig von Mamas Vermögen Deiner Verschwendungssucht opfere.“

„Aber –“ stotterte Erwin, nachdem er sich einigermaßen von seinem Schrecken erholt hatte, „ich – ich meine ja natürlich nicht das Kapital, ich rede nur von den Zinsen.“

„Die Zinsen!“ stieß der Alte zwischen den grimmig aufeinander gepreßten Zähnen hervor, und die Hände auf dem Rücken, fing er an, mit dröhnenden Schritten im Zimmer auf und ab zu gehen. Plötzlich trat er wieder vor seinen Sohn hin. „Es ist besser,“ begann er, seine Erregung bekämpfend, „ich rede offen mit Dir. Du wirst dann hoffentlich selbst zu der Einsicht kommen, daß Ehre und Pflicht es verbieten, mit dem Vermögen Deiner Mutter Deine Schulden zu bezahlen. Wie hoch, denkst Du, beläuft sich dieses Vermögen?“

„Soviel ich weiß, sind es dreißigtausend Mark,“ antwortete der Lieutenant bestürzt.

„Dreißigtausend!“ Der alte Offizier lachte höhnisch. „Ja, so viel war es einmal, bis vor fünf Jahren Dein Bruder starb. Dann schmolz es mit einem Mal auf zehntausend zusammen.“

Auf zehntausend! Der Lieutenant starrte seinen Vater ungläubig an. Und der Tod seines Bruders – in welcher Beziehung stand der zu diesem schweren Verlust?

„Niemand weiß um die Sache, auch Mama und Deine Schwestern nicht, und ich fordere von Dir, daß Du das, was ich Dir anvertraue, als ein Geheimniß bewahrst.“

Erwin nickte betheuernd. „Aber wie war es nur möglich?“ rief er unwillkürlich.

Ueber das Gesicht des Majors lief ein schmerzliches Zucken, die Linien um Mund und Augen hatten sich merklich vertieft; der alte Herr schien plötzlich um Jahre gealtert. „Diesen Frühling waren es fünf Jahre,“ begann er langsam, „daß ich durch eine Depesche von Egons Regimentskommandeur an das Sterbelager Deines Bruders gerufen wurde. Als ich ankam, war Egon schon tot. Mir blieb nichts übrig, als seine Leiche mit nach der Heimath zu nehmen. Den Schmerz Deiner Mutter, Deiner Schwestern hast Du selbst mit angesehen. Aber um wieviel bitterer wäre er gewesen, wenn sie die wahre Todesursache erfahren hätten.“

„Wie? Egon fiel nicht im Duell?“ stieß der Lieutenant verwirrt heraus.

Der alte Offizier bewegte verneinend den Kopf und wandte sein Gesicht zur Seite.

„Aber Du selbst hast es uns gesagt! Du selbst!“

„Eine fromme Lüge, um Deine Mutter zu schonen, die unter der Wucht der Wahrheit zusammengebrochen wäre. Egon hat selbst Hand an sich gelegt.“ Von der entsetzlichen Erinnerung übermannt, schlug der alte Herr die Hände vor dem Gesicht zusammen und ein dumpfes Stöhnen entrang sich seiner Brust.

Der Lieutenant sank wie vernichtet auf einen Stuhl. „Schulden?“ kam es tonlos von seinen Lippen.

Der Major ließ die Hände sinken, und in dem eben noch farblosen Gesicht stieg eine glühende Röthe auf, seine Züge verzerrten sich zu einem Ausdruck tödlichen Hasses, während er zornbebend rief:

„Der Dämon, der Vampir, der den jungen Leuten Hirn und Herzblut aussaugt, der ganze Familien zu Grunde richtet - das Spiel hat ihn in den Tod getrieben! Er hat zwanzigtausend Mark verloren in einer Nacht – gegen Ehrenwort.“

Er ließ sich erschöpft in seinen Sessel fallen und stierte schweigend vor sich hin.

Erwin saß wortlos ihm gegenüber und rang mit den Empfindungen, die seine Brust durchstürmten. Am liebsten hätte er sich dem Vater zu Füßen geworfen, um sein Herz durch ein offenes Geständniß zu erleichtern. Aber der Anblick der gramgebeugten ehrwürdigen Gestalt machte ihn verstummen.

Nach einer Weile war der Major seiner Bewegung so weit Herr geworden, daß er in leisem zitternden Ton, der die tiefste Erschütterung verrieth, fortfuhr: „Ich will den unglücklichen Jungen nicht schmähen, der in seiner Weise gesühnt hat. Sich an mich zu wenden, mich um die Bezahlung seiner Ehrenschuld

[712]

Die Einfahrt der deutschen Manöverflotte in den Kieler Hafen.
Nach einer Originalzeichnung von Fr. Stoltenberg.

[713] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [714] anzugehen, brachte er nicht über sich. Er schrieb an den Kameraden, an den er den hohen Betrag verloren hatte, daß er ihn mit Geld nicht bezahlen könne, er bezahle daher mit seinem Leben. Und so ging er in den Tod. Da er die Strafe so unerbittlich selbst an sich vollzog, hielt ich es für meine Pflicht ihm zu vergeben, was er gefehlt hat. Und damit niemand ein Recht habe, sein Andenken zu verunglimpfen und seine Ehre in den Staub zu treten, nahm ich seine Schuld auf mich und tilgte sie zur festgesetzteu Frist.“

Der Major schwieg, tief aufseufzend, und strich sich mit der Hand über die Augen, in denen es feucht schimmerte. Dann schloß er in festem Ton: „Und nun mein Sohn, weißt Du, warum ich spare und knausere und Zinsen auf Zinsen häufe.“

Mit wogender Brust, aufs tiefste ergriffen, hatte der Lieutenant den Schluß des Berichtes angehört. Jetzt sprang er auf und stürzte zu seinem Vater hin. In überströmender Zärtlichkeit haschte er nach der Hand des überrascht Aufblickenden und küßte sie stürmisch.

*  *  *

Am andern Tage schon lief Erwins Urlaub ab. Als er Mutter und Schwestern zum Abschied umarmte, mußte er sich Gewalt anthun, um seine Ergriffenheit zu verbergen. Er hatte die Empfindung, als sage er ihnen für lange, für immer Lebewohl.

Der Vater begleitete ihn zur Bahn. Schweigend schritten sie nebeneinander her. Kurz vor dem Bahnhof wollte der Major noch einmal auf das gestrige Gespräch zurückkommen, um von dem Sohn nähere Angaben über seine Schulden zu bekommen, aber Erwin wich aus und heuchelte Sorglosigkeit. Er werde die Sache schon selbst in Ordnung bringen – damit brach er kurz ab und fing an, von anderen Dingen zu sprechen. Bis zum Abgang des Zuges plauderte er in einem fort, mit sprudelnder Lebhaftigseit, um jeden Versuch des Vaters, ihn zu weiteren Bekenntnissen zu bewegen, im Keim zu ersticken.

Erst als er allein in dem Coupé war, vor dessen Fenstern Feld und Wald vorüberflogen, gab er sich rückhaltlos der Verzweiflung hin. Sein Schicksal war besiegelt! Verloren! Keine Rettung! Er schloß die Augen und lehnte sich in die Polster zurück, um zu schlafen, um nicht denken zu müssen. Aber vergebens. Der Schlummer, den er herbeisehnte, kam nicht, und so sehr er sich auch vornahm, nicht zu grübeln und zu sinnen, die eine folternde Frage drang unablässig auf ihn ein und ließ ihm keine Ruhe: was nun? was nun?

Als er in seiner Garnison eintraf, war er froh, daß die Dämmerung schon hereingebrochen war. So konnte er, ohne gesehen zu werden, in seine Wohnung gelangen.

Jänicke, der den Lieutenant mit seinem freundlichsten Gesicht begrüßte, wurde zu seiner tiefen Entrüstung keines Wortes gewürdigt, sondern stumm aus dem Zimmer gewiesen. Erwin wollte heute niemand sehen, keinen Menschen, denn er fühlte, daß man ihm die Verzweiflung vom Gesicht ablesen könnte.

Und nun, da er allein war zwischen seinen vier Wänden, schien ihm sein Zustand erst recht nicht erträglich. So dumpf so hoffnungsleer war ihm noch nie in seinem Leben zu Muth gewesen. Er setzte sich, stützte den Kopf in beide Hände und sann und sann. Und dann wieder sprang er empor und fuhr sich mit einer wilden Gebärde an die Stirn. Nicht denken, nicht denken! Denn am Schluß aller seiner Gedanken stand etwas Furchtbares, Entsetzliches, das er nicht sehen wollte, vor dem er die Augen schloß wie ein furchtsames Kind.

Endlich suchte er sein Bett auf, aber ruhelos wälzte er sich hin und her. Ob er das Gesicht in den Kissen vergrub oder in das vom Mondschein erhellte Zimmer starrte, immer und überall sah er ein gräßliches Bild, das ihm das Blut in den Adern erstarren machte: seinen Bruder Egon, wie er im Sarge lag, stumm und bleich, die roth klaffende Todeswunde mitten auf der Stirn.

Am andern Morgen in aller Frühe suchte er den Regimentsadjutanten auf. Dieses einsame Grübeln und Brüten hielt er nicht mehr aus. Er lechzte förmlich nach Mittheilung, nach einem freundlichen Rath, einem aufmunternden Wort.

Als er dem älteren Kameraden sein ganzes Herz ausgeschüttet hatte, entgegnete dieser, sein Auge in ehrlicher Theilnahme auf Erwin ruhen lassend: „Eure Lage ist verteufelt schwierig, lieber Buschenhagen. Habt Ihr denn gar keinen gutmüthigen alten Onkel, gar keine menschenfreundliche Erbtante, der Ihr ein paar tausend Mark abjagen könnt?“

Der junge Offizier schüttelte traurig den Kopf

„Und Euer Alter – wenn Ihr Euch ein Herz fassen und ein offenes Wort mit ihm reden würdet?“

Eine ungeduldige, heftig abwehrende Handbewegung des Kameraden belehrte ihn, daß von dieser Seite nichts zu erwarten sei.

„Also keine, gar keine Hoffnung, das Geld zu kriegen?“ fragte der Adjutant weiter.

„Keine!“

„Nun, Buschenhagen, dann bleibt Euch nur eines übrig.“

Der Angeredete erbleichte und der Kopf sank ihm auf die Brust. „Eine Kugel durch den Kopf!“ sagte er mit tonloser Stimme.

Der Adjutant fuhr auf. „Unsinn! Wer denkt gleich daran! Ein so junger lebenslustiger Mann wie Ihr! Wer weiß, welches Glück Euch noch blüht! Nein, nur den Abschied werdet Ihr nehmen müssen, und ich rathe Euch, Euer Gesuch noch heute einzureichen. Inzwischen besorge ich Euch Urlaub auf vierzehn Tage – bis er abgelaufen ist, wird die Genehmigung Eures Gesuches dasein und Ihr braucht gar nicht mehr zum Regiment zurück.“

Erwin von Buschenhagen lächelte bitter vor sich hin. „Der Abschied? Das ist ebenso gut, als riethen Sie mir zur Pistole.“

Der Adjutant machte ein böses Gesicht. „Na, hört ’mal, Buschenhagen, Ihr übertreibt da unverantwortlich. Giebt es denn außerhalb des Regiments kein Leben?“

„Für mich nicht,“ stieß der junge Offizier leidenschaftlich hervor. „Die Buschenhagens sind nie etwas anderes gewesen als Soldaten, und ich selbst habe nie daran gedacht, etwas anderes zu werden. Was sollte ich auch anfangen, wenn ich den Offiziersrock ausgezogen habe!“

Der Adjutant strich sich bedächtig den starken Schnurrbart und blickte nachdenklich zu Boden. Plötzlich erhellte sich seine Miene und er wandte sich lebhaft an den jüngeren Kameraden: „Sagt ’mal, Buschenhagen, habt Ihr den Schuckmann gekannt, den Freiherrn von Schuckmann von den Dragonern?“

Der Gefragte hob erstaunt den Kopf „Schuckmann? Freilich! Aber was –“

„Ihr wißt,“ unterbrach ihn der andere eifrig, „daß der tolle Schuckmann vor zwei Jahren verschwand, nachdem er sein ganzes väterliches Erbe bis auf den letzten Heller verjubelt hatte. Wo glaubt Ihr wohl, daß er sich heute befindet?“

„Nun?“ Der junge Lieutenant hob gespannt den Kopf.

„In Amerika!“ rief der Adjutant triumphierend, als verkünde er wer weiß was für eine frohe Botschaft, und dem Kameraden seine Hand mit der Miene eines Gönners auf die Schulter legend, fuhr er fort: „Das ist Euer Fall, Buschenhagen! Hier bei uns – da habt Ihr recht – hier würde es Euch schwer fallen, irgendwo wieder Wurzel zu fassen. Drüben ist es besser. Niemand kennt Euch da, alle Vorurtheile und den sonstigen Krimskrams, in dem wir nun ’mal bis über die Ohren stecken, könnt Ihr also hübsch zu Hause lassen. Geht hinüber und zieht in dem neuen Lande einen neuen Menschen an!“

Der Lieutenant war lebhaft emporgefahren. Auf den Schlußsatz hörte er nicht mehr. Das Wort „Amerika“ schien eine magische Wirkung auf ihn auszuüben. Seine hohe kraftvolle Gestalt richtete sich in die Höhe, seine breite Brust hob sich unter einem tiefen erlösenden Athemzug, Ihm war zu Muthe, als sei er plötzlich aus einem duuklen Schacht zum belebenden Tageslicht emporgestiegen. Aus seinen hellen blitzenden Augen strahlte wieder frischer Muth und fröhliches Hoffen. Der zukunftsfreudige Optimismus seiner Jugend und seines lebensfrohen Temperaments begehrte sein Recht. Amerika! Dort und sonst nirgends blühte Rettung! Einfach allen Scherereien und Verdrießlichkeiten aus dem Wege zu gehen. je weiter, desto besser – das war das Vernünftigste! Ueber das Wasser würde ihm Löwenthal nicht folgen!

Dankend reichte er dem Kameraden, der das erlösende Wort gesprochen hatte, die Hand.

„Und nun, lieber Buschenhagen,“ sagte dieser und gab den Händedruck herzlich zurück, „reist glücklich und laßt’s Euch gut gehen! Und wenn Ihr drüben den tollen Schuckmann trefft, grüßt ihn von mir – war immer ein braver Kerl, der Schuckmann, nur leichtsinnig, schauderhaft leichtsinnig.“

(Fortsetzung folgt.)


[715]
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Riesen und Zwerge unserer Marine.

Ein Schuß über Wasser.

Noch nie, seit es eine deutsche Marine giebt, ist eine solch gewaltige Masse von deutschen Kriegsschiffen zu gemeinschaftlicher Uebung versammelt gewesen, wie dies in den Tagen vom 20. August bis gegen Ende September der Fall war. Die diesjährige Herbstübungsflotte unter dem Befehl des kommandierenden Admirals Freiherrn von der Goltz bestand aus nicht weniger als fünfzig Fahrzeugen, und zwar aus neun Panzerschiffen, vier Fregatten, zwei Korvetten, einem Schulschiff, einem Transportschiff, vier Avisos, vier Torpedodivisionsbooten und vierundzwanzig Torpedobooten. Unser Zeichner hat diese Flotte gesehen, als sie am 23. September nach Schluß ihrer Uebungen bei stürmisch bewegter See in den Hafen von Kiel einfuhr, und das Bild, das er von ihr entworfen hat (Seite 712 u. 713), vergegenwärtigt uns mehr, als Worte es vermöchten den gewaltigen Eindruck, welchen diese Schlachtflotte hervorzurufen imstande war. Da reihen sie sich hintereinander auf, die „Riesen“, auf dem Bilde am meisten ins Auge fallend das Panzerschiff „König Wilhelm“ mit der Kontreadmiralsflagge, ihm folgend „Deutschland“, „Beowulf“ und „Frithjof“, rechts in der Ferne die Panzerschiffe „Baden“, „Bayern“, „Sachsen“ und „Württemberg“, links die vier Kreuzerfregatten „Stein“, „Stosch“, „Moltke“ und „Gneisenau“ mit ihrer Gefechtstakelage. Im Vordergrunde aber schwärmen die gefährlichen „Zwerge“, die Torpedoboote.

Während der Laie jene Kolosse mit einer Mischung von Stolz und Bewunderung betrachtet, rufen diese Pygmäen stets eine Art unheimlichen Gefühls hervor. Es wohnt ihnen etwas Heimtückisches inne, wenn sie so, kaum über die Wasserlinie hervorragend, mit einer Geschwindigkeit von 20 Knoten dahinsausen, das furchtbare Geschoß in ihrem Innern bergend und bereit, es jeden Augenblick gegen den feindlichen Schiffskörper loszulassen.

Im Hafen von Kiel befindet sich auch ein Platz für Torpedoschießproben, und es wird den Lesern willkommen sein, in diesem Zusammenhang einiges über die Art und Weise zu erfahren, wie mit den Geschossen der Torpedoboote, den „Torpedos“, nach der Scheibe geschossen wird. Es läßt sich denken, daß das durchaus keine einfache Sache ist. Spielt doch bei den Torpedos der mehr oder minder ruhige Zustand des Wassers – der Seegang – die äußere Form des schwimmenden Körpers, das Richten beim Abschießen, die Höhe der Spannung des treibenden Pulvers oder der Preßluft, die Tiefe des Untertauchens, die Gestalt und Geschwindigleit der treibenden Schraube und noch mancher andere Umstand mit!

Es gilt nun für den Torpedoschützen, die Summe aller Beeinflussungen zu erforschen und zu einem Gesamtbilde – gleichsam einem Nationale – des Torpedos zusammenzufassen. Und hierzu gelangt er nur durch viele und sorgfältig angestellte praktische Versuche mit seiner Angriffswaffe. Diese Versuche werden in ihren Ergebnissen kurz aber eingehend zu einer Charakteristik des Torpedos zusammengefaßt und dienen im Ernstfalle als Anhalt und als Grundlage für die Handhabung desselben.

Hinreichend wichtig sind die Versuche schon aus Gründen der Sparsamkeit, denn jeder Torpedo stellt seinem Herstellungwerth nach ein Kapital von 10000 bis 12000 Mark vor, und jeder Fehlschuß bedeutet zunächst einen entsprechend hohen Verlust, wenn nicht gar dadurch, daß der feindlichen Flotte ein Vorsprung an Zeit erwächst, die Folgen des Fehlschusses ins unabsehbare reichen.

Das Laden eines Torpedo mit gepreßter Luft.

Es hat deshalb die Firma Schwartzkopff in Berlin, die wegen ihrer vorzüglichen Leistungen auf dem Gebiet des Torpedobaues eine große Anzahl von Torpedos der deutschen Marine geliefert hat, im Kieler Hafen und in der Nähe von Venedig je einen Torpedoschießstand errichtet. Diese Schießstände verfolgen zugleich den Zweck, Vorschläge zu Neuerungen und neue Konstruktionen auf ihre praktische Verwendbarkeit zu prüfen.

Unsere Abbildungen geben ein lebendiges Bild von der Einrichtung dieser Schießstände und von der Ausführung der Versuche. Die erste Abbildung zeigt uns den Augenblick, in dem der Torpedo, geworfen von dem in einem Gerüst befindlichen und beliebig verstellbaren Lancierrohr, in die Meeresfluthen taucht. Noch raucht das Rohr vom Dampfe des treibenden Pulvers, das bei dem Werfen über Wasser meistens zur Verwendung kommt.

Allerdings, gewöhnliches Pulver zu verwenden, ist nicht rathsam, da wegen der plötzlichen Wirkung desselben der immerhin etwas zarte Torpedo verletzt werden könnte. In Frankreich nimmt man in Rücksicht auf diesen Umstand ein Pulver, das bei seiner Zubereitung einem Drucke von 500 Atmosphären unterworfen worden ist. Durch einen so starken Druck wird das Pulver dicht und verbrennt langsamer, seine Triebkraft beim Abfeuern eines Schusses wächst dementsprechend allmählicher. Eine Ladung von etwa 300 Gramm dieses Pulvers genügt, um den Torpedo aus der gebräuchlichen Höhe des Lancierrohres – etwa 3 Meter über dem Wasserspiegel – 15 Meter weit durch die Luft zu schleudern und demselben eine Anfangsgeschwindigkeit von etwa 15 Metern in der Sekunde zu ertheilen. Diese Geschwindigkeit, die der unserer [716] Personenzüge bei gewöhnlicher Eisenbahnfahrt etwa gleich kommt, ist groß genug, um den Torpedo bei seinem Eintritt in das Wasser von dem Wogengange ziemlich unabhängig zu machen.

Früher benutzte man zumm Lancieren des Rohres fast ausschließlich gepreßte Luft, die auch heute noch viel verwendet wird, insbesondere bei dem Abschießen der Torpedos unter Wasser.

Bei dem Eintauchen des Torpedos in die Fluth setzt sich selbstthätig die am hinteren Ende des Geschosses angebrachte Schraube ln Thätigkeit, um die erforderliche Kraft zur weiteren Fortbewegung zu liefern. Die Schraube wird durch Preßluft getrieben, die in einer besondern, sorgfältig gedichteten Kammer des Torpedos eingeschlossen ist. Sie wirkt auf eine kleine Betriebsmaschine mit drei Cylindern, die ähnlich der Maschine von Brotherhood eingerichtet ist, wie sie heutigestags oft zum Betriebe von elektrischen Beleuchtungen dient. Die verbrauchte Luft entweicht in Form von Blasen, und diese verrathen den Weg, den der heimtückische Geselle zurücklegt.

Daß alle diese Vorrichtungen mit äußerstem Scharfsinn erdacht sind und mit denkbarster Vollkommenheit ausgeführt werden müssen, bedarf wohl kaum der Erwähnung, insbesondere wenn man bedenkt, auf welch kleinen Raum der Mechanismus zusammen gedrängt werden muß. Es wird aber jetzt auch die angeführte Höhe des Preises eines Torpedos nicht mehr befremden.

Der Posten an der Scheibe.

Die zweite Abbildung zeigt, wie der Torpedo mit gepreßter Luft gefüllt wird. Der unten befindliche Torpedomann hat die erwähnte Luftkammer des Torpedo mit einem beweglichen Leitungsrohre in Verbindung gesetzt, zu dem der obenstehende den Zulaßhahn mit der rechten Hand hält, während er die linke auf das Manometer legt, mittels dessen er die Höhe des Luftdruckes genau beobachten und regeln kann. Die erforderliche Preßluft wird in einem besondern Maschinenhause mit Hilfe einer von einer Dampfmaschine betriebenen Luftpumpe gewonnen. Der Mann links oben bedient den Hebekrahn und hat mittels der Bremse den Torpedo auf seine Auflager sinken lassen. Jetzt steht er bereit, den Torpedo zum Zweck des Einladens in das Lancierrohr heraufzuwinden.

Als Ziel für die Schießprobe dient ein 200 bis 500 Meter entferntes Floß von 25 Metern Länge und 11/2 Metern Breite, unter dessen Mitte sich als eigentliches näheres Ziel eine Scheibe befindet, die aus einem Gewebe besteht. Durch die Maschen desselben kann der Torpedo zwar hindurchschlüpfen, jedoch nicht ohne die von ihm durchfahrene Masche auszuweiten oder zu zerreißen und dadurch den Treffpunkt bemerkbar zu machen.

Sind alle Vorbereitungen getroffen, so erscheint auf der Brücke des Lancierrohres eine rothe Fahne, um dem Scheibenpersonal das Signal „Klar zum Schuß“ zu geben. Nachdem vom Scheibenstande aus „verstanden“ zurückgemeldet ist, erfolgt seitens des leitenden Ingenieurs oder Offiziers das Kommando „fertig“ und ein Mann holt die Abzugsleine auf. Auf das Kommando „los“ schießt der Torpedo mit starkem Gebrülle aus dem Lancierrohr hervor und verschwindet blitzschnell unter dem Spiegel des Meeres. Hier verräth, wie schon bemerkt, nur noch ein eigenartiges Kielwasser, in dem große Blasen aufsteigen, seinen verderbenbringenden Lauf.

Der Posten an der Scheibe, den unser drittes Bild darstellt, hat in der Ferne das Kielwasser bemerkt und beobachtet jetzt scharf die Bahn des heraneilenden Torpedos. Plötzlich entsteht ein Brausen auf der Oberfläche des Wassers, mit hellem Scheine fährt der Torpedo durch die Scheibe hindurch. Zugleich senkt der Posten seine bis dahin hochgehaltene Fahne, indem er mit derselben die Durchgangsstelle markiert.

Das durchschlagene Netz des Scheibenstandes wird im Vorbeifahren von der in der Nähe harrenden Dampfpinasse zur Ablieferung an das Kommando in Empfang genommen, um als Kontrolle für die Richtung und den Tiefgang des Torpedos zu dienen.

Im Vorstehenden handelte es sich um einen Schuß, der über Wasser abgesandt wird. Soll der Schuß unter Wasser abgegeben werden, so wird das geladene Lancierrohr in die vorgeschriebene Tiefe gesenkt und der Torpedo alsdann mit gepreßter Luft abgeschossen.

Das Einfangen des Torpedos.

Bei dem Versuchen fehlt natürlich die explodierende Ladung, sie ist durch geduldigere Stoffe von demselben Gewichte und derselben Dichte ersetzt. Noch etwa 100 Meter läuft der Torpedo, nachdem er das Netz der Scheibe durchschlagen hat, dann ist seine Triebkraft erschöpft und die Dampfpinasse nimmt sich seiner an, um ihn einzufangen und ihn dem Schießstande wieder zuzuführen.

Mitunter ist das Einfangen keine leichte Arbeit, denn es ist nicht ausgeschlossen, daß der Torpedo, durch irgend einen Zufall von seiner Bahn abgelenkt, in die Tiefe geräth und sich festbohrt.

So zeigt auch der Torpedodienst, mit welchem Ernste unsere vaterländische Seemacht bestrebt ist, sich auf der Höhe ihrer verantwortungsvollen Aufgabe zu erhalten. A. H.     


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Sein Minister.

Novelle von E. Merk.

Wer ist die junge Dame in Weiß – jene dort mit den rothen Anemonen im blonden Haar?“ fragte der eben angekommene Assessor Emil Wienburg den ihm befreundeten Rechtsanwalt Rotte, mit dem er vor dem Tanzplatz stand und die Gesellschaft überblickte.

Sie waren beide Gäste auf dem Künstlerfest, das in einem Buchenwalde, nahe bei der Stadt abgehalten wurde. Ein heiteres Bild! Die jungen Maler in ihren schmucken glänzenden Kostümen, in ihren Ritterpanzern und Sturmhauben, auf denen die Sonne flimmerte, oder im straff sich anschmiegenden Jagdanzug mit wallender Feder auf dem Barett, und dazwischen die modernen Frauengestalten in hellen luftigen Kleidern: Mittelalter und neunzehntes Jahrhundert in wunderlichem Gemisch. Und über all den bunten Menschengruppen das Goldgrün junger Buchenäste, das Blau eines sonnigen Maientags.

Rechtsanwalt Rotte hatte den Zwicker aufgesetzt, seine Augen aber waren so vielen hübschen bekannten Gesichtern begegnet, daß er nicht sofort Antwort gab, bis ihm der Assessor mit leiser Ungeduld die Hand auf den Arm legte: „Dorthin müssen Sie sehen – nach rechts! Eben spricht sie mit ein paar jungen Mädchen. Sie ragt in ihrer stolzen Schönheit über die zierlichen Puppengestalten der beiden Dämchen so sehr empor, daß sie auch Ihnen ins Auge fallen muß.“

Rotte folgte dem Blick. „Wie – die kennen Sie nicht, Wienburg? Das ist stark! Es ist Fräulein Herwald, die Tochter des vielgenannten Kabinettsekretärs und Günstlings des Königs.“

„Ah! Der muß ich mich vorstellen lassen!“ rief Emil Wienburg eifrig.

„Diesen Gefallen kann ich Ihnen thun. Sie war mit meiner Schwester in der Pension, daher bin ich ihr näher bekannt. Aber sie wird nicht nach Ihrem Geschmack sein, Wienburg. Sie ist gar nicht kokett, gar nicht lustig. Ein ernstes Kind, mit einem Hang zur Schwärmerei. Freilich, ich glaube, Sie gehören zu den klugen Leuten, die der Tochter den Hof machen, wenn sie sich beim Vater einschmeicheln wollen. Na, Herwald ist jetzt der einflußreichste Mann im Lande, und wer weiß –“

„Machen Sie nicht so viel Umschweife, Rotte, sondern kommen Sie! Ich möchte noch einen Tanz von dem Mädchen erobern!“ Mit diesen Worten zog der Assessor den Rechtsanwalt in das Gewühl.

Wienburg hatte ein hübsches gefälliges Gesicht und ausdrucksvolle Augen. Er besaß eine stattliche Größe und war mit ausgesuchter Eleganz gekleidet, ohne stutzerhaft zu erscheinen. Sein blonder Schnurrbart, sein helles Haar verriethen die häufige Pflege des Friseurs. Während er nun an den Tischen vorüberschritt, grüßte er aufs verbindlichste bald rechts, bald links, hier mit einem Lächeln und einem Aufleuchten der Augen, dort mit tiefer Ehrerbietung. Er hatte überall Bekannte, und Höflichkeit gegen jedermann war sein oberster Grundsatz. Bald machte er mit feierlicher Umständlichkeit einer alten Dame Platz, bald trat er bescheiden vor einem ergrauten Würdenträger zur Seite. Er fand auch im Vorübergehen Zeit, ein paar jungen Mädchen, die ihn mit koketten Blicken anschauten, einige schmeichelhafte Worte zuzuflüstern.

Endlich stand er vor der jungen Dame im weißen Kleide, die er kennenlernen wollte. Fräulein Herwald war eine ungewohnliche Erscheinung; eine blonde Juno, trotz aller jugendlichen Schlankheit von stolzem Wuchs, Ihr Kopf mit dem gewellten Haar und dem weichen Oval des Gesichts, der geraden feinen Nase und dem schön gewölbten Mund mußte jeden Bildhauer begeistern. Dabei hatte sie liebe warme Kinderaugen.

„Fräulein Dora, mein Freund wünscht, Ihnen vorgestellt zu werden,“ sagte Rotte nach einer kurzen Begrüßung und nannte die Namen.

Emil verneigte sich tief. „Ich freue mich, gnädiges Fräulein, endlich das Vergnügen zu haben,“ begann er mit seinem einschmeichelnden Lächeln, „nachdem ich Ihnen so oft auf der Straße begegnet bin. Sie werden sich freilich kaum erinnern!“

„O doch! Wenn ich aus der englischen Stunde kam, hat sich mein Weg häufig mit dem Ihrigen gekreuzt.“

Die Antwort überraschte ihn. Eine andere Dame würde sicher geleugnet haben, daß sie ihn bemerkt habe. Er fühlte eine gewisse Unsicherheit vor dem ernsten jungen Gesicht, vielleicht nur, weil sie nicht wie die anderen Mädchen zu ihm aufblicken mußte, weil ihre klaren blauen Augen ihm in so gerader Linie gegenüberstanden. Und zugleich empfand er auch ein zwingendes Verlangen, auf dies Mädchen Eindruck zu machen.

Er drückte sein Bedauern aus, daß er nicht schon am Morgen dem Feste habe beiwohnen können, und der Blick, der die Worte begleitete, schien zu sagen: es schmerzt mich nur, weil ich dadurch kostbare Stunden in Deiner Gesellschaft versäumte.

Dora erzählte lebhaft, als wollte sie eine Befangenheit fortplaudern, von dem Festzug der jungen Künstler, die, den Herold voran, am Morgen durch den Wald geritten waren. „Man glaubte sich in eine ferne Vergangenheit versetzt,“ schloß sie. „Dazu diese großartige Landschaft, ein Frühlingsmorgen und blauer Himmel, ein majestätischer Fluß – es war ein Bild aus einer schöneren Welt!“

Emil lenkte das Gespräch auf historische Erinnerungen, auf die Rolle der Geschichte in der Dichtung, und Doras Wangen rötheten sich vor Begeisterung, als sie von ihren bewunderten Dichtern sprach. Groß und glänzend begegneten ihre Augen den beredten Blicken des Assessors.

Dieser ward Doras Mutter, einer stillen Dame, und deren am gleichen Tische sitzenden Bekannten vorgestellt und fand auch sofort Gelegenheit, sich dienstfertig zu erweisen, indem er aus der bereitstehenden Bowle den duftenden Maitrank in die Gläser füllte; bald schwebte das süße Aroma des Waldmeisters berauschend durch die Luft. Aber Wienburg hielt es nicht lange aus in dem gesetzten und, wie er sich innerlich gestand, ziemlich langweiligen Kreise. Er erbat und erhielt die Erlaubniß, Dora zu dem mit Laubgewinden umzogenen Tanzplatz zu führen, wo sich helles Mädchenlachen mit den lockenden Tönen der Musik mischte.

Dora war zwar noch nicht viel auf Bällen gewesen, aber doch eine geübte Tänzerin. Bisher hatte sie bei dem Wiegen im Walzertakt nur die lustige Bewegung froh empfunden; heute fühlte sie zum ersten Male, daß ein Mann den Arm um sie geschlungen hielt – sie fühlte es mit einem süßen Bangen. Und sie wurde eine wundersame Empfindung den ganzen Abend nicht mehr los, denn die Blicke des Assessors kehrten, auch wenn er mit anderen Damen tanzte, immer wieder zu ihr zurück. Sie war wie berauscht; ein poetischer Glanz lag für sie über dem Feste.

Dora war erzogen worden wie viele Mädchen. Man hatte sie ängstlich vor jeder Kenntniß des wirklichen Lebens zurückgehalten, aber ihr nicht verwehrt, Roman um Roman zu verschlingen und sich daraus ein Bild des Lebens zu gestalten, in dem alles von Gefühl überströmte, in dem die Helden von unerschütterlicher Treue waren und die Liebe die Sonne bedeutete, um die alle Gedanken, alle Worte, alle Handlungen der Menschen kreisten. Schon aus Neugier mußte sie deshalb mit Ungeduld auf den Augenblick warten, da auch sie von dem Glanz dieser Sonne berührt und ihr Dasein mit einem goldenen Strahlenkranz des Glücks umwoben würde. Ja, es hatte sie ernstlich beunruhigt, daß sie zwanzig Jahre alt geworden war, ohne jemals ein rascheres Schlagen des Herzens verspürt zu haben. Wie anders war das heute! Dieser Maientag mit dem köstlichen Morgen im Walde hatte ihre Phantasie wunderbar beflügelt. Es war ihr, als könnte dieses Fest, das wie ein Märchen begonnen hatte, nicht nüchtern enden, als müßte nach all den großen Eindrücken noch ein größter, unvergeßlicher kommen. Und das erwartete Wunder kündete sich an, als Emil beim Tanz seinen Arm um sie schlang und ihr tief in die Augen sah. Und dann der Heimweg an seiner Seite! Um zehn Uhr abends war der Sonderzug bestellt, der die Festgäste zur Stadt zurückbefördern sollte. Man hatte bis zur Station eine kleine Strecke zu gehen. Die Musik schmetterte ihre lustigsten Weisen durch den feierlichen, wie aus seinen Nachtträumen erwachenden Wald. Die Fackeln warfen lange rothglühende Streifen über den Moosgrund und die gewaltigen Buchenstämme. Zuweilen rieselte ein ganzes Lichtmeer über die Bäume und die Gestalten zu ihren Füßen, daß man wie geblendet die Augen schloß, und dann wieder ward es plötzlich dunkel und man sah die Sterne zwischen den hohen Wipfeln blitzen. Emil zog dann wohl den Arm des Mädchens fester in den seinigen, damit ihr Fuß nicht über einer Wurzel ausgleite, und seine Stimme hatte einen eigenthümlichen Klang, auch wenn er [718] die harmlosesten Worte sprach. Dieses Mädchen mit der Gestalt einer Heldin und dem schlichten Wesen eines Kindes bezauberte ihn.

Gesprächsweise nannte Dora den Namen der Generalin Halden.

„Sie kennen die Generalin?“ fragte er lebhaft.

„Ja, ich komme häufig in ihr Haus. Mein Vater, der im allgemeinen nicht dafür ist, daß ich viel in Gesellschaft gehe, gestattet mir diesen Verkehr gerne, da in jenem Kreise viel Musik getrieben wird und diese Anregung mein bißchen Talent in Uebung halten soll.“

„Wie mich das freut, gnädiges Fräulein! Nun kann, nun werde ich Ihnen wieder begegnen! Meine Mutter ist mit der Generalin bekannt, die mich längst aufgefordert hat, sie zu besuchen. Jetzt werde ich’s thun und dankbar sein für jede Einladung.“

Es waren unbedeutende Worte, die er da sprach, seiner Begleiterin aber klangen sie wie schmeichelnde Musik. Sie wiederholte sie sich im stillen wieder und wieder, als sie dann in dem halbdunklen Koupé saß und in einer wonnigen Müdigkeit die Schatten und Lichter draußen mit träumerischen Blicken verfolgte.

Noch spät, als sie einschlief an diesem Abend, sah sie das Aufleuchten seiner Augen, mit dem er ihr beim Abschied auf dem Bahnhof die Hand gedrückt hatte, hörte sie sein leises „Auf Wiedersehen!“

Und dieses Wiedersehen ließ nicht lange auf sich warten. Die Generalin Halden war eine sehr leutselige gastfreundliche Dame. Bedeutend jünger als ihr längst ergrauter, seit Jahren zur Disposition gestellter Gatte, fand sie ihre Befriedigung darin, einen auserlesenen geselligen Kreis in ihrem Hause zu versammeln. An hübschen Damen, die ihrer Einladung gerne Folge leisteten, mangelte es ihr auch niemals, während die Herren sich weniger zahlreich einzustellen pflegten. So begrüßte sie den Assessor, der in jeder Beziehung eine gute Erwerbung für ihren Salon abzugeben versprach, mit größter Zuvorkommenheit, Er durfte bald bei keiner Festlichkeit mehr fehlen, die sie gab, denn er war klug genug, der Dame zu verbergen, daß ihn nur ein sehr persönliches Interesse zu seinen Besuchen veranlasse. Um so besser wußte Dora, daß er nur ihretwegen kam. Sie konnten sich freilich in den nicht sehr ausgedehnten Räumen der Generalin niemals unter vier Augen sprechen, aber Emil fand doch nicht selten Gelegenheit zu einem vielsagenden Händedruck, zu einer Aufmerksamkeit, die nicht gewöhnlich war. Ein junges Mädchen braucht so wenig, um sich von einem Mann, der ihr einmal Eindruck gemacht hat, bestricken zu lassen. Ihre Phantasie dichtet mit – das geringste Zeichen sagt ihr so viel, viel mehr, als der junge Mann ahnt. Hinter jedem seiner Worte kommt für sie ein langer Gedankenstrich, den sie ausfüllt mit Poesie und Begeisterung.

An warmen Sommertagen empfing die Generalin ihre Gäste in ihrem Garten außerhalb der Stadt, und hier, wo man sich freier bewegen konnte, erhaschte Emil zuweilen einen günstigen Augenblick, um von Dora mit vielsagendem Ton eine Blume zu erbitten, die sie angesteckt hatte, und diese dann feierlich in die Brusttasche gleiten zu lassen, oder um ihr ein paar Verse zu überreichen, die er für sie geschrieben – Kindereien für einen nüchternen Menschen, für Dora aber Ereignisse, ganze Kapitel in dem Roman, in dem sie lebte und der sie entzückte.

Meistens pflegte Doras Bruder die Schwester bei der Generalin abzuholen, ein hübscher, etwas leichtsinniger junger Mensch von neunzehn Jahren, der sich die Ritterdienste bei der Schwester nur widerwillig aufnöthigen ließ. Einmal, als diese wieder einen Abend in dem Garten der Generalin zugebracht hatte, wartete sie umsonst auf ihren Begleiter.

„Beunruhigen Sie sich nur nicht, liebe Dora,“ sagte die Generalin, die dem Mädchen sehr zugethan war, „wir kehren ja alle nach der Stadt zurück, und die kurze Wegstrecke von unserer Wohnung bis zu der Ihrigen wird gewiß einer der Herren gerne mit Ihnen gehen.“

„Wenn Fräulein Herwald sich meinem Schutze anvertrauen will, stehe ich mit Vergnügen zu Diensten,“ bemerkte Emil, der die Worte mit angehört hatte. Sein Anerbieten klang nicht wärmer, als die Pflicht der Höflichkeit es erheischte, aber zugleich traf Dora der rasche heiße Strahl, der zuweilen blitzartig aus seinen Augen schoß und ein leidenschaftliches Sehnen zu verrathen schien.

Dora sprach kein Wort, während sie mit der Gesellschaft den Heimweg durch die schöne Sommernacht zurücklegte. In süßem Beben dachte sie an die Minuten des Alleinseins mit ihm, die sie hätte hinausrücken mögen und denen sie doch entgegensah wie einer Schicksalsstunde. Am Hause der Generalin wünschte man sich fröhlich Gute Nacht; ein paar Scherzworte wurden noch gewechselt. Dann trennte man sich und Emil bot Dora mit einer Verbeugung seinen Arm. Die Stimmen der anderen verklangen, es wurde ganz still in der Straße, durch die sie gehen mußten und die auf der einen Seite von den Bäumen des Stadtparkes begrenzt war.

Wie eine undurchdringliche Mauer hatte bisher der gesellschaftliche Zwang zwischen den beiden gestanden. Nun war mit einem Male die Scheidewand gefallen. Kein Wunder, daß sie sich befangen fühlten – freilich aus sehr verschiedenen Gründen. Emil würde zwar keinem anderen vergönnt haben, Dora zu begleiten, aber er hatte dieses Alleinsein auch nicht herbeigewünscht. Er war sich noch viel zu wenig klar über seine Absichten. Die bisherige Tändelei, fast immer in Gegenwart anderer, war ihm recht harmlos erschienen. Glühende Blicke, ein langer Händedruck, die wärmsten Komplimente, das alles verpflichtete ja zu nichts. Jetzt aber mußte er fürchten, zu viel zu sagen, sich mit seinen Worten ernstlich zu verstricken. So gingen sie eine Weile schweigend dahin.

Ein leiser Ostwind hatte sich erhoben und brachte einen Strom von Lindenduft von den blühenden Bäumen des Parkes herüber. Trotz aller Vorsätze fühlte Emil sein Herz stürmischer schlagen, und wie ihm Dora nun mit großen glänzenden Augen ins Gesicht blickte. da kam das heiße Verlangen über ihn, sie an sich zu ziehen. nur eine Sekunde lang diese stolzen Lippen zu küssen. Er vergaß seine Bedenken, vergaß die Zurückhaltung, die er sich eben noch gelobt hatte. „Dora!“ sagte er innig. Zum ersten Male nannte er ihren Vornamen. Er fühlte, wie sie beim Klang seiner Stimme erbebte.

„Wir haben noch so wenig miteinander gesprochen, Dora,“ fuhr er leise fort, „aber ich weiß, wir haben einander verstanden. Nicht wahr, von der ersten Minute an? Jeder Blick mußte Ihnen ja sagen, wie gleichgültig mir stets die anderen waren, wie ich sie fortwünschte, um Ihnen zuzuflüstern, was Sie ja lange wissen – daß Sie mich ganz bezaubert, ganz gefangen genommen haben, um von Ihnen zu hören, daß auch Sie mir gut sind! O, es ist so! Ihre lieben Augen haben es mir verrathen und Ihre Lippen dürfen es nicht mehr verneinen, Sie müssen es mir einmal gestehen – das süße, beglückende Wort!“

Seine Stimme klang berückend; sein schönes Gesicht erschien ihr wie von tausend Liebesflammen durchleuchtet. Sie schaute ihn groß und feierlich an, ergriffen von diesem Augenblick, der ihr der weihevollste ihres Lebens dünkte. „Ja, ich bin Ihnen gut!“ sagte sie einfach, mit vollem gläubigen Vertrauen.

Der tiefe Ernst, mit dem sie die Worte sprach, war ihm peinlich, und er hätte nun gerne eine Wendung gefunden, um dieser Stimmung, mit der das Halbdunkel, der berauschende Duft sie beide umfing, ein Ende zu machen. Aber die Augen des Mädchens, die mit solcher Sehnsucht an ihm hingen, waren stärker als sein Wille. Sie standen nun dicht vor Doras Hause, vor dem Abschied.

„Ich kann nicht so von Ihnen gehen, Dora,“ flüsterte er hastig, „ich kann nicht!“ Sein Arm umfaßte ihre Gestalt; er drückte sie an sich, sein Mund preßte sich gewaltsam, glühend auf ihre Lippen; verzehrend senkte sich sein Blick in den ihrigen. Ihr war’s, als hätten stürmische Wellen sie erfaßt – ein willenloses Untertauchen, Vergehen, Sie sagte kein Wort; ihre Hand zitterte noch mit leisem Druck in der seinigen, dann öffnete sich die Thür des Hauses und sie eilte hinein.

Erst als die Thür hinter ihr ins Schloß gefallen war, kam Dora wieder zu sich. Sie meinte, das Herz müsse ihr zerspringen vor Seligkeit. Nun war sie sein! Ihr Mund glühte noch von dem heiligen Gelöbniß, das er in stummer und doch so beredter Sprache empfangen hatte; durch jede Fiber zitterte das neue Leben, das mit jener Sekunde für sie begonnen hatte, das Leben mit ihm, für ihn. Nun gehörten sie ja zusammen bis zum Tode. „Bis zum Tode!“ Sie sprach es leise vor sich hin und lächelte. Auch das Sterben hatte keine Schrecknisse mehr für sie; es erschien ihr in diesem Augenblick als ein süßes Schwinden aller Sinne, wie sie es eben empfunden hatte unter seinem Kuß.

Sie hätte gern tiefe Nachtruhe im Hause angetroffen, um durch keine Stimme, keinen Laut gestört zu werden, aber im Wohnzimmer brannte noch Licht.

„Der gnädige Herr ist heute ganz unerwartet zurückgekommen,“ sagte die Dienerin mit einer Wichtigkeit, welche verrieth, daß diese Heimkehr ihre Neugier wachgerufen habe.

Dora achtete nicht darauf. Sie trat auch nicht mehr in das Zimmer, in dem die Eltern noch lebhaft sprechend [719] zusammensaßen. Rasch und leise schlüpfte sie in ihre Schlafstube, fand aber zu ihrer größten Enttäuschung ihre beiden jüngeren Schwestern, mit denen sie das Zimmer theilte, noch wach. Mit heißen Wangen richteten sie sich in den Kissen auf, als Dora eintrat.

„Was ist denn mit Papa? Weißt Du’s nicht, Dora?“ fragten sie eifrig. „Er kam so aufgeregt nach Hause. Die Mama hat geweint. Geh’ doch hinüber zu den Eltern. Uns hat man natürlich weggeschickt. Aber Dir wird man sagen, was das alles zu bedeuten hat.“

„Morgen werden wir es ja hören, beruhigt Euch nur und schlaft endlich! Ich bin müde.“

Sie warf rasch die Kleider ab und löschte das Licht aus. Mit wahrer Gier sehnte sie sich nach dem Dunkel, nach der Stille, um wieder zurückzukehren in ihren Himmel. Jedes Alltagswort schien ihr eine Entweihung. Erst vermochte sie gar nicht zu denken; sie fühlte, wenn sie die Augen schloß, nur die bange Wonne wieder, welche sie bei der Berührung seiner Lippen durchfluthet hatte, und hörte, wie ihr Herz klopfte. Dann aber bemühte sie sich, mit ruhiger Vernunft in die Zukunft zu schauen. Sie sah keine Schatten, nur eitel Licht. Emil war begabt, im besten Fahrwasser; sein Minister hielt große Stücke auf ihn, wie die Generalin ihr erzählt hatte. Warum sollten ihn die Eltern nicht mit Freuden als Schwiegersohn begrüßen, auch wenn man mit der Vermählung noch eine Weile warten mußte, bis Emil zu einem höheren Posten vorgerückt war! Emil! Ganz leise versuchte sie, wie es klingen würde, wenn sie ihn einmal „Du“ nennen durfte. „Du lieber, Du geliebter –“

Mit einem Lächeln schlief sie ein.


Am nächsten Tage brachte die Zeitung eine Nachricht, die in den weitesten Kreisen Aufsehen erregte: der Kabinettsekretär Herwald war beim König in Ungnade gefallen. Rechtsanwalt Rotte hatte nicht zu viel behauptet, wenn er noch vor Wochen Doras Vater als den einflußreichsten Mann im Staate bezeichnet hatte. Der König, den ein schweres Gehörleiden menschenscheu und mißtrauisch machte, zog sich immer mehr in die Einsamkeit seines fern von der Hauptstadt gelegenen Schlosses zurück; so ward der Sekretär, dem er sein Vertrauen schenkte, zum Vermittler, der zwischen dem König und den Ministern stand, durch dessen Hände alle Regierungsgeschäfte liefen. Ein paar Jahre lang hatte Herwald die Gunst des Königs unumschränkt genossen – nun auf einmal wurde sie ihm entzogen. Niemand, nicht einmal Herwald selbst, wußte, wodurch er sie verscherzt habe. Ob eine seiner Aeußerungen vom Könige mißverstanden wurde oder ob sein Organ, so klar und klangvoll es war, doch die Kraft verloren hatte, zu dem Ohr des Königs zu dringen, der mit krankhafter Zähigkeit seine Schwerhörigkeit zu verbergen suchte – es blieb ein ungelöstes Räthsel. Gewiß war nur eines: daß der verdüsterte Herrscher das einmal verlorene Vertrauen nie wieder zurückgewann und einen entlassenen Günstling nie mehr in seiner Nähe duldete.

Herwald war durch diese plötzliche Ungnade allerdings nicht aller seiner Würden enthoben worden; er konnte, mit einer Beförderung sogar, seinen früheren Dienst als Beamter wieder antreten. Aber Macht ist süß! Es schmeckte bitter, sich nach einigen Jahren der Herrschaft wieder unter Vorgesetzte zu fügen; aus dem einflußreichsten Mann, dem alle Welt geschmeichelt hatte, sich in einen schlichten Beamten zurückzuverwandeln, der seine Pflicht thun mußte, ohne eine Rolle zu spielen.

So herrschte denn im Hause Herwald eine gedrückte Stimmung – für Doras Liebestraum keine günstige Atmosphäre. So sonnenhell im ersten Taumel des Glückes die Zukunft ihr erschienen war, jetzt wollten ihr manchmal dunkle Schatten den frohen Blick in die Ferne verhüllen. Emil hatte noch kein bindendes Wort gesprochen, er mußte die volle Klarheit und Gewißheit erst bringen, und ach, er zögerte so lange, das zu thun! Aber aus den Zweifeln, die ihr Herz bedrängten, riß sie sich immer wieder zuversichtlich heraus. Hatten seine Blicke ihr nicht schon längst seine Liebe gestanden; wäre es möglich gewesen, daß er sie küßte, wenn er nicht im Ernste um sie werben wollte? Und ihre Phantasie hob die Schwingen und schuf ihr Träume, über denen sie die Verstimmung der Eltern und die ganze Wirklichkeit vergaß, in denen das Luftschloß ihres künftigen Heims fertig stand bis auf die Einzelheiten der Einrichtung, bis auf den Salon im Rokoko- und das Eckzimmer im Renaissancestil, bis auf den gedeckten Tisch, an dem zwei glückliche Menschenkinder saßen. –

Es war einige Tage nach der Gesellschaft bei der Generalin, als Dora mit ihren Schwestern über die städtische Promenade ging. Ohne sich an der lebhaften Unterhaltung ihrer Begleiterinnen zu betheiligen, schritt sie dahin, ganz in das phantastische Spiel ihrer Gedanken versunken. Plötzlich zuckte sie zusammen – ein zufälliger Blick hatte ihr Emil gezeigt, der, als er sich bemerkt sah, rasch auf sie zukam. Er grüßte sehr verbindlich und erkundigte sich dann eifrig nach ihrem Befinden. Dora hatte Mühe, ihre Haltung wiederzufinden. Da stand er vor ihr, den sie im Geiste eben zu ihren Füßen gesehen, aus dessen Mund sie zärtliche Liebesworte vernommen hatte, während sie ihm die Haare aus der hohen Stirne strich! Sie wurde dunkelroth, als sie ihm jetzt in Wahrheit in die Augen blickte, und konnte nur schwer auf seine alltägliche Frage eine Antwort finden.

Ihre Verwirrung machte auch ihn befangen; er bemerkte kurz: „Morgen nachmittag werde ich jedenfalls die Ehre haben, Sie bei der Generalin zu treffen,“ und empfahl sich dann rasch, ohne nur mit einer Miene an das selige Geheimniß zu erinnern, das sie beide verband.

In keineswegs angenehmer Stimmung setzte der Assessor seinen Weg fort. Die Verlegenheit Daras, die auch ihren Schwestern aufgefallen sein mußte, ärgerte ihn, noch mehr aber seine eigene Unvorsichtigkeit auf jenem einsamen Heimweg. Ohne daß er es sich selbst recht eingestand, war seit der Entlassung des Kabinettsekretärs eine Wandlung in seinen Gefühlen für Dora eingetreten. Emil gehörte zu den Menschen, in denen ein Mißerfolg Mißachtung wachruft. Er war ja wie alle Welt überzeugt, daß keineswegs eine ehrenrührige Handlung, keineswegs ein Vergehen im Amte, daß nur ein Zufall, eine Laune Herwald um die königliche Gunst gebracht habe. Der Mann hatte einfach Unglück gehabt. Aber in Emils Augen durfte man eben kein Unglück haben. Vor zwei Tagen noch würde er den Kabinettsekretär mit der größten Unterwürfigkeit gegrüßt haben; über die gefallene Größe zuckte er die Achseln. Und diese Stimmung veränderte auch Doras Bild in seinem Gemüth. Jedenfalls schien es ihm angezeigt, sein Verhalten ihr gegenüber reiflich zu überlegen. Heute zum ersten Male hatte ihn auch ihr Anblick in seiner Vorsicht nicht irre gemacht, sondern erst recht bestärkt. Sie war doch zu wenig Weltdame, wenn sie sich auf der Straße, vor Zeugen, nicht besser beherrschen konnte! Bei der Begegnung morgen wollte er lieber den ehrenvollen Rückzug beginnen und, ohne die Höflichkeit zu verletzen, sich gemessen gegen das Mädchen benehmen. Wozu hatte er sich denn eine gewisse Meisterschaft darin erworben, sich, wenn er wollte, mit einer undurchdringlichen Mauer zu umgeben, an der jeder sengende Blick, jede unerwünschte Annäherung abglitt.

Ein schwüler Nachmittag war’s, an dem sie sich im Garten der Generalin trafen. Emil saß schon im Schatten des lustigen, unter Bäumen aufgeschlagenen Zeltes und unterhielt sich als der vorläufig einzige Gast heiter mit der Generalin, als Dora ankam. Sie trug wie bei dem Maifeste ein weißes Kleid und ihr Gesicht erschien unter dem großen rothgefütterten Hut wie in einen leuchtenden Rahmen gefaßt. Es dünkte Emil doch recht schwer, ihrer blühenden Schönheit gegenüber Herr seiner selbst zu bleiben. Das Gespräch war stockend – die gewitterhafte Schwüle machte sich fühlbar und die Generalin wartete mit Ungeduld auf weitere Gäste, denn der große Fruchtkorb aus Gefrorenem sank langsam zusammen und schwamm bereits in einer rosigen Brühe.

Endlich fuhr ein Wagen an. Zur Bestürzung der Dame kam aber statt eines neuen Gastes ihr Stubenmädchen athemlos durch den Garten gelaufen.

„Der Herr General ist zurückgekommen und hat keine Schlüssel!“ rief sie schon von weitem ihrer Herrin zu, die ängstlich aufgesprungen war.

„Wie Sie mich erschreckt haben, Lisette! Ich dachte zum mindesten, es brenne bei uns. Mein Mann ist doch wohl?“

„O ja; der gnädige Herr war nur etwas ungeduldig, Sie nicht zu treffen.“

„Entschuldigen Sie diesen Zwischenfall,“ wandte sich die Generalin an ihre jungen Gäste. „Ich hatte keine Ahnung, daß mein Gatte heute schon aus dem Bad zurückkehren würde. Es scheint ein Brief verloren gegangen zu sein. Du lieber Himmel, da fällt mir ein: die Schlüssel zu seinem Schrank sind in meinem Schreibtisch. Wie ungeschickt!“

[720] „Kann ich vielleicht irgendwie behilflich sein, gnädige Frau?“ warf der Assessor eifrig ein. „Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung. Gestatten Sie mir, daß ich in die Stadt eile.“

„Danke, nein, das geht nicht! Nehmen Sie mir’s nicht übel, aber den Schlüssel zu meinem Schreibtisch kann ich nicht aus der Hand geben. Das ist eine meiner Eigenheiten. In meine Schubfächer darf auch mein Mann keinen Blick werfen. – Es ist ein Glück, daß Sie einen Wagen genommen haben, Lisette! So leid es mir ist, ich muß Sie auf ein Viertelstündchen allein lassen, liebe Dora. Es kann ja auch jeden Augenblick Gesellschaft kommen. Sie machen dann an meiner Stelle die Honneurs, nicht wahr? Ich fliege!“ Und sie eilte hastig dem Wagen zu. (Fortsetzung folgt.)     


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Fürst Bismarck in Kissingen.

Mit banger Sorge haben in den letzten Wochen viele deutsche Herzen auf die Nachrichten gelauscht, die von Kissingen aus über das Befinden unseres alten Reichskanzlers in die Welt drangen. Fürst Bismarck war dort krank geworden, so krank, daß um ihn, den Achtundsiebzigjährigen, ernste Besorgnisse sich aufdrängen mußten. Glücklicherweise aber hat er sich doch wieder leidlich erholt und den Kurort nach einem sehr unfreiwillig verlängerten Aufenthalt wieder verlassen, nicht in jener Rüstigkeit wie vor fast zwanzig Jahren, als er mit General von der Tann dort tapfer über Berg und Thal schritt, aber doch so erheblich gekräftigt, daß er in der heimathlichen Ruhe die baldige völlige Gesundung mit Zuversicht erwarten darf, in der heimathlichen Ruhe, die ihm sein getreuer Leibarzt Schweninger so sehr empfahl, daß der Fürst sie dem Anerbieten Kaiser Wilhelms II., den Winter über auf einem der kaiserlichen Schlösser Wohnung zu nehmen, vorzog.

Seit dem Jahre 1874 ist Fürst Bismarck ein ziemlich regelmäßiger Gast von Kissingen und seit jener Zeit nur in den Jahren 1875, 1882, 1884, 1888 und 1889 ausgeblieben. In den drei ersten Jahren mag sowohl das mangelnde Bedürfniß für eine Badekur als auch die große Vorliebe des Fürsten und der Fürstin für die ländliche Abgeschlossenheit von Varzin zu gunsten des pommerschen Landsitzes entschieden haben; 1888 und 1889 gestattete die Geschäftslage eine Badereise nicht, auch erfreute der Kanzler sich in dem Sommer des verhängnißvollen Drei-Kaiser-Jahres glücklicherweise einer guten Gesundheit.

Seine erste Kissinger Badereise war durch ein schweres rheumatisches Fußleiden verursacht, an welchem der Fürst in der Nacht vom 5. zum 6. März 1874 erkrankte und das ihn über sechs Wochen an das Krankenlager und an das Zimmer fesselte. Auf seinem Krankenbett empfing er damals nicht nur die wiederholten Besuche seines alten Kaisers, sondern er hatte dort auch noch die Verhandlungen mit den Fraktionsführern des Reichstages über das damals schwebende und arg gefährdete erste Militärgesetz zu führen. Es war am 9. April, als Kaiser Wilhelm nach einer langen Unterredung mit dem Fürsten, an dessen Krankenlager auf einem Lehnsessel sitzend, seine Genehmigung zu dem Kompromißvorschlage des „Septennats“ gab. Erst 14 Tage später konnte Fürst Bismarck einen Versuch zum Spazierengehen im Garten seines Hauses machen. Er verlief aber wenig befriedigend, und erst am 8. Mai folgte die erste Ausfahrt.

Um die Nachwirkungen der überstandenen Krankheit vollends zu beseitigen, traf Fürst Bismarck am Vormittage des 4. Juli 1874 mit seiner Gemahlin und seiner Tochter, der Gräfin Marie, zum ersten Male in Kissingen ein und nahm im Hause des Dr. Diruf senior daselbst Wohnung. Selbstverständlich übten der Fürst und die Seinen vom ersten Tage an die größte Anziehungskraft auf das Badepublikum aus, und zwar dergestalt, daß schon nach einigen Tagen das Kissinger Tageblatt die Bitte aussprach, man möchte doch den Fürsten auf der Kurpromenade mit Grüßen verschonen. Am 18. Juli erfolgte das Attentat des Böttchergesellen Kullmann, gerade in dem Augenblick, als der Fürst im Wagen das Haus zu einer Ausfahrt verließ. Zur Erinnerung daran ist das Haus jetzt mit einer Gedenktafel verziert und die Straße hat in diesem Jahre durch Beschluß der städtischen Behörden nach eingeholter Zustimmung des Fürsten den Namen „Bismarckstraße“ erhalten. Einer ihn zu seiner Rettung beglückwünschenden Abordnung der Badegäste erwiderte damals der Kanzler: „Die Sache ist zwar nicht kurgemäß, aber das Geschäft bringt es so mit sich.“

Von dem Tage des Attentats datiert aber auch die erste Kissinger Rede des Fürsten Bismarck. Sie war an das Publikum gerichtet, welches ihm am Abend eine Serenade und einen Fackelzug darbrachte. In dieser Rede sagte der Kanzler: „Das aber darf ich wohl sagen, daß der Schlag, der gegen mich gerichtet war, nicht meiner Person galt, sondern der Sache, der ich mein Leben gewidmet habe: der Einheit, Unabhängigkeit und Freiheit Deutschlands. Und wenn ich auch für die große Sache hätte sterben müssen, was wäre es weiter gewesen, als was Tausenden unserer Landsleute passiert ist, die vor drei Jahren ihr Blut und Leben auf dem Schlachtfelde ließen? Das große Werk aber, das ich mit meinen schwachen Kräften habe mit beginnen helfen, wird nicht durch solche Mittel zu Grunde gerichtet werden, wie das ist, wovor mich Gott gnädiglich bewahrt hat. Es wird vollendet werden durch die Kraft des geeinten deutschen Volkes. In dieser Hoffnung bitte ich, mit mir ein Hoch zu bringen auf das geeinigte deutsche Volk und auf seine verbündeten Fürsten!“

Kaiser Wilhelm befand sich damals auf der Reise nach Gastein. Er und König Ludwig von Bayern hatten die Nachricht aus Kissingen empfangen, während sie im Fürstensalon des Münchener Bahnhofs bei der Tafel saßen. Der Glückwunsch, welchen König Ludwig dem Fürsten sandte, schloß mit den Worten: „Mögen Sie Trost und Befriedigung finden im Rückblick auf eine ruhmvolle Vergangenheit, welche Ihnen Buben zu Feinden, Männer zu Freunden gemacht hat.“ Die Zahl der Glückwunschtelegramme und -schreiben belief sich auf nahezu zweitausend. Das Attentat ist später auch Anlaß zur Errichtung des Bismarckstandbildes bei der unteren Kissinger Saline geworden, welches jedem Besucher des weltberühmten Bades wohlbekannt und nächst der Saline selbst der Zielpunkt vieler Tausende von Spaziergängern ist. Dort steht das Denkmal nahe der Stätte, welche am 10. Juli 1866 der Schauplatz heißen Kampfes zwischen Bayern und Preußen war, und es ist eine versöhnende Fügung der Geschichte, daß gerade Kissingen, um welches das hartnäckigste Treffen des Mainfeldzuges tobte, in dem weiteren Werdegang des nunmehr geeinigten Deutschen Reiches und Volkes zu einer so hervorragenden Rolle gelangt ist.

Bei seinen späteren Besuchen Kissingens hat Fürst Bismarck auf der oberen Saline Quartier genommen, fernab von dem Gewühl des Badelebens, inmitten einer ländlichen Umgebung, wie sie ihm und seiner Gemahlin so sehr zusagt. Eine kleine halbe Stunde nördlich von Kissingen, auswärts am linken Ufer der Saale, befindet sich das große Salinenwerk Friedrichshall, aus dem Gradierwerk, dem Badehause und zwei etwa zehn Minuten auseinander liegenden umfangreichen Wohngebäuden bestehend. Der Besucher hat die Auswahl zwischen drei Wegen. Eine schöne schattige Allee zweigt vom Kurgarten ab zum Gradierwerk; in der Nähe derselben führt die Fahrstraße, die Landstraße nach Hausen, entlang; Liebhaber können auch den Wasserweg auf den kleinen Saaledampfern wählen. Wer einen Umweg nicht scheut, findet eine hübsche Straße am jenseitigen Saaleufer, am Clauswald entlang über das Altenburger Haus nach Hausen. Dieser Weg gewährt namentlich einen hübschen Blick auf die saftigen Wiesen, welche die munter dahinfließende Saale umsäumen. Das Altenburger Haus, hart am Walde der oberen Saline gegenüber gelegen, ist ein beliebter Ausflugspunkt für das Badepublikum, welches dort gern den Nachmittagskaffee einnimmt und dabei oft Gelegenheit hat, den alten Kanzler auf seinen Ausfahrten zu begrüßen. Aber das Altenburger Haus ist auch ein geschichtlich denkwürdiger Punkt, denn hier traten die vom Claushof gegen Kissingen vordringenden Bataillone des 15. preußischen Regiments aus dem deckenden Walde und eröffneten das Feuer gegen die bayerischen Truppen, welche die Salinen, Hausen und die hinter den Salinen ansteigenden Höhen besetzt hielten und bis zum Nachmittag in mehr als sechsstündigem Feuergefecht vertheidigten, bis ein umfassender Angriff des Generals v. Manteuffel von Hausen her sie zum Rückzug nöthigte. Den Salinen gegenüber findet der Wanderer rechts an

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Vor der oberen Saline in Kissingen: eine Ausfahrt des Fürsten Bismarck nach seiner letzten Krankheit.
Nach der Natur gezeichnet von Fritz Bergen.

[722] der Straße einen ziemlich umfangreichen Friedhof, auf welchem die Opfer jenes Tages zu ewigem Frieden gebettet sind. An ihnen vorüber sind in den letzten Jahren die Tausende aus Schwaben, Baden, der Pfalz, aus Thüringen, Hessen und Frankfurt entlang gezogen, welche dem alten Baumeister des Reiches „im Ruhestand“ ihre Huldigungen zollten. Für die Toten, die um Kissingen ruhen, gilt wie für alle in den drei letzten deutschen Kriegen gefallenen Kämpfer das Wort, welches Bayern seinen an der Beresina vernichteten Söhnen auf dem bekannten Obelisken in München widmete: „Auch sie starben für des Vaterlandes Befreiung.“

Uebrigens ist die Kissinger Gegend im Jahre 1866 nicht zum ersten Male der Schauplatz heißen Kampfes gewesen. Der Augustinermönch Hieronymus Schneeberger im Kloster zu Münnerstadt hat soeben in einer zum Amtsjubiläum des Regierungspräsidenten Grafen Luxburg herausgegebenen Festschrift „Die Brunnenschlacht“ nachgewiesen, daß das große Treffen zwischen Chatten und Hermunduren, von welchem Tacitus im 13. Bande seiner „Annalen“, berichtet, im Jahre 59 n. Chr. im Saalethal von Neustadt bis Kissingen getobt hat.

Heute freen wir uns des Friedens dieses lachenden Landschaftsbildes, eines der schönsten aus der Umgebung von Kissingen, die wahrlich daran nicht arm ist. Drüben die aufsteigenden Wälder mit ihrem kühlen Schatten an heißen Sommertagen, weiterhin auf lustigem Hintergrunde die Bodenlaube, vor uns die grünen Wiesen, rechts die ansteigenden Höhen, mit reichem Erntesegen bedeckt, so ist der Anblick der Saline in den Julitagen, in welchen Fürst Bismarck gewöhnlich dort einzukehren pflegt. Ausnahmsweise ist er auch wohl schon im Juni und im August dort eingetroffen, aber in der Regel sieht man gegen Mitte Juli die bayerischen Hofequipagen einziehen, welche samt Dienerschaft und Pferden König Ludwig von Bayern dem von ihm hochverehrten Kanzler ein für allemal zur Verfügung gestellt hat, ein Vermächtniß, welches auch vom Prinz-Regenten Luitpold sorglich aufrecht erhalten wird. Wenige Tage später folgt der Fürst, von seiner Gemahlin und in der Regel vom Grafen Herbert Bismarck begleitet. Mit ihnen kommt auch Professor Schweninger, der den Beginn der Kur persönlich zu überwachen pflegt. Der Tag der Ankunft ist stets ein Festtag für Kissingen. Von Ebenhausen her führt nachmittags oder abends die bekränzte Lokomotive den Zug heran. Auf dem Bahnhofe harren die Behörden von Kissingen, die königlichen wie die städtischen, erstere mit dem Badekommissar, letztere mit dem Bürgermeister an der Spitze, zwischen ihnen im hellblauen Waffenrock die Offiziere des Bezirkskommandos, der Vorstand der Post- und Telegraphenperwaltung und Hunderte von Badegästen; in ihrer Mitte mit prächtigen Blumenspenden manche persönlichen Freunde des fürstlichen Hauses, die oft nur um des Verkehrs mit der Familie Bismarck willen sich in Kissingen Stelldichein geben. Weithin schallt der Jubelgruß den Kommenden entgegen, Fürst und Fürstin winken freudig bewegt vom Fenster des Salonwagens. Verbindlich nimmt der Fürst nach dem Aussteigen die Begrüßung der Behörden entgegen, die Fürstin wendet sich in ihrer herzlichen Art den sie umringenden näheren Bekannten und den Damen zu, endlich geht es durch das Fürstenzimmer zu den harrenden königlichen Wagen. Und dann beginnt jene Fahrt durch das hell erleuchtete Kissingen, welche sich bis an die letzten Häuser des Ortes zu einem ununterbrochenen Triumphzuge gestaltet.

An der oberen Saline, einem ehemals fürstbischöflichen Lustschloß, jetzt dem Staate gehörig, empfängt der dortige Pächter Oekonomierath Streit dus fürstliche Paar und geleitet es in die Räume des oberen Stockwerks, die trotz ihrer einfachen Ausstattung doch in den Möbeln und in manchem Stück an den Wänden Zeugniß von dem Sammelfleiß des Besitzers ablegen. Dort haben auch Professor Schweninger und sein Assistent Dr. Chrysander, der oft genannte Sekretär des Fürsten, ihre Zimmer, im unteren Stockwerk sind Räume für die Familienmitglieder vorbehalten und dort befand sich auch ehedem, so lange der Fürst noch im Amt war, die Kanzlei. Wenn der Fürst die Schwelle des Hauses überschritten hat, melden sich bei ihm der Postexpeditor, welchem die auf der Saline für den alleinigen Gebrauch des Fürsten eingerichtete Post- und Telegraphenstation seit langen Jahren übertragen ist, und der Kommandant der kleinen Gendarmerieabtheilung, welche für die Dauer seiner Anwesenheit auf der Saline verbleibt. Hierzu die eigene und die königliche Hofdienerschaft, welche letztere fast nur bei den Ausfahrten Dienst zu thun hat – jedenfalls ein ziemlich umfangreicher Haushalt, der die sonst stille Saline belebt. Steigt der Fürst dann die Treppe zum ersten Stock hinauf, so gelangt er durch eine Thür zur Rechten in den großen Empfangssaal, der sein Licht durch drei nach der Straße und drei nach dem Hofe belegene Fenster erhält, er dient zugleich als Speisesaal. Auf der rechten Seite desselben schließen sich auf der Straßenfront die Zimmer der Fürstin, auf der Hoffront die des Fürsten an. Wenn das fürstliche Paar nach seiner Ankunft diese Räume betritt, findet es sie mit den schönsten Blumenspenden seitens der Stadt und vieler Kurgäste geschmückt, auch andere werthvolle Ueberraschungen fehlen nicht. Kissingen zeichnet sich durch einen prachtvollen Blumen- und namentlich Rosenflor aus, aber man darf wohl behaupten, daß ein recht bedeutender und sicherlich der schönste Theil derselben während der Anwesenheit des Fürsten den Weg nach der oberen Saline nimmt. Ebenso gehen mit der Post zahlreiche Blumenspenden ein, auch aus den bayerischen Bergen kommen Sendungen der schönsten Alpenrosen und erfüllen den Saal mit ihrem würzigen Duft.

Hat der Fürst die Nacht leidlich verbracht – „gut“ gehört zu den Seltenheiten – so nimmt er wohl schon am andern Vormittag das erste Bad. In früheren Jahren ward auch Brunnen getrunken und damit eine vormittägliche Promenade verbunden, in den letzten Jahren ist die Brunnenkur in Wegfall gekommen und der Fürst badet nur. In dem Badehause am Gradierwerk ist das Fürstenbad für ihn hergerichtet, ein der gewaltigen Gestalt angepaßter Baderaum. Wenn der Wagen in der zwölften Stunde unter dem Zuruf der zahlreich versammelten Badegäste vorfährt, so erwartet dort Hofrath Dr. Streit feinen berühmten Badegast und geleitet ihn entblößten Hauptes in die Halle. Draußen harrt das Publikum nach Hunderten, darunter viele Damen und Kinder mit Blumensträußen. Tritt der Fürst nach dem Bade wieder heraus, so beginnt einer der für seine Gesundheit unzuträglichsten und in diesem Jahre sogar gefährlichen Augenblicke. Anstatt sofort nach dem Bade die verordnete und so nothwendige Bewegung anzutreten können, muß der Fürst den Sturm der Begrüßungen über sich ergehen lassen. Da steht er denn einige Minuten und länger entblößten Hauptes inmitten der Menge, nimmt Grüße und Blumensträuße entgegen, theilt Händedrücke aus, hin und wieder muß er auch wohl ein Gedicht einer kleinen Verehrerin anhören. Endlich kann der Spaziergang beginnen, auf welchem ihn einer seiner Söhne, falls diese in Kissingen anwesend sind, oder Professor Schweninger begleitet. Der Fürst trägt den großen grauen oder schwarzen Schlapphut; in der Hand einen festen Eichenstock, so schreitet er hochaufgerichtet einher. Mitunter lenkt er seine Schritte zu der bekannten Bismarckwage, einem Wägehäuschen, auf dessen rothsammetnem Lehnstuhl er einen Augenblick ausruht. Beim Beginn der Kur und vor der Abreise läßt er sich wägen, und auf dieser Wage ist denn auch das körperliche Höchstgewicht des gewichtigsten Staatsmannes Europas mit 247 Pfund festgestellt worden. Im vorigen Jahre war es bis auf 206 Pfund heruntergegangen, jetzt nach der überstandenen Krankheit soll es nur noch 184 Pfund betragen. Es steht indes zu vermuthen, daß in den anderen Angaben das „Bruttogewicht“ mit den Kleidern enthalten ist, während die neueste Wägung im Hause ohne Tuchbekleidung und Stiefel gemacht zu sein scheint. Fühlt der Fürst sich ermüdet oder ist ihm der Andrang des Publikums zu unbequem, so wird der in der Nähe haltende Wagen bestiegen, der ihn in wenigen Minuten zur Saline bringt. Mit den zunehmenden Jahren sind diese Mittagsspaziergänge leider mehr und mehr abgekürzt worden.

Um ein Uhr beginnt die Frühstückstafel, selten, vielleicht niemals ohne Gäste. Sie ist von vornehmer Einfachheit, in der Regel giebt es nur kalte Fleischspeisen und eine warme Schüssel. Das Getränk bildet Münchener Spatenbräu, hier wie in Friedrichsruh und Varzin, und Moselwein. Zum Schluß kommt wohl auch ein guter westfälischer Kornschnaps. Diese Frühstückstafeln gehören, wenn der Fürst nicht durch sein körperliches Befinden behindert ist, meist zu den interessantesten Stunden, die ein Gast im Hause des Fürsten erleben kann. Da plaudert er, an Erinnerungen von Gedenktagen oder an neuere Begebenheiten anknüpfend, und manch werthvoller Beitrag zur Geschichte seiner Zeit ist an der Frühstückstafel oder nachher bei der behaglichen Pfeife seinen Lippen entflossen. Die Unterhaltung dauert oft eine oder mehrere Stunden, je nachdem die anwesenden Gäste dem Fürsten Anregung bieten [723] oder sein Befinden es gestattet. Dann zieht er sich in sein Zimmer zurück, um auszuruhen oder zu arbeiten. Dort liest er auch die mittags eingegangenen Briefe und Zeitungen, die Dr. Chrysander schon bei Tisch zugleich mit einem langen Bleistift überreicht hat. Einzelne bevorzugte Gäste werden mitunter vom Fürsten gebeten, ihm in sein Zimmer zu folgen, und hier findet dann wohl ein intimeres, für andere Hörer nicht bestimmtes Gespräch statt. Je nach der Witterung, der Tageshitze und dem Befinden erfolgt gegen fünf Uhr eine Ausfahrt, entweder mit der Fürstin oder mit einem etwa nach Kissingen gekommenen Gaste. Auf diesen Fahrten hat der Fürst im Laufe der Jahre die Umgegend von Kissingen so genau angesehen, daß er sich dort so gut auskennt wie auf seinen heimischen Gütern. Bodenbeschaffenheit, Waldbestände, Ernte, Wildstand, Eigenthümlichkeiten der Bewohner, nichts ist seinem Blicke entgangen. Zum Essen um sieben Uhr sind dann in der Regel wieder Gäste gebeten. So lange der Fürst im Amte war, stellte dazu die damals in Kissingen zahlreich vertretene Diplomatie eine große Ziffer. Deutsche und auswärtige Minister, fremde Botschafter, deutsche höhere Beamte und Offiziere harrten des Vorzugs, mit einer solchen Einladung beehrt zu werden. Nicht selten kamen auch Mitglieder der deutschen Diplomatie oder höhere Beamte aus Berlin zum Vortrag, und die Saline zu Kissingen ist der Schauplatz mancher wichtigen Verhandlung gewesen, die Wiege manches weittragenden Erlasses in der Reichsverwaltung. Seit dem Rücktritt von den Geschäften hat mit dem amtlichen Verkehr auch der Zutritt der vielen Personen aufgehört, die ehedem zu dienstlichen Zwecken nach Kissingen kamen. Aber auch heute noch erhält der Fürst viele Besuche, deren Erwiderung sich dann in sein Tagewerk einschiebt; hin und wieder folgt er auch wohl einer Einladung nahestehender Freunde, die, wie z. B. Graf Guido Henckel Donnersmarck, in Kissingen eigenen Hausstand führen.

Auch die Hauptmahlzeit belebt der Kanzler durch die ihm eigene außerordentliche Frische. Sind Fremde zugegen, die französisch sprechen, so führt er die Unterhaltung ebenso leicht und elegant französisch wie deutsch, ist ein Anlaß vorhanden, so werden auch wohl englische Sätze eingeschoben. Im letzten Winter setzte der Fürst seine Gäste durch den Vortrag eines Liedertextes in lettischer Sprache in Erstaunen, den er ohne jeden Anstoß hersagte. Weiß einer der Anwesenden gerade die richtige Saite in dem reichen Schatz der Erinnerungen des Fürsten anzuschlagen oder wird eine ihn besonders beschäftigende Tagesfrage berührt, so können die Anwesenden auch wohl das Glück haben, einem mit erstaunlicher Leuchtkraft gesättigten Vortrag zuzuhören, theils geschichtlichen, theils politischen Inhalts, aber immer von der gewaltigen Voraussicht, dem außerordentlich reichen Wissen und der sichern und treffenden Kritik des Fürsten zeugend. Wenn der Fürst dann mit der historischen Pfeife im Kreise seiner Hörer sitzt, fühlen die älteren Freunde sich um zwanzig Jahre zurückversetzt; der Fürst, der da vor ihnen sitzt, giebt dem Kanzler der siebziger Jahre nichts nach. Ist die Pfeife ausgegangen, so beeilt sich eine der anwesenden Damen, den Holzfidibus zu entzünden, und der Fürst unterläßt niemals, für die liebenswürdige Aufmerksamkeit mit einem Handkuß zu danken. Gegen 11 Uhr pflegt der Fürst sich dann zurückzuziehen, nicht selten, um noch Unterschriften oder Anordnungen für den nächsten Tag zu geben.

So ist sein Leben in Kissingen möglichst seiner häuslichen Ordnung in Friedrichsruh und Varzin angepaßt. Wenngleich außerhalb Kissingens und des eigentlichen Badelebens weilend, bildet der Fürst mit seiner Familie doch den Mittelpunkt des letzteren, und ganz erheblich hat sich das gesteigert, seit an die Stelle der amtlichen Persönlichkeiten, die den Fürsten in Kissingen mit Berichten, Rücksprachen und Vorträgen heimsuchten – das deutsche Volk getreten ist, welches mit dem Begründer von Deutschlands Macht und Einheit Zwiesprache pflegen und ihm dankerfüllt ins Antlitz sehen will. Der alte Kanzler, auf dem Hofe der Kissinger Saline unter der schattigen Kastanie zu deutschen Männern redend, das wird bis in die fernsten Tage unserer Geschichte ein eigenes und die Gemüther bewegendes Bild sein. Zu dem historischen Fenster unseres alten Kaisers ist der Kastanienbaum in der Kissinger Saline das Gegenstück, so wie Kaiser Wilhelm der Erste und sein großer Kanzler unzertrennlich zusammengehören.

Selten wird der Platz vor der Saline leer, so lange der Fürst in Kissingen weilt. Stets ist ein Häuflein Menschen da, Kurgäste, Durchreisende, Landleute aus der Umgegend, die zu Wagen oder mit dem Wanderstab hereingekommen sind, nur um ihn zu sehen. Kommt dann die Mittagsstunde, wo der Fürst ins Bad fährt, so wächst die Zahl der Harrenden an. Sie besetzen auch das gegenüberliegende ansteigende Gelände, um möglichst Einblick in die Fenster zu haben, so daß die fürstliche Familie nicht selten dadurch beengt ist. Die Polizei hat schon oft vergebliche Versuche gemacht, die Höhe zu räumen, aber das Publikum ist standhaft und ein jeder glaubt an Bismarck ein persönliches Anrecht zu haben.

Kommt dann der Tag der Abreise, so erneuern sich alle jene Kundgebungen der Liebe und Verehrung, die sich bei der Ankunft abgespielt haben, ungeachtet des Wechsels im Badepublikum in womöglich noch reicherem Maße. Die Fülle kostbarer Blumenspenden, die nebst Sendungen köstlichsten Obstes während der ganzen Zeit der Anwesenheit des fürstlichen Paares angedauert hat, wächst noch einmal riesengroß an. Von der Saline bis zum Bahnhofe geleiten ununterbrochen herzliche Zurufe die Scheidenden, am Bahnhofe selbst ist noch einmal alles versammelt, was irgend Anspruch darauf hat, dem Fürsten und seiner Gemahlin nahen zu dürfen. Selbst Tyras und Rebekka, die beiden Doggen, bekommen ihre Liebkosungen zum Abschiede; letzere ist übrigens in diesem Jahre nach längerer Unterbrechung zum ersten Male wieder mitgekommen. Endlich ist der Salonwagen bestiegen, die Glocke läutet das Abschiedssignal und vom Fenster aus erwidern Fürst und Fürstin dankend und grüßend das vielhundertstimmige: Auf Wiedersehen!


Die Noth.
Von Franz Beckert.[1]

Kennt ihr die harte, die eherne Noth,
Das alte graue hohlwangige Weib?
Weh’ jedem, dem sie von fern nur droht,
Den leise nur streift ihr Gigantenleib!
Und zweimal wehe, wen sie erreicht,
Wen sie umschlingt mit den Knochenarmen –
Kein Schrei des Schmerzes ihr Herz erweicht,
Sie kennt kein Mitleid, kennt kein Erbarmen!

Mit des Windes Hast, mit des Wolfes Gier
Auf leisen Sohlen kommt sie heran,
Blickt grinsend über die Schulter dir
Und starrt dich mit hohlen Augen an.
Sie reißt dich empor aus des Glückes Schoße,
Sie bleicht zu Schnee deiner Wangen Roth,
Sie hetzt dich müde bis hin zum Tod,
Die Noth, die rauhe, erbarmungslose.

Sie fragt nicht, welche Stunde es sei,
Sie überfällt dich am hellen Tag,
Sie schleicht sich in dunkler Nacht herbei
Und rüttelt dich aus dem Schlummer wach.
Sie dringt in die glückgesichertsten Räume
Mit ihrem leisen Gespensterschritt,
Bringt ihre Schwester, die Sorge, mit
Und macht zur Hölle dir deine Träume.

Das ist die harte, die eherne Noth,
Die kein Gebot, keine Satzung kennt,
Die kalt uns entreißt unser letztes Brot,
Die grausam die theuersten Bande trennt.
Die Noth, die jäh, mit des Blitzes Schnelle,
Vernichtend nieder zur Erde fährt –
O betet, betet, daß unserm Herd,
Daß fern sie bleibe stets unsrer Schwelle!


  1. Wir freuen uns, in dem Verfasser dieses Gedichtes unseren Lesern einen einfachen Kürschnermeister vorführen zu können, der zeigt, daß das Vorbild von Hans Sachs seine Kraft noch nicht verloren, daß die Pflege deutscher Sprache und Dichtung in den Handwerksstuben noch immer eine Stätte hat. Die Redaktion. 

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Blätter und Blüthen.

Das fünfzigjährige Militärjubiläum des Königs Albert von Sachsen. (Mit Bildniß.) Am 23. April des Jahres 1828 gab der Donner der Geschütze durch die dunkle Nacht hinaus den Bewohnern des Elbethales kund, daß dem Neffen des Königs Anton, dem Prinzen Johann und seiner Gemahlin Prinzessin Amalie von Bayern ein Sohn geboren worden war. Großer Jubel herrschte im Schloß und auf den Straßen; auf der Augustusbrücke versammelte sich eine Gesellschaft von patriotisch begeisterten Männern, die in ihrer Freude reichlich Champagner spendeten und keinen vorübergehen ließen, bevor er auf die Gesundheit des neugeborenen Sachsenprinzen angestoßen und das Glas geleert hatte. Am nächsten Tage wurde der Neugeborene getauft und erhielt die Namen Friedrich August Albert, wobei der Großonkel, König Anton, der Herzog von Lucca und die Prinzessin Amalie von Sachsen Pathenstelle vertraten. Die Erziehung des in geistiger und körperlicher Frische heranwachsenden Prinzen übertrug die weise Fürsorge des Vaters dem damaligen Hofrath und Justizienrath Dr. von Langenn, einem berühmten Juristen und Historiker, während die militärische Ausbildung Oberstlieutenant von Minckwitz, Generalmajor von Engel und später Major von Mangoldt leiteten. Bereits im siebzehnten Lebensjahre konnte, dank der ausgezeichneten Vorbildung, Prinz Albert die Universität beziehen, und zwar Bonn, wo damals viele Fürstensöhne den Studien oblagen, später auch Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der nachmalige deutsche Kaiser Friedrich III. Indessen der Ausbruch der Pariser Revolution im Februar 1848, die Rückwirkungen derselben auf Deutschland und die Möglichkeit, daß es zu einem Kriege kommen könnte, waren Veranlassung, daß Prinz Albert in die Heimath zurückkehrte, um sich mehr dem militärischen Berufe zu widmen.

König Albert von Sachsen als Lieutenant.

Er war kein Neuling mehr auf diesem Gebiete. Denn schon im frühen Jünglingsalter, im Jahre 1843, hatte er als Lieutenant Dienste bei dem Infanterieregiment gethan, welches seinen Namen trug. Am 24. Oktober dieses Jahres sind es fünfzig Jahre, seit König Albert in die sächsische Armee eintrat, und diese läßt es sich selbstverständlich nicht nehmen, den Jubeltag festlich zu begehen.

In den Jahren 1846 und 1847 erhielt der Prinz seine weitere Ausbildung als Oberlieutenant im Leibinfanterie-Regiment und 1848 wurde er zur Artillerie versetzt. Im nächsten Jahre empfing Prinz Albert die Feuertaufe im dänischen Kriege, wo er bei Eroberung der Düppeler Schanzen die sächsischen Truppen in den heftigsten Kampf begleitete und erst durch wiederholten Befehl des kommandierenden Generals von Prittwitz aus dem Bereich der höchsten Gefahr gerufen werden konnte. Die hohen militärischen Rangstufen, zu denen er als Prinz in rascher Folge aufstieg, luden ihm auch schwere Verantwortung auf, und er war der Mann, sie voll auf seine Schultern zu nehmen. Das zu beweisen hatte er bald Gelegenheit.

Am 20. Mai 1866 wurde Kronprinz Albert Oberbefehlshaber des sächsischen Heeres und am 22. Juni außerdem noch des ersten österreichischen Armeecorps und der ersten leichten Kavalleriedivision. Die unerschütterliche Haltung des Kronprinzen in den Wechselfällen auf den böhmischen Schlachtfeldern bleibt unvergessen. Er war es, der die Wahlstatt von Königgrätz erst mit dem letzten sächsischen Truppentheile, einem Jägerbataillon, verließ. Als die Armee nach dem Prager Frieden ihre Neubildung vollendet hatte, reiste Kronprinz Albert nach Berlin, um in seiner Eigenschaft als kommandierender General des nunmehrigen XII. deutschen Armeecorps König Wilhelm den Eid der Treue abzulegen.

Und nun kamen die Tage des Feldzugs nach Frankreich, jene Tage, die im militärischen Leben des Sachsenkönigs die Glanzzeit bilden und unsterblichen Lorbeer um seine und seines Heeres Stirne flochten. Nach der Schlacht bei Saint Privat erhielt Kronprinz Albert den Befehl über die Maasarmee, die sich durch die Schlachten von Beaumont, Sedan und vor Paris so hohen Ruhm erwarb, und als am 11. Juli 1871 die siegreichen Truppen in Sachsens Hauptstadt einzogen, erhob der Kaiser ihren hochverdienten Führer zur Würde eines Generalfeldmarschalls. Das sind in der Kürze die Umrisse des militärischen Lebens König Alberts. Bald rief ihn aber das Schicksal auf ein weiteres, umfassenderes Feld der Thätigkeit. Am 29. Oktober 1873 starb König Johann und Kronprinz Albert bestieg den Thron, um in friedlicher, dem Wohle seines Volkes gewidmeter Thätigkeit zu genießen, was seine starke Hand in kriegerischen und bewegten Zeiten schaffen half. Otto Moser.     

Auge und Zahn. Die Volksmedizin schreibt den Zähnen einen besonderen Einfluß auf die Augen zu. Namentlich die „Augenzähne“ (der linke und rechte obere Eckzahn) sollen sich in dieser Beziehung auszeichnen und beim Kommen, Verderben und Gehen dem Auge sehr gefährlich werden können. Ist an diesem alten Volksglauben etwas Wahres oder soll man diese Ansicht in die Rumpelkammer des Aberglaubens verweisen? Dr. N. Feuer, Lehrer an der Universität Budapest, hat allerdings diese Frage kritisch beleuchtet und seinen Ausführungen entnehmen wir, daß bestimmte Beziehungen zwischen Zahn- und Augenleiden wohl vorhanden sind. Sie kommen allerdings nicht so oft vor, als man im Volke glaubt, können aber mitunter so schwere Folgen nach sich ziehen, daß sie unsere Aufmerksamkeit wohl verdienen.

In einer ganzen Anzahl von Fällen wurde mit Bestimmtheit nachgewiesen, daß verdorbene, kranke, entzündete Zähne Ursache von mannigfachen Augenleiden, von Katarrhen, Entzündungen und Sehstörungen wurden und daß jene Beschwerden schwanden, sobald die schlechten Zähne entfernt waren. Am gefährlichsten sind die Geschwüre an oberen Zähnen, wenn der Eiter keinen Abfluß hat; die Entzündung pflanzt sich dann mitunter auf die Augenhöhle fort und führt den Verlust des betreffenden Auges und in einigen wenigen Fällen selbst den Tod des Patienten herbei. Wie gesagt, derartige schlimme Wendungen sind in Anbetracht der großen Zahl von Menschen, welche schlechte Zähne haben, selten; aber kleine Störungen in der Gesundheit der Augen werden durch Zahnleiden öfters verursacht. Das ist auch ein Grund, der die Veranlassung geben sollte, der Pflege des Mundes und der Zähne eine größere Aufmerksamkeit zu schenken, als dies trotz aller Belehrung und Warnung bis jetzt der Fall ist. *      



Inhalt: Ein Lieutenant a. D. Roman von Arthur Zapp (2. Fortsetzung). S. 709. – Unerhört. Bild. S. 709. – Riesen und Zwerge unserer Marine. S. 715. Mit Abbildungen S. 712, 713, 715 und 716. – Sein Minister. Novelle von E. Merk. S. 717. – Fürst Bismarck in Kissingen. S. 720. Mit Abbildung S. 721. – Die Noth. Gedicht von Franz Bechert. S. 723. – Blätter und Blüthen: Das fünfzigjährige Militärjubiläum des Königs Albert von Sachsen. Mit Bildniß. S. 724. – Auge und Zahn. S. 724.


manicula Hierzu Kunstbeilage XII: Mädchenbildniß. Von J. Koppay.


[ Verlagsreklame Union Deutsche Verlagsgesellschaft Stuttgart, Berlin, Leipzig für zwei Jugendzeitschriften. Hier nicht wiedergegeben.]


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.0 Druck von A. Wiede in Leipzig.