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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1891
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: commons
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[549]

Nr. 33.   1891.
Die Gartenlaube.


Illustriertes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

In Wochen-Nummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pf. In Halbheften: jährlich 28 Halbhefte à 25 Pf. In Heften: jährlich 14 Hefte à 50 Pf.





Noch klingt’s im Föhrengrunde.

Im dunklen Föhrengrunde,
Als laut die Drossel sang,
Vernahm ich süße Kunde
Wie Kirchenglockenklang.

5
Da schwoll mein Herz in heller Lust,

Denn du lagst stumm an meiner Brust
Im dunklen Föhrengrunde,
Als laut die Drossel sang.

Nun sollt’, was ich gelitten,

10
Ewig vergessen sein;

Du warst in Waldesmitten
geworden einzig mein.
Der Wildbach stob, die Taube strich:
Mein Ohr vernahm: „Ich liebe dich!“ –

15
Nun sollt’, was ich gelitten,

Ewig vergessen sein. –

Wohl schwanden viele Jahre
Mit Lenz und Winternacht –
An meines Glückes Bahre

20
Hab’ treu ich dein gedacht.

Du wandelst fern auf stolzer Bahn,
Doch blieb mein Herz dir zugethan,
Ob schwanden viele Jahre
Mit Lenz und Winternacht.

25
Noch klingt im Föhrengrunde

Wie Kirchenglockenton.
Das Wort, das deinem Munde
Am Maientag entfloh'n.
Wenn du auch heute fremd und kalt –
Das du mich liebtest, weiß der Wald.
Noch klingt’s im Föhrengrunde
Wie Kirchenglockenton. –
 Karl Schäfer.

[550]
Nachdruck verboten.
Alle Rechte vorbehalten.

Baronin Müller.

Roman von Karl v. Heigel.

(6. Fortsetzung.)

Mit dem Schnellzug waren Nachrichten von Excellenz Imhof an seinen Sohn angelangt. Excellenz kenne die Gesinnung Hohenwarts, er sehe daher voraus, daß man infolge der neuesten Ereignisse ihm, dem ersten und treuesten Diener des Erbprinzen, einen Empfang mit mehr oder weniger Gepränge bereiten wolle. Ein solcher dünke Excellenz, nachdem erst kürzlich Hoheit selbst festlich begrüßt worden sei, nicht annehmbar. Er wolle von niemand erwartet sein, werde sich aber freuen, um neun Uhr den Sohn und die liebenswürdige Familie Müller-Gatterburg im Kurhaus anzutreffen.

Als eine Abordnung der Bürger erschien, um sich bei dem Lieutenant genauer nach der Ankunft Seiner Excellenz zu erkundigen, theilte Helmuth die väterlichen Wünsche mit. „Schlimm!“ sagte der Bürgermeister, der unterdessen die Führung des Ausschusses übernommen hatte. „Allerdings wollten wir Papa Excellenz in feierlicher Gesammtheit einholen. Insofern aber als Staatsgründe – wir verstehen uns – doch Excellenz spricht wohl nur vom Bahnhof, wie steht’s mit Nummer zwei: um halb zehn Fackelzug der Alt- und Jungbürger? Will Excellenz auch keinen Fackelzug haben?“

„Fackelzug?“ fragte Helmuth. „Wie stark würden Sie denn antreten?“

„Wir sind fünfhundert Fackeln. Die Musikanten lassen ihre eigenen Lichter leuchten.“

„Fünfhundert Mann? Das ist ja sehr anständig! Wissen Sie was, ich nehme den Fackelzug auf meine Kappe. Lassen Sie die Fünfhundert los!“

Herr Zappel sah sich um, ob der Richter außer Hörweite sei, dann neigte er sich zum Ohr des Lieutenants. „Ob es Excellenz nicht ungnädig aufnehmen würde, wenn die Fackeln vom Kurhaus dem scheidenden Richter zu Ehren nach der Burg zögen? Es ginge halt in einem hin.“

Ungnädig aufnehmen? Wo denken Sie hin, Herr Zappel! Die Huldigung bleibt ja auch in der Familie! Aber weshalb auf die Burg hinaufmarschieren, wo Sie nicht einmal Platz zur Entfaltung der Fünfhundert haben? Da Richters um neun hier im Kurhaus bei meinem Vater sein werden, können es beide Theile bequemer haben. Der Sprecher – und das sind natürlich Sie, alter Freund und Bürgermeister – bringt ein Hoch aus auf den bedeutenden Staatsmann und liebenswürdigen Gast Hohenwarts, auf den Vater meiner Wenigkeit, und da Sie an dessen Seite ‚zufällig und unvorbereitet‘ den allverehrten Herrn Stadtrichter erblicken, so fordern Sie die Fünfhundert auf, auch diesem braven Mann zu Ehren ein dreifaches Hoch ertönen zu lassen. So geht es wirklich in einem hin.“

„Wir verstehen uns, Herr Lieutenant,“ sagte Zappel, „wir verstehen uns.“ –

Die Richterfamilie verbrachte die Stunden vor dem großen Ereigniß allein. Man saß im Lugaus beisammen. Die Damen meinten zwar, daß ihnen der Ort durch die jüngsten Vorgänge verleidet sei, doch Vitus nahm den Kampf mit den Gespenstern wacker auf und überredete die andern, ihm zu folgen. Die Nacht war mild und klar, der Mond leuchtete, und aus unergründlichen Tiefen grüßten die Sterne. Wer dachte bei diesem Himmel an das schwarze Gewölk, an die Windsbraut und die Blitze von gestern! Wer sah dem Paare, das Hand in Hand auf der Steinbank saß, die Stürme an, unter denen gestern ihre Seelen gezittert hatten! Verena hatte ihren Platz den Eltern gegenüber. Der sanfte Schein ringsum hob ihre Schönheit. Wie unter silbernem Schleier zeigten sich die Fülle und das matte Blond der Haare, die lieblichen Züge, der schlanke Hals und die fein geschwungenen Schultern. Ihre klare Gesichtsfarbe war um einen Ton bleicher, ihre Augen schienen jetzt so dunkel zu sein wie ihre Brauen.

Für Dich und Deine Mutter litt ich, dachte der Richter. Möge dafür Dein Leben ohne Stürme, Deine Seele rein von Schuld bleiben!

Durch die Baumkronen über dem gastlichen Gebiet des Schloßkellers blitzten Lichter, doch war es unten still geworden und „des Lebens Schauspiel“ spielte vorläufig wieder in der Stadt.

„Horcht!“ rief Ida plötzlich in die träumerische Stille hinein, die sie alle umfangen hatte. Trommeln wirbelten, dem Marktplatz entstieg röthlicher Qualm, den zuweilen ein helleres Aufflammen durchzuckte. Jetzt setzte die ganze Musik mit einem wohlbekannten Marsche ein.

„Der Fackelzug,“ sagte Vitus, „wir müssen ins Kurhaus.“ Verena sprang davon, um Hüte und Umhänge zu holen.

Die Richterin lehnte sich an die Schulter ihres Gatten. „Ich würde den Abend lieber mit Dir allein verbringen.“

„Imhof ist Beamter wie ich. Sie ehren uns alle, indem sie Einen ehren; ich darf nicht fehlen.“

„Seit wann bist Du ehrgeizig geworden?“

„Meine liebe Ida, man lernt ein Gut schätzen, wenn man in Gefahr stand, es zu verlieren.“

„Wahr!“ erwiderte sie leise und schmiegte sich fester an ihn.

Vitus blickte nachdenklich vor sich hin. „War das alles nur Zufall oder Fügung?“

„O Vitus. wie kannst Du fragen! Eine höhere, eine gütige Hand ist in diesem allem!“

Ihr Mann seufzte auf, um dann wehmüthig zu lächeln. „So hätte mich auch der Himmel freigesprochen!“


*               *
*


Ein Venezianer kann auf seine Piazza nicht stolzer sein als die Hohenwarter auf ihren Stadtplatz. Und sicherlich hat derselbe wenn auch nicht alles, so doch allerlei mit dem Markusplatz gemein: ehrwürdige Gebäude, Bogengänge mit Läden und Wirthschaften und eine Menge Tauben, die aber ungerechter Weise von den Fremden nie gefüttert werden; auch Italienisch wurde einstmals hier gesprochen, vom Großvater des Zuckerbäckers Martinelli, der, von Bologna nach Hohenwart verschlagen, bei der Witwe des städtischen „Bretzel-Bäckers“ in Dienst trat und später des Seligen Nachfolger wurde. Das ist aber lange her. Der Enkel Martinelli spricht einzig die Hohenwarter Mundart mit einem leichten Anklang an einen achtwöchigen Aufenthalt in Wien: „Schaffen’s ein Gefrorenes oder schaffen’s –“ Er nannte eine Fülle Herrlichkeiten für Feinschmecker. „Heut haben wir alles, ich kenne meine Hohenwarter. Ihnen wird das Ende schwerer als der Anfang. Gestern abend war Fackelzug, heute ist das Abschiedsessen für den Stadtrichter und morgen haben wir jedenfalls eine allgemeine Nachfeier.“

„Diese ewigen Aufregungen greifen meine Nerven an,“ sagte die Majorin Langbein. „Nichts Süßes, Martinelli! Geben Sie mir eine Flasche Selterswasser und ein Glas Wermuth. Wo belieben Frau Bahninspekor Platz zu nehmen? Minna, spann’ den Schirm auf, denk’ an Deinen Teint!“

Die drei Damen ließen sich an einem der beiden Tische nieder, die Martinelli sommers nach dem Mittagsläuten vor seinem Haus und Laden auf den Stadtplatz stellen durfte.

„Wenn Sie erlauben,“ fuhr die Majorin fort, „setze ich mich mit dem Rücken gegen die Obstbude; dort ist die Lästerschule Hohenwarts, und ich hasse eine böse Zunge. Sollte man nicht glauben, es sei Markt, soviel Leute! Und im Kurgarten ist auch Markt, aber dort mehr Grünzeug als Leute! Schade um die jungen Tannen! Die Hohenwarter übertreiben wie immer. – Mir den Wermuth, Martinelli, und meiner Tochter das Selterswasser!“

„Aber Mama, ich würde lieber ––“

„Auch ich würde manches lieber, allein denk’ an Deinen Teint!“

Die Bahninspektorin tauchte den Löffel langsam in ihr Himbeereis. „Wie mir mein Eduard mittheilte, sind für Müllers Damen zwei kostbare Sträuße in der Residenz bestellt. Als ob Hohenwart nicht auch Gärtner und Gärten hätte!“

„Ganz Ihrer Meinung, Frau Inspektor! Beiläufig, ist Ihnen schon bekannt, daß Furtenbachers Köchin –“

„Mama, sieh doch!“ rief Minna mit dem Diskant und der Kindlichkeit einer Vierzehnjährigen. „Ein Transparent!“

Die Majorin griff geschwind zum Augenglas. Zwei Dienstmänner

[551] trugen vorsichtig eine schwarze Tafel vorbei, auf dunklem Grunde war in ölgetränkten bunten Buchstaben zu lesen:

„Fünfzehn Jahre treu im Amte,
Stets ein Ehrenmann warst Du,
Darum ruft Dir die gesammte
Bürgerschaft beim Abschied zu:
 ‚Glück und Segen
 Allerwegen,
 Vitus Müller!

Lebe wohl und lebe hoch!‘“

„Ein Ehrenmann, das ist wahr,“ bestätigte die Frau Inspektor.

„Sicherlich. nur würde ich ihn in seiner Familie strammer wünschen. Je nun, welcher Mann hat keine Fehler! Ihren Eduard natürlich ausgenommen.“

Der Bahninspektor war als unleidlicher Haustyrann stadtbekannt, seine Frau ging daher über die letztere Bemerkung hinweg und erzählte, daß alle Welt heute abend erscheinen werde. „Herr Landrath von Zorn nebst Gemahlin kommt auch. Was sagen Sie, der Unzugängliche! Und Excellenz übernimmt den Vorsitz!“

„Du mein Gott, wenn der gute Müller nicht zufällig der Stiefvater der zukünftigen Schwiegertochter Seiner Excellenz wäre! Uebrigens, im Vertrauen gesagt, er scheint sehr in Geldverlegenheit zu sein. Wie ich aus sicherer Quelle vernehme, wird all sein Hab und Gut versteigert.“

„Ich möchte nur wissen, wo die Kaution hergekommen ist. Der alte Imhof soll ja nichts besitzen als sein Amt, und der Stadtrichter hat sicherlich nicht viel mehr. – Ah, der Herr Bürgermeister!“

Die Majorin folgte den Augen ihrer Freundin, welche auf ein Haus gegenüber sah. „In Hemdärmeln, wie gebildet! Was thut er denn auf dem Balkon?“

„Er gähnt.“

„Wahrscheinlich hat ihm der Notar sein Festgedicht vorgelesen. Ich kann mir schon denken, wie langweilig die ganze Sache werden wird. Ich gehe auch nicht hin, denn erstens bin ich nicht für diese erzwungenen Festlichkeiten, und dann ist der Major wieder so leidend. Ich und Minna lesen ihm Abend für Abend vor, englische Bücher. Zwar versteht er nicht gut Englisch, aber es zerstreut ihn doch … Das Gedränge auf dem Markt wird nachgerade unausstehlich; haben denn diese Leute nichts zu thun? Was sehen meine Augen! Die Apothekerin mit der Steuereinnehmerin! Das ist ja ganz was Neues!“

„Ja, die Dinge ändern sich und die Menschen auch, die Frau Apotheker als die ewige Erbin —“

„Hierher, meine Damen, rasch hierher! Ohne Umstände! Und woher kommen denn die lieben Freundinnen, wenn man fragen darf?“

„Vom Kurhaus,“ antwortete die Apothekerin. „Das giebt ein Mahl! In der Küche hantieren zehn Hilfsköchinnen, sogar Herrn Furtenbachers Exköchin läßt sich herab. Und im Schloßkeller ist der gleiche Wirrwarr! Alle Bäume haben Papierlaternen.“

„Ich sag’s ja, was zuviel ist, ist zuviel!“

„O, Richters sind liebe Leute,“ vertheidigte die Apothekerin, „und besonders die Frau Baronin ist gar nicht stolz.“

„Um stolz zu sein, ist sie zu wenig Dame,“ erwiderte die Majorin und senkte vornehm die Wimpern. „Es wird immer unleidlicher, da – wahrhaftig ein Puff! Herr, sehen Sie sich doch gefälligst vor, wen Sie hinter sich haben! – Man hat doch wahrhaftig nirgends seine Ruhe!“ …

Währenddem stand Gerichtsdiener Strobel drüben bei der alten Obstverkäuferin. Er hatte unterm Arm ein Bündel Schriften, die er vom kranken Amtsrichter in der Rabengasse geholt hatte, und blickte schwermüthig drein.

„Die Akten sind bereits unterwegs nach der Residenz. Der Schreiber Franz wird wieder ein paar Monate sitzen, den Schaden trägt der Staat, ich kriege eine Nase und die Geschichte ist aus!“

„Und wie macht sich der neue Herr?“

„Liebe Frau, man redet über Vorgesetzte nicht oder, wenn sie in der Nähe sind, nur Gutes. Aber wenn ich mir vom Erbprinzen unsern alten Amtsrichter zurückerbitten könnte, auf den Knieen wollt’ ich von hier nach der Hauptstadt rutschen!“

„Ja, ein Besserer als der steht nimmer auf, Wissen Sie nicht, wird das Klavier auch versteigert? Ich möchte meiner Tochter schon lange eins kaufen.“

Strobel antwortete zurückhaltend. „Darüber kann ich Ihnen nichts Genaues sagen. Natürlich handelt es sich um keinen Zwangsfall. Die Frau Baronin hat Geld wie Heu. Sie erkundigte sich vorläufig nur unter der Hand –“

„Unter der Hand in Hohenwart? O, die Einfalt! – Aber gestern waren die Hohenwarter beim Zeug. Einen solchen Fackelzug hat Excellenz in der Haupt- und Residenzstadt gewiß noch nicht erlebt!“

„Da ich Zugordner war, verbietet mir die Bescheidenheit, darüber zu reden.“

„Und wie glauben Sie, wird’s heut abend werden?“

„Großartig!“

„Recht, recht, unser Herr Richter verdient’s.“ – –

Nicht nur in diesen Gesprächen auf dem Markplatz, überall in Hohenwart stand Vitus Müller im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Er war, trotzdem er immer ein stiller Mann gewesen, zum Liebling der Stadt geworden. Eine zugleich würdige und herzliche Abschiedsfeier wurde vorbereitet, ein Abendtrunk und Imbiß im Kurgarten. Drahtnachrichten wurden an die Standespersonen im weiten Umkreise gesandt. In der Stadt selbst wurde nachmittags gefeiert, im Kurgarten um so fleißiger gearbeitet. Kein Lufthauch ging, doch der Himmel war bewölkt, und die Landschaft hatte für Feinfühlige eine herbstliche Stimmung wie zum Abschied.

Als es dunkel geworden war, fuhren an der Burg zwei Wagen vor, und die Richterfamilie wurde von denselben vier Herren, welche sie vormittags in feierlicher Weise eingeladen hatten, mit derselben Feierlichkeit abgeholt. Alle vier erschienen im Frack, einer sogar mit weißer Binde und Klapphut – der Notar, der für einen Schöngeist galt und auch als Familienvater noch Werth auf sein Aeußeres legte. Vitus war blaß, stotterte und stolperte, mit einem Wort, er hatte das Lampenfieber. Die Damen empfingen ihre kostbare Blumenspende; Ida, in rothem Atlas unter schwarzen Spitzen, sah nach einer Aeußerung des Notars „schön wie eine infernalische Fürstin“ und die hellgekleidete Verena „wie eine Maienlilie“ aus. Die Straße von der Burg bis zum Kurgarten war mit brennenden Pechpfannen besetzt und bildete auf dunklem Grunde ein flammendes Meer.

Ein dichtes Gedränge umgab die Wagen. Da war die Jugend und was zu ihr gehört, Schüler und Lehrer, Kinder und Kindermädchen. Das Geschrei, das der junge Nachwuchs beim Anblick der Gefeierten erhob, war betäubend. Wo die Straße ein Knie machte, mußte man halten. Erste Ueberraschung! Auf den Kuppen und Matten des Vorgeländes und der Berge innerhalb des Gerichtsbezirkes brannten Feuer; auf dem höchsten Gipfel, auf der „Grenzwacht“, an deren Fuß das Gut des Landraths lag, stieg auch die gewaltigste Flamme auf. An den Bäumen im Schloßkeller hingen bis zuhöchst farbige Leuchtkugeln und erhellten malerisch das grüne Gewölbe, eine Welt für sich, ein Stück Morgenland. Aber unter den Bäumen ging es urgermanisch zu.

Als die Gefeierten beim Kurhaus anlangten, drängte alles auf die Straße, und wer nicht mehr hinaus konnte, stieg auf den Tisch, und jedermann ließ sein Taschentuch flattern und schrie: „Hoch, unser Richter hoch!“ Im Garten war ein ähnliches Gedränge und die Begrüßung der Ehrengäste ebenso herzlich, nur stieg man nicht auf die Tische. Die große Wandelhalle mit ihren Gewinden aus Blumen und Tannenreis, ihren Fahnen, Bändern und Teppichen glich einem strahlenden, prachtvollen Lustgarten. Die schön gedeckten Tafeln, die festlich gekleideten Damen und Herren, die Musik – jeder Hohenwarter konnte wie die Obsthändlerin sagen: die Haupt- und Residenzstadt soll uns das nachmachen!

Nach dem ersten Gang erhob sich der Bürgermeister zur ersten Rede. Excellenz Imhof hatte es zur Bedingung seines Erscheinens gemacht, daß er als bescheidener Fremdling nur beim Nachtisch einige Worte sprechen müsse. Herr Zappel also erhob sich und begann:

„Verehrter Herr Stadtrichter! Es sind fünfzehn Jahre, daß die Angesessenen Hohenwarts Sie kennen. In dieser langen Zeit verging sicherlich kein Tag, an dem nicht Hunderte von uns Ihrer gedachten. Entweder man begegnete Ihnen, und Ihr gutes ehrliches Gesicht zu sehen war allein schon eine Freude. Oder es hatte einer einen Rechtshandel, dann sagte er sich: Unrecht kann mir nicht geschehen, denn mein Richter ist ‚unser Richter‘. Oder man sah zur Burg hinauf, und da fiel einem natürlich auch das Amtsgericht ein und Sie als der erste Mann beim Zeug’l. Oder man dachte an den andern Schloßflügel und wiederum an Sie erst als musterhaften Junggesellen und Einsiedler, im letzten Drittel Ihres hiesigen Aufenthalts als ebenso

[552]

Sonntagmorgen bei der Kirche von Ullenswang am Hardangerfjord.
Nach dem Gemälde von Hans Dahl.

[553] WS: Das Bild wurde auf der vorherigen Seite zusammengesetzt. [554] mustergültigen Ehemann in Gesellschaft einer Frau und einer Tochter, über die ich nichts weiter bemerken will als: ‚Hut ab!‘ Kurzum, wenn man alle die Gedanken an Sie in einem Haufen zusammenhaben könnte, wär’s ein Berg, höher als die ‚Grenzwacht‘, aber von lauterem Golde. Denn alle, Beamte, Bürger, Stadtherren, Bauern, Mann unb Weib und Kind und Kegel, kennen Sie als einen Mann ohne Makel, als einen gerechten und rechten Mann!

Und jetzt sollen Sie fort von uns! Eher, hätten wir geglaubt, falle die Burg ein, als daß unser Vitus Müller droben auszieht! Aber Sie bleiben am Leben und im Land – das ist die Hauptsache! Wenn Sie in unserer Hauptstadt Einzug halten, grüßen Sie sie von uns und sagen Sie: wir Hohenwarter schicken ihr unser Bestes! Und wenn Ihnen je die Großstadt zu laut oder die Arbeit einmal leid wird, so kommen Sie in das Städtchen zurück, in das die Berge hereinschauen. Und wenn Sie in nachtschlafender Zeit ankommen, klingeln Sie nur an der ersten besten Thür, denn Sie sind in jedem Haus zu Haus. Uns haben Sie angehört und Sie bleiben unser, dort und da und allezeit!

Ich hab’ starke Lungen, aber so weit hört man mich nicht, als Sie bekannt und geehrt und geliebt sind. Drum schießen wir’s ins Land! Und wenn der Schuß kracht, weiß Berg und Thal: jetzt bringt der Bürgermeister Zappel zu Hohenwart die Gesundheit unseres Richters aus, und auf steht ein jeder und ruft wie wir: ‚Er lebe hoch! hoch! hoch!‘“

Und alle sprangen auf, die Hochrufe ertönten und dazwischen krachte ein Schuß, dessen Donner von den Bergen zurückgegeben wurde.

Der Ansprache des Bürgermeisters folgten manche andere. Der Notar feierte die Burgfrau und das Burgfräulein in „schwungvollen“ Versen. Ein halbes Dutzend ländlicher Schönen überreichte im Auftrage der Berggemeinden ihrem alten, allverehrten Herrn Richter einen Strauß von Almenrausch und Edelweiß. Die Wirkungen des guten Weines und der munteren Musik offenbarten sich mehr und mehr; die weisesten Stadtväter gaben ihre steife Würde und die jüngsten Backfischchen ihre Schüchternheit auf.

Da jedermann Vitus die Ehren herzlich gönnte, sah man kein sauertöpfisches Lächeln, keine scheinheilige Miene; die Feier war eine fröhliche, und der Lärm wuchs mit der Fröhlichkeit. Doch als Excellenz Imhof aufstand und ans Glas tippte, wurde es im Handumdrehen mäuschenstill, so still, daß Vitus Müller das Hochwasser rauschen hörte – oder zu hören glaubte. Jeder fühlte: jetzt kommt die Hauptsache, denn ein Minister kann nur Gescheites sagen. Die längste Rede aus seinem Munde würde niemand ermüdet haben, doch Excellenz hielt Wort und faßte sich kurz.

„Mein lieber Herr Stadtrichter! Hochgeehrte Versammelte! Wohl sind alle darin einig, daß die höchsten irdischen Güter Macht und Recht sind. Möchten wir doch auch eins sein in der Ueberzeugung, daß Recht vor Macht geht. Leider ist das nicht der Fall. Und doch lehrt die Geschichte, das heißt die Erfahrung, daß jeder Machthaber die Erfolge, die er durch List oder Gewalt errang, alsbald durch irgendwelche Rechtstitel zu sichern und so erst das, was er besaß, in sein Eigenthum zu verwandeln bestrebt war. Also muß das Recht über die Macht gehen, oder mehr noch, das Recht muß allein die wahre Macht sein. Die Würde und Bedeutung des Richteramtes ergiebt sich daraus von selbst. Auch der Richter ist ein Priester, der dem Glauben an die Weihe und Unverletzlichkeit des Rechtes zu dienen und diesen vor allem durch seine eigene Lebensführung zu beweisen hat. Er muß ein Beispiel sein für jeden. Wie vollkommen Sie, Herr Stadtrichter, diese Aufgabe gelöst, wie redlich Sie während Ihres langen Aufenthaltes hier diese wichtigste Berufspflicht erfüllt haben, beweist mir der heutige Abend. Als erster Minister des regierenden Fürsten sage ich Ihnen öffentlich dafür Dank, als Ihr einstmaliger Studiengenosse, als Ihr ältester Freund in diesem Kreise sage ich Ihnen, daß ich stolz auf Sie bin!“

Kurze Pause; sämmtliche Anwesende murmelten Beifall. Und wieder hörte Vitus durch dieses Gemurmel hindurch das Rauschen der Wellen.

„Ein Meteor überrascht und blendet uns, aber nach kurzem Glanz zerspringt es und seine Atome werden von der Dunkelheit aufgesogen. Der Strahl eines echten Sternes dagegen braucht lange, bis er das menschliche Auge trifft, doch dann ist er bleibend. Möge dieser Tag Sie für die Stille entschädigen, die Sie in Ihrer Bescheidenheit als das Herkömmliche und Ihrem Wirken Angemessene betrachteten, die Sie nicht selbst unterbrachen. Dank dieser glorreichen Erinnerung werden Sie in Ihren neuen Wirkungskreis treten wie ein Jüngling und dort wie hier unmerklich, aber unwiderstehlich Ihre Umgebung zwingen, Sie durch stille Bewunderung und Nachahmung zu ehren. Dem neuen Stadtrichter, dem alten Hohenwarter Braven, dem priesterlichen Hüter der Gesetze bringe ich dies Glas. Hoch! hoch! hoch!“

„Der Hohenwarter Brave!“ Das Wort zündete. Es erhob nicht nur den Richter, sondern die ganze Stadt. Und der Minister, der erste Mann nach dem Fürsten, sprach das Wort. Wer da seine Lungen schont, ist kein Braver!

Nachdem Imhof mit seinem einstmaligen Studienfreunde, der ihm gegenübersaß, angestoßen hatte, wandte er sich an seine Nachbarin zur Rechten.

„Liebe Baronin, sind Sie mit mir zufrieden?“

„Mehr als das, Sie machen mich glücklich!“ Ida war selig, sie erinnerte sich keines militärischen Abends, der mit dem heutigen verglichen werden konnte. Und alles, was von ihrem Manne gesagt wurde, war so zutreffend! Das letzte Sorgenwölkchen zerfloß ins unermeßliche Blau freudiger Erregung. Als der Zug der Glückwünschenden zu den Ehrengästen um die Tafel wogte, stieß Ida hüben, Vitus drüben mit den Wallern an, sie kräftig, ihr Gatte mit zitternder Hand.

Jetzt kam bei dem Richter ein kleiner, stämmiger, sehr erhitzter Herr an die Reihe. Er trug kein Glas, umschlang den Gefeierten kräftig mit beiden Armen und küßte ihn, da er nicht höher reichte, auf den Rockkragen.

„Mein Neffe Stadtrichter, mein braver, herrlicher Vitus! Komm ein bißchen beiseit!“ Und Onkel Furtenbacher ergriff den Ueberraschten und entführte ihn ins Freie.

„Schön, daß Du auch da bist,“ sagte Vitus gelassen.

„Haspinger, den ich gestern in Steinberg sprach, telegraphierte mir heute; ich bestellte umgehend auf demselben Wege mein Gedeck und fuhr mit dem Eilzug hierher. Bis jetzt gewann ich es nicht über mich, Dir unter die Augen zu treten.“

„Warum?“

„Nun, wegen des Korbes, den ich Dir in der galligen Stimmung der letzten Tage gab.“

„Ja so! Schön war’s allerdings nicht.“

„Du mußt Dich in meine Lage versetzen, in die Lage eines alten Junggesellen. Du mit einer Frau wie die Baronin, mit einer Stieftochter wie Verena lebst im Paradies. Aber ich! Was habe ich vom Leben, außer dann und wann einen guten Tisch? Und da kündigt mir die Köchin, dieselbe Köchin, die heute abend die Hühner mit dem köstlichen Ragout bereitet hat! Dieses Genie will heirathen, dazu noch in einen Garten, wo sie den ganzen Tag damit zu thun hat, die Mistbeete auf- und zuzudecken! Vom Lieutenant will ich nicht reden. Azorl ist mir durch, mit Kärrnern! Ein gemeiner Hund!“

„Lieber Onkel, verzeih’! Ich muß zur Tafel zurück!“

Allein Furtenbacher hielt ihn an einem Knopfe fest. „Laß mich mein Herz ausschütten! Mein Betragen war trotz alledem, ich will nicht sagen häßlich, aber unverzeihlich. Vitus!“ rief der Alte in weinerlicher Rührung, „ich hielt Dich stets für einen braven Mann, allein, daß man im Ministerium auf Dich stolz und für Deine Freundschaft dankbar ist, das hätte ich nie, nie erwartet! Auch ich bin jetzt stolz auf unsere Verwandtschaft! Wieviel brauchst Du? Sechstausend Mark? Siebentausend? Morgen früh punkt acht Uhr liegt jede gewünschte Summe für Dich bereit! Zahle sie mir zurück, wann und wie Du willst! Mach damit, was Du willst! – Doch vielleicht hast Du das Geld nicht mehr nöthig?“

„Mehr als je!“ fiel Vitus ein. „Und ich bin Dir tief, tief verpflichtet.“

„Still, abgemacht! Morgen, sagen wir lieber um elf, denn Du mußt ausschlafen, morgen um elf hast Du das Geld. Punktum! Und jetzt umarme mich!“

Assessor Haspinger, der zu dem Fest zurückgekehrt war, kam eilig herbeigestürzt.

„Herr Stadtrichter! Herr Stadtrichter! Der Herr Landrath redet!“ –

[555] Endlich mußte der Gefeierte doch selber sprechen. Allein nach einigen kaum vernehmbaren Einleitungs- und Entschuldigungsworten versagte ihm die Stimme. Er stammelte nur noch: „Dank – dank – ich bin nicht –“ Dann ließ er sich auf den blumengeschmückten Sitz zurückfallen und barg sein Gesicht in den Händen.

Die Versammelten begriffen, ehrten, theilten seine Bewegung. Keine noch so schöne Rede würde tieferen Eindruck gemacht haben.

Bald darauf zogen sich die Ehrengäste zurück. Der Gefeierte verbat sich Wagen und Geleit, nur Strobel leuchtete mit einer Laterne voraus. Das Brautpaar ging hinter ihm; am Arm seiner Gemahlin, die ihn stützte, ihm besorgt ins Antlitz sah, schritt Vitus langsam und mühevoll bergan. Die Pechpfannen waren ausgebrannt, doch als die Heimkehrenden den halben Weg zurückgelegt hatten, erglühte die Burg in bengalischem Feuer. Droben verabschiedete sich Helmuth.

„Das Fest war schneidig!“ rief er fröhlich. „Auf Wiedersehen morgen!“

In der Wohnung angelangt, küßte Vitus seine Frau auf die Stirn und bat sie, sich zur Ruhe zu begeben; er komme nach. Seine Nerven bedürften der Beschwichtigung, seine Gedanken der Ordnung.

„Ich bin müde zum Umfallen,“ sagte Ida, „aber selig. Du hast doch jetzt keine Furcht, keine Sorgen mehr?“

„Da mir Onkel Anton morgen das Geld vorschießt, nein.“

Vitus blieb allein im Wohnzimmer zurück. Durch die offenen Fenster hörte er die Musik und, wenn sie eine Pause machte, den Lärm der Gäste, die ihm zu Ehren die Nacht durchjubelten. Doch Vitus wachte länger als alle. Es war am Fuße des Schloßberges und im Städtchen still geworden und der Richter saß noch im Sorgenstuhl, matt, schlaflos, nachdenklich, immer das Rauschen des Flusses im Ohr.

Die ersten Kirchenglocken klangen, das Morgenlicht lag über den Bergen und ließ ferne Schneegipfel erglänzen, als Vitus sich in den Saal Karls des Großen begab. Sein Haar war wirr und zerwühlt; er trug noch den Festrock, aber in heißen Gedanken hatte er Hals und Brust entblößt. So sah er wie ein heimkehrender Nachtschwärmer aus, fahl und matt.

Der Saal lag noch in Dämmerung; Vitus trat vor das gebietende Bild des richtenden Königs. Er sah es nicht deutlich, denn seine Augen schwammen in Thränen, doch kannte er ja die alte Malerei Zug für Zug.

Jetzt hob auch er gleich dem König die Hand zum Schwur empor und sprach feierlich: „So wahr mir Gott helfe!“

(Fortsetzung folgt.)

Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.

Luxemburg.

Geschildert in Wort und Bild von Paul Clemen.

Der Bischof Monulphus von Tongern, so erzählt ein alter Schriftsteller, hatte sich einmal in den Wäldern von Stavelot auf den Ulflinger Berg verirrt. Als er in der schmalen Schuttriese die felsige Halde erklommen hatte, hielt er den frommen Grauschimmel an, ungefähr dort, wo jetzt der Ulflinger Einödbauer seinen sauren Krätzer verschenkt, und schaute erstaunt nach Süden aus. Hinter ihm nur steinige Schrunden und unfruchtbare Bergtriften, vor ihm über den Wipfeln der dunklen Baumriesen, die ein flüchtiger Windstoß kräuselte, Höhenzug an Höhenzug, smaragdgrüne Wiesen und dichte Waldungen, bis dahin, wo in der dämmernden Ferne die weichen Linien der Bergrücken verschwammen.

Mitten in das grüne Sammetlager hatte sich ein Felsriese gebettet; sein Haupt trug als Krone den grauen Mauerreif des Römerkastells zu Clerf, um die braunen Schultern schlang sich ein dunker Waldsaum wie ein breites Ordensband. Die Landschaft hielt ihre Abendruhe: unter dem schweren Purpurvorhang der Wolken lugte nur noch scheu die Sonne aus, unter der Gluth ihrer Abschiedsküsse errötheten verschämt die Bergspitzen und hüllten sich in ein rosiges Dämmerlicht. Der Bischof setzte sich im Sattel zurecht. „Eia!“ rief er aus, „das ist ein Land, das der Herr zur Gesundung vieler Gläubigen ausersehen, und das aufs herrlichste ausgebaut, den berühmtesten Staaten gleichkommen soll.“

Was der streitbare Kirchenfürst von seinem Felsenerker aus überschaute, war der nördlichste Theil des heutigen Großherzogthums Luxemburg. Die Römer hatten abgewirthschaftet und waren aus dem Lande verschwunden, die Treverer, die Ureinwohner, hatten sich in die Wälder geflüchtet, um dort den alten Heidengott Taranis neben dem neuen Christengotte zu verehren, und von den Ardennen aus waren nur spärlich die Franken in die Luxemburger Thäler hinabgestiegen. Auf dem „Bock“–Plateau zwischen Petrusbach und Alzette standen noch die Trümmer eines römischen Vorwerks; ein fränkischer Häuptling hatte sich später in der sicheren Befestigung niedergelassen, seine Lehmzelle wie ein schmutziges Schwalbennest an die Römermauer geklebt und eine offene Holzlaube für seine Sippe errichtet.

Die neue Burg schenkte Karl Martell mit der Herrschaft Weimerskirch 738 an die Abtei St. Maximin zu Trier. Nach stark 200 Jahren erwarb dann der Ardennergraf Siegfried das alte Kastell, die Quadermauer ward wieder hergestellt. Während auf dem Berg der Graf mit seinen Ministerialen hauste, siedelten sich an den Wassern des Petrusbaches die niederen Leute an, die Muttergottes erhielt eine Kapelle vor den Thoren und ein halbes Dutzend Klosterbrüder Unterschlupf und Atzung in den Mauern der Siedelung. Das war der Anfang der Stadt Luxemburg.

Von Grundmauern römischer Bauten ist heute an Ort und Stelle nichts mehr zu erspähen; dafür birgt die Sammlung im Stadthaus am Krautmarkt römische Fibeln, Ohrlöffel und Toilettenspiegel, wie sie noch alljährlich beim Brunnenbaggern gefunden werden. Aber die enge Ringmauer des Grafen Siegfried läßt sich noch jetzt nachweisen, sie umschloß etwa den heutigen Fischmarkt; doch schon der Urenkel Siegfrieds, Graf Giselbert, brach sie ab und ersetzte sie durch eine neue, die durch die jetzige Grabenstraße am Wilhelmsplatz lief.

König Wenzel (1378 bis 1400) ummauerte die ganze Oberstadt; dann sorgte Karl V. am Anfang des 16. Jahrhunderts für die Ausdehnung und Verstärkung der Festungswerke, die von Konrad I. gestiftete Münsterabtei und das alte Stammschloß der Ardennergrafen wurden abgebrochen und in die Umwallung hineingezogen. Endlich umgab Vauban, der Vater der neueren Befestigungskunst, die Stadt mit Parallelen, nachdem der Prinz von Chimay im Jahre 1684 hatte kapitulieren müssen. Diese Werke von 8 Jahrhunderten, aufgeführt durch die heiße Arbeit von fast 30 Generationen, an wunderbarer Stärke nur dem meerumspülten Gibraltar vergleichbar, wurden durch einen einzigen Federstrich der Vernichtung geweiht: am 11. Mai 1867 wurde auf der Londoner Konferenz der Vertrag unterzeichnet, der das Großherzogthum Luxemburg zu einem unabhängigen neutralen Staat unter der Herrschaft des Hauses Oranien-Nassau erklärte. Artikel V des Vertrags enthielt die Bestimmung, der Großherzog sei gehalten, die nöthigen Maßregeln zu ergreifen, den festen Platz Luxemburg in eine offene Stadt zu verwandeln. So sind denn heute die in den Stein gehauenen Kasematten zerstört, die Riesenmauern gesprengt; unverhüllt und ungeschirmt zeigt der Felskoloß seine narbige Stirne.

Die breiten Glacis sind in Parkanlagen verwandelt, die Gräben aufgeschüttet und mit den Straßen der Oberstadt zu umfangreichen Vorplätzen verbunden. Von dem „Verfassungsplatze“ aus, der über dem scharf eingeschnittenen Thal des Petrusbaches als mächtiger Mauerpfeiler vorspringt, überschaut das Auge den Aufbau des ganzen Felsgefüges. Ein einziger abgeplatteter Höhenrücken, wie die Moselberge aus Silur, Devon und Granit bestehend, an den Rändern ausgehöhlt und von den Wassern der Quartärzeit glatt gescheuert, fällt nach drei Seiten über 70 Meter tief steil ab, hinunter zu den engen Thälern der Alzette und ihrer Nebenflüsse.

Aber wenn auch die Befestigungswerke gebrochen sind, die Aufmauerungen des wunderbaren Bergschlosses mußten bleiben – wäre doch sonst die halbe Stadt in die Tiefe gestürzt, So bietet Luxemburg dem Fremdling von drei Seiten zuerst das Bild einer [556] riesigen Mauer, in den Fels gehauen, aus großen Steinklötzen aufgerichtet – und dann erst entdeckt er darüber eine bunte und wirre Masse von zierlichen, weißen Gebäuden.

Das Altmünsterplateau. 

Ungeheure Brücken führen über das Thal, schmale Bogen auf dickleibigen Pfeilern, die auf den ausgewaschenen Sandsteinfelsen erbaut sind; aus der Tiefe werfen die glänzenden Schieferdächer der fleißigen Unterstädte die Sonnenstrahlen zurück – denn unter dem Schutze der Festungsgeschütze haben sich dort die Fabriken schnell entfaltet, die Arbeiterkolonien sind angewachsen und haben begonnen, auf beiden Seiten den felsigen Abhang zu erklimmen: Pfaffenthal im Norden, Clausen im Osten und im Süden die Vorstadt Grund. Ein Glück, daß die menschlichen Geruchsnerven nicht stärker entwickelt sind: ein sündhafter Dunst steigt aus den Pfaffenthaler Gerbereien auf, wenn die Lohe frisch geschüttet wird und an den zierlichen Holzbalkonen nach den Wassern der Alzette hin die nassen Felle aufgehängt werden.

Gegenüber dem „Bock“, jenem schmalen Felsriff, welches die Vorstädte Clausen und Grund trennt, kriecht den Abhang hinauf der Obergrunwald. Mitten zwischen den mächtigen Kastaniengruppen, die das Hochplateau erfüllen, schimmern die Trümmer zweier kurzer plumper Thürme, die allen Sprengversuchen getrotzt haben; nach der Vaubanstraße herunter zieht sich, einen vorgeschobenen Felsblock in die Umgürtung aufnehmend, die lange Mauer, die das Thal sperrte – den zinnengekrönten Thorbogen schwärzt jetzt alltäglich der Rauch der Lokomotive. An der zerborstenen Aufmauerung klebt noch ein zierliches Erkerthürmchen mit spitzem Dach, darüber erhebt sich eine prächtige Gruppe von drei tief herab umbuschten Buchenriesen.

Pfaffenthal.

Gerade gegenüber aber, auf dem Plateau Du Rham und an der offenen Westseite der Stadt, dehnt sich ein weiter Villenkranz, der an die Stelle der Außenforts getreten ist. Denn Luxemburg ist keine jener „Fürstenlaunenstädte“, wie sie Riehl getauft hat, bei denen jede Straßenlinie Langeweile athmet. Es ist indessen auch keine jener Festungsstädte, die langsam hinsiechen, nachdem die Simsonskraft von ihnen genommen ist. Unter der Regierung des König-Großherzogs Wilhelm III. und seines Bruders, des Statthalters Prinz Heinrich, hat die Stadt sich durch neue Eisenbahnlinien internationale Handelsverbindungen eröffnet und so einen ungeahnten Aufschwung genommen. Und daß sie allmählich zur Stadt der Pensionäre heranwächst wie Wiesbaden und Graz, hat sie wahrlich nicht der vielbesungenen Schönheit des Ortes allein zu danken.

Unter dem großen Viadukt, der die Oberstadt mit den südlichen Außenwerken verbindet, ziehen sich grün gesäumte Gartenterrassen hin voller Weinranken und Fruchtschnüre. Allenthalben klettert die Rebe empor, an den Felswänden rankt sie sich hinauf, schlingt sich um die silberbärtigen Baumriesen und um die moosbewachsenen Steintrümmer, umzieht Zaun und Wohnhaus mit einem dichten, lichtgrünen Geflecht. Bis nach Clausen hin laufen die Gärten, bis zu den Trümmern des prachtvollen Schlosses, das Graf Mansfeld um 1560 im Thale errichtete. Heute melden nur noch spärliche Mauerreste und Thorwege einiges wenige von dem gepriesenen Meisterwerke der niederländischen Renaissance, dessen Aufrisse uns zum Glück durch die Kupferstiche der Rubensschüler bewahrt worden sind.

Grund.

Als die Alzette noch in urwüchsiger Kraft aus dem Felsenthore hervorstürzte und die Thalsohle erfüllte, fuhren auch die Nachen häufiger an Diekich und Echternach vorbei der Mosel zu. Es war nicht leicht, an den verwaschenen Granitschroffen den Kahn zu hemmen und dann pfeilschnell über die Wirbel hinweg thalwärts zu rudern. In den Sagen und Märchen des Luxemburger Landes, die Cederstolpe und Steffen aufgezeichnet haben, spielt der fischreiche Fluß keine geringe Rolle, und die Pfaffenthaler Burschen, die verbotene Nachtangeln legen, wissen genug zu erzählen von dem Gesange der Nebelfrauen, die in den Sommernächten durch das [557] Thal reiten und die Fische emporlocken. In einer Pergamenthandschrift zu Stuttgart ist das Rezept aufgezeichnet, die widerspenstigen Wasserbewohner ans Licht zu rufen, ein einfacher Wortzauber:

„Blicken, Schwalen sind schlecht visch,
Den armen kommendts über tisch,
Doch mag man sy wol außerwellen,
Am besten sinds imm Aprellen.“

Die Hauptbauten der Stadt gruppieren sich um den Wilhelmsplatz, in dessen Mitte seit 1884 das Reiterstandbild des Königs Wilhelm II., von Mercier modelliert, steht. Nach dem großen Viadukt zu, jetzt fast erdrückt durch die finsteren und rauchigen Umbauten, erhebt sich die Kathedrale oder der Dom, ein seltenes Mischwerk von spätgothischen und Renaissance-Formen, mit großem prächtigem, reich mit Skulpturen geschmücktem Portal; eine säulengetragene Attika ziert es, über der aus einer Nische das Bild der Madonna herabblickt. Der Bau st von den Jesuiten errichtet worden, aber erst Maria Theresia schenkte das Gotteshaus der Stadt, das von da an als Pfarrkirche diente. Die berühmte Marienkapelle, welche das gläubige Thalvolk in hellen Scharen anlockt in den Tagen der Schobermesse am fünften Sonntag nach Ostern, liegt draußen vor dem Stadtthor; auch zu ihr hat ein Jesuitenpater, Jakob Brocquart, den Grund gelegt.

Aus den Befestigungen am Obergrunwald.

Königlicher Palast.

Nach dem Altmünsterplateau zwischen Pfaffenthal und Grund zu öffnet sich der Platz, an welchem der königliche Palast steht, das alte Regierungsgebäude, das wie der Clausener Palast unter dem Grafen Mansfeld, dem spanischen Statthalter, entstand. Keine weitgedehnten Säulenhallen, nur ein schmalschultriges, engbrüstiges Gebäude mit hohen Fenstern, einem rundherum laufenden, vorspringenden Balkon und zwei zierlichen Erkerthürmchen mit spitzem Dach: das Ganze ein gutes Beispiel der vornehm einfachen niederländischen Frührenaissance mit einzelnen rheinischen Anklängen. Ueber die Quadern im Schloßhofe floß einst das Blut des Gaspard de Heu, des Herrn von Buy und Beaufort, der hier die Strafe für begangenen Hochverrath erlitt.

Neben dem Athenäum, einer großen schon lange bestehenden Erziehungsanstalt, liegt die öffentliche Bibliothek, ein langweiliger, vielfenstriger Bau. Von dem alten Handschriftenbestand der Luxemburger Klöster sind noch etwa 300 Bände bewahrt, darunter auch einige aus Echternach, dem Willibrordkloster, bekannt durch seine Säulenbasilika und seine Springprozession. Die berühmtesten Echternacher Handschriften freilich, der kostbare Evangelienband, den Kaiser Otto II. dem Kloster geschenkt hatte, die Lebensbeschreibungen des Stifters, die Urkundenbücher sind zerstreut in den Bibliotheken zu Gotha, Trier und Gent. Was das kleine Luxemburg in den letzten Jahrzehnten für die geschichtliche Wissenschaft geleistet hat, nicht nur für die Specialforschung innerhalb seiner engen Grenzen, sondern für die Gesammtgeschichte der Rheinlande, ist bekannt; die jährlichen Veröffentlichungen zeugen nicht minder für den selbstlosen Sinn der Bewohner als die hochherzigen Stiftungen hervorragender Bürger, so des Jean Pescatore. Auch für die Bethätigung wissenschaftlichen Lebens hat Prinz Heinrich, der von 1850 bis 1879 Statthalter im Großherzogthum war, das Beste gethan, mit ihm seine hochgesinnte, reich begabte Gemahlin, die Prinzessin Amalia, eine echte Tochter des Herrscherhauses von Sachsen-Weimar. Als sie auf Schloß Walferdingen im Jahre 1872 starb, trauerte das ganze Volk um sie; ein Denkmal im Park hält ihr Gedächtniß aufrecht.

Portal des Domes.

Aus Alt-Luxemburg.

Von Alt-Luxemburg steht nur wenig mehr; die Beschießungen durch Marschall Créqui 1684, dessen Mörser über 6000 Granaten in die Stadt warfen, und durch die Revolutionstruppen im Jahre 1795 haben mit den alten Patricierhäusern gut aufgeräumt. In der Rue de la Trinité prangt noch ein Bau mit gothischer Vorhalle und zierlicher Steinhauerarbeit, den Statuen der heiligen Maria und Anna an der Fassade. In der Nähe ist die eine Seite eines römischen Sarkophags in eine Straßenfront vermauert. Da steht auch der alte Mauerbogen noch, der dermaleinst zum Judenviertel führte. Schmale Straßen ohne Brandwände mit breiten Rinnsteinen und überhängenden Holzlauben, ein holpriges Pflaster, wegsperrende Freitreppen und Schmutzhaufen, auf dem Fahrdamm tote Hunde und sich tummelnde Schweine – das ist das Bild des mittelalterlichen Luxemburg gerade so gut wie das von Köln oder Mainz. Eines der ältesten Gebäude, der Bossen-Quaderthurm [558] mit der ergrauten Holzverschalung, der als Hochwächter über dem Eingang zum Jesuitenkloster erschien, hat erst den letzten Umbauten weichen müssen.

Der französische Einfluß in Luxemburg geht zurück auf den Erzbischof des Mosellandes, Albero von Montreuil. Eine ganze Fülle welscher Namen folgt auf ihn im Trierer Bischofskatalog. Dann überschwemmen im 14. Jahrhundert die gesellschaftlichen Formen des Westens die besseren Schichten, und mit Schnabelschuhen und Zaddeltracht zieht französische Sentimentalität im Lande ein, aber auch der leicht aufflammende und leicht verflackernde Enthusiasmus, der dem französischen Gemüth eigen ist. Indeß mit der leichten Erregbarkeit des westlichen Nachbars mischt sich der emsige Fleiß und der trockene Humor des Rheinländers. Ein aufmerksamer Beobachter findet fast nur die breitgesichtigen germanischen Langschädel vertreten. Daß trotzdem Luxemburg in den letzten Jahrzehnten eine merkliche Hinneigung zu Frankreich gezeigt hat, ist bekannt. Nicht zum wenigsten freilich ist dies den französischen Gästen zu verdanken, die im neutralen Luxemburg mitten in allen europäischen Wirren eine stille Insel zu finden hofften. Zu der Zeit, als die deutsche Bundesfestung Lützelburg noch nicht Luxemburg getauft war, herrschten in der Oberstadt noch die gutrheinischen Namen der alten Patriciergeschlechter; seither haben sich Namen und Formen mit welschem Firniß überzogen, und wer früher Heintze hieß, legt sich einen Accent bei und nennt sich Heintzé. Das ist freilich ein recht durchsichtiger Firniß, unter dem deutsches Wesen fortbesteht. In der Rue Chimay giebt’s seit Jahren eine Wirthschaft „Zum Münchener Kindl“ – der bayerische Hopfentrank muß die Vorhut abgeben für den deutschen Kultureinfluß. Und wenn die Abendglocke von Notre-Dame geläutet hat, die verblutende Sonne das flatternde blaue Nachtkleid noch einmal zu lüften versucht, wenn die Alten auf den grüngestrichenen Bänken der Wälle sitzen und die Luxemburger Schönen Arm in Arm auf dem Glacis auf- und abwandeln und nach dem Riesenjoseph an der Parkhöhe ausschauen – dann klingen in friedvoller Eintracht von rechts die Weise der „kleinen Fischerin“ herüber und von links Victor Méhays „Vivent les dames de France!“ Deutsche Gesetzgebung hat das Land zum Vorbilde, seit es dem deutschen Zollverein beigetreten ist; deutsch sind die Patentgesetzgebung, die Arbeiterschutzmaßregeln, die landwirthschaftlichen Gesetze. Französisch in den gesellschaftlichen Formen und den künstlerischen wie litterarischen Anschauungen, deutsch im Charakter und in den Grundfesten des staatlichen Organismus, so stellen sich die Hauptzüge des Luxemburger Lebens dar. Möglich ist immerhin, daß unter dem neuen Herrscher aus deutschem Hause, der in diesen Tagen seinen feierlichen Einzug in das ihm kraft Erbrechts zugefallene Land gehalten hat, eine Verschiebung zu gunsten des Deutschthums eintritt. Aber ein gewisser Partikularismus wird doch wohl der Grundzug des Volkscharakters bleiben.

Denn, wie es in dem alten Luxemburger Volksliede „De Feuerwon“ heißt:

„Kommt hier aus Frankreich, Belgie, Preise,
Mir welle iech ons Hemecht weise –
Frot dir no alle Seiten hin,
We mir eso zefriede sin.“




Nachdruck verboten.     
Alle Rechte vorbehalten.

Die Kamerunerin.

Eine romantische Geschichte von H. v. Götzendorff-Grabowski.

(3. Fortsetzung.)

Frau Edith war erstaunt und erfreut zugleich, als sich im Vorzimmer zwei aus ihrer winterlichen Hülle schälten.

„Claudius! Nein, das ist zu reizend von Ihnen!“ rief sie fröhlich aus. „Es zeigt uns, daß Sie doch mehr auf unsere freundschaftlichen Beziehungen halten, als man Ihrer einsiedlerischen Zurückhaltung nach manchmal annehmen möchte. Ich habe übrigens Sophie Adler zur Bescherung eingeladen, das ist Ihnen doch nicht unangenehm? Das gute Mädchen stand mir während Nellys Krankheit so treu zur Seite und hat zu Hause wirklich gar nichts. Die älteren Geschwister schnappen ihr jedes Vergnügen vor der Nase weg.“

Unter andern Umständen würde der Doktor nicht viel für Frau Ediths Günstling übrig gehabt haben; heute aber, mit dem Briefe der „Kamerunerin“ in der Tasche, fühlte er sich geneigt, jedermann Wohlwollen und ein günstiges Vorurtheil entgegenzubringen. Vielleicht war Sophie Adler in der That ein gutes Mädchen. Jedenfalls wollte er sie heute dafür nehmen. So war er denn liebenswürdig gegen alle, liebenswürdig auch gegen Sophie. Ihr häufiges Erröthen verrieth, wie beglückt sie darüber war. Sie dachte an ihre Schwestern zu Hause. Flora und Dora werden sich schön ärgern, wenn sie ihnen heute nacht vor dem Schlafengehen die wundervollen Einzelheiten dieses Weihnachtsabends zum besten giebt! Mit einer kleinen Bosheit des Fabrikherrn konnte Sophie den Schwestern zu ihrer innigen Genugthuung auch aufwarten. Claudius hatte nämlich bei Tische den Ausspruch gethan, die Kronfurther Damen seien eigentlich zum größten Theil geborene Dichterinnen, und dann mit einem durchdringenden Blicke auf Sophie hinzugefügt, er hoffe indessen, daß ihr diese verhängnißvolle Gabe vom Schicksal versagt geblieben sei. Sophie wußte nicht, wo er hinauswollte, hielt es jedoch für angebracht, die Gesellschaft davon zu unterrichten, daß sie in der Schule stets zu den „Besten“ gehört habe, wenn man Darstellungen in gebundener Rede habe liefern müssen.

Darauf hatte der Doktor mit eigenthümlichem Lächeln erwidert: „Nun, hoffentlich haben Sie sich dann wenigstens an der neuesten Dichtung Ihrer phantasiereichen Schwestern in Apoll nicht betheiligt, mein Fräulein! Ich meine jene böswillige Erfindung über Herrn Gerlachs Ritte nach Grützburg, die er für mich unternommen hat. Es handelte sich dabei um Briefschaften von Wichtigkeit. Herr Gerlach hat die Sache wie alle meine Angelegenheiten mit höchster Gewissenhaftigkeit besorgt, und ich beklage es aufrichtig, daß gerade seine Pflichttreue die Veranlassung zu einer so unangenehmen Erfahrung für uns werden mußte!“

Nun hatte Sophiechen begriffen und war tugendsam erröthet. „Ach ja, ich hörte im Montagskränzchen davon,“ sagte sie schüchtern, „habe aber in keiner Weise Theil an dem Gerücht und wünschte herzlich, von allen übrigen Kronfurtherinnen dasselbe versichern zu dürfen.“

„Also ist an der ganzen Geschichte mit der Postmeisterstochter kein wahres Wort?“ rief Frau Edith, zu dem Nüsse knackenden Bruder gewendet.

„Leider nein, Schwesterchen! Zu meinem Bedauern habe ich noch nicht einmal die Nasenspitze meiner ,Zukünftigen’ zu sehen bekommen!“

Damit hatte diese „Verlobung“ ihr Ende gefunden, ehe sie angebahnt war. Die kleine Gesellschaft blieb noch einige Stunden heiter und gemüthlich beisammen, dann trennte man sich in bester Stimmung. Claudius fuhr mit seinem Direktor nach Hermannsthal zurück; Sophie eilte wie auf „Adlersschwingen“ nach Hause. Dort feierte sie den ersten Triumph ihres bisher nicht sehr freudenreichen Daseins. Hocherhobenen Hauptes trat sie gegen Mitternacht ins Wohnzimmer, wo die Familie noch vollzählig beisammen saß.

„Guten Abend! Ich komme ein bischen spät, aber es ließ sich nicht anders machen.“ Sie staunten alle über den selbständigen Ton, in welchem die sonst so schüchterne Sophie ihre Erklärung abgab, und begannen zu ahnen, daß sich bei Eberhards etwas Ungewöhnliches zugetragen haben müsse. Sophie bestätigte das in vollem Umfang.

„Der Hermannsthaler war auch da!“ sagte sie, mit der gleichen majestätischen Haltung wie vorhin – „der Doktor Claudius nämlich.“

Das gab einen förmlichen Aufstand. Dora und Flora sprangen von ihren Stühlen empor, die Mutter setzte die zum Trinken erhobene Theetasse schnell nieder, und der Vater nahm die Pfeife aus dem Munde. Sophie fühlte sich als die Heldin eines welterschütternden Ereignisses.

„Ja! Jawohl!“ rief sie – „er war da. Und wie war er! Laßt es Euch nur von der Frau Professor erzählen! So liebenswürdig, so heiter hat ihn noch kein Mensch gesehen!“

„Komm’ her, Sophie! Setze Dich zwischen uns! Du mußt alles genau und ordentlich der Reihe nach erzählen!“ baten Dora und Flora. Das war es, was Sophie ersehnt hatte! So erzählte sie denn, erzählte ohne Ende – hatte sie doch jedes Wort, jeden Blick, jede Bewegung des Doktors mit der Gewissenhaftigkeit eines Polizisten in ihrem Gedächtniß gebucht. Und [559] während der Redestrom unaufhaltsam von ihren Lippen floß, weideten sich ihre Augen an der gespannten Aufmerksamkeit der Zuhörerschaft. Und nun kam der Schlußtrumpf: das Vielliebchen. Ja, Doktor Claudius hatte in der That ein Vielliebchen mit ihr gegessen und es, was noch mehr heißen wollte, an sie verloren.

„Aus Ritterlichkeit wahrscheinlich,“ meinte die Mutter.

„Und um eine Anknüpfung zu haben,“ ergänzte der Vater. „Möglicherweise steht sogar sein unerwartetes Erscheinen bei Professors in irgend einer Beziehung zu unserer Tochter Sophie.“

So hoch verstiegen sich Sophies Muthmaßungen nicht, aber sie ließ die andern gewähren und fand es schon sehr angenehm, plötzlich aus dem rechtlosen Aschenbrödel des Hauses für jedermann zu einer Person von Bedeutung geworden zu sein. Mochte nun dieser gesegnete Umschwung so lange oder so kurze Zeit währen, als es in den Sternen geschrieben stand!




5.0 Else.

Es war im April und es regnete. Der Regen mochte vielleicht den Frühling bringen, allein dieses schöne „vielleicht“ nahm der Gegenwart nichts von seiner Trübseligkeit. „Es gießt wie mit Kannen, Mama,“ sagte die hübsche Blondine, welche am Fenster saß und auf die Straße hinunterblickte. „Und sieh nur“ – hier ward das zierliche römische Näschen gegen die Scheibe gepreßt – „da ist der schlanke Schwarzbärtige noch immer! Er spaziert nach wie vor so wohlgemuth durch den um ihn herumspritzenden Schmutz, als habe er sein Lebtag nichts anderes getan.“

„Laß ihn spazieren, Else, und kümmere Dich lieber um das Packen meiner Handtasche!“ klang es ein wenig verdrießlich aus einer fernen Sofaecke hervor. „Ich muß, wie Du weißt, auch noch mein ‚Nervenelixir‘ einnehmen, sonst halte ich das Schaukeln des Eisenbahnwagens gar nicht aus. Die Belladonnatropfen kommen natürlich ebenfalls in die Handtasche.“

„Jawohl, Mama! Ich werde nun nach Minna schellen. In einer Viertelstunde kommt der Wagen.“

Bald darauf hatte der Fremde, welcher sich in der That herzlich wenig um das Wetter, desto mehr aber um die Villa Heydecker zu kümmern schien, das Vergnügen, Mutter und Tochter in Begleitung einer Dienerin einen Landauer besteigen und davonfahren zu sehen, nicht ohne daß die hübsche Blondine noch einmal verstohlen nach ihm zurückgeblickt hätte. – In demselben Augenblick trat drüben ein alter Diener in schwarzgrüner Livrée aus der Villa, offenbar in der Absicht, den vornehm aussehenden Fremden, dessen Gebahren auch ihm aufgefallen sein mochte, ein wenig näher zu betrachten und womöglich dessen Vorhaben zu erfahren. Jener trat rasch auf den Neugierigen zu. „Dieses ist doch das Besitzthum der Frau Forstrath Heydecker, nicht so, mein Freund?“ fragte er, den Hut lüftend.

„Ganz recht, mein Herr, ganz recht,“ antwortete der Graukopf dienstbeflissen. „Dachte mir gleich, daß der Herr über die im Stadtblatt ausgebotene Villa Bescheid wünscht. Ja, die Frau Forstrath will verkaufen und nach Berlin zu ihrem Bruder, dem Herrn Professor Wetter, übersiedeln. Es ist den Damen hier in Hirschberg zu einsam geworden, wissen Sie, seit unser junger Herr an die Berliner Regierung versetzt wurde.“

„War es die Frau Forstrath, welche soeben fortgefahren ist?“ fragte der Fremde.

„Jawohl, mein Herr. Die Damen begeben sich zu einer mehrwöchigen Kur nach Wiesbaden. Unsere Villa steht daher ganz leer, wenn Sie also das Innere zu besichtigen wünschen –“

„Dazu fehlt mir für jetzt die Zeit. Ich danke Ihnen, mein Lieber.“ Der Fremde ließ ein Geldstück in die Hand des alten Dieners gleiten, grüßte freundlich und entfernte sich mit schnellen Schritten. – –

Als Fräulein Else zu Wiesbaden in der vorausbestellten Fremdenpension Sonnenbergerstraße Nummer 18 angelangt war, hatte sie den Schwarzbärtigen vollkommen vergessen und würde wohl nie mehr seiner gedacht haben, wäre er nicht schon am folgenden Tage aufs neue vor ihr aufgetaucht; noch dazu in ihrer Pension, an der Mittagstafel, gerade Mama Heydecker gegenüber! „Herr Doktor Claudius!“ sagte die Dame des Hauses, den Neuangekommenen bei der übrigen Tischgesellschaft einführend. Die darauf folgenden Einzelvorstellungen zwischen dem Fremden und seinen Nachbarn halfen Else über die erste Verlegenheit hinweg. Wenn ihr dieser Mann, woran sich kaum zweifeln ließ, von Hirschberg nach Wiesbaden und bis in dieses Haus gefolgt war, so verrieth jedenfalls sein Benehmen nichts davon. Er zeichnete sich durch große Ruhe und eine alle Tischgenossen gleichmäßig berücksichtigende, feine Höflichkeit aus. Sehr selten – so selten, daß die Uebrigen nichts bemerken konnten – ließ Doktor Claudius seine Blicke zu Else hinüberschweifen; wenn es aber geschah, so lag unverkennbar etwas wie eine Frage, wie ein verhaltenes Geheimniß in denselben, und Else fühlte sich ganz gegen ihre eigentliche Natur befangen. „Es ist, als ob mir diese durchdringenden dunklen Augen bis auf den Seelengrund schauen wollten!“ dachte sie mit einem kleinen Schauder. „Auf solche Art hat mich noch keiner meiner Verehrer angeblickt, wahrhaftig! Was nur Walter dazu sagen würde?“

In den folgenden Tagen fügte es sich ab und zu, daß Else und der Doktor miteinander ins Gespräch kamen. Claudius wußte sehr anziehend zu plaudern, er war wie einer, der von einer andern Weltkugel kam, nicht ein bißchen nach der „Schablone“, sondern ganz originell. Er sah jedes Ding durch seine eigene, klare Brille an und sprach davon mit Worten, die nicht angelernt, sondern empfunden und bedacht waren. Else war ein kluges Mädchen, und so hätten diese Gespräche ihr eine Quelle reinen Vergnügens werden können, wäre nicht ihr Gegenüber offenbar bestrebt gewesen, bei allem ihre Neigungen und Gewohnheiten, ihre Ansichten über Leben und Gesellschaft zu erforschen; allerdings in taktvoller, unaufdringlicher Art, aber – warum überhaupt?!

„Jetzt kennt er mich schon so genau wie sein Reisehandbuch,“ sagte das junge Mädchen nach Verlauf einer Woche zu sich selbst – „und ich weiß nichts von ihm außer dem Einen, daß er mich wie eine Landkarte kreuz und quer durchstudiert hat! Schließlich wäre es wohl an der Zeit, daß ich ihn einmal ganz frank und frei nach dem Grund seiner recht schmeichelhaften, aber ein wenig unheimlichen Antheilnahme an meiner unbedeutenden Person fragen würde.“ Und dann kam wieder der Schluß, in welchen so ziemlich alle ihre Selbstgespräche mündeten: „Was nur Walter dazu sagen würde?“ –

Unterdessen führte Claudius, während er in einem einsamen Theile des Gartens seine Abendcigarre rauchte, in ähnlicher Weise ein Selbstgespräch. Auch er sagte sich, daß es so nicht weiter gehen könne. Diese elegante Else Heydecker – ein „Weltkind“ im wahren, wenn auch nicht im schlimmen Sinne des Wortes – bildete in Erscheinung und Wesen das vollkommene Gegenstück zu dem Weibe, welches er hinter der Schreiberin jener beiden eigenartigen Briefe vermuthet hatte und das seiner „Erträumten“ in jedem Zuge glich. Und doch mußte er seinen Nachforschungen zufolge gerade in ihr die Verfasserin der Episteln vor sich haben. Vermochte sich Else in der That nicht anders zu geben, hatte sie nur während des Briefwechsels mit ihm ein anderes Selbst „angezogen“? Dann war der Stern, dem er gefolgt, nichts als ein „Irrlicht“ gewesen, und er konnte nach gewonnener Erkenntniß nichts besseres thun, als still heimpilgern, heim in die gewohnte Einsamkeit.

„Da bin ich wieder, Gerlach! Der ‚Roman‘ hat nun wirklich sein wohlverdientes Ende erreicht, Sie sollen das Schlußkapitel hören; dann aber ein für allemal ins Grab der Vergessenheit mit ihm!“ So hörte Claudius schon im voraus sich selber sprechen.

Am folgenden Tage stellte die Forsträthin der Tischgesellschaft einen Gast vor, der sich zum Besuch bei ihr eingestellt hatte. „Freiherr von Grollmann-Uckerhaus, Premierlieutenant bei den Dragonern, Bruder der Braut meines Sohnes, des Assessors, der unlängst nach Berlin versetzt wurde,“ ließ sich die alte Dame umständlich, mit sichtlichem Stolze vernehmen. Fräulein Else hatte ein sehr kleidsames, „dragonerblaues“ Kleid angelegt und schien trefflicher Laune. Offenbar war der Gast durch sie über die Tischgenossen, insbesondere über den „Fall Claudius“ einigermaßen unterrichtet worden, denn er warf bisweilen einen prüfenden, keineswegs freundlichen Blick zu dem Fabrikherrn hinüber, was diesen höchlich belustigte.

Für den Abend hatte die Badverwaltung ein Konzert mit Feuerwerk angesetzt und die gesammte Pensionsgesellschaft fand sich deshalb nach zeitig eingenommener Abendmahlzeit vergnüglich im nahen Kurgarten ein, Claudius allein war zurückgeblieben, um die im Hause herrschende Ruhe zur Erledigung von geschäftlichen Angelegenheiten zu benutzen. Nach beendeter Arbeit zog er sich in seinen Lieblingswinkel im Musikzimmer zurück, in eine vom Mittelpunkt des großen Raumes ziemlich entfernte und deshalb außerhalb des Lichtbereichs liegende, tiefe Fensternische. [560] Während drüben am andern Ende des Saales „irgend jemand“ am Flügel saß und „irgend etwas“ spielte, ließ sich hier behaglich träumen. Auch heute hatte sich Claudius eben zu diesem Genuß zurechtgesetzt, als er plötzlich die Stimmen von Else und dem Lieutenant in seiner Nähe hörte.

„Ich weiß schon, wo das Tuch liegt, Walter, ich danke Dir – Mama vergaß es auf dem Flügel,“ sagte das Mädchen. „Und nun muß ich noch einmal hinauf, das Beruhigungsmittel für Mamas Nerven zu holen. Sie fürchtet, durch das Knallen beim Feuerwerk –“

„Laß einen Augenblick das Beruhigungsmittel und das Knallen, Else, ich bitte Dich! Unser Thema ist noch keineswegs erledigt.“ Die Stimme des Offiziers klang erregt. Weder er noch Else schienen den Doktor zu gewahren; während dieser noch überlegte, ob es nöthig sei, die jungen Leute durch ein plötzliches Hervortreten zu erschrecken und in Verlegenheit zu setzen, erklang schon in etwas erregtem Tone die Antwort:

„Ich habe Dir alles der Wahrheit gemäß berichtet, Walter, wozu mich doch gewiß kein Mensch zwingen konnte, und daraus siehst Du am besten, wie ich mit diesem Doktor Claudius stehe, wie unbegründet wieder einmal Deine Eifersucht ist.“

„Ganz gut! Ich sage Dir aber, daß mir der Mann im höchsten Grade mißfällt und daß ich Dich nicht länger mit ihm unter einem Dache wissen mag! Er macht Augen an Dich hin! Vorhin hat er’s wieder gethan! Er – nun kurz und gut, eines von Euch muß aus diesem Hause! Du könntest Mama veranlassen –“

„Ich kann gar nichts, Walter, als höchstens dem Doktor Claudius im Vertrauen mittheilen, daß wir heimlich verlobt sind.“

„Mit Ihrer gütigen Erlaubniß, mein gnädiges Fräulein – er weiß es bereits!“

„Aber Herr Doktor! Sind Sie denn als ein zweiter ‚Hans Heiling‘ aus der Erde aufgestiegen?“

„Keineswegs, gnädiges Fräulein. Ich möchte mich sehr dagegen verwahren, von Ihnen und Ihrem Herrn Verlobten als finsterer Dämon angesehen zu werden, der Ihren Herzensbeziehungen feindlich gesinnt ist; ich möchte vielmehr Sie beide bitten, von der Aufrichtigkeit meiner Theilnahme, von meiner Freude über diese zufällige Enthüllung fest überzeugt zu sein!“

Claudius hatte diese Worte mit freimüthiger Herzlichkeit gesprochen. Else, die erst sehr verlegen war, reichte ihm jetzt lächelnd die Hand und der Freiherr folgte nach kurzem Zögern ihrem Beispiel.

„Wir danken Ihnen, Herr Doktor,“ sagte er mit einiger Befangenheit in Blick und Stimme. „Ich muß gestehen, daß ich mich in Ihnen geirrt habe, vergessen Sie, bitte, meine unzutreffenden Worte von vorhin.“

„Jene Worte waren ja nicht für mein Ohr bestimmt, Herr von Grollmann, und wie ich denke, auch nicht buchstäblich zu nehmen.“

„Dessen dürfen Sie versichert sein, Herr Doktor. Wäre mein Urlaub nicht morgen schon zu Ende, so würde ich es Ihnen gern durch die That beweisen.“

„Auch ich reise morgen ab, dringende Geschäfte rufen mich nach Hause. Wollen Sie mir gestatten, diesen letzten Abend in Ihrer Gesellschaft –“ ein lauter Knall schnitt dem Doktor die Rede ab.

„Das Feuerwerk beginnt!“ rief Else erschrocken, „und Mama sitzt ohne Tuch und ohne ihr Nervenmittel im Kurgarten am Weiher!“

„So laß mich mit dem Tuche vorangehen, Else. Du holst wohl indessen die Tinktur und folgst – unter dem Schutze des Herrn Doktors.“

Claudius verstand den jungen Offizier sofort. „Ich danke Ihnen,“ erwiderte er einfach, „eine schönere Genugthuung konnte mir nicht werden.“

Als Claudius und Else allein den Weg zum Kurgarten einschlugen, waren beide doch ein wenig befangen und schweigend schritten sie neben einander her.

„Wissen Sie, woran ich soeben dachte, Herr Doktor?“ unterbrach Else plötzlich die Stille – „an Ihr plötzliches Auftauchen in Hirschberg. Ihre ganze Art hatte auch dort etwas Absonderliches, Geheimnißvolles an sich; wollen und können Sie mir wohl vor unserm Auseinandergehen den Schlüssel dazu geben?“

„Herzlich gern, Fräulein Else. Befehlen Sie nur, wann!“

„Am liebsten sofort. Ich werde gleich die erste Frage thun: War ich der Gegenstand Ihrer Aufmerksamkeit?“

„Allerdings. Mein beharrliches Anfundabwandern vor Ihrem Hause war dadurch veranlaßt, daß ich Sie in Hut und Mantel am Fenster gesehen hatte und nun Ihr Herunterkommen abwarten wollte.“

„Um mit mir zu sprechen?“

„Zunächst nur, um Sie zu sehen.“

„Geschah das denn niemals vordem bei anderer Gelegenheit?“

„Niemals. Sie waren mir persönlich ganz fremd. So fremd wie Hirschberg, wo ich erst am Morgen jenes Tages angelangt war.“

„Sie haben aber doch Hirschberg nicht um meinetwillen aufgesucht?“

„Nur um Ihretwillen.“

„Da sehen Sie! Ich ahnte es doch gleich, daß dieser sonderbaren Begebenheit ein ungewöhnliches Geheimniß zugrunde liegen müsse. Habe ich recht?“

„Vollkommen. Und jetzt sollen Sie den Schlüssel zu dem Geheimniß empfangen, Fräulein Else. Ich bin Freimuth aus Grützburg!“

Das Wort traf! Claudius sah es im Schein der nahen Gaslampen, wie Else zusammenzuckte und tief erröthete. Auch ihre Stimme klang unsicher, als sie nach einer kleinen Pause entgegnete:

„Das erklärt allerdings viel, aber nicht alles.“

„Was wünschen Sie noch zu wissen?“

„Wer Ihnen meinen Namen verrieth, meine Wohnung nannte!“

Claudius lächelte über die steigende Erregung seiner Begleiterin. „Das machte sich alles ganz einfach,“ sagte er. „Nachdem Sie mir die Möglichkeit abgeschnitten hatten, Sie kennen zu lernen oder auch nur wieder an Sie zu schreiben, wandte ich mich an den Photographen der ,Kamerunerin“ und erbat mir in ganz geschäftsmäßiger Weise Auskunft über den Ursprung des Bildes, das zufällig in meine Hände gelangt sei. Das war nur ein unsicherer Versuch, allein ich hatte Glück. Man schrieb mir sehr artig, daß die photographische Aufnahme nur einmal und zwar für Fräulein Else Heydecker in Hirschberg nach einem im Besitz der genannten Dame befindlichen Buntdruckbildchen gemacht worden sei. Da ich es mir in den Kopf gesetzt hatte, die Verfasserin jener Briefe persönlich kennenzulernen, so wär’ ich am liebsten gleich Mitte Januar in den Reisewagen gestiegen, doch gab es zuvor allerlei geschäftliche ‚Steine des Anstoßes‘ aus dem Wege zu räumen. Als die Bahn frei war, schmolz bereits der Schnee. Ich packte mein Ränzel, marschierte in die Welt hinaus –“

„Und ganz tapfer mitten in den Hirschberger Aprilschmutz hinein, das muß ich sagen!“

Else lachte wieder, der Schreck schien überwunden. „Und dann, Herr Doktor?“ fragte sie, das Köpfchen schelmisch zur Seite neigend.

„Jetzt wissen Sie alles, Fräulein Else, und werden mir gewiß die Berechtigung zugestehen, zuguterletzt auch meinerseits einige Fragen zu thun.“

„Betreffs meiner Person?“

„Allerdings. Sie sollen mir gleichfalls ein Räthsel lösen. Wie erklärt sich die tiefe Verschiedenheit zwischen der ausgeprägten Geistesart, die mir aus Ihren Briefen entgegentrat, und zwischen dem Wesen, welches Sie mir seit unserer persönlichen Bekanntschaft gezeigt haben? Warum finde ich, seit der mündliche Gedankenaustausch an Stelle des brieflichen getreten ist, meine wohlwollende Gegnerin in keinem Worte, keiner Empfindung wieder?“

„Aber lieber Doktor! Wissen Sie denn nicht, daß in jedem Weibe etwas von einer Sphinx steckt, daß jedes eine Art Doppelwesen ist? Des Dichters Wort: ‚Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!‘ – es paßt vor allem auf unser Geschlecht.“

„Fein pariert! Aber so schnell ergebe ich mich nicht. Gestehen Sie nur, Sie haben mit dem thörichten Herrn Freimuth ein wenig Komödie gespielt, und es macht Ihnen jetzt Vergnügen, zu sehen, wie der Ungeschickte enttäuscht ist, daß die Briefe nur aus einer angenommenen Rolle heraus geschrieben waren.“

„Vergessen Sie nicht, Herr Doktor, daß die ,Rolle‘ in einem einzigen Briefe bestand und damit ein für allemal beendet sein sollte. Alles weitere erzwangen Sie sich, Sie haben also etwaige Enttäuschungen lediglich Ihrem eigenen Vorwitz zu danken.“

„Sehr richtig! Und so können wir denn unsern kleinen, lehrreichen Roman recht passend mit dieser Fibelmoral schließen,“ fiel Claudius heiter ein. Wenn er seinen Traum auch nicht ohne ein gewisses Schmerzgefühl in nichts zerrinnen sah, so sollte doch

[561]

Photographieverlag der Münchener Kunst- und Verlagsanstalt Dr. E. Albert u. Komp. in München.
Der Aufschneider.
Nach einem Gemälde von K. Dery.

[562] Else dies nicht aus seinen Mienen herauslesen. Zudem dauerte ihn das Mädchen, das offenbar unter dem Eindruck litt, dem Doktor gegenüber in ein falsches Licht gerathen zu sein. So ging er bald auf in dem Bestreben, den auf ihrem Gemüth lastenden Schatten durch sein Benehmen wieder zu zerstreuen. Es gelang ihm auch vollständig, und da seine Liebenswürdigkeit von wohlthuender Herzenswärme getragen war, so bildeten sich im Verlauf dieses Abends und des folgenden Tages, mit dessen scheidender Sonne auch er zu scheiden gedachte, die freundschaftlichsten Beziehungen zwischen ihm und der Familie Heydecker.

Der Augenblick der Trennung kam für alle zu schnell. „Ich kann das Abschiednehmen nicht vertragen!“ klagte die Forsträthin, ihr Taschentuch und das Nervenmittel aus der Tasche ziehend. „Es macht mich allemal krank, besonders wenn der Scheidende ein angenehmer Mensch ist.“

Else sprach wenig. Zuletzt schien es, als wollte sich noch ein besonderes, bisher gewaltsam zurückgehaltenes Äbschiedswort auf ihre Lippen drängen, allein es wurde nicht gesprochen, vielleicht, weil sich die gesammte Pensionsgesellschaft um Claudius versammelt hatte. Der Lieutenant geleitete den Scheidenden zur Bahn. Noch in den letzten Stunden hatte er in Erfahrung gebracht, daß Ernst Claudius, dieser „höllisch nette Kerl“, Landwehroffizier bei der Kavallerie, demnach ein „Kamerad“ sei, und so ließ er es sich doppelt angelegen sein, jede Rücksicht zu üben.

„Also es bleibt dabei, unsere Hochzeit machen Sie mit, Doktor!“ sagte er noch im letzten Augenblick vor Abgang des Zuges.

„Es gilt! Und als Gegenleistung erbitte ich mir Ihren und Ihrer Frau Gemahlin Besuch auf der Rückkehr von der Hochzeitsreise – vorausgesetzt, daß Sie die erforderliche Nachsicht gegen alle Unzulänglichkeiten meines Junggesellenheims mitbringen wollen.“

„Alles, was Sie wünschen, wird mitgebracht, Herr Kamerad. Aber wär’ es nicht schöner, Sie selbst würden bis zu unserm Kommen eine liebliche junge Hausfrau nach Hermannsthal führen?“ Der schrille Pfiff der Lokomotive übertönte die Antwort des Doktors. Noch ein Händedruck, ein „Auf Wiedersehen!“, dann setzte sich der Zug in Bewegung.

(Fortsetzung folgt.) 




Kleine Fälschungen.

Wie Geldstücke, während sie von Hand zu Hand gehen, allmählich ihren ursprünglichen Glanz, ihre ursprüngliche Reinheit verlieren, so daß man häufig kaum noch das Gepräge erkennt, so ergeht es auch vielgebrauchten Redewendungen, Citaten, „geflügelten Worten“: sie „haben ihre Schicksale“. So das prosaische Wort, so noch mehr das poetische, weil bei seiner Wandlung nebenbei auch Rhythmus und Geschmack eine besondere Rolle spielen.

Welch berühmter Ausspruch der Toleranz des großen Friedrich: „In meinem Staate kann jeder nach seiner Façon selig werden!“ Aber hat er diesen Ausspruch jemals gethan? Thatsächlich nicht, er hat ihn nur niedergeschrieben in seiner absonderlichen Orthographie und mit etwas abweichendem Wortlaut: „Die Religionen Müsen alle Tolleriret werden und Mus der Fiscal nuhr das Auge darauf haben, das keine der andern abrug Tuhe, den hier mus ein jeder nach seiner Fasson Selich werden.“

Und wer ist der Vater des allgemein bekannten „beschränkten Unterthanenverstandes“? Man sagt wohl, es sei Herr von Rochow, der Minister des Innern unter Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Als nach der mannhaften That der „Göttinger Sieben“ (1837) eine Anzahl Elbinger Bürger eine Anerkennungsadresse an die muthigen Männer gerichtet hatte, erhielten sie von Herrn von Rochow den amtlichen Verweis, daß es dem Unterthan nicht gezieme, an die Handlungen des Staatsoberhauptes den Maßstab seiner „beschränkten Einsicht“ anzulegen. Und wenn nun diese beschränkte Einsicht in der Folgezeit zum beschränkten „Unterthanenverstande“ wurde, ist Herr von Rochow immer noch der Schöpfer desselben zu nennen?

Wir kommen zu der großen Anzahl umgewandelter Worte der Poesie. Um ganz zu schweigen von dem allgemein bekannten Schillerschen Mohren, der in der ganzen Welt seine „Schuldigkeit“, bei Schiller dagegen seine „Arbeit“ gethan hat und dann gehen kann – wer kennt sie nicht, „die schönen Tage von Aranjuez“, von denen Domingo Don Carlos gegenüber meint, daß sie nun „vorüber“ seien. Sagt er wirklich wörtlich so? Schiller läßt ihn sagen:

„Die schönen Tage in Aranjuez
Sind nun zu Ende.“

Und „der Knabe Karl fängt an, mir fürchterlich zu werden“, scherzt dieser und jener, obwohl Schiller klar und deutlich geschrieben hat:

 „Der Knabe
Don Karl fängt an, mir fürchterlich zu werden.“

Und weiter, äußert der König Philipp nicht Marquis Posa gegenüber: „Stolz liebe ich den Spanier“? Gewiß nicht, sondern: „Stolz will ich den Spanier“. – Wie das Volk mit Königreichen umspringt! „Ein Königreich für ein Spiel“, sagt der Jünger des edlen Skat und parodiert dabei bekanntlich die Worte Richards III., der nach der verlorenen Schlacht von Bosworth bei Shakespeare verzweifelnd ausruft: „Ein Pferd! ein Pferd! ein Königreich für ein Pferd!“ Ja, so sagen wir; bei Shakespeare aber hat der Ausspruch einen anderen Wortlaut und die Schlegelsche Uebertragung übersetzt sehr richtig dem Urtext nach: „Mein Königreich für’n Pferd.“

Das Dichterwort muß sich eben mancherlei willkürliche Behandlung gefallen lassen, es geht ihm wie dem „feinen Knaben“, zu dem Erlkönig spricht: „Und folgst du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ Manch liebes Mal haben wir so gelesen, ehe wir bemerkten, daß Goethe eigentlich doch „Und bist du nicht willig“ geschrieben hat.

Fast noch gewaltsamer ist man mit dem Ausspruch Tassos (II, 1.) umgegangen: „So fühlt man Absicht, und man ist verstimmt“. Wer kennt es nicht, das beliebte: „Man merkt die Absicht und man wird verstimmt“?

Auch falsch lesen kann man mit Beharrlichkeit, Gewohnheit der Auffassung macht das Auge blind. Der Verfasser hatte als „Pennäler“ einen übrigens sehr verehrten Lehrer, der nach fruchtloser Anstrengung, irgend einem der schwachköpfigen Knaben die hohen Lehren der Mathematik beizubringen, ab und zu mit der Entsagung des sterbenden Talbot zu äußern pflegte: Gegen die Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“ Was Wunder, daß wir alle, die wir zu seinen Füßen gesessen hatten, noch lange Jahre nachher nicht ahnten, daß er wörtlicher hätte sagen müssen: „Mit der Dummheit“ etc. Und den ebenfalls der „Jungfrau“ entnommenen Spruch: „Den stolzen Sieger stürzt sein eignes Glück“, wer hätte ihn nicht oft genug schon gelesen und gehört als: „Es stürzt den Sieger oft das eigne Glück“? Man ist dabei ebenso umbildend vorgegangen wie mit dem bekannten Worte Max Piccolominis: „Die Uhr schlägt keinem Glücklichen“, das man fast nur gebraucht in der Form: „Dem Glücklichen schlägt keine Stunde“. – Einzelne Aenderungen liegen auch hie und da theils der Auffassung, theils der Zunge besser als der ursprüngliche Ausdruck. So kann man sich kaum wundern, wenn man so oft, ja fast durchgehends Schillers Alpenjäger anführen hört: „Willst du nicht die Lämmlein hüten“, anstatt des in seiner Verallgemeinerung weniger ansprechenden „das Lämmlein“.

„Gegrüßet seid mir, edle Herrn,
Gegrüßt Ihr schönen Damen –“

deklamirt fast jeder Schüler, und wenn ihn der Lehrer nicht verschiedentlich und nachdrücklich auf die Interpunktion des zweiten Verses „Gegrüßt Ihr, schöne Damen!“ aufmerksam macht, so nimmt er den Vers natürlich mit der kleinen Fälschung ins Leben hinüber, um ihn stets zu wiederholen, wie er ihn gelernt hat.

„Von dem Dome, schwer und bang,
Tönt der Glocke Grabgesang –“

Mindestens die Hälfte derjenigen, welche diese Verse der „Glocke“ bei irgend einer Gelegenheit anziehen, wird durchaus keine Rücksicht nehmen auf den thatsächlichen, freilich der gewöhnlichen Sprach- und Denkweise ferner liegenden Wortlaut:

„Von dem Dome, schwer und bang,
Tönt die Glocke Grabgesang.“[1]

[563] Und Tells Knabe, zieht er nicht allgemein

„Mit dem Pfeil, dem Bogen
Durch Gebirg und Thal – –
Früh im Morgenstrahl,“

anstatt des wörtlichen, aber wieder ungewöhnlicheren „am“ Morgenstrahl?

„So kann ich hier nicht ferner hausen,
Mein Freund kannst du nicht länger sein,“

läßt der Schüler mit dem Brustton der Ueberzeugung den Amasis zu Polykrates sprechen und stößt sich nicht im geringsten daran, daß in seinem Schiller „nicht weiter sein“ die einzig angegebene Lesart ist. Der Verfasser – und gewiß mancher der Leser mit ihm – hat in seiner Jugend in schwerer Arbeit über dem Thema gebrütet: „Wo viel Licht ist, ist viel Schatten,“ ohne zu ahnen, daß die Worte, die Götz dem Weislingen gegenüber äußert, genauer lauten: „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.“ –

„Die Nürnberger henken keinen,
Sie hätten ihn denn zuvor –“

ruft man wohl scherzhaft demjenigen zu, der irgend eine Drohung einem Manne gegenüber ausspricht, dessen er zunächst noch gar nicht habhaft geworden ist. Man meint, so habe der Edle von Gailingen, als er, zum Tode verurtheilt, kurz vor seiner Abführung zum Richtplatz durch einen tollkühnen Sprung „hoch zu Roß“ über den Nürnberger Stadtgraben sich rettete, den mit etwas verdutzten Gesichtern ihm nachblickenden Nürnbergern zugerufen. Der Ueberlieferung nach drückte er sich ein wenig anders aus, nach ihr lautete der zweite und wichtigste Theil seines Ausspruches: „Sie hätten ihn denn vor.“ Eine spätere Zeit hat natürlich dieses ihr mehr ungeläufig als unverständlich gewordene „vor“ in „zuvor“ umgewandelt. Aber noch Schiller in den „Räubern“ läßt seinen Razmann den Ausdruck wortgetreu anführen. – Bei Räubern wie die Schillerschen, die noch „Lieder haben“, sollte man sich übrigens nach Seume mit einer gewissen Seelenruhe ansiedeln können, denn

„Wo man singt, da laß dich ruhig nieder,
(Ohne Furcht, was man im Lande glaubt.
Wo man singet, wird kein Mensch beraubt.)
Böse Menschen haben keine Lieder.“

Ganz recht, nur daß der erste Vers wörtlich heißen muß: „Wo man singet, laß dich ruhig nieder,“ und der letzte: „Bösewichter haben keine Lieder.“ Uebrigens ändert das an der Sache nichts, man kann sich bei singenden Räubern nichtsdestoweniger ruhig niederlassen. „Mein Liebchen, was willst du noch mehr?“ Nun, das Liebchen könnte zunächst mit großer Berechtigung die Entfernung des bei Heine in diesen Worten durchaus nicht vorhandenen, erst durch die bekannte Komposition des Liedes eingeschmuggelten „noch“ verlangen, ebenso wie es sich nicht gefallen zu lassen braucht, daß es gemeiniglich mit: „Du hast ja die schönsten Augen“ angesungen wird, anstatt einfacher und richtiger mit: „Du hast die schönsten Augen.“ Ja, diese Lieder! „O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter“ singt das Volk unbeirrt fort und fort, obwohl Matthias Claudius, der Schöpfer des Liedes in seiner heutigen Gestalt, und mit ihm unsere Unzahl von Volksliederbüchern dafür lesen lassen: „wie treu sind deine Blätter,“ das heißt: wie beharrlich und selbst im Winter dauernd, wo andere Bäume von ihrem Blätterschmucke treulos verlassen werden.

Ironie des Schicksals! Je mehr Liederbücher auftauchen, um so zäher hängt das Volk an seinen Umänderungen. „Erkläret (oder gar löset) mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur!“ Müllners Originalausdruck: „Und erklärt mir, Oerindur,“ wird ängstlich gemieden. – „Je näher Rom, desto schlechter der Christ“ – freilich, Till Eulenspiegel, der Vater dieses Wortes, würde sich mit Hand und Fuß gegen die angegebene und, wie es scheint, unverdrängbare Fassung sträuben und immer wieder betonen, daß er eigentlich gesagt habe:

„Je näher Rom, je böser’ Christ.“

Ein Beispiel aus allerneuester Zeit, das uns zeigt, wie schnell sich derartige kleine Fälschungen vollziehen: „Behüt’ dich Gott! Es wär’ so schön gewesen!“ singt man nach dem bekannten Trompeterliede Scheffels, „Behüt’ dich Gott! Es hat nicht sollen sein!“ So schön wäre es gewesen? Gewiß, auch! Aber im Scheffelschen Texte steht nichtsdestoweniger: „Behüt’ dich Gott! Es wär’ zu schön gewesen!“ Ist das dasselbe?

Unsere kleine Sammlung ist zu Ende; derjenige, welcher auf sich selbst und auf die Ausdrucksweise anderer bei Wiedergabe derartiger Worte achtet, wird leicht noch manches anziehende Beispiel hinzufügen können. Es ist das gar keine undankbare Aufgabe. „Es liegt ein tiefer Sinn im kind’schen Spiel,“ auch wenn man mit Schillers „Thekla“ richtiger sagt: „Hoher Sinn liegt oft im kind’schen Spiel“. Und wer mit seinen Beobachtungen dahin sich wendet, wohin ihn Goethes „lustige Person“ mit den Worten weist:

„Greift nur hinein ins volle Menschenleben,
Und wo ihr’s packt, da ist es int’ressant,“

der hat gleich den Anfang der eigenen Sammlnng gefunden, denn nicht, wie es soeben in landläufiger Gestalt angeführt wurde, lautet das Citat, sondern wörtlich:

„Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
(Ein jeder lebt’s, nicht vielen ist’s bekannt,)
Und wo ihr’s packt, da ist’s interessant.“

Dr. Söhns.     


Blätter und Blüthen.

Im Kampf mit der Straßenschleppe. Was man vom Standpunkt des gebildeten Geschmacks aus von der Straßenschleppe zu halten habe, das ist in Nr. 8 dieses Jahrgs. der „Gartenlaube“ deutlich ausgesprochen, und wir hoffen, daß das dort Gesagte einigermaßen Früchte getragen habe, weil wir der Ueberzeugung sind, daß das Unfeine dieser Mode jeder vernünftig denkenden Frau einleuchten müsse. Daß aber der Kampf mit dem geschwänzten Unhold damit noch nicht zu Ende sein werde, das war von vornherein klar. Nun hat in unseren Tagen glücklicherweise ein Wort eine größere Geltung als je in langer Frist von Jahrhunderten, es heißt „Hygieine“, und in dieser Großmacht der Gegenwart ist dem guten Geschmack ein bedeutender Bundesgenosse erwachsen. Der niederösterreichische Landessanitätsrath hat sich dahin geäußert, daß ein Verbot des Tragens von Damenschleppkleidern auf den Straßen entschieden empfehlenswerth sei, da durch das Nachschleppen langer Kleider der Staub in hohem Maße aufgewirbelt werde und so den Athmungswerkzeugen Stoffe zugeführt werden können, welche Infektionskrankheiten verursachen. Wirklich hat auch die Wiener Polizeidirektion Erhebungen darüber angestellt, ob ein solches Verbot wohl durchführbar sein würde, und wenn sie zu dem Ergebniß gelangen sollte, in der That von Amts wegen gegen die freiwilligen Straßenfegerinnen einzuschreiten, so können wir ihr nur einen vollen Erfolg – wünschen. Aber hübscher wäre es doch von der verehrlichen Damenwelt, wenn sie selbst sich den Geboten der Gesundheit und des Geschmacks unterordnen würde und nicht wartete, bis der Büttel kommt und sie dazu zwingt.

Sonntagmorgen bei der Kirche von Ullenswang am Hardangerfjord. (Zu dem Bilde S. 552 u. 553.) Der Maler führt uns in eine echt norwegische Scenerie, zu dem Hardangerfjorde mit seiner krystallgrünen Fluth und dem ewigen „Schneelaken“ des Folgefjeld, zu jenem lieblichen Ufersaume, der mit herrlichen Fruchtbäumen bedeckt, von freundlichen Menschen bewohnt ist, über dem sich der dem skandinavischen Norden eigenthümliche Himmel durchsichtig wie eine Glasglocke und blau wie der Himmel Griechenlands ausbreitet. Es ist Sonntag und die Bewohner kommen von nah und fern, oft meilenweit, in ihren hübschen, leichtgebauten Kähnen, die pfeilschnell über den Wasserspiegel gleiten und nach dem Ufer streben, auf dessen Höhe die kleine, aber uralte „Stave-Kirche“, das heißt die Holzkirche, steht und die Gäste erwartet. Die Norweger sind ein frommes Volk; das lehrt sie schon ihre Natur und der lange dunkle Winter, wo die Steinlawinen niedergehen und der Fjord so manchen in die Tiefe reißt; sonntags fahren sie alle zur Kirche, nicht bloß die Männer und die Frauen, die mit ihrer Flügelhaube (Skaut) an Holbeinsche Bilder erinnern, sondern auch die ganze lustige Jugend, der frische Bursche, der ein paar Centner zu tragen vermag, die Töchter und Mägde der Bauern und der höher gebildete Backfisch, den man in Schweden „Rebhühnchen“ nennt. Sogar der Säugling wird mitgenommen und ruht an der Brust der glücklichen Mutter; denn wer sollte ihn wohl in dem leeren verschlossenen Hause daheim warten? Sie sind in der That alle da. Aber die Fahrt ist weit und der Sonntagsstaat verlangt Schonung. So nehmen denn die Frauen alles in einem „Löb“ oder einer „Tine“ mit, was sie doppelt schön machen soll. Nach der Landung flechten sie dann noch einmal ihr wunderbar schönes, hellblondes Haar, so licht und glänzend wie Weizenähren, sie bekleiden ihre nackten Füße mit weißen Strümpfen und knüpfen zierlich das Schuhband fest. Die eine hat gar einen kleinen Spiegel mitgenommen, die kleine Schwester hält ihn der Erröthenden vor, und beide schauen glücklich darein.

In der Kirche selbst – ich habe sie von Christiania ab bis nach Vadsö, nahe der russischen Grenze, manchen Sonntag besucht – sind Männer und Frauen getrennt; andächtig sitzen sie da und lassen sich keineswegs stören, wenn die Säuglinge gelegentlich ein mächtiges Geschrei [564] erheben. Das ist ein schönes Ausruhen von einer langen Wochenarbeit. Der „Vogt“ in Ibsens „Brand“ verspottet zwar diese Andacht, wenn er sagt:

„Sechs Tage seufzt man unterm Joche,
Am Sonntag fühlt man sich gerührt;
Wär’ Gottesdienst die ganze Woche,
Wer käm’ zur Kirche noch kutschiert?“

Aber das norwegische Volk empfindet es anders; es ist die Woche über nicht weniger fromm, als wenn es zur Sonntagskirche fährt, und es lauscht mit ernster Andacht den meist einfachen Worten seines Geistlichen. Freilich darf dieser kein Salbader sein, sonst ergeht es ihm wie jenem Geistlichen im Kivledale, den seine Gemeinde im Stiche ließ, als während der Predigt die „Bergjungfrauen“ draußen ihren Zaubergesang anstimmten. Denn die Stimme dieser Jungfrauen ist die reine, schöne der großen norwegischen Natur und dagegen kommt so leicht kein bloßer Moralist auf. L. Passarge. 

Der Aufschneider. (Zu dem Bilde S. 561.) Die „Kunst des Aufschneidens“ ist wie jede Kunst international, daher sind die Jünger des Freiherrn von Münchhausen in allen Zonen, bei allen Völkern daheim.

Heute haben wir es mit einem magyarischen Mitgliede der großen Gilde zu thun, offenbar mit einem jener wandernden Tausendkünstler, die sich allerorten durch ihre vielseitigen Talente als Maurer, Zimmerleute, Kesselflicker, Rastelbinder, Rattenfänger und Kurschmiede nützlich machen. Namentlich in entlegenen Bauerngehöften ist dieser Allerweltskünstler stets ein gern gesehener Gast, und als solchen sehen wir ihn nach reichlichem Mahle im Begriffe, den wohlhabenden Hofbauer sammt zahlreicher Familie, Freundschaft und Gesinde mit einer Probe seines angeborenen Erzählertalentes zu ergötzen.

„‚Na, Imre,‘ sagte eines Tages mein Vater, der, wie Ihr wißt, herrschaftlicher Jäger war,“ also begann der Erzähler – „,na, Imre, der Herr hat heute Gäste und will sie mit Wachteln bewirthen, sorge also, daß die Schüssel voll wird bis zum Rande.‘ Und mein Vater wußte wohl, warum er mir den Auftrag gab, da ich den Wachtelschlag derart nachzuahmen verstehe, daß die Thiere mir nachlaufen wie die Küchlein der Gluckhenne. Schon nach einer Stunde hatte ich die Jagdtasche mit einem halben Hundert Wachteln gefüllt – ein Dutzend mehr oder weniger thut nichts zur Sache, und so zog ich mich aus der Sonnengluth der Felder in den schattigen Wald zurück, um mein Frühstück in aller Ruhe zu verzehren. Wie ich so meinen Paprikaspeck esse, höre ich plötzlich ein gewaltiges Krachen in den Büschen und ein seltsames Brummen dazu, und wie ich aufseh’, erblicke ich einen Bären, der – na ich will nicht lügen – mindestens um die Hälfte größer ist als ich, der jedoch ganz wohlgemuth an mir vorüber trabt. Gott sei Dank, denke ich, im selben Augenblick aber bemerke ich, daß das Unthier einen Schafspelz unter den Armen trägt, in dem – Ihr könnt Euch mein Entsetzen denken – ein etwa sechsjähriges Büblein eingewickelt war. Daß der einfältige Zottelmann ein Schaf unter dem Arme zu tragen glaubte, war mir eben so klar, wie daß ich das Büblein retten mußte, indessen wie? – da lag der Hund begraben. Zum Glück fiel mir ein, daß Meister Zottelmann ein leckerer Bursche ist, welcher ein fettes Ferkel jedem andern Braten vorzieht. So sprang ich denn seitwärts in das Dickicht und begann jämmerlich zu quieksen. Und wie ich gehofft, so geschah es. Der Zottelmann ließ sein vermeintliches Schäfchen fallen und eilte mir nach, und zwar zu meinem Schrecken so rasch, daß an ein Entrinnen nicht zu denken war. Kutya terremtete, ich war nie ein Hasenfuß, allein als ich das Riesenvieh vor mir sah, mit glühenden Augen und wuthschnaubendem Rachen, da stiegen mir doch die Haare zu Berge. Denn meine Puschka (Flinte) war nur mit Pulverdunst geladen, und so stand ich dem Ungeheuer so gut wie wehrlos gegenüber. Na, wo nichts mehr hilft, da thut ein bißchen Mutterwitz seine Schuldigkeit. Ich lasse also das Malefizvieh so nahe herankommen, daß ich die Zähne in seinem Rachen zählen kann, ziele dann gerade zwischen die Augen und drücke los. Alle Wetter, das Gebrüll, mit dem die geblendete Bestie die tellergroßen Tatzen nach mir ausstreckte, vergesse ich mein Lebtag nicht! Ich, nicht faul, ducke mich und will unter den Tatzen weg, aber da hat er mich auch schon am Rockkragen, und ich wär’ verloren gewesen, hätte ich nicht wohlweislich meinen Rock im Stich gelassen. Jetzt könnt Ihr Euch denken, daß ich keine Lust verspürte, noch länger Blindekuh zu spielen; ich nahm das halb ohnmächtige Büblein in die Arme und lief, so schnell mich meine Füße trugen, ins Dorf, wo die verzweifelte Mutter mich – na, vor ledigen Weibsleuten will ich nicht weiter davon reden“ – unterbrach sich der Redner mit einem schelmischen Blick auf die schöne Tochter des Hauses – „der blinde Zottelmann aber fiel bald darauf in die Hände wandernder Bärentreiber und zeigt noch heute auf allen Märkten seine Kunststücke. Ihr könnt ihn getrost fragen, ob ich die Wahrheit geredet habe. Will gehängt werden, wenn er ,nein’ sagt.“ F. Sch. 

Vicefeldwebel Werner, der älteste deutsche Soldat.
Nach einer Photographie von J. Engelmann in Posen.

Der älteste deutsche Soldat. Ein wenig grob, im Dienst peinlich gewissenhaft und doch im Grund der Seele gemüthlich – so war er, der älteste Soldat des deutschen Heeres, der Vicefeldwebel Werner zu Posen, dessen Tod Ende Juni dieses Jahres von den Blättern gemeldet wurde. Werner war in Warschau geboren am 20. Juni 1799, also zu einer Zeit, wo diese Stadt noch preußisch war, und er hat somit das hohe Alter von 92 Jahren erreicht. Am 7. April 1822 trat er in die Armee ein; im Jahr 1860 wurde ihm das Amt eines „Schlüsselmajors“ und Brückenaufziehers auf dem Fort Winiary in Posen übertragen. Dort feierte er auch 1882 sein sechzigjähriges Dienstjubiläum, aus Anlaß dessen er durch die Verleihung des Hohenzollernschen Hausordens ausgezeichnet wurde. Drei Jahre spater reihte sich an dieses dienstliche Fest ein familiäres: das seiner diamantenen Hochzeit.

Seit dem Tode Kaiser Wilhelms I. war Werner der Senior des Heeres; als ein Freund den immer noch rüstigen Greis darauf aufmerksam machte, äußerte dieser: „Ja, der älteste Soldat – das bin ich jetzt, aber somit auch der erste Todeskandidat.“ Nun, es sind schon noch einige Jahre hingegangen, bis der „Todeskandidat“ von seinem Posten abberufen wurde zur „großen Armee“. Unter fünf Herrschern hat er seinem Vaterland gedient, fast 70 Jahre lang ist er Soldat gewesen, fast ein Jahrhundert ist an ihm vorbeigezogen mit einer unendlichen Fülle von weltbewegenden Ereignissen und Entdeckungen – er hat die Ruhe verdient, die er jetzt gefunden hat, der „Herr Oberstwachtmeister“, wie er gern sich nennen hörte.




II. Quittung.0 Zum Denkmal für Hoffmann von Fallersleben auf Helgoland

gingen ferner ein: 20 Mk. von Julius Brohn in Berlin; 1 Mk. von Direktor Feist in Ohlau; 1 Mk. von Oberlehrer Dr. Preibisch das.; 1 Mk. von Schulrath Schröter das.; 1 Mk. von Rektor Preusker das.; 7 Mk. 70 Pf. vom Stammtisch im „Löwen“ das.; 1 Mk. von Oberlehrer Zorn das.; 1000 Mk. von dem Magistrat der Stadt Berlin; 20 Mk. von Graf von Dönhoff, Mitglied des Herrenhauses, in Berlin; 15 Mk. von der Liedertafel in Gera; 62 Mk. von der Loge in Celle; 3 Mk. von dem Großherzogl. Bezirksbau- und Stadtbaurath a. D. A. Möslein in Weida; 100 Mk. von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser Wilhelm II.; 3 Mk. von Rechtsanwalt Justizrath Reichardt in Weimar; 3 Mk. von L. R. das.; 45 Mk. Sammlung von George Knetsch in Kassel; 30 Mk. desgl. bei einer Weihnachtsgesellschaft in der alten Reichsstadt am Main; 1 Mk. 50 Pf. aus Elbing; 1 Mk. 20 Pf. vom Gymnasiast Hinrich Claussen in Altona; 20 Mk. 50 Pf. von der Loge Todtenkopf und Phönix in Königsberg i. Pr.; 10 Mk. von A. Krauter in Berlin, 1. Rate; 50 Mk. Sammlung von Hofbuchhändler A. Schwartz in Oldenburg; 20 Mk. von der Loge zur Brudertreue an der Elbe in Hamburg; 20 Mk. von Brauereibesitzer C. Breithaupt in Berlin; 20 Mk. von Kommerzienrath Adolf Schmidt in Viersen; 100 Mk. von der Loge in Greiz; 20 Mk. von Fabrikbesitzer Emil Croon in M.-Gladbach; 300 Mk. von Kommerzienrath Krupp in Essen; 100 Mk. von Kommerzienrath Haniel in Ruhrort; 30 Mk. von Kommerzienrath W. Scheidt in Kettwig; 100 Mk. von Kommerzienrath P. Busch in Hochneukirch; 20 Mk. von Kommerzienrath E. Michels in Köln; 20 Mk. von Kommerzienrath G. Conze in Langenberg (Rheinland); 20 Mk. von Kommerzienrath Karl Lueg in Oberhausen; 20 Mk. von Kommerzienrath Theod. Croon in M.-Gladbach; 20 Mk. von Kommerzienrath W. Quack das.; 20 Mk. von Gutsbesitzer C. H. Roechling in St. Johann; 20 Mk. von Bankier A. v. Randow in Crefeld; 20 Mk. von Rentner Albert Croon in Rheydt; 10 Mk. von Gutsbesitzer C. Kratz in Hermgesberg; 10 Mk. von Gutsbesitzer Schönnenbeck in Broich; 10 Mk. von Gutsbesitzer Cl. Hoffstedt in Vogelheim; 10 Mk. von Kaufmann W. Trimborn in Grevenbroich; 5 Mk. von Fabrikbesitzer Ernst Kropp in Rheydt; 20 Mk. von Fabrikbesitzer Karl A. Busch in M.-Gladbach; 10 Mk. von Fabrikbesitzer Franz Daniel Busch in Rheydt; 20 Mk. von Fabrikbesitzer Karl Schmölder das.; 20 Mk. von Fabrikbesitzer Herm. Schött das.; 5 Mk. von Kaufmann Gust. Peltzer das.; 5 Mk. von Kaufmann C. Vierhaus das.; 5 Mk. von Fabrikbesitzer Herm. Nacken das.; 3 Mk. von Fabrikbesitzer Alexander Schmitz das.; 3 Mk. von Fabrikbesitzer Moritz Lenssen das.; 5 Mk. von Fabrikbesitzer Carl Fellinger in M.-Gladbach; 10 Mk. von Direktor A. Buschhüter das.; 10 Mk. von Kaufmann Robert Lenssen das.; 10 Mk. von Kommerzienrath F. W. Greef in Viersen; 7 Mk. 62 Pf. von der Allgemeinen Turngemeinde in Gera; 6 Mk. von der Loge in Düsseldorf; 25 Mk. von der Loge zu den ehernen Säulen in Dresden. 0 Summe der II. Quittung: 2476 Mark 52 Pf.0 Gesammtbetrag der I. und II. Quittung: 4114 Mark 37 Pf.




Inhalt: Noch klingt’s im Föhrengrunde. Gedicht von Karl Schäfer. Mit Bild. S. 549. – Baronin Müller. Roman von Karl v. Heigel. (6. Fortsetzung). S. 550. – Sonntagmorgen bei der Kirche von Ullenswang am Hardangerfjord. Bild. S. 552 und 553. – Luxemburg. Geschildert in Wort und Bild von Paul Clemen. S. 555. Mit Abbildungen S. 556 und 557. – Die Kamerunerin. Eine romantische Geschichte von H. v. Götzendorff-Grabowski (3. Fortsetzung). S. 558. – Der Aufschneider. Bild. S. 561. – Kleine Fälschungen. Von Dr. Söhns. S. 562. – Blätter und Blüthen: Im Kampf mit der Straßenschleppe. S. 563. – Sonntagmorgen bei der Kirche von Ullerswang am Hardangerfjord. Von L. Passarge. S. 564. (Zu dem Bilde S. 552 und 553.) – Der Aufschneider. S. 564. (Zu dem Bilde S. 561.) – Der älteste deutsche Soldat. Mit Bildniß. S. 564. – II. Quittung. Zum Denkmal für Hoffmann von Fallersleben auf Helgoland. S. 564.




Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.

  1. Aehnlich: „Laß, Vater, genug sein des grausamen Spiels“ anstatt des wörtlichen „das grausame Spiel“.