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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum: 1886
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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[185]

No. 11.   1886.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 2 bis 21/2 Bogen. – In Wochennummern vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig. – In Heften à 50 Pfennig oder Halbheften à 30 Pfennig.


Was will das werden?

Roman von Friedrich Spielhagen.
(Fortsetzung.)
4.

Wir verließen zusammen den Salon. Als wir unser Zimmer passirten, begegnete uns der „Neue" mit einem Theil unserer Sachen, welche er nach einem anderen Zimmer trug, das an demselben Korridor, aber der nach unten führenden Treppe näher und nicht mehr über den vom Kammerherrn bewohnten Räumen lag.

„Ich werde gleich hier bleiben und nach dem Rechten sehen,“ sagte Schlagododro. „Möchtest Du mir Deinen Kofferschlüssel geben, damit ich Deine Sachen in die Kommode legen lassen kann?“

Ich that es nicht gern. In dem Koffer – ich hatte gestern Abend meine Sachen nicht mehr ausgepackt – ganz zu unterst, lag das Medaillon mit dem Bilde meiner Mutter. Ich wollte es wenigstens Schlagododro’s besonderer Sorge anempfehlen; aber die Gegenwart des Kammerdieners genirte mich, und ich wußte überdies, daß der Freund viel zu diskret war, die geschlossene Kapsel zu öffnen. So gab ich ihm den Schlüssel und folgte Herrn Weißfisch die Treppe hinab bis vor eine Thür, die er für mich öffnete, um dann hinter mir mit hineinzutreten und mich durch ein Vorzimmer in ein zweites zu führen, wo wir den Kammerherrn fanden, in einem großen Lehnsessel sitzend, mit einem langen Schlafrock von violettem Sammet bekleidet. Sein Aussehen war trotz der schlimmen Nacht eher besser als am gestrigen Abend, wozu denn die freundlich-behagliche Umgebung das ihre beitrug. Das Zimmer hatte eine Glasthür nach dem Park, welche jetzt offen stand, und durch welche der goldene Morgensonnenschein zusammen mit dem Duft der Blumen und dem eifrigen Singen der Vögel hereindrang. Neben seinem Stuhl hatte der Kammerherr einen Tisch mit dem Thee, den er aber bereits beendet zu haben schien. Er reichte mir, als ich grüßend zu ihm trat, die lange weiße Hand und bedeutete mich, auf einem Stuhl, den Weißfisch hingestellt, Platz zu nehmen.

„Das ist hübsch von Ihnen“, sagte er. „Ich hatte das Bedürfniß, Sie wegen der Störung heute Morgen um Entschuldigung zu bitten. Urich hat nichts gehört – natürlich; er gehört zu jenen glücklichen Pachydermen, an denen die Pfeil’ und Schleudern des wüthendsten Geschickes stumpf und matt werden.

„Auch das noch!“0 Nach einer Originalzeichnung von Fritz Reiß.

[186] Ich habe Sie wohl recht erschreckt? Aber ich bin nicht ganz so schuldig: die Anfälle waren in letzter Zeit weniger häufig und heftig – heute Morgen freilich! Ich habe am Ende gar gesungen, Weißfisch? Was denn?“

„Mozart und Schumann,“ erwiderte Weißfisch.

„Sie hätten es schlechter treffen können,“ fuhr der Kammerherr, sich wieder zu mir wendend, fort. „Oft singe ich nach überstandener Angst und Qual auch ganz abscheuliche Sachen: Gassenhauer und Schlimmeres. Rauchen Sie?“

Er hatte sich eine Cigarre angezündet; Weißfisch bot mir ebenfalls an. Ich dankte.

„Man muß sich dergleichen auch aufsparen, bis es einem so hundeschlecht geht, wie mir,“ sagte der Kammerherr; „sonst hat man nichts gegen die Uebel ins Feld zu führen. Aber wozu ich Sie eigentlich habe bitten lassen – Weißfisch!“

Weißfisch, der schon vorher instruirt sein mußte, legte ein Buch auf das Tischchen, von welchem er jetzt das Theegeschirr abgenommen hatte. Der Kammerherr blätterte in demselben und sagte:

„Sie kennen natürlich Goethe’s „Iphigenie“ genau – ich würde das nicht bei allen jungen Leuten Ihres Alters voraussetzen – bei Ihnen schwöre ich darauf. Wissen Sie vielleicht einiges auswendig?“

„Kleinere Stellen – Sentenzen und so – die Menge,“ sagte ich einigermaßen verwundert; „Zusammenhängendes, fürchte ich, nicht.“

„Das ist schade. Indessen würden Sie mir nicht einen rechten Gefallen thun und mir irgend etwas lesen? – gleichviel was – hier den fünften Auftritt im vierten Akt: Iphigeniens Monolog: ‚Ich muß ihm folgen, denn die Meinigen‘ –“

Er reichte mir den Band und lehnte sich in seinen Stuhl zurück mit halbgeschlossenen Augen. Ich war in großer Verlegenheit. Das Verlangen des Herrn kam mir so sonderbar vor; auch war ich nichts weniger als in der rechten Stimmung, und die Gegenwart des Kammerdieners, der in der offenen Fensterthür lehnte (mit halbgeschlossenen Augen, wie sein Herr), machte mich noch befangener. Indessen fühlte ich, daß ich dem kranken Manne trotz alledem seinen Wunsch erfüllen müsse, und begann zu lesen.

Ich hatte auf der Schale einen gewissen Ruf wegen meines Vortrages poetischer Sachen und war bei den öffentlichen Aktus von jeher unweigerlich zum Deklamator bestimmt worden. Jetzt geschah, was ich vorausgesehen hatte: ich las unaufmerksam und schlecht. Dazu kam, daß ich bei den Versen:

  „– das heilige
Mir anvertraute, viel verehrte Bild
Zu rauben und den Mann zu hintergehen,
Dem ich mein Leben und mein Schicksal danke,“ –

unwillkürlich an das Medaillonbild meiner Mutter denken mußte, das ich oben im Koffer und Schlagododro vielleicht eben jetzt in Händen hatte, während der Vater es mir gewiß in der Voraussetzung anvertraut, daß ich es heilig bewahren würde. So brachte ich denn eben nur die Schlußworte des ersten großen Absatzes heraus:

  „Rettet mich
Und rettet euer Bild in meiner Seele!“ –

dann ließ ich das Buch sinken.

„Verzeihen Sie,“ sagte ich: „es geht nicht. Ich wußte es vorher.“

„Aber es ging vortrefflich,“ rief der Kammerherr. „indessen –“

Er machte Weißfisch, der noch immer regungslos mit halbgeschlossenen Augen in der Thür lehnte, einen Wink, worauf jener sich emporrichtete und aus der Thür in den Garten, zu welchem ein paar Stufen hinabführten, verschwand.

„Bitte um Entschuldigung!“ sagte der Kammerherr, „bemerkte zu spät, daß er Ihnen lästig war. Ich bin leider so an ihn gewöhnt, daß ich seine Gegenwart kaum noch merke. Aber nun lesen Sie auch weiter, oder – geben Sie einmal her! ich will Ihnen Muth machen.“

Er nahm mir das Buch aus der Hand und halb las, halb recitirte er die folgenden Verse, die zum Parzenlied hinüberleiten, und dann das wunderbare Lied selbst.

Das war denn etwas Anderes als mein mißlungener Versuch. Die Stimme blieb freilich gebrochen, wie heute Morgen beim Singen; aber, wie heute Morgen, empfand ich das nur in den ersten Momenten, dann stand ich ganz unter dem Zauber einer Vortragskunst, von der ich bis dahin keine Ahnung gehabt hatte.

„Sie wollten mir Muth machen,“ stammelte ich, als er das Buch sinken ließ, „und nun werde ich nie wieder vorzulesen wagen.“

„Das sagt man so,“ erwiderte er lachend. „aber irrt sich sehr; besonders, wenn man wie Sie zum Schauspieler geboren ist.“

„Ich?“ rief ich, erschrocken und ergötzt zu gleicher Zeit.

„Sie!“ erwiderte er ruhig. „Wollen Sie eine Wette mit mir machen, daß Sie Schauspieler sind, bevor ein Jahr ins Land geht? Ich habe dafür einen sicheren Blick, wie sich denn das für einen alten Intendanten so schickt. Es übertrifft mich darin vielleicht nur noch Einer: Laube in Wien; aber auch er ist wiederholt an denselben Talenten achtlos vorüber gegangen, die ich als solche sofort erkannte. Oder hätten Sie etwas gegen den Schauspielerstand?“

„Nein,“ rief ich; „wie käme ich dazu?“

„Nun,“ erwiderte er, „man erzählte gestern, daß Sie einen sehr würdigen Mann, einen Handwerker, wenn ich nicht irre, zum Stiefvater und eine überaus fromme Dame – eine Katholikin, nicht? – zur Mutter haben. Dabei könnte doch leicht ein Vorurtheil gegen das leichtlebige Völkchen der Komödianten für Sie abgefallen sein.“

„Es giebt keinen Menschen, der freier dächte und vorurtheilsloser wäre, als mein Vater,“ sagte ich eifrig.

„Aber Ihre Frau Mutter?“

„Ich habe nie über solche Dinge ein Wort mit ihr gesprochen,“ erwiderte ich ausweichend.

„Nun,“ sagte er, sich in seinen Stuhl zurücklehnend und feine Wölkchen aus seiner Cigarre blasend; „die frommen Leute haben ja auch so Unrecht nicht, wenn sie sich vor einer Sippe bekreuzigen, die in ihren Augen der Teufel mit Haut und Haaren hat, und selbst dem ruhigen Bürger kann man es nicht verdenken, wenn er um die geschminkte Gesllschaft in einem scheuen Bogen herumgeht. Sie sind einmal nicht wie andere Menschen, können es nicht sein. Das Metier will es so. Der richtige Schauspieler – es giebt nämlich viele unrichtige, und ihre Zahl nimmt in erschreckender Weise zu – ist heutigen Tages noch genau so, wie sie Goethe im Wilhelm Meister geschildert hat. Er kannte den Rummel. Jarno lacht einmal, als der gute Wilhelm sich in seiner pedantischen Weise die Flanken peitscht, um den Schauspieler abzukonterfeien, und dabei nichts herauskommt, als ein Bild des Menschen, in welchem nur so ziemlich sämmtliche Fehler und vielleicht auch ein paar Tugenden gröblich übertrieben sind, also auf deutsch eine Karikatur des Menschen. Aber ist nicht das Kind auch eine Karikatur des Erwachsenen? vorausgesetzt, daß man in dem Erwachsenen nicht eine Karikatur des Kindes sehen will, wogegen ich meinestheils nichts einzuwenden haben würde. Jedenfalls: will man wissen, wie die Menschen sind, muß man Kinder und Schauspieler studiren. Schauspieler sind nur physisch groß gewordene Kinder; psychisch sind sie geblieben, was sie waren: wetterwendisch, rechthaberisch, zanksüchtig, neidisch, eitel, egoistisch, durch und durch sinnlich, verlogen, zu jeder ordentlichen Arbeit untüchtig, keine oder höchstens ihre sogenannte Arbeit ernsthaft nehmend, was nicht viel sagen will und jedenfalls die Parallele zwischen ihnen und den Kindern nicht stört, denn nehmen die nicht auch ihre Kindereien mit einem für die Erwachsenen lächerlichen Ernst? Ich sage, die Sippe muß so sein – jeder, sonst behagt ihm die Puder- und Gasatmosphäre der Bühne nicht, so wenig wie uns Erwachsenen die säuerliche Kinderstubenluft. Und behagt ihm nicht bloß nicht: er kann sie auch nicht vertragen, wird elend, verfällt in die aberwitzigsten Krankheiten, eklipsirt sich schleunigst, wenn er noch so viel Besinnung hat, oder verkommt, wird verrückt oder geht sonst unter, wenn ihm die gesunde Reaktionskraft mangelt. Wie Viele habe ich so verkommen und untergehen sehen! Noch gestern Abend bin ich durch Weißfisch – Sie erinnern sich – an ein recht eklatantes Beispiel erinnert worden: eine junge Sängerin, die auch einmal die Iphigenie tragirte. Sie kam an meine Bühne direkt aus Kalifornien, eine [187] Amerikanerin also, aber von deutschen Eltern geboren, so viel wir wußten. Wir wußten aber verzweifelt wenig von ihr, bekamen auch später kaum mehr zu wissen, da sie sich in ein undurchdringliches Geheimniß hüllte, in das sie vielleicht nur Serenissimus hat blicken lassen, obgleich mir selbst das noch zweifelhaft ist. Wenigstens war er oder schien er nach ihrem Tode so rathlos wie wir. Alle hinsichtlich etwaiger Verwandten, denen man den Tod zu melden hätte oder dergleichen. Freilich hatte er einige Ursache, zu wünschen, daß über die Affaire möglichst wenig gesprochen wurde. So viel ich weiß, ist damals auch nicht ein einziges Wort in die Zeitungen gekommen; die Sache blieb, wie Serenissimus es so schön ausdrückte: entre nous.“

Dem Kammerherrn war die Cigarre ausgegangen; ich wollte ihm das Feuerzeug reichen, das auf dem Tischchen stand; er dankte, bat aber, ihm auch die Cigarrenkiste heranzuschieben, aus der er eine frische Cigarre nahm und anzündete.

„Non bis in idem,“ sagte er lächelnd; „nicht zweimal dieselbe Cigarre. Ist sie einmal erloschen, weg damit!“

„Die Dame starb also?“ fragte ich schüchtern.

„Bravo,“ sagte der Kammerherr lachend, „habe Sie gleich daraufhin taxirt, daß Sie zu den inquisitive travellers dieser Erde gehören. Wie alt sind Sie eigentlich, wenn es nicht indiskret ist, zu fragen?“

Ich sagte es ihm.

„Der Tausend!“ rief er, „ich habe Sie mindestens für zwei Jahre älter gehalten. Freilich, kluge Menschen erscheinen immer älter, als sie sind. Nun, da kann ich Ihnen auch das Ende der Geschichte erzählen, das eigentlich nur für Erwachsene ist, was man allerdings von Eurem Horaz und Ovid und der übrigen liederlichen antiken Kompagnie, mit der Ihr auf Du und Du steht, oder stehen sollt, erst recht sagen kann. Ja, die Dame starb. Sie hielt es mit dem Leben, wie ich mit den Cigarren: ist der erste frische Duft dahin – weg damit! Und ihr Leben – nun, auch stärkere Frauenköpfe möchten sich an dem Duft berauscht haben. Um es kurz zu sagen: sie war die Geliebte des Fürsten geworden – eine von vielen der Reihe nach, zur Zeit die einzige und die noch höher streben durfte und zweifellos strebte. Der Fürst liebte sie in seiner Weise leidenschaftlich. Wir mußten alles Ernstes fürchten, daß er sich von seiner Gemahlin scheiden lassen und die Fremde heirathen würde – natürlich zur linken Hand. Und es gab nicht Wenige, welche diese Eventualität keineswegs fürchteten, vielmehr derselben mit Freude entgegensahen und ihr Möglichstes thaten, sie herbeizuführen. Denn die Dame war ebenso liebenswürdig, wie sie schön war, und ihre Excentricitäten machten sie in den Augen ihrer Anhänger nur noch liebenswürdiger; man versprach sich ein köstlich tolles Leben unter ihrem Regimente. Andere dachten anders, und unglücklicher Weise waren unter diesen sehr, sehr hochgestellte Personen. Der Fürst mußte nachgeben; nach meiner unmaßgeblichen Ansicht war es ihm auch nie voller Ernst: er dilettirte eben in allen Künsten, inklusive der ars amandi. Es erfolgte die von den Klugen vorausgesehene Katastrophe. Daß freilich die Dame die Sache so überaus tragisch nehmen und ihrem und ihres Kindes Leben unverzüglich ein Ende machen würde – in dem Flusse, der hinten am Schloßparke vorüberfließt – das war nicht vorausgesehen worden, mußte aber hingenommen werden und wurde hingenommen wie alle faits accomplis. Grands dieux! ich werde wirklich alt. Da schwatze und schwatze ich und vergesse die Hauptsache, weßhalb ich Sie habe bitten lassen. Sie dürfen nicht Nein sagen und müssen auch Ulrich dazu bringen, Ja zu sagen. Mit Fräulein Maria habe ich schon gestern Abend gesprochen; sie ist ganz mit mir einverstanden. Also: ich will Euch jungem Volke ein paar Akte der ,Iphigenie‘ einüben – sagen wir die beiden letzten: in den ersten stehen zu viel ungesellschaftliche Dinge. Den Thoas lese ich, den Arkas kann Weißfisch zur Noth auch mimen. Eine kleine Bühne ist bald hergestellt, für die Kostüme sorge ich. Nun? nicht wahr, Sie sind ein gutes Kind und machen einem alten Mann die Freude, die einzige, die er noch auf der Welt hat?“

Er streckte mir mit einem gewinnenden Lächeln die Hand entgegen. Was konnte ich Anderes thun, als dieselbe ergreifen und stammeln, daß ich mit Vergnügen, was in meinen schwachen Kräften stehe, thun würde, ihm eine kleine Freude zu bereiten.

„Also abgemacht,“ sagte er, meine Hand loslassend. „Weißfisch, wie steht es mit dem Frühstück der Herrschaften?“

„In fünf Minuten,“ sagte Weißfisch, ein schönes Bouquett auf das Tischchen stellend und hinzufügend: „mit Erlaubniß des Gärtners.“

„Er stiehlt nämlich sonst wie ein Rabe,“ sagte der Kammerherr lachend.

Ich verbeugte mich zur Thür hinaus und eilte die Treppe hinauf auf unser neues Zimmer. Es war, wie ich gedacht: Schlagododro nicht da, und in den beiden Kommoden steckten die Schlüssel! Ich öffnete die eine; es war zufällig gleich die für mich bestimmte, in welche Schlagododro meine Sachen für seine fahrige Weise sehr ordentlich gelegt hatte. In dem obersten Fache neben Kragen und Taschentüchern einige in Papier gewickelte Kleinigkeiten, unter denen aber, wie ich auf den ersten Blick sah, das Medaillon fehlte. Jedenfalls hatte es Schlagododro an sich genommen.

Es polterte draußen auf dem Flur, und der Freund stürzte herein.

„Ich war schon unten beim Kammerherrn,“ rief er, „und hörte, daß Du hinaufgegangen seiest. Komm schnell, Mama liebt es nicht, wenn nicht Alle da sind!“

„Du hast doch mein Medaillon?“ fragte ich, schon im Begriff ihm zu folgen.

„Was für ein Medaillon?“

„Es hat zu unterst im Koffer gelegen – in Papier gewickelt – mit einem Bilde meiner Mutter.“

„Ich habe verschiedene kleine Pakete gefunden, die in Papier gewickelt waren, und oben in den Kasten gelegt. Es muß dabei sein.“

„Es ist es aber nicht.“

„Dann ist es auch nicht im Koffer gewesen; ich habe Alles so sorgfältig behandelt, als ob es rohe Eier wären. Du wirst es zu Hause gelassen haben. Aber nun komm, oder wir kriegen Schelte!“

Ich konnte es nicht zu Hause gelassen haben – es war unmöglich. Ich mußte mich vor der Hand trösten, daß es irgendwo zwischen die Wäsche geglitten sei. Aber es blieb mir keine Zelt, genauer nachzusehen, Schlagododro war zu dringend. Widerwillig folgte ich ihm, nicht ohne vorher den Schlüssel der Kommode zu mir zu nehmen.


5.

Ich hätte den Schlüssel stecken lassen können: das Medaillon war nicht in der Kommode. Darüber blieb kein Zweifel, nachdem wir Alles durchforscht hatten. Schlagododro war sehr betreten. Er gestand, daß er zwar eigenhändig die Sachen in die Kommode gelegt, aber sie sich zu dem Zwecke von dem „Neuen“ aus dem Koffer habe langen lassen. Bei dieser Gelegenheit mußte der Mensch den Diebstahl ausgeführt haben. Schlagododro hatte ihn, als er das Zimmer verließ, mit sich genommen, und derselbe war nachweislich, bis ich die Entdeckung des Verlustes machte, nicht wieder auf das Zimmer gekommen. Daß aber ein Diebstahl vorliege, daran konnte ich nicht zweifeln und zweifelte auch sonst im Hause Keiner: der Mann hatte sich, so kurze Zelt er auch erst im Dienste war, bereits mehrere unbedeutendere Veruntreuungen zu Schulden kommen lassen, zu denen er sich auch bekannte. Zu diesem schweren Falle wollte er sich nicht bekennen, trotzdem ihm völlige Straffreiheit zugesichert wurde. Er blieb hartnäckig beim Leugnen, eine Durchsuchung seiner Sachen erwies sich fruchtlos; Herr von Vogtriz mußte sich damit begnügen, ihn fortzuschicken.

„Siehst Du, wie Recht ich hatte,“ sagte Schlagododro, „ich habe dem Kerl vom ersten Augenblicke an nicht getraut. Ich kann mich auf meine ersten Eindrücke immer verlassen.“

Das war ja so weit ganz gut, brachte mir aber leider den verlorenen Schatz nicht wieder. Es war ein flüchtiger Besitz gewesen. Und nicht einmal angesehen hatte ich das theure Bild. Hatte es sich von mir gewandt, weil ich mein Herz loszumachen versucht hatte von ihr, die es darstellte? Ein Versuch, der mißlungen war. Maria hätte mir nicht einzuschärfen brauchen, ich dürfe die Mutter nicht hassen – ich konnte es nicht und wußte, [188] daß jene Trennung, mit der mir der Pfaffe gedroht, sollte sie wirklich eintreten, ein furchtbarer Schlag für mich sein würde. Aber war es nicht möglich, demselben vorzubeugen? mußte ich es nicht wenigstens versuchen?

Und ich setzte mich hin und schrieb einen langen, langen Brief an die Mutter, in welchem ich ihr mein ganzes Herz ausschüttete: was ich um sie gelitten, und wie ich Alles vergessen und überglücklich sein wolle für ein wenig Liebe von ihr. Aber freilich den Vater könne ich nicht verlassen, und dies Verlangen habe ja ganz gewiß nicht sie an mich gestellt. Das gehe zweifellos von dem Priester aus, der immer zwischen ihr und mir und auch sicher zwischen ihr und dem Vater gestanden habe und der aus unserem Bunde weichen müsse, damit derselbe fortan ein heiliger, unzerreißbarer sei.

Ich Thor! zu wähnen, das würde einen starken Eindruck auf die Mutter machen; das würde selbst dem Pfaffen das Gewissen rühren! und ließ mich auch in diesem guten Glauben nicht erschüttern, trotzdem ein Tag nach dem andern verging und keine Antwort auf meine Bitt- und Klageschrift kam.

Freilich waren es Tage, die nicht langsam tropften, sondern daher- und vorbeirauschten wie ein stürmender Bach; Tage, die in meiner Erinnerung keine Nächte gehabt zu haben, sondern, nach den Worten der Schrift, aus Abend und Morgen geworden zu sein scheinen. Aus Abend- und Morgenröthen. Denn im rosigen glanzvollen Licht, jener thauigen Frische, die nur der Morgen kennt, jenem ahnungsvollen Duft, den nur der Abend hat, stehen sie vor dem rückwärts gewandten Auge, bis ein wehmüthiger Schleier sich darüber senkt und all die Herrlichkeit erlöschen macht: all das Herzpochen und das sehnende Verlangen und das wahnsinnige Entzücken und die flammenden Gebete und die Flüge durch alle Himmel und den Sturz durch alle Höllen. Denn er, auch er gehört ja dazu! Wer wollte sich vor ihm fürchten, ihn nicht in den Kauf nehmen um den Preis, „gelebt und geliebt“ zu haben?

Es war über mich gekommen nicht wie eine Gefahr, die heranschleicht und vor der sich der Kluge hätte hüten mögen, sondern mit dem Sprung des Tigers, vor dem es keine Flucht giebt. An jenem ersten Abend. „Hier bin ich!“ Ja, hier bin ich: ich, nach der der wilde Knabe weinte in leidenschaftlicher Verzweiflung, weil seine zuckenden Lippen noch nie ein Frauenmund geküßt habe; ich, die du gesehen, noch bevor du mich sahst; ich, die du nie wieder vergessen kannst, nachdem du mich gesehen; ich, des mächtigsten Gottes hohe Priesterin, die dem Tappenden, Taumelnden die Binde vom Auge nahm, daß er nun stehe, geblendet, trunken von dem Strahlenglanz! Und ihm nun in diesem Strahlenglanze die ganze Welt erscheint, die er nun auch zum ersten Male zu sehen glaubt. Zu sehen und zu hören, zu fühlen, zu empfinden mit allen Sinnen, durch alle Poren. Hat denn die Sonne je geschienen? der Himmel geblaut? haben die Vögel gesungen? die Blumen geduftet? ist die Welt gestern geschaffen worden, und er wandelt durch Gottes Paradiesesgarten, der erste Mensch?

Er fragt es, wenn er in der heiligen Morgenfrühe sich leise, den schlafenden Gefährten nicht zu wecken, vom Lager gestohlen hat und nun in dem Parke umherschweift durch die kühlen Schatten unter den hohen Bäumen, durch die sonnebestreiften, thauüberglänzten Beete, und in den linden balsamischen Hauch, der sie umfächelt, ihren holden Namen lispelt: Ellinor!

Ach, er hat ja keinen anderen Vertrauten seines Geheimnisses, es müßte denn der Abendwind sein, der um seine heiße Stirn streicht, wenn er sich von der Gesellschaft auf dem „Freiblick“ weggeschlichen hat zu dem Boot, das ein Streckchen davon unter überhängenden Weiden an dem Landungssteg befestigt ist und auf dem er nun hinausrudert auf des Meeres kaum bewegte Fläche so weit, daß Keiner ihn mehr abrufen kann, und daß Keiner es hören könnte und er es nicht mehr zu sagen braucht, da die plätschernde Welle am Kiele nur immer murmelt: Ellinor!

Nein, er hat keinen andern Vertrauten, darf keinen haben. Nicht, weil er weiß, daß er nicht wieder geliebt wird. Das verlangt er nicht, ja, der Gedanke bloß, es könnte jemals sein, macht ihm vor Schrecken schier das Herz erstarren. Er steht noch ganz und mit inniger Ueberzeugung in dem romantischen Glauben; er weiß, daß er von allen Kränzen, die er windet und in die er so viel tausend Gedanken und Grüße hinein gebunden, ihr keinen reichen kann. Er hält dafür, daß es ihr Herrinrecht ist, ihn nicht zu sehen, oder höchstens einmal mit dem flüchtigsten Blick aus ihren Augen zu streifen, wenn er aus schüchterner Ferne zusieht, wie sie sich in den Sattel schwingt, um mit ihren Kavalieren hineinzusprengen durch die Felder in den grünen Wald; oder in der Gesellschaft, die sie mit ihrem Witze und ihrer munteren Laune belebt, seitab steht in einer dunklen Fensternische des kerzenerhellten Salons. Das ist ihr Recht. Und seine Pflicht, es geduldig zu nehmen und von der Geliebten keine Gegenliebe zu erwarten oder gar zu fordern.

Aber ich hatte noch andere schwerwiegende Gründe, die mir das Geheimniß zur heiligen Pflicht machten. Weßhalb war ich hier? Doch nicht um dieser braunäugigen Circe willen; doch nur, weil ich Schlagododro einmal das Versprechen gegeben hatte und es mir schließlich leicht wurde, es einzulösen, nun, da ich während der ganzen Zeit mit Maria zusammen sein durfte. Zwar ich liebte Maria nicht; ich hatte das dem Freunde gegenüber behauptet und mit Recht, wie ich jetzt besser als damals und nur zu gut wußte; aber, die Andere nicht zu lieben, hieß mich die Freundespflicht, und wenn ich sie nun doch gegen meinen Willen lieben mußte, so verlangte die Achtung vor mir selbst, daß ich diese Liebe nicht eingestand. Das hatte ich mir geschworen, und ich war entschlossen, meinen Schwur zu halten.

Auch dann noch, als ich, was schon nach wenigen Tagen geschah, die seltsamste Entdeckung machte.

Der Kammerherr hatte an seinem Einfall, sich ein Amüsement zu bereiten, indem er uns jungen Leuten ein paar Schauspielscenen einübte, mit der doppelten Zähigkeit des alten Theatermannes und des Kranken festgehalten, und ich, dem gegebenen Versprechen gemäß, mein Bestes gethan, Schlagododro zur Uebernahme der Rolle des Orestes zu bewegen. Vergeblich. „Bleib mir mit dem Unsinn vom Leibe,“ rief er, wenn ich in ihn drang, doch dem kranken Mann den Gefallen zu thun. „Gefallen hin, Gefallen her, wenn mir die Sache nicht gefällt, und das thut sie ganz und gar nicht. Ich bin kein Komödiant; ich hasse Komödianten, diese Kerls, die von Einbildungen leben, wie die Schwalbe von Mücken. Ich bin ein ehrbarer Kauz, der lange warten kann, bis ihm mal eine Maus über den Weg läuft, und auf alle Fälle kann ich nur reden, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Wie käme ich zu all dem Zeugs, das der Kerl, der Orest, da vorbringt? Habe ich meine Mutter todtgeschlagen? bin ich verrückt? Habe ich in meinem Leben auch nur eine Furie gesehen, geschweige denn ein ganzes Rudel? Bin ich der Mann dazu, aus dem Hinterhalte heraus einem ehrlichen bornirten Kerl, wie dem Thoas, der sich nichts Böses versieht, eine Statue – von Marmor oder Sandstein, was weiß ich! – auszuführen, auf die er so großen Werth legt, wie Du auf das Bild Deiner Mutter? Hätte ich mir nicht beinahe die Ohren abgeschnitten, weil ich durch meine Nachlässigkeit schuld war, daß es sich der Spitzbube annektiren konnten und schließlich: ist Fräulein von Werin meine Schwester? Ich kann Dir sagen: ich danke Gott, daß ich nicht ihr Bruder bin!“

Dieses „Schließlich“ Schlagododro’s gab mir viel zu denken. Ich kannte seinen Haß gegen Adalbert zur Genüge, und es war nicht nöthig, daß er demselben bei dieser Gelegenheit einen Ausdruck gab. Ja, dieser schroffe Ausdruck vertrug sich im Grunde gar nicht mit Schlagododro’s Ritterlichkeit, die es ihm sonst zum Gesetz gemacht hatte, jede Anspielung auf mein Freundschaftsverhältniß zu seinem Nebenbuhler sorgsam zu vermeiden. Oder verbarg sich etwa in dieser feierlichen Verwahrung vor der Geschwisterschaft mit Maria ein Doppelsinn?

Es mochte immerhin mein Verstand sein, der diese Frage aufwarf, aber die Antwort kam doch von anderer Seite. Man liebt entweder wahnsinnig oder man liebt gar nicht, hatte Schlagododro gesagt. Ich glaubte jetzt, ein Wort in dieser Sache mitsprechen zu konnen; ich glaubte zu wissen, daß allerdings „wahnsinnige Liebe“ ein kindischer Pleonasmus sei; aber vergebens spähte ich bei Schlagododro für seine behauptete Leidenschaft zu Ellinor nach den mir nun so wohlbekannten Symptomen. Er hatte mir freilich in den ersten Tagen fast drohend die Anerkennung der unvergleichlichen Schönheit und Liebenswürdigkeit seiner Kousine abverlangt und war wüthend gewesen, wenn ich ihm dieselbe, wie grausam mich mein Herz Lügen strafte, trotzig hartnäckig

[189]

Der Finsch-Hafen.
Nach einer Skizze von Dr. O. Finsch gezeichnet von A. von Roeßler.

[190] verweigerte. Er war auch viel um Ellinor und lachte unbändig über ihre lustigen Scherze und oft barocken Einfälle; aber er sandte ihr keine gluthstarren Blicke nach, wenn sie ging; sein Auge flammte nicht auf, wenn sie kam. Ebenso wenig rückte das famose Gedicht mit dem ersten (und einzigen) problematischen Vers aus der Stelle. Und dennoch – dennoch war eine Veränderung mit dem Freunde vorgegangen. Der sonst Rastlose, der seine Ueberkraft niemals hinreichend austoben konnte, versank auf Stunden und halbe Tage in ein stilles träumerisches Wesen; und wenn dann die Unbändigkeit in verdoppelter Heftigkeit wieder hervorbrach, war es nicht die alte harmlose – es war, als ob er sich von einer Last befreien wollte, die schwer auf ihm drückte, von einem Stachel, der ihn bis aufs Blut peinigte. Ein für den weggejagten „Neuen“ eingestellter zweiter „Neuer“ bekam nicht die mindesten Schelte, trotzdem er wirklich sehr ungeschickt und bis zur Frechheit naseweis war; in der Nacht hörte ich, dessen eigener Schlaf nur noch ein Traumwachen, den firmsten Schläfer der Welt unruhig auf seinem Lager sich wälzen und selbst im Traum dunkle Worte murmeln, von denen ich, wie ich so, voll ernster Sorge um den Freund, den Ellenbogen aufgestemmt im Bette saß, endlich eines doch verstehen mußte: Maria!

War es möglich?

Ich hätte beinahe laut in die stille Nacht hinein gelacht: das war ja, als ob man Feuer und Wasser mengen, zwei absolute Widersprüche mit einander ausgleichen wollte! es war einfach unmöglich. Und während ich mir diese Unmöglichkeit noch lächelnd zu vergegenwärtigen suchte, überkam mich plötzlich eine seltsame Bangigkeit, die Furcht vor etwas Schrecklichem, das sich da vorbereite. Denn, wenn es doch möglich war – und hundert kleine Umstände, die ich kaum beachtet oder falsch ausgelegt hatte, und die mir plötzlich wieder in Erinnerung kamen und in das rechte Licht traten, machten mir bald die Möglichkeit unzweifelhaft – was sollte daraus werden? Zwar in dem Einen glichen sie sich völlig; in der wandellosen Ehrlichkeit des Herzens und der unentwegten Treue, mit der sie ihren Ueberzeugungen folgten. Aber eben die mir wohlbekannte ungeheuere Differenz der letzteren mußte sie aus einander führen, wie sehr sich auch die starken Herzen nach Einigung sehnten. Wenn der Freund selbst sich darüber verblenden konnte, so gebot mir die Pflicht, ihm die Augen zu öffnen, so lange es noch Zeit war. Nur daß er, wie ich ihn kannte, mir schwerlich Gelegenheit zu dieser Intervention geben würde.

So beschloß ich denn, während ich schlaflos dalag in dem Dämmer der Mondnacht und auf die nun wieder ruhigen Athemzüge des Freundes lauschte, diese Gelegenheit vom Zaun zu brechen, und führte diesen Entschluß am nächsten Morgen aus, trotzdem mir dabei zu Muthe war, wie Jemand sein müßte, der genöthigt wird, einen schlummernden Löwen an der Mähne zu zupfen.

Es kam, wie ich erwartet. Schlagododro packte mich an beiden Schultern und schwur, mich todt zu schlagen, wenn ich noch einmal einen so verruchten Unsinn ausspräche, und dann geschah, was ich, wenigstens für den Augenblick, nicht erwarten konnte: er fiel mir weinend um den Hals und gestand mir schluchzend, daß er Maria liebe. Er sagte diesmal nicht: wahnsinnig; ich glaubte ihm auch ohne das.

Und dann, als wir uns Beide so weit beruhigt hatten, kam die Geschichte seiner Liebe.

(Fortsetzung folgt.)

Eine Kindersymphonie.

Von Oscar Justinus.

Wenn ich eine Kindersymphonie zu komponiren verstände, ich würde mit zehn Takten Pause ansetzen, dann ein zum Piano anschwellendes Pianissimo heranbringen, vom Piano zum Adagio, von diesem zum Allegretto und Allegro steigen unter Einsatz aller Instrumente molto vivaceagitatissimocon fuoco schließen.

Dieses musikalische Arrangement drängte sich meinem unmusikalischen Ohre auf, als wir neulich eine Kinder- oder – Verzeihung, meine Fräuleins! – Jungedamengesellschaft in unseren bescheidenen Räumen veranstalteten.

Es war unser erster Versuch auf diesem Gebiete.

Ein Freund unseres Hauses hatte uns seine beiden Töchterchen im Alter von vierzehn und dreizehn Jahren zugeführt, welche vor noch nicht gar zu langer Zeit ihre Mutter, eine durch Wohlthun und edle Gesinnung ausgezeichnete Frau, verloren hatten. Im Sinne der tiefbetrauerten Gattin hatte er die Kinder sich in ihrer Urwüchsigkeit kräftig und natürlich entwickeln lassen und Alles von ihnen fern gehalten, was ihre körperliche und geistige Gesundheit zu beeinträchtigen angethan war. Sie waren in einer mit der Stadt fast außer Zusammenhang stehenden Villa einigermaßen weltfremd aufgewachsen, ihr einziger Umgang die halb bäuerlichen Nachbarkinder, mit denen sie sich auf grünen Wiesen und sandigen Bauparcellen umhertummelten. Ihr städtischer Verkehr beschränkte sich auf Gretchen, eine gleichalterige Gespielin, für deren verarmte Familie die Verstorbene freundlich gesorgt, und auf deren neunjähriges Brüderchen, das den drei Damen einen gemeinsamen höchst respektablen Kavalier abgab.

Die jungen Mädchen Annchen und Hannchen, geborene Holsteinerinnen, waren schlanke Gestalten mit schlichtem Flachshaar, das sich glatt nach den Ohren hinzog und zu lang herabfallenden Zöpfchen vereinigte, die Gesichtchen von jenem durchsichtigen Rosenteint, wie ihn die Niederländer in die Malerei eingeführt haben, zeigten bei ihrer Staatsvisite eine unüberwindliche Schüchternheit. Sie bestrebten sich, das biblische Wort „Eure Rede sei ja, ja oder nein, nein“ noch zu überbieten: denn ihr Ja und Nein war nur mit Hilfe eines Mikrophons zu vernehmen, und sie färbten sich bei ihrer Antwort immer derartig in Purpur, daß der Fragende, mit dem Gefühle, einen wunden Punkt berührt zu haben, beschämt verstummte. Da für diese Dornröschen der küssende Prinz noch nicht in Sicht war, so mußte man sie – und dies war uns sofort klar – „vor allen Dingen in lustige Gesellschaft bringen“. Nach langer und gründlicher Berathung gelangten wir, nach Prüfung des uns zur Verfügung stehenden einschlägigen Materials, dazu, eine Gesellschaft von acht jungen Mädchen zu arrangiren, bei welcher aber der obenerwähnte Knabe eingerechnet war.

Heute kann ich es ja sagen: ich hatte vor dieser Gesellschaft eine fürchterliche Angst. Kein Wunder – denn es war das erste Mal, daß wir ein derartiges Wagniß unternahmen. Meine Frau gab sich zwar alle Mühe, mir einzureden, daß Kinder sich allezeit amüsirten und zwar um so mehr, je weniger man sich um sie kümmere. Aber aus ihrem Tone klang es nicht gerade wie Zuversicht, und zuletzt war sie von meiner Befangenheit derart angesteckt, daß sie mehr bangte, als ich selbst. Wir tragen allezeit ein drängendes Verantwortlichkeitsgefühl dafür herum, daß unsere Gäste sich bei uns wirklich amüsiren, und bekommen, wie die dramatischen Dichter, vor jeder Première von Neuem das Lampen- oder vielmehr das gastische Fieber. Aber große Menschen machen sich mit einander bekannt, reden vom Wetter, vom Branntweinmonopol, den Markthallen und dem „Zigeunerbaron“: Kinder dagegen müssen, das ahnte ich ja, einander vorgestellt – unterhalten, ja das Gespräch muß gewaltsam im Gange gehalten werden, wenn es nicht, wie eine feuchte Cigarre, jeden Augenblick ausgehen soll. Was fängt man aber mit ihnen an, wenn sie auf unser redlich Bemühen überhaupt nicht reagiren? Im Geheimen faßte ich den Plan, wenn gar nichts mehr verfangen sollte, das Weite zu suchen, und ich habe meine Frau in Verdacht, daß sie sich mit einem ähnlichen Gedanken als ultima ratio vertraut gemacht hatte.

Der gefürchtete Termin rückte langsam, aber sicher heran. Wir waren Vormittags zusammen ausgegangen, um zu der Chokolade – über diese Aufwartung waren wir schließlich einig geworden, weil sie einen viel feierlicheren Charakter hat, als der gewohnte alltägliche Kaffee – recht verschiedenartiges Gebäck einzukaufen. Ich glaubte dabei das Princip vorwalten lassen zu dürfen, daß es mehr auf die Form als den Inhalt, mehr auf die Farbe, als den Geschmack, mehr auf die Quantität, als die Qualität ankäme. Um noch ein Uebriges zu thun, kauften wir als etwaige Gewinne für die etwaigen Gesellschaftsspiele allerlei Meisterwerke der bildenden Kleinkunst aus jenem Material ein, welches die Götter in ihrem Zorne, die Zahnärzte in ihrem wohlverstandenen Geschäftsinteresse erfunden zu haben scheinen – aus Marzipan. Wir plünderten dann noch einen Obstkeller, ließen uns durch den „Lustgeruch“ und die rothen Kinderbäckchen der Aepfel wieder einigermaßen ermuthigen und thaten noch Datteln, Feigen, Paranüsse und – o Ideal meiner Kinderjahre! – Johannisbrot ein, um der Tafel einen gewissen kolonialen Anstrich zu geben.

Daheim angelangt, gab ich mich nicht ohne Erfolg einem gründlichen Studium von Georgen’s „Illustrirtem Allgemeinen Familien-Spielbuch“ hin – suchte in allen Kommoden, was bunt und glänzend aussah und was ich mir für den idealen Fall einer Kindergesellschaft nach und nach aufgestapelt hatte, zusammen und war gerade im Begriff, auf eigene Faust etwas noch nie Dagewesenes von Unterhaltungsspiel zu erfinden, als es klingelte. Hannibal ante portas! – die Kleinen kennen nicht einmal das akademische Viertel und sind von einer erschreckenden Pünktlichkeit.

Das waren die zwei lieben Töchterchen meines Schulfreundes, eines Oberförsters, welche der seit mehreren Jahren verwittwete Vater der guten Schwägerin, einer Institutsvorsteherin, zur geistigen und leiblichen Pflege in Pension gegeben hatte. Als der Papa das dritte Mal nach Berlin kam, um sich von den Fortschritten der Kleinen zu überzeugen, schrieb man gerade die großen Ferien, und er kehrte in seine Waldeinsamkeit im fernen Osten nicht zurück, ohne die sorgsame Ziehmutter zur richtigen Mutter des Geschwisterpaares promovirt zu haben. Nun führen sie ein Amphibienleben wie die Blumen, die Kinder der Proserpina. Im Sommer leben [191] sie beim Papa und singen „Der Wald ist unser Nachtquartier“, im Winter bei Mama „am schönen Strand der Spree“. Keines der Eltern kann sich bei aller Liebe bis jetzt entschließen, seine Position aufzugeben. Aber ich sehe es kommen: der Zug nach dem Westen wird den Sieg davon tragen.

Wir gingen den beiden Mädchen nach dem Entrée entgegen und waren sehr geschäftig, sie ihrer Mäntelchen zu entledigen. Es entwickelten sich zwei Wollkleidchen von himmelblauer Farbe, welche auf mein Gemüth einen entschieden beruhigenden Eindruck ausübten. Aehnlich günstig wirkte die Entdeckung von Etwas, was sie sorgsam behütet auf dem Arme trugen und was sich bei entflammtem Gase als Puppen entpuppte. Ich war schon während meiner Vorbereitungen immer damit ins Gedränge gekommen, wie ich mir den Intellekt eines vierzehnjährigen Mädchens vorzustellen hätte, und hatte das Niveau immer entweder zu hoch oder zu niedrig angenommen. Ich hatte meine Gäste längst aus der Puppenzeit herausgedacht – ich habe nie in meinem Leben mit einer Puppe gespielt – und ich war nun wenigstens sofort im Klaren, daß ich noch „Du“ zu den Mädchen sagen durfte, welche Frage mich auch schon sehr stark beschäftigt hatte. Die Puppen waren übrigens ganz besondere Exemplare, Automaten von der Geschicklichkeit eines Kautschukmannes. Sie verdrehten nicht nur die Augen wie eine Heroine bei ihrem ersten Debüt, sondern auch jedes Glied ihres schöngebildeten Körpers, die rechte Ferse der älteren ausgenommen, welche am Weihnachtsabend bereits eine Fraktur erlitten und nothdürftig mit Fischleim ausgeheilt worden war. Das war ihre Achillesferse.

Die beiden Schwesterchen – Dorf und Stadt repräsentirend – Pinchen und Tinchen wollen wir sie taufen – hatten etwas Zutrauliches, und die Unterhaltung mit ihnen, zu welcher das Leben ihrer Puppen einen nie versiegenden Stoff hergab, zeigte sich unerwartet ausgiebig, so lange sie mit uns allein waren. Mit dem Eintritt der Holsteinerinnen nahm das Gespräch eine andere Wendung, d. h. es hörte auf: denn nun saßen sich zwei fremde Kinderpaare gegenüber, und da hört eben Alles auf. Ich machte mich daran, sie einander vorzustellen: aber das „Fräulein“ blieb mir angesichts der augenverdrehenden Puppen in der Kehle stecken. Dagegen schien mir, den Neuangekommenen gegenüber, das „Du“ auch nicht mehr recht am Orte, und ich half mir in meiner Verlegenheit damit, daß ich den ganzen Abend das Impersonale in Anwendung brachte: „Man könnte etwas spielen – man sollte Chokolade trinken“ – der Ausweg war jedenfalls großartig. Indeß glaubte ich, das Herzklopfen der vier armen Sünderinnen zu vernehmen, von denen keine das erste Wort der Unterhaltung fand. Die Röthe der Gesichtchen nahm immer größere Dimensionen und eine immer bedenklichere Schattirung ins Braune an, und ich sah den Augenblick herannahen, wo acht Kinderwangen unfehlbar in Brand gerathen mußten, wie das unter das Sonnenbild eines Brennglases geschobene Schwefelhölzchen. Meine Frau, welche noch mit der Herrichtung des Vespertisches zu thun hatte, war grausam genug gewesen, mich, der Verlegenen Verlegensten, mit den vier jungen Damen allein zu lassen. Es war so still, daß man eine Bakterie sich schneuzen hören konnte, und ein ganzes Regiment von Engeln schien durch das Zimmer zu schweben.

Ich weiß noch jetzt nicht, woher mir der Muth kam, das Stillschweigen zu brechen. Ich schlug das allbeliebte geistreiche Spiel „Burr!“ vor, was in so fern eine gewisse Abwechselung in unser Zusammensein brachte, als doch die Lippen meiner Gäste, war es auch nur, um eine Zahl oder ein „Burr!“ auszusprechen, in Bewegung gesetzt werden mußten. Hin und wieder wurde auch bereits ein schüchternes Lachen hörbar, was aber, wenn man in die Gegend, wo es hertönte, blickte, sofort zurückgehalten oder durch ein unnatüliches Hüsteln verdeckt wurde. Selbst als Gretchen erschien, ein durch den Kummer, in welchem sie aufgewachsen war, über ihre Jahre ernstes und verständiges Kind, und Hans, das Brüderchen, das sich unter all den Mädchen ausnahm wie der von den Nymphen geraubte Hylas, wurde die Stimmung nicht besser, und sogar „die Chokolade^, von welcher wir uns Beide die Wirkung „des erregenden Momentes in der Erposition eines Dramas“ versprochen, schien trotz der vielfarbigen und vielformigen Gebäcke uns im Stich zu lassen. Diese Vesper war so tranrig wie die sicilianische – so still wie ein Leichenschmaus. Rathlos, händeringend und uns mit verstörten Blicken ansehend, liefen wir hin und her, animirten zuzugreifen, was sogar auch ohne unsere Aufforderung geschah, und dachten bei uns: das wird ja ein netter Abend! Einige Mütter und Tanten waren erschienen – darunter eine liebe kleine Freundin mit einem Kindergesichtchen – Liebhaberin netter Neffen und Nichtchen – und Dichterin hübscher Kindergeschichtchen. Diese wußte uns aus dem reichem Schatz ihrer Studien auch weiter keinen Rath zu geben, als die Kinder versuchsweise sich allein zu überlassen. Wir zogen uns darauf unvermerkt in das Nebenzimmer zurück und nahmen selbstverständlich voller Spannung sofort Posto „horchend an der Wand“. Ja, wenn wir nur wenigstens „unsere eigene Schand“ gehört hätten, wir wären ja zufrieden gewesen. Wir hörten aber gar nichts außer dem Klappern der Tassen, dem verlegenen Einschlürfen des braunen Trankes, dem Hin- und Herrutschen mit den Stühlen – und manchmal einem verlegenen „Bitte“ bei Hinreichen des Backwerks. Dann wieder die Ruhe eines Kirchhofes – die Stille eines Taubstummenanstaltkonversationssaales.

Das hielt ich nicht länger aus – die Mappe mußte heran. Aufgeschwellt von ihrem reichhaltigen Inhalt, den ich seit Jahren hier gespeichert, wurde das Ungethüm von mir hineingetragen und eröffnet. Viele Dutzend Vorbilder vom „Wo ist die Katze?“ an bis zuni „Wo ist der Esel?“ – Vexirschriften, die nie ein Sterblicher, vermuthlich der Erfinder selbst nicht, zu lösen vermocht hat – glänzende Reliefbilder – Metachromatypien - Stammbuchklebblumen – Photographien, deren Urbild in Vergessenheit gerathen – ausgeschnittene Holzschnitte aus illustrirten Blättern – zum Theil in einer müßigen Stunde getuscht – Klappbilder, die Neuheit des letzten Weihnachtsmarktes – einige zum Rattenkönig zusammengeknotete Chenille-Affen – Neujahrs- und Glückwunschkarten und besonders ausgeschmückte Firmenkarten und Kalenderchen: kurz eine echte rechte Rumpelkammer bildender Kunst schüttete ich auf den Vespertisch aus, und zwölf Händchen begannen sofort in dieser räthselhaften Herrlichkeit zu wühlen und zu schatzgraben.

Und damit war der Zauber gebrochen – die Gemüther angeregt – die Stimmung, jenes launenhafte Wesen, für welches noch Niemand ein Kommandowort gefunden – eingekehrt. Man stürzte mit wahrem Heißhunger über Räthselbilder, als gelte es, die Probleme des Weltalls zu lösen. Was die eine nicht rieth, rieth die andere zwar auch nicht: aber das gemeinsame Bemühen führte eine Art Kampfgenossenschaft herbei, welche annähert und befreundet. Man schob sich die Sachen zu, man hielt sie gegen das Licht, man verglich, man gab sich Rede und Antwort, man scherzte, man lachte einander aus. Als die Letzteingeladenen erschienen, zwei Schwesterchen aus dem Thiergartenviertel, die ältere eine hübsche Figur mit schwarzem Haar und funkelnden Augen, welche schon Tanzstundentriumphe zu verzeichnen hatte, die jüngere kleinere nicht minder lebhaft und nicht minder schlagfertig, stürzten sie sich sofort mit Eifer, ohne Vorstellung oder sonstige Zeremonie, in den Strom des Spielens und plauderten und scherzten, als wären sie unter alten Bekannten. Wir aber, die verantwortlichen Redakteure, drückten uns mit frohem Einverständniß hinter der Thür gratulirend die Hände und sprachen: „Seht, die Massen sind in Fluß!“

Aber das Allegro ward erst allgemein als wir uns wieder alle unter das Völkchen mischten und Bewegungsspiele arrangirten. Für Kinder ist Stillsitzen allezeit ein großes Opfer und erst in der Bewegung gelangen ihre hohen Begabungen zu wohlthätigster und reichhaltigster Entfaltung. Es wurde jetzt der sogenannte Kreis gebildet, der gewöhnlich ein Viereck ist und gewissermaßen die Lösung der Quadratur des Cirkels abgiebt. Kämmerchen vermiethen, Tellerdrehen, Wolf und Gänse, Nasenzupfen, Stuhlerobern, das Suchen versteckter Gegenstände nach der Musik, das Betasten mit der Suppenkelle, Telegraphiren, Städtebauen, Alles schlug ein. Die Stimmung war eine glänzende: die wasserblauen Augen der Holsteinerinnen leuchteten, und die rosigen Gesichtchen glühten – aber jetzt in dem schöneren Purpur der Erregnug des Spiels. Die Fröhlichkeit war in Permanenz erklärt. Die Mütter und Tanten glänzten und vergnügten sich, und uns Wirthen war so wohlig zu Muthe wie einem Komödiendichter, dem der Direktor am Ende des vorletzten Aktes strahlend zuruft: „Das Stück ist durch!“

Jetzt kam noch das Abendbrot: die kleine Gesellschaft wieder apart. Wie wir später zu unserer Beschämung erfahren mußten, haben sie uns diese separate Tafel besonders hoch aufgenommen. Sie präsentirte sich, von unserem Zimmer aus gesehn wie ein Ausschnitt des Knaus’schen Bildes „Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen“. Die Letzten waren, wie es in der Bibel heißt, die Ersten geworden und die Schüchternsten die Animirtesten. Der italienische Salat und die mannigfach belegten Stullen, das Obst, die Kuchen, die Bowle in einer ad usum delphini verdünnten Qualität – Alles hatte einen wunderbaren Succeß. Alle Hindernisse wurden mit einer wahrhaft patriotischen Begeisterung genommen. Sie plauderten – sie stießen an – sie lachten – sie applaudirten – sie sangen – einstimmig – zweistimmig – tutti frutti. Einige erhoben sich sogar zu einem Dankestoast auf die gerührten Wirthe! Wer hätte das gedacht?

Als nachher eine der Mütter am Flügel ein stimmungsvolles Lied zum Besten gegeben und meine Frau aus dem untersten Fache ihres Notenspindes einen Stoß etwas unmodern gewordener Tanzweisen heraufholte, erreichte der Jubel seinen Gipfel. Es begann das reguläre Lämmerhüpfen. Sie tanzten über einander – neben einander – unter einander. Einzelne sprangen wie ein Gummiball immer auf derselben Stelle. Von einem Rhythmus – von einem Pas hatte nur der kleinste Theil eine dunkle Vorstellung: die meisten waren Naturtänzerinnen in des Wortes verwegenster Bedeutung. Immerhin wäre bei aller Liebe und Verehrung für die Natur, für einen korpulenten Herrn – ich war neben dem neunjährigen Hans der Einzige, der sich schon in seiner Eigenschaft als Wirth der Tanzlust seiner sieben hüpfenden unermüdlichen Gäste zur Verfügung zu stellen hatte – ein bischen vorhergegangene Tanzstundenschulung doch angenehmer gewesen. Ich fühle heute noch von den Leistungen dieses Abends eine gewisse Verrenkung der rechten Schulter.

Die Kiuder tanzten und die Stunden flogen. Die abholenden Mädchen standen in der Thür und gewannen erst nach Stunden den Muth, zum Heimwege zu mahnen. Es waren Freundschaften geschlossen worden unter den heterogensten Naturen, Dörflerinnen und Städterinnen, Reichen und Armen, Holsteinerinnen, Berlinern und Provinzialen, Protestanten, Katholiken und Juden – Freundschaft mit der Betheuerung: fürs ganze Leben, und die Heimkehr erfolgte mit Gesang und Jubel und mit so herzlichem Danken, als hätten wir ihnen ein Himmelreich einbescheert.

Wenn man aber so oft über die Blasirtheit der heutigen Kinder reden hört, es scheint mir nichts als eine fable convenue, als eine recht beliebte Uebertreibung. Kinder sind Kinder, ob sie in einem einsamen Alpendorf oder einem Viertel des Thiergartens aufwachsen. Und wenn Molière vor zweihundert Jahren seinen „eingebildeten Kranken“ sagen läßt: „Es giebt keine Kinder mehr“, so kam ich, der ich mir „einbilde, ein Gesunder“ zu sein, am Schlusse unserer Kindergesellschaft viel näher der Erkenntniß: „Es giebt keine Alten mehr!“ Denn Alle. die wir ihr beiwohnten, wurden jung in der Berührung mit der frischen und fröhlichen Kinderwelt.


[192]

Entdeckungsfahrten des deutschen Dampfers „Samoa“.[1]

II. Vom Mitrafelsen bis Finsch-Hafen.
Für die „Gartenlaube“ mitgetheilt von Dr. O. Finsch (Bremen).
Strafexpedition der „Hyäne“. – Ankunft der „Elisabeth“. – Aufhissen der Reichsflagge im Bismarck-Archipel. – Küste von Neu-Guinea, – Luard-Inseln. – Mitrafels. – Herkules-Bai. – Spree. – Adolfs-Hafen. – Huon-Golf. – Parsi-Huk. – Haarschmuck der Eingeborenen. – Finsch-Hafen. – Eingeborene. – Flaggenhissen. – Häuser. – Ahnenfiguren. – Waffen. – Erste deutsche Ansiedelung.

Der sonst so stille Hafen Mioko zeigte bei unserer Rückkehr ein regeres Leben; zwei Schiffe lagen zu Anker; ein Hamburger Dreimastschuner und das deutsche Kanonenboot „Hyäne“ (Kommandant Kapitän-Lieutenant Langemack). Auf letzterem ging es sehr geschäftig her; es rüstete zu einem kriegerischen Unternehmen und verließ uns in aller Stille, um die Eingeborenen an der Südspitze Neu-Irlands zu strafen, die vor einigen Monaten ein deutsches Schiff, die „Mioko“, geplündert und verbrannt, die Mannschaft erschlagen hatten. Derartige Expeditionen sind in den meisten Fällen ein ziemlich oder ganz erfolgloses Unternehmen, das sich meist auf das Niederbrennen einiger Häuser, eines Dorfes, Vernichten von Plantagen und Zerschlagen von Kanus beschränkt, Handlungen, welche die Eingeborenen in der That nur sehr untergeordnet schädigen.

Mann von Parsi-Huk.

Den Eingeborenen selbst ist meist nicht beizukommen, sie fliehen in die Wälder, und es wäre, bei der Fülle tropischer Vegetation, ein nutzloses, ja zum Theil gewagtes Unternehmen, sie in ihren Schlupfwinkeln aufzusuchen. Die Strafexpedition der „Hyäne“ verlief ganz in derselben Weise. Das Kriegsschiff kam überhaupt viel schneller zurück, als erwartet, und nicht allein! Zu unserer Verwunderung zeigte sich im Kanal ein großes Schiff, das Matupi-Hafen in Blanche Bai zudampfte. Wie wir durch die „Hyäne“ erfuhren, war es S. M. gedeckte Korvette „Elisabeth“, zu deren Begrüßung wir uns eiligst nach Matupi auf den Weg machten. Große Ueberraschungen warteten unser: der lebhafteste Wunsch aller Deutschen jenes Gebietes sollte erfüllt, Neu-Britannien, Neu-Irland und die Herzog York-Gruppe oder, wie die spätere sehr passende Benennung lautet, der „Bismarck-Archipel“, unter den Schutz des deutschen Reichs gestellt werden. Am 2. November 1884 fand die feierliche Proklamation zunächst in Matupi statt. Unter Musik, Kanonendonner und einem dreimaligen Hoch auf Seine Majestät ging die Reichsflagge hoch, ein sichtbares Zeichen, daß Deutschlands Unternehmungen auch in diesem abgelegenen Winkel Erde fortan sich des so nöthigen Schutzes zu erfreuen haben. Der Kommandant der „Elisabeth“, Kapitän z. S. Schering, war in der Ausführung derartiger kaiserlicher Botschaften kein Neuling: kaum drei Monate vorher hatte er in Angra Pequena das deutsche Banner entfaltet. Ein so großes Schiff wie die „Elisabeth“, mit 450 Mann Besatzung und 19 Geschützen, war in diesen Gewässern übrigens noch nicht gesehen worden und das Erstaunen der Eingeborenen selbstverständlich ein ungeheures.

Auf Grund unserer Erfolge mit der „Samoa“ konnten die Kriegsschiffe gleich nach Neu-Guinea weiter gehen, um auch hier den deutschen Schutz zu proklamiren. Kapitän Dallmann begleitete die „Elisabeth“ als Lootse für Friedrich Wilhelms-Hafen, während die „Samoa“, vom ersten Steuermann Sechstroh, einem tüchtigen Seemanne, geführt, ebenfalls für Neu-Guinea rüstete, wo sie, der Verabredung gemäß, mit den Kriegsschiffen wieder zusammentreffen sollte.

Etwa eine Woche später konnten wir ihnen folgen, da wir einige Krankheitsfälle an Bord hatten, zu deren Hebung die Behandlung Seitens der Herren Marine-Aerzte sehr willkommen war. Denn in jenen Gegenden muß noch Jeder sein eigener Arzt sein und sich vor Krankwerden möglichst hüten. Schiffsvolk thut dies indeß selten, und so nehmen höchst unbedeutende Wunden durch Vernachlässigung oft einen sehr bösartigen Charakter an und bedürfen lange Zeit zur Heilung. Bei einem so kleinen Schiffe wie die „Samoa“ wird aber der Abgang eines einzigen Mannes schon sehr fühlbar, und wer es noch nicht wissen sollte, wird in solchen Fällen die Wichtigkeit eines Heizers würdigen lernen. – Nach dreitägiger Fahrt, meist angesichts der dichtbewaldeten bergigen, übrigens meist verschleierten Küste Neu-Britanniens, sichteten wir Neu-Guinea, das uns diesmal schon viel heimischer vorkam, war es doch deutscher Grund und Boden, den wir vor uns sahen. Wie immer beim Sichnähern von Festland zeigten sich wechselnde Bilder; erst mäßig hohe blaue Berge, in Wolken gehüllt, dann Inseln in verschwommenen Konturen, die allmählich in einander fließen und nach und nach als das eigentliche, flache dichtbewaldete Ufer zum Vorschein kommen. Noch lange, ehe wir uns demselben nähern, wurden wir durch die plötzliche grüne Meeresfärbung, die ganz der eines Riffs ähnelte, stutzig. Das Loth erreichte mit 40 Faden noch keinen Grund und wir wußten, daß wir uns in dem Auswässerungsgebiete von Flüssen befanden, die durch ihre trübe Färbung den Seemann an diesen Küsten so häufig irre führen.

Der Mitrafelsen, die natürliche Grenzmarke zwischen den deutschen und englischen Besitzungen in Neu-Guinea.

Eine kleine Gruppe bewaldeter Felseninseln, fast unmittelbar der Küste vorgelagert, zeigte, daß die Berechnungen unseres Navigateurs stimmten, es waren die Luard-Inseln im Süden von Huon-Golf. Da dieser Theil der Küste, bisher nur durch Moresby flüchtig aufgenommen, keinen Hafen verzeichnet, so war es unser Bestreben, einen solchen zu finden, und dafür schienen die Luard-Inseln ganz geeignet. Leider waren unsere Bemühungen für diesmal erfolglos; zwischen den [193] durch Korallriffe verbundenen Inseln ließ sich nicht einmal ein geschickter Ankerplatz auffinden, mit dem wir jetzt schon zufrieden gewesen wären.

Weiter nach Osten bis zu Mitre Rock erging es uns nicht besser. Der Mitrafelsen gehört zu den wenigen nicht zu verkennenden Punkten an der ganzen Nordostküste von Neu-Guinea und bildet in der That eine der besten Landmarken an derselben. Ungefähr eine Seemeile von der Küste, dem Kap Ward Hunt, isolirt aus dem Meere aufsteigend, erhebt sich eine etwa 40 Fuß hohe, oben abgestumpfte Felssäule, aus hellfarbigem Gestein mit dunklerer Schattirung, die am Fuße durch die Brandung ausgewaschen, auf dem Scheitel mit grünem Buschwerk versehen weithin sichtbar ist, die einzige von der Natur errichtete Bake an dieser ganzen Küste. Die Wichtigkeit des Mitrafelsens wurde mir schon damals klar und hat seither ihre volle Würdigung gefunden, indem derselbe als Grenzmarke zwischen dem englischen und deutschen Schutzgebiet von den beiderseitigen Mächten Anerkennung fand. Die beigegebene Skizze, übrigens bei einer anderen Gelegenheit von Süd aus aufgenommen, veranschaulicht daher einen wichtigen Grenzpfeiler des Deutschen Reichs, von dem vielleicht die meisten Leser der „Gartenlaube“ noch nicht gehört haben dürften. Mit dem Mitrafelsen, fast genau auf dem 8.° südlicher Breite, wandten wir unsern Bug wieder westwärts, hart längs der Küste von Verräther- und Herkules-Bai. Erstere erhielt ihren Namen von Moresby deßhalb, weil er hier genöthigt war, auf die kampfesmuthigen Eingeborenen zu schießen. Wir wurden von ihnen nicht belästigt und sahen trotz wiederholten Besuches jenes Gebietes keine andere Spur von ihnen als die Reste zweier verlassenen Strandsiedelungen. Sie bestanden aus elenden, an 10 bis 30 Fuß langen, kaum mannshohen Dächern von Blättern der Nipapalme, aber vergebens suchten wir nach den Bewohnern, nicht einmal Fußspuren waren zu bemerken. Und doch gedenkt Moresby zehn Jahre früher zahlreicher Dörfer an jener Küste und benannte unter anderen eine Huk „Warsong-Point“ (Kriegsgesangspitze), weil hier die ganze Nacht über die wilden Gesäage der Eingeborenen vom Ufer herüberschallten. Jetzt war es still hier; ganz Herkules-Bai wie die Natur selbst schienen ausgestorben; einzelne Fregattvögel und Seeschwalben waren Alles, was wir erblickten.

Ahnenfiguren, Grab und Haus in Ssuam (Finsch-Hafen).

Die Ufer von Herkules-Bai sind niedriger Sandstrand, zumeist von einem dichten Gürtel zum Theil verkümmerter Casuarinen begrenzt, ein Baum, der durch seine dunkle Färbung und in seinem Habitus am meisten an unsere Nadelhölzer, zumal die Lärche, erinnert und den wir bisher nicht gesehen hatten. Das Vorkommen dieses Baumes läßt meist auf sumpfiges oder mindestens wasserreiches Land schließen und in der That münden an dieser Küste mehrere Flüsse, von denen einige erst durch die „Samoa“ entdeckt wurden. Unter diesen dürfte ein ziemlich ansehnlicher Fluß in Verräther-Bai, den ich Spree benannte, vielleicht einen brauchbarem Weg, wenigstens für Forschungs-Expeditionen ins Innere, abgeben. Im Uebrigen sind diese Flüsse, durch Barren versperrt, selbst für Boote unzugänglich. Offenbar ziehen sich dieselben im östlichen Theile von Herkules-Bai und in Verräther-Bai durch ausgedehntes Flachland mit fruchtbarem Boden.

Von den Luard-Inseln, in welchen von uns der Adolf-Hafen entdeckt wurde, zieht sich bis fast nach Parsee-Point, eine Strecke von eirka 60 Seemeilen, eine Reihe kleiner, dichtbewaldeter Felseninseln parallel mit der Küste hin, deren Aufzählung hier überflüssig erscheint. Die Küste selbst wird von einer etwa 2000 Fuß hohen Bergkette, dem Kupergebirge, gebildet, das meist steil zum Meere abfällt und wie fast alle Gebirge Neu-Guineas dicht mit Wald bedeckt ist. Diese Wälder ermüden durch ihr eintöniges dunkles Grün, machen übrigens von Weitem ganz den Eindruck von Wäldern bei uns, indem die Laubbäume an unsere Linden oder Buchen erinnern. Weiter nach Westen in der Tiefe von Huon-Golf, werden die Gebirge höher, aber es breitet sich ein ausgedehnteres Vorland aus, das an manchen Stellen tiefer ins Land einschneidend, fast eine Ebene bildet, die jedoch mit dichtem Urwalde bedeckt ist. An den Bergen zeigen sich „Kulturflecke“, wie ich jene weithin sichtbaren braunen oder grünen Flecke nennen möchte, welche sich dem Auge des Kundigen als Plantagen der Eingeborenen zu erkennen geben.

Von Letzteren hatten wir, außer wenigen Segelkanus bei Saddle-Island, die uns vergeblich einzuholen versuchten, nichts wahrgenommen und trafen erst bei Parsi-Huk (Parsee-Point) wieder mit solchen und zwar in größerer Anzahl zusammen. So benannte Moresby eine vorspringende Landzunge mit dichtbewaldeter [194] Hügelkette, unter etwa 7° südlicher Breite, und zwar deshalb, weil die Eingeborenen sich durch hohe kegelförmige Mützen auszeichnen, die in der That sehr an die Kopfbedeckungen der Parsen erinnern. Diese eigenthümlichen Mützen sind aus zum Theil rothgefärbter Tapa verfertigt, die in verschiedener Weise turbanartig um den Kopf gewunden wird; wir hatten diese Tracht übrigens schon beim Festungskap gesehen. – Am auffallendsten war aber der natürliche Hauptschmuck der Eingeborenen. Eine solche Fülle von Haar hatte ich bei Papuas vorher nie gesehen und gebe deßhalb die hervorragendste dieser sonderbaren Gestalten im Bilde (S. 192) wieder. Bei diesem freundlich aussehenden Manne hing das Haar in dicht verfilzten Strähnen, wie ungezupftes Roßhaar, zu beiden Seiten des Scheitels bis zur Brustmitte herab. Eine Probe dieses Haares mußte ich selbstredend besitzen und machte dies dem Besitzer durch Zeichen verständlich. Ich wollte ihm eben eine Schere reichen, aber er kam mir zuvor: ein Schnitt mit dem Steinbeil, und ich hatte das theure Andenken!

Scheinangriff Eingeborener von Finsch-Hafen.

Leider bot der von uns zuletzt befahrene Küstenstrich keinen einigermaßen gesicherten Ankerplatz. Und wir sehnten uns so lebhaft nach einem Plätzchen, wo wir wenigstens eine Nacht ruhig liegen konnten, und nach welchem wir schon seit zehn Tagen vergeblich suchten! Wie bei unseren bisherigen Küstenfahrten fingen wir bei Anbruch des Tages an dem Punkte an, wo wir den Abend zuvor aufgehört hatten, und ließen deßhalb das Schiff in der Nacht von der Küste abhaltend treiben. Es gehörte nun zu den besonderen nicht eben angenehmen Eigenschaften der kleinen „Samoa“, daß sie nicht still liegen konnte, sie war ein lebhaftes, nervöses Ding. Selbst die geringste Dünung brachte sie in Aufregung und machte sie schlingern, zuviel selbst für einen Seemann. Ich gehöre zwar zu den seefesten Menschen, aber die „Samoa“ machte es oft zu arg, namentlich in der Nacht, wenn Dampf abgelassen und die Schraube außer Thätigkeit war. Nach diesem zehntägigen Schaukelwalzer war der Wunsch nach einer Nachtruhe ein berechtigter; aber der Mensch wird bescheiden auf solchen Argonautenfahrten.

In dem Inselwerk etwas West von Kap Cretin hatten wir eine Oeffnung, wie der Seemann sagt, ein „Loch“, in der Küste bemerkt, die uns der Untersuchung werth erschien, aber erst nach vier Tagen gelang es uns, jene Stelle wieder zu erreichen, weil schlechtes Wetter und Strömungen uns so lange aufhielten.

Es war an einem Sonntage (23. November 1884), als ich mit dem Steuermann im großen Boot erwartungsvoll in die bewußte Bucht hineinruderte, welche sich zu unserer Freude als ein brauchbarer Hafen erwies, der später von der „Hyäne“ aufgenommen und von Kapitän Schering Finsch-Hafen benannt wurde.

Derselbe, unter 6° 33,5 südlicher Breite, besteht aus einem geräumigen Außenbassin, das mit Ausnahme von heftigen Nordwestwinden auch für große Schiffe Schutz bietet, und einem sich anschließenden Innenhafen, der für Schiffe von 9 Fuß Tiefgang bei jedem Wind gesichert ist. Da die nächsten Häfen, zu Ost: Adolph-Hafen, 70 Seemeilen, zu West: Friedrich Wilhelms-Hafen, 150 Seemeilen entfernt sind, so war die Entdeckung dieses Hafens ohne Zweifel ein glückliches Ereigniß.

Die Umgebung von Finsch-Hafen ist, wie erwähnt, eine sehr liebliche: sanft ansteigende Berge mit vielem freien Lande von parkartigem Charakter und gutem Boden, wie uns die Plantagen der Eingeborenen zeigten.

Die Letzteren waren uns schon in ihren großen Segelkanus außerhalb des Hafens entgegengekommen, um Tauschhandel zu treiben, drückten sich aber schleunigst, als wir ihnen im Boote folgten. Das im Dickicht versteckte Dorf Moru auf der gleichnamigen Halbinsel, welche unser Hauptbild darstellt, war daher verlassen, als ich dort landete. Panischer Schreck schien die Leute vertrieben zu haben. Hier stand noch ein Topf mit Essen auf dem Feuer, dort hatte Einer Steinbeile und anderes Geräth liegen gelassen, ja selbst die Lieblinge der Damen, zahme Schweinchen, waren in der Eile vergessen worden. Sie quiekten uns verwundert an, gestatteten aber, daß ich sie mit bunten Bändern schmückte, wie ich an verschiedenen Stellen Kleinigkeiten niederlegte, um die Eingeborenen von unseren friedlichen Absichten zu überzeugen. Der Erfolg blieb nicht aus: bald waren wir ein Herz und eine Seele; ob dies aber immer so bleiben wird, ist freilich eine andere Frage. Zunächst brachte schon die Ankunft der „Hyäne“ neue Aufregung hervor.

Häuptling mit Tapamütze von Finsch-Hafen.

Die Zeit war herangekommen, wo wir die Kriegsschiffe von Friedrich Wilhelms-Hafen erwarten durften. Auf einer Exkursion in den Bergen machten mich die Eingeborenen auf einen kleinen dunklen Punkt in See fern im West aufmerksam, ein Blick mit dem Glase überzeugte mich, daß es ein Dampfer, eins der Kriegsschiffe sei. Selbstredend dampften wir ihm sofort entgegen. Es war die „Hyäne“, deren Kommandant Kapitän-Lieutenant Langemack sich nicht wenig freute, einen Ankerplatz zu finden, nach welchem auch er sich vergeblich längs der Küste umgesehen hatte. Die „Elisabeth“ war nach Matupi zurückgekehrt, nachdem sie in Friedrich Wilhelms-Hafen die Reichsflagge gehißt hatte. Die gleiche Feierlichkeit wurde nun von der „Hyäne“ in Finsch-Hafen vorgenommen, wozu ich die Eingeborenen eingeladen hatte. Erregten die vielen Uniformirten auch einige Furcht bei ihnen, so ging doch Alles gut, bis das Kommando gegeben wurde, die Seitengewehre aufzupflanzen; wie mit einem Schlage waren die braunen Gestalten im Dickicht verschwunden, und nur mit vieler Mühe gelang es mir, einige beherzte Burschen wieder heranzuholen.

Uebrigens herrschte bald das beste Einvernehmen, und die Eingeborenen hatten wohl noch nie eine so ereignißvolle Zeit durchlebt. Mehr als Kanonen, Horngeschmetter und dergleichen nie gesehene und gehörte Dinge überraschte sie die Wirkung eiserner Geräthschaften. Die „Hyäne“ hatte nämlich keine Kohlen mehr und mußte so viel Holz fällen, um bis Matupi dampfen zu können. Fleißige Hände arbeiteten daher mit Axt und Säge, und jeder Waldriese, der mit gewaltigem Geräusch herunterprasselte, erregte die Bewunderung der Eingeborenen aufs Neue. In der That muß bei Ansicht solcher Werkzeuge und ihrer Wirksamkeit das Erstaunen von Menschen, die nur das Steinbeil kennen, ein [195] ungeheures sein. Die braven Finsch-Hafener wußten übrigens das Letztere sehr geschickt zu handhaben. Dafür sprechen nicht allein ihre vorzüglichen an 60 Fuß langen Seekanus, sondern auch namentlich ihre Häuser. Sie waren wie das auf meiner Abbildung (S. 193) meist nur aus Brettern gebaut, aber es gab auch stattliche Häuser mit einem Stockwerk, deren Seitenwände aus Mattenwerk bestanden. So namentlich in Ssuam, dem größten Dorfe in der Umgebung des Hafens, das wir erst später entdeckten, da es, wie alle diese Siedelungen, hinter dem Uferwaldgürtel versteckt liegt.

In diesem Dorfe befindet sich ein höchst merkwürdiges und interessantes Denkmal von Holzbildnerei aus der Steinperiode, wie es meine Skizze (S.193) zeigt. Auf einem freien Platze stehen zwei an sieben Fuß hohe menschliche Figuren, je einen Papua im vollen Schmucke darstellend, dessen Rückenseite ein sehr kennbar wiedergegebenes Krokodil deckt. Diese Arbeit ist um so bewundernswerther, als die Figuren aus den noch mit den Wurzeln in der Erde befindlichen Stämmen ausgehauen sind, ein Fall, der mir bisher nirgends in Melanesien vorgekommen war. Die Figuren wurden „Abumtau Gabiang“ genannt und sind wohl keine Götzenbilder, sondern zum Andenken irgend eines berühmten Vorfahren errichtet. Neben den Bildsäulen befand sich ein Grab, ein Rahmen aus vier Balken, der mit weißem Sande ausgefüllt war. Die pietätvolle Bestattungsweise zeigte sich in noch erhöhtem Maße in Gräbern, die Miniaturhäuser darstellten, mit Einfassung von Steinen umgeben, in welcher bunte Blattpflanzen gepflanzt waren.

Die Eingeborenen von Finsch-Hafen unterscheiden sich in keiner Weise von den bisher gesehenen. Auffallend waren hohe kegelförmige Mützen aus Tapa gewisser älterer Herren, wie der auf S. 194 dargestellte, die, im Verein mit dem häufig sehr prononcirten jüdischen Typus, der Gesammterscheinung in der That einen assyrischen Ausdruck verliehen. Von Waffen hatte man schwache Bogen aus Palmholz mit einer Sehne aus gespaltenem Rottang, breite, flache Holzkeulen, hübsche Wurfspeere und Schilde, wie ich sie bisher nirgends gefunden. Sie bestehen aus einem an fünf Fuß langen, schmalen konkaven Stück Holz mit bunter Bemalung, das einen Mann wohl zu decken vermag. Wir ließen uns friedlich ihre Anwendung zeigen, wovon die beigegebene Abbildung ein lebensvolles Bild giebt.

Ob diese Schilde wohl lange in so friedlicher Weise gezeigt werden? Wer weiß es? Denn bald wird Finsch-Hafen ein anderes Bild zeigen und ist wahrscheinlich schon jetzt nicht mehr die Idylle wie auf unserm Hauptbilde. Schon hat das erste Segelschiff Finsch-Hafen nach glücklicher Fahrt erreicht; Vorräthe, Materialien, Pferde, weiße Menschen sind gelandet worden, weitere Schiffe mit fertigen Holzhäusern unterwegs. Ein regelmäßiger Dampferdienst mit Australien (Cooktown) ist eingerichtet, und bald wird, mit Hilfe malayischer Arbeiter, die erste deutsche Niederlassung in Kaiser Wilhelms-Land, wie der deutsche Theil Neu-Guineas jetzt heißt, erstehen. Finsch-Hafen ist als Centralstation der deutschen Neu-Guinea-Kompagnie ausersehen, und jeder wird mit mir diesem bescheidenen Anfange gewiß das beste Gedeihen, die glücklichste Entwickelung wünschen.


Die Andere.

Von W. Heimburg.
(Fortsetzung.)


Es war eine furchtbare Schwüle, die ich empfand der jungen Frau gegenüber; als sei ein Gewitter in der Luft und müsse im nächsten Moment losbrechen und vernichtend auf ihr Haupt fallen. Sie selbst ruhte in den Sessel zurückgelehnt und sprach nicht; aber ich sah, wie Röthe und Blässe wechselten auf dem schönen Gesicht. In welchen Träumen wiegte sie sich nur? „Ich will an Otto schreiben,“ sagte sie endlich, „nur ein paar Worte. Begleitest Du mich hinauf?“

„Ich komme nach, Lotte.“

Sie ging, und ich folgte ihr mit den Augen, bis sie in der Glasthür des Schlosses verschwunden war. Was sollte aus diesem leidenschaftlichen Geschöpf werden, wenn man ihr sagen würde: „Geh, Du bist nicht hochgeboren genug, um die Frau des künftigen Thronerben zu sein!“ – Ich konnte es nicht ausdenken, ich sprang empor und begann durch die Gartenwege zu wandern, vorüber an den leuchtend bunten Teppichbeeten, dem plätschernden Springbrunnen und den weißen Marmorstatuen, die aus dem Dunkel der Bosketts schimmerten. – Aber war denn schon Alles verloren? Wenn nun der Prinz sie mehr liebte als Thron und Fürstenhut? Ist nicht die Ehe heilig? Wie wollten Menschenhände daran rütteln, wenn sie Beide einig waren, nicht von einander zu lassen in alle Ewigkeit?

Da kam, als sollte ich eine Antwort auf meine Fragen erhalten, Anita herüber.

„O, es ist schlimm für die Gräfin, Fräulein von Werthern,“ sagte sie im Vorbeigehen.

Ich wandte mich auf einem anderen Wege dem Schlosse zu und fand Lotte in ihrem Zimmer vor dem wunderlichen Schreibtisch, dessen Füße vergoldete Löwenkrallen bildeten und der eine Uhr trug, auf welcher eine große goldene Sphinx lag mit fast unheimlichem Blick, deren schwarzer Marmorsockel eine französische Inschrift trug: ‚Was die Zukunft birgt im dunklen Schoß, ist ein Räthsel, unlösbar für den Augenblick, doch die Zeit wird es enthüllen!‘

Vor ihr lag ein fertiges kouvertirtes Schreiben.

„Lies Du die Adresse,“ bat sie, es mir reichend, „ich bin so konfus heute. Ist Alles richtig?“

„Es ist in Ordnung, Lotte.“

Sie dankte und schritt zur Klingel. „Tone,“ sagte sie, als der eintretende Diener den Brief in Empfang genommen hatte, „da muß noch eine Kunstgeschichte von Rom zwischen unseren Büchern sein, schicke sie mir herüber, ich will Vorstudien machen.“

„Gern, Lotte! ich möchte nun auch hinübergehen, oder willst Du, daß ich bleibe?“

„Nein, nein, Tone, ich werde lesen.“ und sie nahm ein kleines Elfenbeinkästchen und setzte sich wieder an den Schreibtisch, und im Gehen sah ich, daß sie Briefe herausnahm, seine Briefe. Ob sie doch wohl ahnte und sich Trost und Muth aus ihnen holen wollte?

Just vor dem Schloßportal traf ich Frau Roden; sie kam aus der Stadt zurück mit freuderothem Gesicht und drückte mir die Hand. „Gottlob,“ sagte sie.

„Wissen Sie schon? Ein todter Prinz!“ fragte ich.

Sie nickte, und ihre Miene wurde ernst; aber sie erwiderte nichts darauf.

Und am folgenden Abend, als ganz Deutschland in einem Jubeltaumel war, als alle Glocken läuteten und von Berg zu Berg die Freudenflammen aufsprühten; als die Nachricht von Mund zu Mund flog: „Napoleon gefangen! Napoleon hat seinen Degen dem König von Preußen übergeben!“ als die Luft erfüllt war von Musik und begeisterten Hochrufen, da rollte vor das Schloß ein eleganter Wagen, und ich sah in der leichten Dämmerung, die schon durch das Geäst der Kastanien webte, wie ein Herr behende ausstieg und in dem Portale verschwand. Sollte es Prinz Otto sein? fragte ich mich.

Ich saß am Fenster meines Stübchens, und vor mir auf dem Nähtisch lag ein Brief an meinen Vormund, die Bitte enthaltend, mir in einem Berliner Hospitale eine Stelle als Pflegerin zu verschaffen. Frau Roden ahnte davon nichts, das wußte ich; und ich, ich konnte nicht anders. Es war kein verzweifelter Sprung von der Brücke, wie Lotte sagte, aber ich fühlte mich nicht stark genug, die alten bittern Herzenskämpfe von Neuem zu bestehen.

Kein Laut im ganzen Hause. Mägde und Knechte, alle waren sie draußen um die Freudenfeuer schüren zu helfen und Vorbereitungen zur Illumination zu treffen. Die große gewaltige Siegesnachricht überflammte die Trauer des Fürstenhauses. Es war eine hohe, eine heilige Begeisterung, und ihre Strahlen drangen in das ärmste Hüttchen, in der des Lebens Noth die Herzen mählich stumpf gemacht hatte. Mit freudeverklärten [196] Gesichtern standen die Leute vor den Hausthüren und selbst dem kleinsten Kinde auf dem Arm wurde erzahlt: „Napoleon ist gefangen, seine Armee hat die Waffen gestreckt!“ und das älteste Mütterchen nickte mit dem Kopfe und dachte an langst verflossene bange Kriegsjahre.

Napoleon gefangen! Herr Gott, Du bist gerecht!

Und da kamen durch des Hauses Stille Töne zu mir herauf, schwach und zitternd und so vergangen, wie die Klänge des ehrwürdigen tafelförmigen Instrumentes, die sie begleiteten –. Eine alte Frauenstimme sang: „Nun danket alle Gott!“

Da lief ich die Treppe hinunter, stellte mich hinter den Stuhl der Frau Amtsräthin und fiel ein mit meinem jungen frischen Sopran: „Der große Wunder thut an uns und allen Enden!“

Wie das klang, und wie ich das Bild über dem Klavier nur noch durch Thränen sehen konnte, das ernste hübsche Männergesicht –; und wie es mir auf einmal wieder so unmöglich dünkte, fortzugehen aus diesem Frieden!

Ja, viel edler Frieden in Land und Haus und Herzen, mein Tonchen,“ sprach die alte Dame leise und drückte meine Hand. „Und nun kommen Sie mit in den Keller; heute Abend sollen die Leute jeder sein Glas Wein haben; da liegt noch ein Fäßchen rother Elsässer, den mögen sie austrinken; Jürgen soll ihn heraufbringen. Und dann können wir die Lichter anzünden; ich glaube, im Kaufladen an der Ecke brennen sie schon.“

Aber die alte Frau mußte allein in den Keller steigen, denn Lotte ließ mich plötzlich rufen. Als ich eilig zu ihr in das erleuchtete gelbe Gemach trat, war das Gewitter schon emporgezogen und stand gerade über dem Haupte der todtblassen Frau, die mir, scheinbar so ruhig, entgegentrat. – Daß es so rasch kam, wer hätte das gedacht!

„Kammerherr von Oerzen,“ sagte Lotte vorstellend; und aus einem der Sessel, die sich um den runden Tisch inmitten des Zimmers gruppirten, erhob sich ein schlanker Mann von vielleicht fünfundfünfzig Jahren, in schwarzem Anzug, den Trauerflor um den Arm, den glänzenden Hut in der Hand, und verbeugte sich formell. Er ließ ein verlegenes Hüsteln vernehmen, sah mich mit seinen blaßblauen Augen neugierig forschend an und nahm erst wieder Platz, als Lotte in ihren Stuhl zurücksank und ich mich neben sie gesetzt hatte.

Es war unheimlich still im Zimmer, nur durch die geöffneten Fenster drang ferne Musik, Jauchzen und Schreien.

„Siegesjubel!“ begann der Kammerherr endlich, indem er sich zu mir wandte. „Die glänzende Außenseite! Und wie traurig in der Einzelwirkung oft doch der Krieg, wie manches blühende Leben, wie manche schöne Hoffnung wird zerstört! Da giebt es für den Einzelnen, von dem ein schweres Opfer gefordert wird, nur den Trost: Es ist für das allgemeine Wohl.“

Er sah zu Lotte hinüber, um deren blasse Lippen es zuckte, wie in bitterem Hohn. Sie erwiderte kein Wort.

„Gnädige Gräfin werden das sicher voll und ganz verstehen?“ fragte er, sich lächelnd verbeugend, wobei seine Augen durchdringend an ihrem unbeweglichen Antlitz hingen.

„Nein,“ erwiderte Lotte, „ich verstehe es nicht und will es nicht verstehen, Herr von Oerzen! Haben Sie die Gute, dem Herzog zu sagen, daß Sie leider mit einer Frau zu verhandeln das Unglück hatten, die so schwer von Begriffen ist, daß sie das Wohl des Ganzen nicht zu erfassen vermag; daß sie aber eine Frau ist – eine Frau, die ihren Mann unsagbar liebt und schon deßhalb gar keinen Platz mehr in ihrem Herzen übrig hat für die ‚andern Interessen‘. Sagen Sie dem Herzog, daß diese Frau von Politik keine Ahnung besitzt, aber daß sie verstände, treu zu sein und ihr Wort zu halten.“

Lotte hatte mit mühsam beherrschter Stimme gesprochen. Sie stand auf bei den letzten Worten, neigte vornehm ihren schönen Kopf gegen den verblüfften Kavalier, und im nächsten Augenblick fielen die gelben Seidengardinen hinter ihrer schlanken schwarzen Gestalt zusammen.

Ja, nun wußte ich es, – es war soweit –. Ich wollte ihr nach, aber der Kammerherr hielt mich wie verzweifelnd zurück.

„Gnädiges Fräulein,“ sagte er ernst, „es ist ein furchtbar peinlicher, ein sehr delikater Auftrag, mit dem ich vor die Gräfin getreten bin. Helfen Sie mir, stehen Sie mir bei! Es ist eine Angelegenheit der kältesten Vernunft, der Politik; und ich begreife, daß sie in einen Liebesfrühling fallen muß wie ein vernichtender Frost. Aber es giebt so eiserne Nothwendigkeiten, so unabweisbaren Zwang, daß – daß –“

Er hielt inne und wischte sich die Tropfen von der Stirn.

„Ich weiß, was Sie meinen, Herr von Oerzen –. Jeder Mensch ahnte, was kommen würde nach dem Tode des Thronerben und der Geburt des todten Prinzen, nur meine Schwester nicht, meine arme Lotte.“

„Gnädiges Fräulein – die Tradition, die Sitte ist unerbittlich, eisern –; aber sie muß es sein -.“

„O, ich verstehe Sie völlig,“ erwiderte ich, und die Stimme zitterte mir. „Sie sagten es ja vorhin deutlich genug: ‚Der Einzelne muß zurückstehen vor dem Ganzen‘. Es klingt wundervoll und mag auch sehr edel sein, aber – –“

„Aber Sie haben die Antwort der Gräfin gehort,“ unterbrach er mich hastig. „Ich kann, ich darf sie dem Herzog nicht überbringen; ich muß mindestens mit einem Schein von Nachgiebigkeit zurückkehren.“

„Sie kennen meine Schwester nicht!“

„Mein Gott, gnädiges Fräulein, die Gräfin ist eine so außerordentlich feinfühlende kluge Dame, – sollte sie nicht einsehen, daß der Prinz Otto eben nicht mehr seinen Neigungen leben kann, daß er ernste Pflichten zu erfüllen hat?“

„Sie liebt ihren Gatten,“ stammelte ich, und die Thränen kamen mir in die Augen.

„Ich beschwöre Sie, gnädiges Fräulein, schaffen Sie mir noch eine Viertelstunde Gehör bei der Gräfin.“

„Ich will es versuchen,“ antwortete ich und schritt mit Herzklopfen in das nächste Gemach. Sie war nicht hier, aber aus dem folgenden Zimmer drang ein Stöhnen in mein Ohr; ich eilte hinüber und stand gleich darauf in der Schlafstube. Die Ampel an der Decke verbreitete rosiges Licht in dem traulichen Raume und entlockte der Fürstenkrone uber dem blau verhangenen Bette, welche die schweren seidenen Falten am Plafond zusammenhielt, ein mattes Blinken. Unhörbar schritt der Fuß über den blauen rosenbestreuten Teppich, und ich kniete nieder neben Lotte, die wie ein Marmorbild in einem Fauteuil saß, der Lampe den Rücken zugewandt, die starren Augen auf das lebensgroße Oelbild des Prinzen gerichtet, die Hände fest in einander geschlungen. Sie bemerkte mich erst, als ich sie leise berührte.

„Lotte, meine gute Lotte!“ sagte ich weich.

„Was willst Du?“ fuhr sie empor.

„Ich glaubte, Du weintest, Lotte.“

„Ich? Nein – warum? Weil der Herzog mir diese Vogelscheuche geschickt hat? Nein! Empört bin ich – aber Otto wird mich zu rächen wissen! – Weißt Du, warum er kam, Tone?“ fuhr sie aufgeregt fort. „Ich sollte mich hinsetzen und ihm schreiben: da er nun den zweifelhaften Vorzug habe, Erbprinz von X. X. zu sein, so wollte ich seinem Glück nicht im Wege stehen und gebe ihm die Freiheit – die Freiheit, sich irgend eine Prinzessin zu wählen, denn eine solche muß es ja sein. Ich, Tone, ich sollte das schreiben mit dieser Hand, mit der ich jeden Tag versichert habe, daß ich ihn in alle Ewigkeit lieben werde! Ich soll ihn fortweisen und habe ihn kaum besessen! Eine angemessene Rente haben sie mir anbieten lassen, und die unbegrenzte hochfürstliche Dankbarkeit noch als Zugabe – Mein Gott!“

Sie schwieg, und ihre kleine Hand, an welcher der Trauring funkelte, griff in das Haar und krallte sich dort fest. „Niemals!“ wiederholte sie, „niemals. ich lasse mich nicht schieben!“

„Lotte,“ bat ich, „Herr von Oerzen will Dich nur noch einmal auf einen Augenblick sprechen.“

„Nein!“ rief sie und sprang empor. „Nein! – Sage Du ihm, Prinz Otto’s Sache wäre es, die unbequeme Frau zu verstoßen, und keinem andern Spruche fügte ich mich, niemals! Und er,“ sie sank wieder zurück in den Sessel und fügte wie beruhigt hinzu – „er liebt mich! Bestelle ihm, das wäre mein letztes Wort.“

„Die Frau Herzogin wünscht, ihr das Bitterste zu ersparen,“ lispelte der Kammerherr schier fassungslos ob meiner Antwort, „ihm und ihr. Die Frau Herzogin sprachen heute früh noch zu mir darüber, daß es für die Gräfin unendlich viel angenehmer sei, sie gäbe ihm in edler Uneigennützigkeit die Freiheit zurück, als wenn der Prinz ihr sagen muß: ‚Mein liebes Kind, so und so – ich habe Dich heiß geliebt, aber die Verhältnisse –.‘ Sie verstehen, Fräulein von Werthern?“

[197]

Der Schutzpatron.
Nach dem Oelgemälde von Mathias Schmid.

[198] „Verzeihen Sie, Herr von Oerzen,“ fragte ich zitternd, „und wenn Prinz Otto das nicht sagt, wenn er meine Schwester so liebt, daß er auf ihren Besitz nicht verzichtet, dann?“

Er wurde verlegen, tödlich verlegen; er stotterte von „Schönheit – geistigen Vorzügen der Gräfin – ewiger Zuneigung – unbarmherzigem Geschick – Pflichtgefühl – fürstlichem Geschlecht, das nur noch auf zwei Augen stehe –“

„Es war eine thörichte Frage,“ sagte ich bitter, „Pardon!“

Er starrte auf die Thränen, die aus meinen Augen flossen, und – er war ja auch nur ein Mensch. „Fräulein von Werthern,“ begann er warm und nahm meine Hand, „Sie kennen Prinz Otto nicht; aber, wäre er auch ein Anderer, der Ernsteste, Beste, Ehrlichste; hätte er auch die Ueberzeugung, daß er und sie auf ewig unglücklich seien, der Eine dort, der Andere hier – er könnte doch nicht anders. Es giebt Pflichten, denen sich der Mensch, der Fürst nicht entziehen darf; die Zeiten der Philippine Welser und des alten Dessauer sind vorüber. Leben Sie wohl, gnädiges Fräulein, helfen Sie mir in diesem Sinne und nehmen Sie zu gleicher Zeit die Versicherung, daß mir nie ein Weg schwerer ward als der, der mich heute in dieses Zimmer führte.“

Er drückte mir die Hand, verbeugte sich und war im nächsten Augenblick gegangen.

Ich eilte wieder hinüber in das Schlafzimmer zu Lotte, aber da fand ich die weißen Schiebethüren hinter dem Vorhange geschlossen, und als ich pochte, erhielt ich keine Antwort. „Lotte!“ rief ich in meiner Herzensangst, „nur noch ein Wort, liebe Lotte!“

Kein Laut, kein Ton antwortete.

Rathlos wandte ich mich, da stand Anita vor mir. „Herr von Oerzen läßt Sie bitten, die Gräfin doch möglichst zur Unterschrift des Einliegenden zu bewegen,“ sagte sie und hielt mir ein Päckchen Papiere, in einem Kouvert verschlossen, entgegen.

Ich nahm es wie mechanisch und schritt zurück in das gelbe Zimmer; Anita folgte mir und machte sich allerhand zu schaffen, während ich von tiefem Schmerz ergriffen am Tische stand.

„Fräulein von Werthern,“ begann da Anita in ihrem eigenthümlich accentuirten Deutsch, „der Herzog meint es gut mit der Gräfin – er – er – wenn die Gräfin glaubt, daß –“ Ich sah sie groß an, und sie verstummte einen Moment. „O Fräulein von Werthern, Sie mochten mich nie leiden,“ fuhr sie fort, „Sie gingen immer so stolz an mir vorüber, und wenn Sie mich ansahen, war es, als wollten Sie sagen: ‚Ich wittere, daß hier nicht Alles in Ordnung ist.‘ – Wie es gekommen, daß ich hier in diesem Schlosse bin, daß mich die Menschen mit solchen Blicken betrachten dürfen, das ist eine lange traurige Geschichte; ich will sie Ihnen nicht erzählen, nur bitten will ich: möchte doch die Gräfin dem Vorschlage folgen, der ihr heute gemacht worden ist! Sie erspart sich viel Schmerz, denn er“ – sie kam mir ganz nahe, „er ist Einer, von denen das deutsche Sprichwort sagt: ‚Er geht über die Leiche seines Bruders!‘“

Ich starrte sie an. Was konnte sie von dem Vorschlage wissen?

Da nahm sie ein silbernes Theebrettchen, auf welchem ein halb ausgetrunkenes Glas Selterswasser stand, und im Hinausgehen bog sie das Gesicht über die Schulter zurück und lachend rief sie: „Ich weiß es aus eigenster Erfahrung, wie man derartige Sachen hier zu arrangiren versteht!“

Das klang so furchtbar frivol; aber in ihren großen dunklen Augen funkelten ein paar Thränen und standen in grellstem Widerspruch zu dieser Lustigkeit. Zum ersten Male kam das Mitleid über mich mit diesem Mädchen; mir graute in dem Schloß, in den üppigen Zimmern. O, hätte Lotte nie einen Fuß hierher gesetzt! Und da klang mir ihr altes Wort plötzlich hohnvoll in die Ohren. „Ich lasse mich nicht schieben!“ – Ach Lotte, wie furchtbar rächt sich Alles im Leben!

Und die Lampe verbreitete ihren Schein so hell und traulich; die Uhr tickte; gleißend hob sich der goldene Leib der Sphinx von dem schwarzen Marmor ab, darauf sie ruhte. Wie hieß doch die Devise? „Was die Zukunft birgt im dunklen Schoße, ist ein Räthsel, unlösbar für den Augenblick, doch die Zeit wird es enthüllen.“

Mir war sie nicht dunkel, die Zukunft. Ich sah Lotte hier hinausgehen aus dem Schlosse, und ich sah mich drüben aus dem traulichen Hause scheiden, und auf der Straße, die zum Thore hinausführt, treffen wir uns, Beide gehen wir – wohin? Ich weiß es nicht! Aber arm sind wir, so bettelarm an Glück und Stern –.


Am folgenden Tage bekam ich ein Billet von Lotte. „Begleitest Du mich heute Abend ins Koncert?“

Erschreckt sah ich Frau Roden an; wir hatten seit gestern nur von Lotte und immer wieder von Lotte, von ihrer Seelequal und großen Betrübniß gesprochen. Es war eine fremde Sängerin im Ort und der Ertrag des Koncertes für Verwundete, für Wittwen und Waisen bestimmt.

„Gehen Sie mit, Tonchen; bei Manchen äußert sich der Schmerz so eigenthümlich,“ sagte die gute alte Dame, „bedenken Sie, in welcher Unruhe die Frau sein muß.“

Ich sagte zu; und bald nachdem Lotte meine Antwort empfangen haben mußte, rasselte ihre Equipage durch die Straßen. Sie fuhr spazieren mit Diener und Kutscher und allem fürstlichen Zubehör. Am Abend, als ich mich schweren Herzens entschloß, sie zu dem Koncert abzuholen, fand ich sie in schwarzem Krepp und Spitzen, mit Schleppe und Fächer in der elegantesten Trauertoilette, die je die Welt erblickte. Und so schritt sie durch den schmalen Gang, den man zwischen den Stühlen des Publikums gelassen, so weit vor als möglich, gefolgt von Hunderten von Blicken und von dumpfem Gemurmel. Von Mund zu Munde ging es. „Die Gräfin Kaltensee!“

Ich saß neben ihr wie auf Kohlen; Lotte ohne eine Miene zu verziehen, scheinbar ganz in die Musik vertieft.

In der ersten Pause sagte sie: „Nun komm!“ Und abermals passirten wir unter hundert Blicken den Saal.

„Gefiel es Dir nicht?“ fragte ich sie in der Garderobe.

„Ich habe nicht zugehört –.“

„Aber Lotte!“

„Ich wollte ihnen nur zeigen, daß ich noch nicht durch ein Vehmgericht beseitigt wurde,“ lachte sie. „Und,“ setzte sie hinzu, „daß ich auch keineswegs die Lust habe, so mir nichts dir nichts von der Bildfläche zu verschwinden.“ Und sie nahm meinen Arm und sprach, während wir durch die stillen Gassen schritten, von Rom, vom kommenden Winter, von allem Möglichen.

„Lotte,“ sagte ich an der Schloßecke, während der Diener voraneilte, die Thür zu öffnen, „das Kouvert – den Brief, ich legte ihn auf Deinen Schreibtisch, und einen Zettel daneben – hast Du es gefunden?“

„Ja wohl! Es ist bereits zu Asche verwandelt; es brannte so lustig wie mir je ein Papier, auf dem so perfides nichtsnutziges Zeug geschrieben stand. Gute Nacht, Tone.“

„Hattest Du Nachricht von Prinz Otto?“

„Just so, wie alle Tage.“

„Gute Nachrichten, Lotte?“

Sie lachte sorglos. „Was sonst? Schlaf wohl, Tone!“ –

Und so ging es Tag für Tag. Mit lächelnder Miene fuhr Lotte spazieren, und vom Schloß herüber trug der Herbstwind verlorne Klänge ihres Klavierspieles in unsere Fenster. Auch zu Fuß zeigte sie sich in dem Theil des Schloßgartens, der dem Publikum zugängig war; und hier traf ich sie einmal, als ich aus der Stadt zurückkehrte. Erschreckt sah ich sie an, ihr Antlitz war so bleich, und unter den Augen auf den Wangen lag ein fremdartiges Roth; durch den kleinen Schleier flimmerte es so merkwürdig intensiv. „Um Gott, bist Du krank, Lotte?“ fragte ich.

„Nein,“ erwiderte sie, neben mir gehend.

„Du siehst so roth aus?“

„Bah Soll ich mir von den guten Leuten hier nachsagen lassen, daß ich mich bleich und elend härme?“

Ich sah sie näher an. Wahrhaftig – Schminke! Es war mir so traurig, daß ich mich umwenden mußte, um sie nicht sehen zu lassen, wie mich dies erschütterte.

„Sage mir nur Eins, Lotte,“ bat ich, „weiß Prinz Otto von der Absicht seines Vaters?“

Sie zögerte einen Moment mit der Antwort. „Er muß den Brief bekommen haben, worin ich es ihm mittheilte, denn ich habe auf andere Fragen, die ich in demselben Schreiben that, Antwort erhalten. Das – hat er nicht erwähnt.“

„Und was denkst Du davon, Lotte?“

[199] „Daß er mich nicht aufregen will und dem Herzog seine Meinung nicht vorenthalten haben wird.“

„Und willst Du abwarten?“

„Nein; ich habe ihm nochmals darüber geschrieben –.“

Und wieder vergingen Tage. Ich meinte, Lotte werde immer blasser; und immer deutlicher trat die Schminke hervor. „Gewißheit!“ bat ich den lieben Gott, „zu ihrem Besten!“

Umsonst. Es blieb Alles ruhig. Briefe, Geschenke, Blumen trafen täglich ein, und Lotte fuhr spazieren, – spielte Klavier und sang. Und eines Tages erklärte sie mir, sie habe an Fräulein von Reckenthien geschrieben und sich in Berlin bei ihr angemeldet; es sei nicht zum Ertragen langweilig hier. Mitte September wollte sie reisen; Anita sollte als eine Art Kammerfrau sie begleiten.

(Fortsetzung folgt.)

Im Wachsfigurenkabinett von Grévin.

Was für Berlin Castan, das ist Grévin für Paris, nur daß dieser die gelehrte Bezeichnung „Panoptikum“ durch die nicht minder anspruchsvolle „Museum“ ersetzt hat.

Die kirchenschiffartig gebaute, goldbraun getönte Halle mit ihren graziösen Säulen, ihrem bunten Marmor und zahlreichen Spiegelflächen, in welcher das Grévin’sche Wachsfigurenkabinett sich befindet, ist verhältnißmäßig klein, aber keineswegs geschmacklos. In der Mitte allerlei Gruppen bekannter Künstler und Schriftsteller, der blonde Gounod am Flügel, Daudet, Zola, Rochefort etc. Die Wandseite links ist Herrn Grévin und den gekrönten Häuptern eingeräumt, die Wandseite rechts berühmten Militärs und Staatsmännern.

Gleich vorn in einer Nische mit hübscher Perspektive auf ein Landhaus gewahren wir Bismarck und Moltke; daneben eine Chinesengruppe und schließlich Brisson auf der Rednerbühne, umgeben oder, richtiger gesagt, umlauscht von den bekanntesten Parlamentariern, wie Clémenceau, Wilson, Grévy’s Schwiegersohne, Naquet, dem Vater des Ehescheidungsgesetzes, Ferry und Cassagnac.

„Armer Brisson! wenn die Ministerien so lange dauerten wie diese Gruppe!“ bemerkte lächelnd einer der Zuschauer, und sein Nachbar: „Sehen Sie nur Clémenceau an! er hebt schon die Hand auf, um Brisson herabzustürzen!“ Aber seine Phantasie ergänzt da gutwillig die des Bildners, denn der kleine nervöse, schwarzäugige Clémenceau mit dem schwarzen Schnurrbart steht ausdruckslos da. Ueber die Portraitähnlichkeit kommt es bei all diesen historischen Persönlichkeiten nicht hinaus, und die französischen Wachsfigurenkünstler scheinen noch nicht so weit zu sein, daß sie denselben nun auch noch einen der Situation entsprechenden Ausdruck zu verleihen wüßten. Darum sollten sie für die Gruppenbilder nur Phantasiefiguren wählen, so beispielsweise die Helden des Zola’schen Romans „Germinal“. Man sieht diese in der That im sogenannten Verbrecherkeller neben der im düsteren Kerker schriftstellernden Louise Michel, und zwar im Augenblick, da sie, im verschütteten Schacht, die von den Wassern angespülte Leiche des von Etienne Ermordeten schaudernd erblicken. Uebrigens fehlt es auch nicht an heiteren und sogar etwas frivolen Genrescenen hinter den Koulissen und im Boudoir der Tänzerin.

Louise Michel mit ihrem schwarzen Kater erregt besonderes Aufsehen. „Die bittere Louise mit ihrem Generalstab!“ ruft ein Herr. „Sie dekretirt eine neue Plünderung der Bäckerläden!“ höhnt die wohlbeleibte Dame an seinem Arme, die ihres Zeichens offenbar eine Bäckermeisterin ist. Ihr kleiner, vorlauter Junge entfesselt vollends die Lachlust des Sonntagspublikums, als er ungenirt das uralte Volkslied anstimmt: „C’est la mère Michel qui a perdu son chat!“ Der Rhythmus desselben ist so urkomisch, daß der Pariser, der die Satire in gebundener Form über Alles liebt, beständig einen neuen, zeitgemäßen Text für diese drollige Melodie erfindet. Selbst die Königin von England und Napoleon I., bei denen die lustige Gesellschaft nun vorüberpilgert, bleiben nicht verschont; das Lied ist heute in Aller Munde, doch auf Deutsch schwer wiederzugeben. Einen Augenblick wird beim Fernsprecher Halt gemacht, um gleichsam auf Flügeln des Gesanges einen Brocken von dem Gesangsvortrage der berühmten Thérésa im Alcazar zu erhaschen. Dann geht’s wieder in die vorderen Räume des Museums zurück.

Vor dem alten Grévy im Frack und rother Schärpe, dem man die behagliche Freude über sein hübsches Präsidentengehalt anzusehen meint, staut sich die Menge.

„Stumm und zufrieden, wie im Elysée!“ bemerkt ein neidischer Spötter, „ganz die Rolle, die er im Staate spielt. Nur daß er uns hier weniger kosten würde.“

Der Kaiser Wilhelm mit seinen beiden Flügeladjutanten ist immer von einem großen Kreise Neugieriger umgeben. Freilich muß es Einem gesagt werden, daß er es sein soll, denn hier hat der Künstler (?) dem nationalen Hasse eine arge Koncession gemacht. Eine fingertiefe, finstere Falte ist in die Stirn eingegraben und giebt dem Greise mit den trotzig aufgeworfenen Lippen einen so bösen Ausdruck, wie er unserem großherzigen milden Kaiser wahrlich nicht eigen ist. Einer der Adjutanten, beiläufig bemerkt, in einer wahren Phantasieuniform, bringt ihm eine Meldung, die seinem Herrn offenbar unwillkommen ist. Zornig deutet dieser auf eine Karte, die neben russischen Broschüren auf dem Tischchen liegt. „Wie er finster aussieht! er plant schon wieder einen Feldzug. Es fehlt nur noch Napoleon!“

Noch dichter ist der Kreis um die Bismarck-Gruppe. Der wie ein Wütherich Aussehende sitzt an einem Tische und weist ebenfalls auf eine Karte, während Moltke, neben ihm stehend, seine Auffassung darlegt.

„Er sucht nach einem neuen Vogesenloch – nein, so habe ich ihn mir doch nicht vorgestellt! welch ein Kopf!“

Und man blickt finster und wie beängstigt auf diesen bestgehaßten Mann, mit dem man die Kinder schreckt, als wäre es der schwarze Mann. Aber unser Bäckerjunge löst auch hier den Bann widerwilliger Bewunderung: „As-tu vu Bismarqué, à la porte de Charenton, qui funmait sa pipe, au son du canon“, singt er plötzlich nach der bekannten militärischen Fanfarenmelodie, just wie zu den Zeiten der Pariser Belagerung, und das leichtlebige Völkchen ist schnell getröstet. Frankreich ist ja nun durch dieses Spottlied gerächt.

Das Lied paßt in der That in so fern, als der in Civil dasitzende Bismarck eine große Pfeife in der Hand hält.

„Und der Andere! wer ist denn der? das ist wohl sein Diener?“ fragt die Bäckersfrau. Man muß ihr diesen Irrthum verzeihen, denn Moltke steht demüthig in einem alten, von der Kampagne mitgenommenen Militärmantel neben dem eleganten Zivilisten mit ... der Tabakspfeife! Die ganze Situation ist in der That so unmöglich und alles so sehr darauf berechnet, die beiden großen Feinde in einer verächtlichen Maske zu zeigen, daß man sich auch nicht über die auf dem Tisch stehenden „Attribute der deutschen Nation“, zwei mächtige Bierseidel, wundern darf. Moltke, der nie Bier trinkt und die Mäßigkeit selbst ist!Eugen von Jagow.     


Der Schutzpatron.

(Mit Illustration Seite 197.)

Draußen weht Frühlingsluft, daß der Schnee von den Bergen des Eisackthals schmilzt und am Waldsaume die Schlüsselblumen sprießen. Drinnen aber in der geräumigen Vorhalle des Pfarrhofs steht die schlanke Häuserin und denkt weder an den Frühling noch an die Waldblumen, sondern wirthschaftet mit emsigen Händen im Hausgeräthe umher. Denn es geht auf Ostern; da muß, wie alljährlich, der ganze Pfarrhof von unterst zu oberst geräumt, da muß gefegt und gewaschen werden, bis das letzte Spinngewebe aus den dämmernden Ecken, der letzte Flecken vom Metallbeschlage der Thüren und Kästen verschwunden ist, bis die Vorhänge wieder schneeweiß und die Fenster spiegelblank sind.

Harte Arbeit ist’s; den der Pfarrhof ist gut seine dreihundert Jahre alt und hat Winkel und Räume genug, die durchstöbert werden müssen. Dazu ist der hochwürdige Herr leider auch noch ein Liebhaber von Alterthümern und hat bei den Bauern und in alten Schlössern mancherlei Gerümpel zusammengekauft, damit es der Staub und die Spinnweben ja hübsch heimlich haben möchten.

Jetzt geht’s an die Bilder. Alle sind sie heruntergewandert von den ungeheuren Eisennägeln, an welchen sie hingen. Tüchtige Nägel in die Wand – das ist auch eine Liebhaberei des hochwürdigen Herrn und das kleinste seiner Bilder hängt an einem Eisenstifte, welcher würdig wäre, einem Ostindienfahrer die Planken anzuheften.

Hübsch braun und schwarz sind die Bilder geworden, seit sie nicht mehr von diesen Nägeln herunter gekommen sind, und so voll Spinnweb! Aber die blonde Burgel denkt sich: wartet nur, ich will euch schon weißwaschen! Es ist ein Glück, daß keine Aquarelle darunter sind; denen erginge es schlimm. Solide alte Oelbilder können ein bißchen Striegeln schon vertragen.

Ehe die fleißige Burgel zu striegeln anfängt, muß sie aber die Bilder alle aufmerksam betrachten. Sie kennt ja dieselben bis jetzt nur von Weitem, weil sie erst seit einem halben Jahre den Dienst im Pfarrhofe hat. Früher war sie an einem ganz anderen, viel unheiligeren, aber ach – viel lustigeren Platze gewesen; als Kellnerin in einem der lobenswerthesten Posthäuser von ganz Tirol. Ihre alte Base, welche die Fürsorge über das Waisenkind ausübte, hatte sie aus jenem Posthause entfernt, weil es dort gar so lustig und so weltlich zuging: so viel Fremdenzug, und lustige Jäger und Maler; so feuriger rother Terlaner, so fröhliche Zillerthaler Jodler! Darum war die Burgel als Häuserin zu dem hochwürdigen alten Herrn gebracht worden, damit ihr das allzu viele Lachen und Jodeln aus dem Sinn käme und das ewige Singen:

„Zillerthal, du bist mein’ Freud’!“

Ganz war ihr das Singen aber doch nicht vergangen. Und auch jetzt, wie sie die Bilder, eins nach dem anderen, vornimmt, summt es leis von ihren blühenden Lippen, wie ein träumerischer Nachklang jener Zillerthaler Jodler. Die Heiligen, die sie da anschaut und abstaubt, verzeihen es ihr schon.

Es sind in der That lauter Heiligenbilder, was die blonde Burgel sieht und mit ihrem ganzen Kunstinteresse prüft. Eins davon aber, obwohl künstlerisch auf tiefster Stufe stehend, erregt ihre höchste Aufmerksamkeit. Denn wie sie den dicken Staub, der darauf gelastet hatte, weggewischt hat, entdeckt sie aus den leserlich gewordenen Buchstaben, daß es der leibhaftige [200] heilige Antonius sei, den sie da in Händen hält. Das Summen auf ihrer Lippe verstummt, und ein heiteres Lächeln zieht über ihr bildhübsches Gesicht.

Der heilige Antonius! Man muß wissen, was er in Tirol bedeutet. Von den Grenzen Graubündens bis dahin, wo der Großglockner in die Thäler Kärnthens schaut, gilt der heilige Antonius als besonderer Schutzpatron der Heirathslustigen, als gnadenspendender Ehevermittler. Was ihm zu diesem fröhlichen Gnadenamt verholfen hat, ist unbekannt. Die Burgel frägt auch nicht darnach. Sie weiß nichts davon, daß es mehrere Heilige dieses Namens gab, und daß derjenige, der da vor ihr abgebildet ist, als Franziskanermönch zu Padua in jungen Jahren starb. Wenn sie ihren Pfarrer fragen wollte, könnte sie vielleicht noch manches erfahren, sie könnte erfahren, wie der begeisterte Mönch zu Rimini den Fischen predigte, daß sie entzückt die Köpfe aus dem Wasser steckten, und viele andere Legenden, mit welchen das Mittelalter die Person des gefeierten Franziskanermönchs umgeben hat. Außerdem ist derselbe besonderer Schutzpatron für verlorene Sachen.

Von all dem weiß die Burgel nichts. Sie weiß nur das Eine, daß man in Tirol zum heiligen Antonius betet, wenn man gern heirathen möchte. Und wenn man verheirathet ist und es fehlt noch irgend Etwas, oder eine Gefahr droht: dann hilft auch wieder der heilige Antonius! Weil er selbst niemals verheirathet war und das Glück der Liebe nicht kannte, ist es ihm vergönnt, jetzt noch, Jahrhunderte nach seinem Ende, Beschützer der Liebenden zu sein. Sind es Erinnerungen aus uralter Heidenzeit, welche im Volke fortleben und, weil es keinen Gott Hymen oder Freyr mehr giebt, an die jugendliche Gestalt des Franziskanermönchs anknüpfen?

Auch darum kümmert sich die Burgel nicht. Sie hält sich nur an die glückverheißende Thatsache, daß sie das Bild des segenspendenden Heiligen in den Händen hat. Und das ist wichtig genug für sie.

Denn – um eine kleine Indiskretion zu begehen – die Burgel gehört auch zu den Heirathslustigen. Sie weiß auch halb und halb schon wem ungefähr der heilige Antonius seine besondere Sorgfalt zuwenden sollte, wenn er möchte. Draußen im sonnigen Unterinnthal, in der Laube des Postwirthshauses sitzt er einsam, der junge Forstwart, trinkt seinen rothen Terlaner und weiß nicht recht, weßhalb der Wein nicht mehr so gut ist, als dazumal, wie ihn die lustige Burgel noch kredenzte. Ihm hatte sie den Wein auch immer mit besonderem Wohlgefallen kredenzt. Und gerade das war der alten Base, welche an der Burgel Mutterstelle vertrat, nicht recht gewesen; gerade darum war das Mädchen aus dem fröhlichen Unterinnthal fortgeschickt und in die finstre Eisackschlucht verbannt worden. Die alte Base, sonst eine gute, fromme und wohlhabende Person, mochte wohl irgend einen besonderen Grund zu dieser Hartherzigkeit gehabt haben, irgend einen alten Familiengroll gegen den Vater des Forstwarts. Wenigstens hatte man der Burgel im Postwirthshause Aehnliches erzählt, als sie weinend dort Abschied genommen hatte, um ins Eisackthal zu dem alten Pfarrer zu reisen. Damals hatte ihr die gutherzige Postmeisterin gesagt: „Burgel, bet’ halt zum heiligen Antoni! Schau’, ich hab’ mein’ Postmeister auch von ihm kriegt; er wird wohl auch ein’ Forstwart für Dich z’wegen bringen!“

Das hatte dem armen weinenden Mädchen unsäglich wohl gethan, daran erinnert sie sich jetzt, da sie das Bild des Heiligen in Händen hält; und darum fliegt über ihr Gesicht jenes sonnige Lächeln, sonnig wie ihre Heimath ist draußen am Innstrom, und durch ihre Erinnerung klingt es, als sänge Jemand mit ihr zusammen wieder:
 „Zillerthal, Du bist mein’ Freud’!“

Ob er wohl helfen wird, der heilige Antonius?
Max Haushofer.     

Blätter und Blüthen.


Ein allgemeiner deutscher Sprachverein. Zur Bildung eines solchen Vereins haben sich Sprachforscher, Dichter und Schriftsteller sowie mehrere höhere Beamte vereinigt: wir nennen nur Bodenstedt, Hamerling, Scherenberg, Daniel Sanders und Professor Riegel in Braunschweig, von welchem letzteren die erste Anregung dazu ausgegangen ist. Dieser Ausschuß hat Satzungen veröffentlicht, denen zufolge der Zweck des Vereins darin besteht, die Reinigung der deutschen Sprache von unnöthigen fremden Bestandtheilen zu fördern, die Erhaltung und Wiederherstellung des echten Geistes und eigenthümlichen Wesens der deutschen Sprache zu pflegen und auf diese Weise das allgemeine nationale Bewußtsein im Volke zu kräftigen. Jedes Mitglied des Vereins soll dahin streben, daß seine eigene Sprache im mündlichen und schriftlichen Gebrauche sich möglichst reinige. Der Verein soll außerdem eine Zeitschrift herausgeben, die vorzugsweise, wenngleich auf wissenschaftlicher Grundlage ruhend, dem wirklichen Bedürfniß dient, und daneben auf die sprachlichen Kundgebungen in allen Gebieten des öffentlichen Lebens einzuwirken suchen, indem er eine vollständige Ueberwachung der Sprache ausübt und das Tadelnswerthe in der Zeitschrift kennzeichnet. Neben diesem Rügegericht soll auch den Schriftstellern, deren Werke durch Reinheit und Adel der Sprache besonders hervorragen, sowie anderen Persönlichkeiten, welche sich durch bedeutende Leistungen im Sinne der Vereinszwecke verdient gemacht haben, eine angemessene öffentliche Auszeichnung seitens des Vereins zu Theil werden.

Die Pflege der deutschen Sprache ist gewiß eine würdige Aufgabe für ein ernstes und eifriges Streben; wir fürchten nur, daß in Bezug auf die Reinigung von Fremdwörtern ebensowenig die Geister unter Einen Hut zu bringen sind, wie das mit Bezug auf die Rechtschreibung, selbst trotz des Einschreitens der staatlichen Autorität, der Fall ist. Daß übrigens Daniel Sanders sich unter den Ausschußmitgliedern und Vereinsgründern befindet, bürgt uns für ein maßvolles Auftreten, da dieser Gelehrte in seinem „Deutschen Sprachschatze“ den Fremdwörtern in recht ausgiebiger Zahl ein Asyl gesichert hat. G.      


Goethe’s „Faust“ in London. Wie der als Darsteller und zugleich als Direktor und Regisseur rühmlichst bekannte Inhaber des Lyceum-Theaters in London, Mr. Henry Irving, viel dazu beigetragen, dem im eigenen Vaterlande so schmählich vernachlässigten Shakespeare wieder zu Ehren zu verhelfen, so hat er nun auch Goethe’s „Faust“ in einer Weise auf die Bühne gebracht, die ihm als ein großes Verdienst anzurechnen ist. Die englische Bearbeitung ist von Mr. Wills, der allerdings an einzelnen Stellen sich unterfangen, an Meister Goethe meistern zu wollen. So machte er der Prüderie der British matron das Zugeständniß, daß er, wie die Dinge anfangen einen unliebsamen Verlauf zu nehmen, Faust die Absicht kundthun läßt, die Margarete als Ehefrau heimzuführen, ein an sich gar löbliches Vorhaben, das aber bei einem Manne wie Faust um so peinlicher wirkt, als er im nächsten Augenblick auf einen tüchtigen Verweis des Mephistopheles hin feige genug ist, dasselbe wieder aufzugeben. Auf einstimmiges Verlangen der Kritik wurde denn auch dieses Einschiebsel nach den ersten Aufführungen sofort gestrichen. Im Uebrigen aber sind die Aenderungen nur unwesentlicher Art, und der Erfolg des Stückes ist ein außerordentlicher. Besonders ausgezeichnet sind die Darstellungen Mr. Irving’s als Mephistopheles und Miß Ellen Terry’s als Margarete, denen gegenüber aber der Mr. Conway sowohl wie sein Nachfolger Mr. Alexander als Faust leider ganz erheblich abfallen. Ganz unübertroffen steht die Ausstattung des Stückes da, wie denn in dieser Beziehung das Lyceum vielen deutschen Bühnen längst erheblich voraus ist. Seit zwei Monaten wird das Stück bereits jeden Abend gespielt, aber „Faust“ zu sehen ist dermaßen „fashion“ geworden, daß das ganze Theater noch immer auf Wochen im voraus so gut wie ausverkauft ist, und daher die Vorstellungen dem unternehmenden Impresario neben dem Ruhm auch ein erkleckliches Sümmchen goldener Pfunde einbringen dürften. Wilh. F. Brand.      


Winter-Ausflüge. Die im Januar begründete Sektion Wienerwald des Oesterreichischen Touristenklub in Wien hat, trotz ihres kurzen Bestehens, bereits eine Neuerung eingeführt, die auch anderwärts nachgeahmt zu werden verdient: sie hat Gesammt-Ausflüge während der Wintersaison in ihr Programm aufgenommen, welche den Wienern ihren Wienerwald und die prächtigen Landschaftsbilder desselben nunmehr von einer ganz ungekannten Seite zeigen. Nicht nur der kaum geahnte Reiz, den diese Partien in froststarrer schneeiger Zeit dem Auge bieten, spricht für dieselben, auch in hygienischer Hinsicht sind derartige Ausflüge an trockenen klaren Wintertagen von ganz besonderem Werthe. Sie wirken durch das Einathmen der sauerstoffreichen Luft der Gebirge, durch die nicht ermüdende Bewegung, durch den frischen Ton, der in der heiteren Touristen-Gesellschaft herrscht, ungemein anregend, ja belebend und halten wohl auch Tage lang in glücklichster Weise im Dunst und Getriebe der Großstadt nach. Der Bann, im Winter die freie Gottes-Natur, Wald und Gebirge, ängstlich zu meiden, ist sicherlich durch die neue Einführung gebrochen. Ernst Keiter.      


Schuhmacher und Entomologe. In der kleinen holsteinischen Stadt Segeberg, welche durch ihren berühmten Kalkberg und neuerdings durch ein heilkräftiges Solbad auch über die Grenzen Schleswig-Holsteins bekannt geworden ist, wohnt ein einfacher, nahezu achtzigjähriger Schuhmachermeister, Namens Honelach, welcher seit Jahrzehnten neben seinem Handwerk dem Sammeln und Studium der Käfer obliegt. Für die Zoologen dürfte es von Interesse sein, zu erfahren, daß Meister Honelach’s Sammlung bereits 2563 verschiedene Arten von Käfern zählt, worunter sich 1390 inländische und 1173 ausländische befinden. Erstere stammen natürlich größtentheils aus Holstein. Sämmtliche Exemplare sind sehr gut erhalten, richtig wissenschaftlich benannt und gruppirt, so daß die ganze Kollektion einem naturhistorischen Museum zur Zierde gereichen würde. Außer einer hervorragenden Kenntniß in den Art- und Gattungsmerkmalen, besitzt unser Schuhmachermeister eine für seinen Stand kaum glaubliche Kunde von den biologischen Verhältnissen der Käfer seiner heimathlichen Provinz, weshalb seine Beschäftigung mit Recht eine wissenschaftliche genannt werden darf. Entomologen fremder Länder, welche Auskunft über schleswig-holsteinische Käfer oder gar solche selbst zu erlangen wünschen, mögen sich nur an Meister Honelach in Segeberg wenden. Derselbe ist zu jeder Zeit bereit, ihnen Bescheid zu geben und ihnen gegen Eintausch fremder Exemplare die eigenen Doubletten zur Verfügung zu stellen. Dr. W. M.      


Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

B. in K. Die Bezeichnung Dammspiel ist nicht korrekt; da der Name des Spiels nicht von Damm (Wall, Verschanzung), sondern von dem früher in Spanien und Italien allgemein für das Wort Stein oder Stück gebräuchlichen Ausdrucke dama herstammt. Belehrung über die verschiedenen Arten des Damespiels finden Sie in dem trefflichen Werkchen „Das Damespiel nach älterer und neuerer Spielweise auf deutsche wie polnische Art“, von Heinz Credner, welches vor kurzem im Verlage Veit u. Co. in Leipzig erschienen ist


Inhalt: Was will das werden? Roman von Friedrich Spielhagen (Fortsetzung). S. 185. – „Auch das noch!“ Illustration S. 185. – Eine Kindersymphonie. Von Oscar Justinus. S. 190. – Entdeckungsfahrten des deutschen Dampfers „Samoa“. II. Vom Mitrafelsen bis Finsch-Hafen. Für die „Gartenlaube“ mitgetheilt von Dr. O. Finsch (Bremen). S. 192. Mit Illustrationen S. 189, 192-194. – Die Andere. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 195. – Im Wachsfigurenkabinett von Grévin. Von Eugen von Jagow. S. 199. – Der Schutzpatron. Von Max Haushofer. S. 199. Mit Illustration. S. 197. – Blätter und Blüthen: Ein allgemeiner deutscher Sprachverein. – Goethe’s „Faust“ in London. Von Wilh. F. Brand. – Winter-Ausflüge. Von Ernst Keiter. – Schuhmacher und Entomologe. – Kleiner Briefkasten. S. 200.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redakteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.

  1. Sämmtliche Illustrationen zu diesen Artikeln sind nach Originalskizzen und Angaben des Verfassers von A. v. Roeßler gezeichnet.   D. Red.