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Autor: Verschiedene
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Titel: Die Gartenlaube
Untertitel: Illustrirtes Familienblatt
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Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum: 1879
Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: commons
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[329]

No. 20. 1879.
Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. – Begründet von Ernst Keil 1853.

Wöchentlich 1 ½ bis 2 Bogen. Vierteljährlich 1 Mark 60 Pfennig· – In Heften à 50 Pfennig.


Im Schillingshof.
Von E. Marlitt.
Nachdruck verboten und
Uebersetzungsrecht vorbehalten.


Felix war einige Male erregt im Zimmer auf- und abgeschritten – Röthe und Blässe, Jubel und Wehmuth kämpften abwechselnd auf seinem schönen Gesicht – jetzt blieb er vor Lucile stehen. Sie sprang auf und warf sich mit leidenschaftlicher Heftigkeit an seine Brust.

„Und wirst Du mit mir gehen, Lucile?“ fragte er mit erschütterter Stimme.

„Ja, natürlich, Du närrischer Felix!“ lachte sie. „Sofort, stehenden Fußes, wie ich da bin! Himmel, eine Seereise! Das wird ja noch viel toller und lustiger, als ich mir je hätte träumen lassen. Nach Amerika gehen wir? Doch jedenfalls nach dem brillanten New-York?“

„Nein, schönes Kind, direct nach den Südstaaten, nach dem reichen Plantagenstaat Südcarolina. Freund Lucian ist ein Baumwollenbaron geworden; er hat von seinem Schwiegervater bedeutende Besitzungen ererbt. Diese Herren Pflanzer spielen dort eine Rolle, vor der sich unsere heutige Aristokratie verkriechen muß – sie sind in Wirklichkeit Feudalherren. Lucian’s Schwiegervater ist ein Spanier aus Florida gewesen, und der Schilderung nach hat das Leben auf der Plantage einen stolzen Zuschnitt, wie kaum ein deutsches Fürstenhaus.“

Mit einem ausdrucksvollen Lächeln winkte er Felix näher an sich heran. „Siehst Du, mein Junge, das mütterliche Erbtheil, das sie Dir hundsföttischer Weise entziehen, kannst Du ruhig verschmerzen – Dein Vater sammelt und legt seit Jahren für Dich zurück, und wenn er Dir auch nicht die Plantagen selbst hinterlassen kann“ – er hielt inne, schlug das Seidenpapier aus einander und nahm eine Elfenbeinplatte heraus – „denn Du hast eine Schwester, Felix; es ist eine dreizehnjährige Tochter zweiter Ehe da – das ist sie.“

Mit diesen Worten hielt er dem freudig bestürzten jungen Mann ein Miniaturgemälde hin. Lucile kam geflogen und drängte Felix in athemloser Spannung und Neugier fast zur Seite; auch Baron Schilling sprang auf und näherte sich; nur die junge Frau blieb gleichmüthig sitzen. Sie wiegte die Augen tief gesenkt, mechanisch den Theelöffel auf der Fingerspitze, und wäre ihr nicht eine leichte Röthe innerer Bewegung auf Wangen und Schläfen getreten, so hätte man meinen können, sie habe keine Ahnung von dem, was um sie her vorgehe.

„Ist sie nicht ein reizendes Kind, diese kleine Mercedes?“ fragte der alte Freiherr.

„Das ist doch kein Kind!“ murrte Lucile. „Ein dreizehnjähriges Mädchen soll sie sein und sieht Einen doch an mit einem Hochmuth, einer Ernsthaftigkeit, wie ein stockgelehrter Professor! Geh, Felix! Ich bin eifersüchtig,“ schmollte sie. „Wirst Du sie lieben?“

„Ja, Lucile, das werde ich, wenn ich auch fürchte, daß sie mir kein Herz entgegenbringt; ihre Züge sind herb und stolz –“

„Nicht wahr? Und bucklig ist sie auch – darauf kannst Du Dich verlassen, Felix. Wer eine hübsche Gestalt hat, der läßt nicht blos seinen Kopf malen – das thut Keine – da will ich gleich meinen kleinen Finger verwetten. Der Kopf da schwimmt ja wie abgehackt auf den Wolkenpartien –“

„Nein – er taucht aus den Wolken in engelhafter Schönheit,“ sagte Baron Schilling, ohne den Blick von der längst unmodern gewordenen, aber köstlichen Malerei zu wenden. „Das kleine Bild ist ein Meisterstück.“

„Ein alter Künstler, der bei Lucian lebt und von ihm hochgeschätzt wird, hat es gemalt,“ bemerkte der Freiherr. „Ich sage auch, das ist ein Kopf, der’s Einem anthut. Mir armem, altem Krüppel wurde gestern ganz warm und weh um’s Herz bei den jungen Augen da. – Von ihrem Vater hat sie übrigens keinen Zug –“

„Von Felix auch nicht!“ warf Lucile tiefbefriedigt ein. „Die gelbe Haut, und das fabelhaft dicke, schwarze Haar –“

„Mit seinen aufgestreuten blaufunkelnden Lichtern findet man nur unter den Tropen,“ ergänzte Baron Schilling. „Für mich wäre das ein Studienkopf von unschätzbarem Werthe.“

„Kannst das Bild behalten, Arnold; hast auch Theil dran,“ sagte der alte Herr lebhaft – über seine Stirn lief es wie ein düsterer Schatten hin. „Der gute Lucian, er glaubt, im Schillingshof sei noch Alles beim Alten – unsere Correspondenz hat längere Zeit gestockt; die Krankheit seiner Frau war schuld – nun schreibt er mir, sehr post festum, Du möchtest die Juristerei und den deutschen Edelmann an den Nagel hängen und zu ihm kommen; er habe so allerlei sehnsüchtige Wünsche und Hintergedanken; ich solle Dir, so gut wie Felix, seine Mercedes zeigen und – nun, das Uebrige kannst Du Dir schon denken.“

Eine Blutwelle schoß bis unter das krause Haar des jungen Mannes; er legte die Elfenbeinplatte vorsichtig, aber so schnell auf das Seidenpapier zurück, als glühe sie ihm an den Fingerspitzen. Eine Hand hatte sich einen Moment schwer auf seine Schulter gelegt – seine Frau glitt, mit einem Seitenblick das Bild streifend, hinter ihm weg, um ihre Handarbeit von dem kleinen Tische zu holen.


[330]
9.

Sie blieb plötzlich wie angewurzelt stehen, und auch die anderen Anwesenden schwiegen aufhorchend. Draußen gellte wiederholt das Aufschreien eines Kindes, so jammernd, so schmerzvoll, daß sich selbst der Freiherr erschreckt erhob und, auf Felix gestützt, mühsam nach dem Fenster schwankte, das sein Sohn bereits geöffnet hatte.

Das Gewitter schien sich mit dem gewaltigen Donnerschlage vorhin für eine Zeit erschöpft zu haben; es fiel kein Regentropfen mehr, aber ein feuchter, kühler Odem füllte die vor den Fenstern hinlaufende Säulenhalle, und der Himmel breitete sich sternlos, in drohender, tiefer Schwärze über die Stadt hin. Die Gascandelaber vor dem Säulenhause beleuchteten voll das Parterre mit seinen springenden Wassern und seinen riesigen Blumenbouquets auf dem Rasenteppich; kein blüthenbeschwerter Zweig der Gebüsche bewegte sich; kein Menschenfuß beschritt den Kies, aber draußen, jenseits des Eisengitters standen Leute, und über das Gemurmel von Männerstimmen hinweg hörte man das hier und da von einem Aufweinen unterbrochene Schelten einer Frau – das Kind schrie nicht mehr.

Während die Herren und Lucile hinaushorchten, ging die Baronin an den Theetisch zurück und nahm ihren Platz wieder ein. Der Freiherr hatte vorhin beim Aufstehen, ohne es zu wissen, das Seidenpapier mit seinem Inhalte von der Tischkante gestoßen – es war unbemerkt und lautlos auf den Teppich gefallen. Die Baronin ging hart daran vorüber; sie sah es liegen, aber sie rührte keinen Finger, es aufzuheben – das war unter ihrer Würde. Nun hielt sie ihre Arbeit wieder zwischen den wächsernen Fingern; in regelmäßigem Tempo wurde der weiße Faden aus- und eingezogen, und die Augen unter den langen, Lidern hafteten unverwandt auf der Stickerei. Nur einmal irrten sie seitwärts auf den Teppich nieder – Minka schlüpfte, nach vorheriger Recognoscirung, geräuschlos aus ihrem Versteck, raffte das Papier auf, drückte es zärtlich an ihre Brust und verschwand wieder hinter dem Vorhang.

Die junge Frau zuckte mit keiner Wimper; nicht ein Zug ihres Gesichts veränderte sich. Sie senkte nur den Kopf etwas tiefer und stickte still weiter. Sie ahnte nicht, daß dort hinter dem Rücken der Herren ein Paar Mädchenaugen durch den Spalt der Gardine lauschten – Lucile lachte zum Ersticken in sich hinein; die Frau mit ihrem eifersüchtigen Haß gegen alle Malerei war zu amüsant, und nebenbei war es kein Unglück, wenn dem Mädchen aus dem „Tropenlande“ das gelbe Gesicht ein wenig zerkratzt wurde.

Der Lärm draußen verstummte; man sah, wie sich der Menschenhaufe zertheilte, wie die Leute allmählich aus einander gingen, und beruhigte sich in dem Gedanken, irgend ein kleiner Ausreißer sei von der verfolgenden Mutter erwischt worden und habe sich geweigert, mit heimzugehen. Baron Schilling schloß das Fenster, während die Anderen an den Tisch zurückkehrten.

Beim Niederlassen in den Armstuhl ließ der Freiherr seine Blicke suchend über den Tisch hinschweifen; er schob ungestüm das umherstehende Geschirr zurück und nahm tastend und schüttelnd seine hingeworfene Serviette auf. „Zum Kukuk, wo ist denn das Bild hingekommen?“ fragte er ärgerlich. „Hast Du es weggelegt, Clementine?“

„Ich habe gestickt,“ sagte sie mit ihrer leisen, hohen, eintönigen Stimme, schnitt gelassen den Faden ab und legte die Scheere vor sich auf den Tisch, ohne auch nur aufzusehen.

Baron Schilling trat hinzu; er hatte die Lampe genommen und beleuchtete ringsum den Teppich, und Felix, wie auch Lucile, die sich die Lippen fast wund biß, um nicht laut aufzulachen, halfen ihm suchen.... Da scholl ein mehrmaliges leises, aber intensives Knirschen und Knacken, als ob dürres Holz zerbrochen würde, von dem einen Fenster her – Baron Schilling stellte hastig die Lampe nieder und schlug die Gardinen aus einander; mit einem Griffe packte er die zappelnde und kläglich schreiende Minka, trug sie durch das Zimmer und warf sie zur Thür hinaus.

„Wirst Du mir nie den berechtigten Wunsch erfüllen, das boshafte Thier wegzugeben, Clementine?“ fragte er finster und grollend. „Es fügt uns und unseren Leuten durch seine Zerstörungswuth den bittersten Schaden zu.“

Die junge Frau warf den Kopf zurück; zwischen ihren strohblonden Brauen vertieften sich zwei Linien, und jetzt waren selbst die schmalem geschlossenen Lippen graubleich wie das ganze Gesicht. Schweigend drückte sie auf die Tischglocke. „Die Kammerjungfer soll Minka in mein Schlafzimmer bringen und ihr dort das Abendbrod reichen,“ befahl sie dem eintretenden Diener und nahm ihre Arbeit wieder auf, als sei nichts vorgefallen.

Der Freiherr stampfte ergrimmt mit dem Fuße auf, und wüthend an seinem Schnurrbarte zerrend, zerdrückte er sichtlich einen Fluch zwischen den Lippen, indeß sein Sohn nach dem Fensterbogen zurückging und die Splitter der Elfenbeinplatte zusammenlas.

„Es hat ein glücklicher Zufall dabei gewaltet,“ sagte er froh zu Felix, der ihm gefolgt war; „das Gesicht ist unversehrt. Nur ein Theil der Haarwellen ist weggebrochen, aber was schadet das? Ich halte die Seele hier, den Aufblick der Augen, der mir zu denken geben wird, so lange ich künstlerisch schaffe. Uebrigens lassen sich die Splitter wieder an einander fügen – die Risse wird man freilich sehen, aber um so eher darf ich mir es auch aneignen – es ist mein; ich gebe es nicht wieder aus der Hand.“ Er legte die einzelnen Stücke behutsam zwischen das weiche Papier und schob sie in die Brusttasche.

Lucile machte ein bitterböses Gesicht. „Mein Gott, so viel Lärm um den dreizehnjährigen Backfisch!“ grollte sie. „Das fängt gut an! Wenn die kleine Bucklige mit ihren schwarzen Zigeuneraugen schon im Bilde so schrecklich dominirt und regiert, wie mag’s da erst in Natura sein! Hab’ Acht, Felix, das giebt schon in der ersten Stunde Zank und Streit; denn ich lasse mich nicht unterdrücken, à tout prix nicht! O, sie mags’s probiren!“ Sie machte halb drollig, halb böse so allerliebst und graciös die Geberde des Augenauskratzens, daß der Freiherr in ein enthusiastisches „Famos!“ ausbrach und Felix die agirenden rosigen, kleinen Hände erfing und sie in trunkener Zärtlichkeit gegen seine Brust zog.

„Ich werde ja bei Dir sein, Lucile,“ sagte er innig.

„Und Freund Lucian wird dem reizenden Puck da so wenig widerstehen, wie sein Sohn,“ lachte der Freiherr, und seine feurigen Augen verschlangen förmlich die geschmeidige Mädchengestalt in den Armen des jungen Mannes. „Und nun, wann wird marschirt, Felix?“

„Am liebsten sofort!“

„Gut – dann tapfer hinaus, gleich morgen Mittag! Die nöthigen Papiere besorgen wir früh,“ bestimmte der alte Herr. „Die Zofe, die noch lamentirend im Hôtel sitzt, geht selbstverständlich mit.“

„Und willst Du Deutschland wirklich auf diese Weise verlassen, Felix?“ fragte Baron Schilling ernst. „Ohne die Mutter Deiner Braut zu –“

„Um Gotteswillen, cher Baron, was fällt Ihnen ein?“ unterbrach ihn Lucile ganz entsetzt. „Sie kennen die Mama nicht. Wenn wir uns in Wien blicken lassen, so sind wir verloren, geschiedene Leute für immer, sag’ ich Ihnen! Mama schlägt sofort Lärm; sie bringt die ganze Polizei auf die Beine und ist im Stande, Felix hinter Schloß und Riegel setzen zu lassen. Sie giebt ihre Einwilligung nie – lieber steckt sie mich in’s Kloster – puh! Gräßlich! – Felix, ich bitte Dich fußfällig, lasse Dich nicht irre machen! Gelt, wir gehen direct auf’s Schiff?“

„Ohne Aufenthalt,“ bestätigte er fest und entschlossen. „Magst Du mich verurtheilen, Arnold! Es thut mir weh, aber ich muß es ertragen! Mein Glück lasse ich mir nicht entschlüpfen. Ich werde von drüben aus Alles aufbieten, um zu versöhnen und gutzumachen – darauf verlasse Dich!“ Er wandte sich unmuthig ab, denn der mißbilligende Ausdruck in den ernsten Augen des Freundes milderte sich nicht. „Du kannst mich freilich nicht verstehen, Du –“ er wollte sagen „Du liebst nicht“ – aber er verschluckte die Worte mit einem Blick nach der jungen Frau, die sich eben ziemlich geräuschvoll erhob, indem sie ihren Stuhl zurückstieß.

Sie hatte während der letzten Erörterungen sehr erstaunt und indignirt dreingeschauet. Nun ging sie nach einer Art Ruhebank, die, mit seidenen Kissen belegt, dicht an der Wand stand. Dort ließ sie sich nieder und lehnte den Kopf an das Schnitzwerk der Wandfläche. Dabei löste sich eine der lockergesteckten Flechten am Hinterkopf und fiel ihr über die Brust – selbst das verschönte sie nicht. Einem blühenden Gesicht hätte [331] man dies herrlich üppige Blond zugestanden, hier aber sah es aus wie geborgt, als gehöre es nicht zu der Frau. So saß sie mit im Schooße gefalteten Händen, einen Zug schweigender Verachtung um den Mund und die Augen halb geschlossen – der personificirte Protest gegen die Mitgehörigkeit in den Kreis der Verhandelnden.

Der Freiherr[WS 1] streifte sie mit einem halb belustigten, halb ärgerlichen Seitenblick.

„Ich bitte mir’s aus, daß Du den Kindern das Leben nicht schwer machst, Arnold,“ rief er in seiner leichtlebigen[WS 2], jovialen Weise. „Felix ist ein famoser Kerl – hat kein Froschblut in den Adern. Ich hätt’s um kein Haar anders gemacht in meiner Brausezeit. Ein Schwachmatikus, der da fackelt und das Glück nicht beim Schopfe nimmt, wenn’s ihn anlacht!... Geh, schelle, mein Sohn! Adam soll Champagner bringen –“

„Adam, Papa? – Du hast ihn ja heute Nachmittag fortgeschickt.“

Der alte Herr fuhr mit weitgeöffneten, erstaunten Augen herum, als höre er nicht recht – dann schlug er sich erinnernd vor die Stirn. „Verfluchte Geschichte! Ich kann den Kerl nicht entbehren,“ polterte er erbost. „Ist er im Ernste fortgelaufen, der dumme Mensch?“

„Ja, Vater – auf Deinen ausdrücklichen Befehl,“ sagte Baron Schilling. „Du hast ihm heute allzu schlimm mitgespielt.“

„Bah – soll ich den Mosje mit Handschuhen cajoliren, wenn er schlechte Streiche macht und seinen alten Herrn verräth?“

„Ich habe Adam gesprochen,“ sagte Felix mit warmer Fürbitte; „er war ganz außer sich vor Schmerz.... Ich begreife nicht, wie gerade er in einen solchen Verdacht kommen konnte. – Der Verrath ist zu gemein, und auch mein Onkel –“

„Silentium! – Er ist ein Filou, der Herr Onkel!“ brauste der Freiherr mit seiner Löwenstimme auf, und eine dunkle Zornröthe schlug über sein Gesicht hin. „Er hat mich bestohlen, so gut wie er Dich um Dein Erbe bringen hilft.... Wie und wo er mein Geheimniß an sich gerissen hat, wer kann’s rathen bei solch einem Rechtsverdreher, der’s faustdick hinter den Ohren hat! Da tappt man zeitlebens im Finstern, aber erhorcht, erschlichen hat er’s, damit basta!“ – Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Wenn der Herr Adam sich noch nicht herabgelassen hat, wieder heimzukommen, so soll Christian den Champagner bringen,“ befahl er in ruhigerem Tone.

Baron Schilling öffnete die Thür und rief den Befehl hinaus. Man hörte einen Moment Stimmengeräusch von der Flurhalle her, aber Niemand im Zimmer achtete darauf. Die Thür wurde zu rasch wieder geschlossen.... Bald nachher trat der Bediente mit dem Präsentirbret in den Salon, und nun kam der Lärm verstärkt mit ihm herein – es lag etwas Aufregendes in den Lauten der Bestürzung und des Schreckes, die sich vereinzelt aus dem Gemurmel erhoben.

„Zum Henker – es scheint, wir haben jetzt den Straßenscandal von vorhin bei uns im Hause!“ rief der Freiherr aufhorchend. Er richtete sich, die Hände auf die Armlehnen stützend, gespannt empor und sah dem herantretenden Diener, dem das Gläserbret bedenklich in den Händen klirrte, unter das Gesicht „Kerl, wie siehst Du denn aus?“ rief er. „Du bist ja leichenblaß und schlotterst wie ein armer Sünder! Was ist los draußen?“

„Es ist wegen des Adam,“ stotterte der junge Mensch.

„Wegen des Adam?... Ist er wieder da, der Schlingel?“

„Nein, gnädiger Herr, nur sein Hannchen; es hat sich an den Fritz, den Hausknecht, angeklammert und will nicht heim zu Großmutter –“

„Da hat das Mädel auch nichts zu suchen; sie gehört zu ihrem Vater, und der ist im Schillingshofe zu Hause. – Warum meldet er sich nicht zurück? – Er soll auf der Stelle hereinkommen.“

„Gnädiger Herr – sie haben den Adam vorhin aus dem Wasser gezogen – es ist aus und vorbei mit ihm.“

Der Herr sank in den Stuhl zurück, als habe ihn ein Schlaganfall niedergeworfen.

In diesem Augenblick stieß die Baronin einen Schrei des Entsetzens aus. Sie sprang auf, stürzte auf ihren Mann zu und flüchtete in seine Arme.

„Da, da!“ stammelte sie und deutete nach der Wand, an der sie mit dem Rücken gelehnt hatte. „Dort tappt es; dort hat es laut geathmet, wie ein Mensch aus tiefster Brust – es hat mich eiskalt angehaucht.“ –

Bei diesen Schreckensrufen retirirte Lucile mit einem Sprung zu Felix. Ihr liebliches Gesicht war schneebleich und die Hände auf die Ohren drückend, um das entsetzliche Geräusch nicht auch zu hören, schielte sie mit erschreckten Kinderaugen furchtsam nach der spukhaften Wand. – Im Punkte des Fürchtens schienen das oberflächliche Weltkind und die Nonnen-Elevin vollkommen zu harmoniren.

„Du weißt, daß Dein Gehör überreizt ist, Clementine,“ beruhigte Baron Schilling; seine Stimme bebte vor innerer Bewegung in Folge der eben gehörten erschütternden Meldung des Dieners. „An dieser Seite hört man oft Geräusche; die Mäuse kommen vom Klostergute herüber –“

„O nein, ich weiß es besser; es ist die arme Seele,“ rief sie verstört – die hagere Gestalt zuckte in sich zusammen, wie von Krämpfen geschüttelt. „Der Selbstmörder ist für seine Todsünde auf immer in den Schillingshof gebannt. Arnold, hier können wir nicht bleiben.“

„Das sind abscheuliche Klosterreminiscenzen,“ sagte der junge Mann bitter lächelnd, „mit denen Du mir nicht kommen darfst, Clementine.“ Er befreite sich von ihren umschlingenden Armen und drückte die zitternde Frau in den nächsten Armstuhl.

„Hannchen ist draußen, sagtest Du?“ wandte er sich an Christian, der, wie schreckerstarrt, vergessen hatte, die Champagnerflasche niederzustellen, die er noch in der gehobenen Hand hielt.

„Ja, gnädiger Herr,“ antwortete er sich sammelnd, „Adam hat sie heute Nachmittag zu seiner Schwiegermutter gebracht und ist nachher fortgegangen. Weil er aber so lange ausgeblieben ist, da hat das Hannchen Angst gekriegt und ist heimlich fortgelaufen. Sie hat draußen im Garten auf den Fritz gewartet; er solle ihr helfen, ihren Vater zu suchen, und das hat er auch gethan, denn er ist selber in großer Sorge gewesen. Sie sind – trotzdem es wie mit Mulden geregnet hat – durch alle Straßen gelaufen, zuletzt bis hinaus auf die Meiringer Landstraße – und da haben sie gerade den Adam gebracht. Er ist nicht weit von der neuen Actienmühle in den Fluß gegangen.“

„Ein verrückter Streich! Ein schlechter Streich! Hätt’ nie gedacht, daß mir der Adam das anthäte!“ murmelte der Freiherr tonlos. Sein robust gefärbtes, kräftig kühnes Antlitz war fahl und schlaff geworden.

„Er hat nicht gewußt, was er thut, gnädiger Herr,“ entschuldigte Christian schüchtern und mitleidig. „Der Obermüller, der mit Adam bekannt war, hat ihn angeredet; dem ist’s gleich klar geworden, daß der Mann nicht bei sich gewesen ist – er hat dumme Sachen gesprochen, hat einen schrecklich rothen Kopf gehabt und ist nachher weiter gelaufen, als ob ihm Einer auf den Fersen säße. Und da ist ihm der Obermüller mit seinem Burschen von ferne, am Wasser hin, nachgegangen; ehe er sich’s aber nur versehen hat, ist Adam ’neingesprungen. Der Obermüller sagt, ertrunken sei er nicht, denn sie hätten ihn gleich wieder ’rausgefischt und auf’s trockene Land gebracht, aber der Schlag hätte ihn gerührt – er sei zu sehr erhitzt in’s kalte Wasser gesprungen.“

„Das Hannchen soll herein kommen,“ befahl der Freiherr, indem er sich aufrichtete.

„Gnädiger Herr,“ sagte zögernd der Bediente, „das Unwetter draußen hat die Kleine schrecklich zugerichtet – die Kleider kleben ihr am Leibe, und sie ist barfuß. Mamsell Birkner weint und schreit und sagt –“

„Was die Birkner sagt, geht mich nichts an; das Mädel soll herein kommen,“ wiederholte der alte Herr, über den Einwurf ergrimmt. „Die Birkner soll sie selber bringen.“

Der Diener eilte hinaus, und gleich darauf wurde die Thür geöffnet, und Mamsell Birkner, die langjährige Wirthschafterin im Schillingshof, trat ein, Hannchen vor sich herschiebend.

Das Kind war nicht wieder zu erkennen. Das rothe Röckchen und die sturmzerwühlten Haare klebten ihm, triefend von Nässe, in der That auf dem schmächtigen Körper, und die kleinen nackten Füße starrten vor Straßenschmutz. Auf einen Wink des Freiherrn führte Mamsell Birkner, der die dicken Thränen über die blühenden Wangen rollten, die Kleine tiefer in das Zimmer.

„Geh weg, geh weg!“ rief die Baronin nervös und weinerlich [332] abwehrend, wie ein geängstigtes Kind, und zog die Schleppe an sich, damit das Barfüßchen sie nicht streife.

Die Kleine beschrieb einen weiten Bogen um „die gnädige Frau“ und blieb in der Nähe des Freiherrn stehen. Das von Weinen dick verschwollene Gesichtchen auf die Brust gesenkt, pflückte sie an den eigenen, bebenden Fingern, als zerzupfe sie im krampfhaften Eifer eine Blume.

„Du willst nicht zu Deiner Großmutter zurück, Hannchen?“ fragte der alte Herr, seine Stimme mühsam zur Festigkeit zwingend – man sah, der Anblick des verwaisten Kindes spielte ihm furchtbar mit.

Die Kleine sprach nicht – sie hob nur die schweren Lider, um sie mit einem finstern Blick wieder zu senken.

„Nein, sie will durchaus nicht, gnädiger Herr,“ antwortete Mamsell Birkner für sie. „Die alte Frau ist mitgegangen bis an den Schillingshof und hat sie mit Gewalt fortbringen wollen, aber das hat drüben auf der Straße einen wahren Aufruhr gegeben – Fritz hat das arme Ding um keinen Preis fortschleppen lassen. Nun ist er freilich in Angst, was die Herrschaft dazu sagen wird, daß er die Kleine in’s Haus gebracht hat –“

„Es ist gut so; er kann ruhig sein,“ sagte Baron Schilling. Er bog sich zu dem kleinen Mädchen nieder. „Ist die Großmutter so böse?“ fragte er und hob ihr das Köpfchen sanft empor.

Diese weichen, guten Laute der schönen Männerstimme lösten den starren Schmerz des Kinderherzens.

„Sie ist schuld,“ stieß sie hervor. „Sie hat mit dem Vater gezankt, weil ihn der gnädige Herr fortgeschickt hat, und – wie sie ihn gebracht haben, da hat sie gescholten und die Thür vor ihm zugeschlagen – o!“

„Bleibe Du bei uns!“ unterbrach Baron Schilling das furchtbare Aufweinen, in das die Kleine bei den letzten Worten verfiel.

„Arnold, was willst Du thun?“ fuhr die Baronin empor.

„Was ich auch thue, Frau Schwiegertochter,“ fiel der Freiherr mit seiner alten Kraft in Stimme und Haltung ein. „Das Kind bleibt bei uns – es wird im Schillingshof erzogen und damit Punctum!... Birkner, wollen Sie sich der Kleinen annehmen?“

„Ach, wie gern! Mit tausend Freuden, gnädiger Herr!“

„Nun, dann ziehen Sie ihr die nassen Kleider herunter und bringen Sie das arme Ding in’s warme Bett!“

Die Wirthschafterin führte das Kind hinaus, und die Baronin erhob sich schweigend. Die lange, graue Gestalt durchschritt langsam schleppenden Ganges das Zimmer und zog sich mit leichtem Kopfneigen und einem schwach geflüsterten „Gute Nacht!“ in ihre Appartements zurück....

In der dritten Nachmittagsstunde des anderen Tages verließ ließ der geschlossene Wagen des alten Freiherrn den Schillingshof. Das große Thor des Klostergutes stand weit offen; die Stallmagd hantierte da mit dem Besen, und das Hausmädchen wollte eben, den Marktkorb am Arm, heraus auf die Straße treten, als der Wagen vorüberfuhr. Felix bog den Kopf weit vor, und sein schmerzvoller Blick überflog suchend den Klosterhof.

Die Mägde stießen sich kichernd an.

„Da fahren sie hin,“ sagte die Hausmagd – sie hielt den Kopf steif und blinzelte mit den Augen nach rückwärts. „Die Frau steht hinter uns, drüben am Fenster; sie muß den jungen Herrn gesehen haben. Das wird sie freilich wurmen – so schlecht ist sie doch noch nicht angekommen mit ihrem Starrkopf, die stolze Frau Majorin; sie denkt immer, es könnte ihr gar nicht fehlen. Es geht ihr aber schrecklich nahe, Christel, wenn sie auch keine Miene verzieht. Sie ist gestern Abend, bis in die späte Nacht ’nein, von einem Fenster zum anderen gelaufen, weil sie immer noch gedacht hat, der junge Herr müßte wiederkommen ohne seinen Schatz – in’s Bett ist sie auch nicht gegangen, ich fand es heute früh noch so, wie ich’s gestern zurecht gemacht hatte.“

Am Bogenfenster in der Amtsstube stand währenddem die Majorin. Sie hielt den Fenstergriff umklammert und starrte hinaus durch den Thorbogen, wo eben noch einmal das tieferblaßte Gesicht des scheidenden Sohnes aufgetaucht war. Kein Seufzer hob ihre Brust – sie verharrte auf dem Platze wie eine Bildsäule. Da trat der Rath hinter sie.

„Er ist Dir für immer verloren, Therese – der elende Bursche geht zu seinem leichtsinnigen Vater,“ sagte er kalt.

Sie fuhr herum, als habe er ihr einen Dolch in das Fleisch gestoßen, aber sie fragte nicht. „Woher weißt Du das?“ – Sie warf ihm nur einen wilden Blick zu, biß die Zähne wie im Krampfe zusammen und ging hinaus. –




10.

Man schrieb das Jahr 1868. In dem Zeitraum von acht Jahren hatten sich gewaltige Ereignisse in zwei Welttheilen abgespielt; es war viel Blut geflossen in Schleswig-Holstein und Böhmen, und auf dem Boden der Vereinigten Staaten hatte der große Secessionskrieg, in welchem der Racenhaß und der langjährige Widerstreit zwischen Ackerbau- und Pflanzerstaaten endlich zum Austrag kamen, in vier Jahre langer Wuth und Erbitterung getobt.

Diese acht Jahre waren verhängnißvoll gewesen für Millionen von Menschenseelen, auch für das Geschick des Verstoßenen, der an einem schönen Junitage das deutsche Vaterland verlassen, um mit seinem Mädchen über das Meer, zu dem wiedergefundenen Vater zu flüchten – verhängnißvoll auch für den Schillingshof, in welchem der Senior des Hauses, der alte Freiherr Krafft, nach einem abermaligen Schlaganfall die lustigen, feurigblickenden Augen für immer geschlossen hatte; in Folge dessen stand das herrliche alte Säulenhaus oft verwaist und verlassen – scheinbar unberührt aber war das Klostergut geblieben; der Wechsel war an ihm vorbei geschritten, als läge es ihm zu weit abseits vom Wege.

Nach wie vor, pünktlich um dieselbe Abendstunde, rasselte das Seitenpförtchen in der Straßenmauer, und die Leute kamen, um die gute, unverfälschte „Klostermilch“ zu holen. Im Hofe hantierten dieselben Knechte und Tagelöhner und fuhren mit Egge, Pflug und Aexten hinaus in das weite Wolfram’sche Acker- und Waldgebiet, und durch das große Thor schwankten die Erntewagen, die Holzfuhren zurück – Alles nach jahrhundertaltem Brauch und abhold jeder Veränderung. Und in das Hühnervolk, in die Taubenschwärme durften sich keine fremden Arten mischen; es waren immer dieselben Formen und Farben im Hofe und auf den Dächern des Klostergutes – unveränderlich, meinten die umwohnenden Leute, wie die alte, mißfarbene Joppe des Herrn Rathes, wie die stolze Haltung und das verschlossene, kalte Gesicht der Frau Majorin. Aber sie mußten doch zugeben, daß die Gestalt mit dem steifgetragenen Haupt an den Schultern spitz geworden war, daß die braune Flechte auf dem Scheitel ein starker Silberschein überspielte und die ganze Frauenerscheinung an Energie und Raschheit der Bewegungen bedeutend verloren hatte.

Wenn etwas an der altüberlieferten Physiognomie des Klostergutes störend befremdete, so war es der wilde Junge, der oft plötzlich die rasselnde, kleine Pforte aufriß und herausspringend die Spaziergänger erschreckte. Er stand auch wohl im offenen Hofthor, schlug mit der Peitsche nach den vorübergehenden Kindern, zupfte die promenirenden Damen an den Kleidern, trat auf ihre Schleppen und machte ihnen lange Nasen nach. Und wenn er in den Hof zurücklief, dann rannte ganz gewiß das geängstigte Federvieh schreiend in alle Ecken, der grimme Kettenhund schlich mit eingeklemmtem Schwanze nach seiner Hütte, und selbst die grobe Stallmagd wich scheu zur Seite, denn vor der stets vibrirenden Peitschenschmitze oder dem Knüppel in der Hand des Mosje Veit war nichts sicher.

Für den Spätling des Wolfram’schen Geschlechts war von dem gesunden Mark, der robusten Körperkraft der Ackerbau treibenden Vorfahren nicht viel verblieben – er hatte ein reizbares Nervensystem und neigte zu Krämpfen. Bis zum elften Monat war er im Wickelkissen getragen worden, und dann hatte es der kostspieligsten Stärkungsmittel bedurft, um ihn auf die dürren Spinnenbeinchen zu bringen. Unglaublich dünn und mager war dieses Piedestal auch heute noch; das braune, kleine Gesicht zwischen den abstehenden Ohren hatte sich nicht gerundet, und der unheimliche Haarbusch, der, wie bei dem Rath, als Schneppe hartlinig und tief in die Stirn hineinschnitt, umstarrte noch ebenso borstig den schmalen Kopf.

Aber Veit war ein hochaufgeschossener Junge geworden – er war seinen Jahren voraus an Körperlänge und Gliedergeschmeidigkeit. Er kletterte affenartig an den Weinspalieren der

[333]

Ein Abendcirkel im Coblenzer Schlosse.
Originalzeichnung von A. Zick.

[334] Hintergebäude empor und lief über die Dächer und auf den schmalen Kanten der Firste hin. Keine Leiter war ihm zu steil und weitsprossig, kein Winkel zu dunkel – er kroch durch die Dachluken auf die Kornspeicher und Heuböden, spürte wie ein Iltis den verschleppten Hühnernestern nach und schlürfte die Eier aus. Er wußte, daß sich Alles vor ihm fürchtete, denn er stand auch an Intelligenz weit über seinem Alter, und das machte ihn zu einer wahren Geißel – mit seinen Streichen hielt er wie ein rumorendes Teufelchen das ganze Haus in Athem.

(Fortsetzung folgt.)




Die vlamische Bewegung.

Von Dr. Gustav Dannehl.

1. Das Verhältniß der Nationalitäten in Belgien.


Es giebt wenig Parteiströmungen und Culturbestrebungen im Auslande, die so sehr unsere Aufmerksamkeit und unsere Theilnahme verdienen, wie die vlamische Bewegung. Aber obwohl diese Bewegung schon ein Menschenalter hindurch einzig und allein die Wiederbelebung und Erhaltung eines Stückes urdeutschen Volksthums bezweckt, das von französischer Sprache und Sitte schon ganz überwuchert war und das noch immer nicht völlig der Gefahr überhoben ist, in fremdländischem Wesen unterzugehen, so kann man doch behaupten, daß diese deutschfreundliche Strömung in Belgien einem großen Theile des deutschen Volkes kaum dem Namen und dem Schauplatze nach bekannt ist.

Daß Belgien, diese so sonderbare und doch in mancher Hinsicht historisch gerechtfertigte Staatenbildung, ein zweisprachiges, von romanischen Wallonen und germanischen Vlamingen bewohntes Land ist, weiß jedes Kind, daß aber unsere vlamischen Stammesbrüder die überwiegende Majorität bilden, ahnen die wenigsten.

Die meisten deutschen Reisenden, welche auf dem Wege nach England oder Frankreich durch Belgien fahren oder die berühmten Seebäder Ostende und Blankenberghe besuchen, gewinnen, wenn sie nicht eigens, um Land und Leute zu studiren, von den Hauptlinien der belgischen Staatsbahn Abstecher machen, leicht die Vorstellung, daß sie sich durchaus auf französischem Sprachgebiete bewegen. Selbst ein mehrtägiges Verweilen in den von Kunstdenkmälern früherer Zeit strotzenden Städten Gent, Brügge, Antwerpen etc. vermag diese grundfalsche Vorstellung schwerlich zu beseitigen. Und das ist ganz natürlich. Wenn man mit den Eilzügen über Verviers und Lüttich erst ein Stück durch wallonisches Gebiet und dann von Löwen ab durch den langen schmalen Landstrich fährt, der den nördlichen, germanischen Theil Belgiens ausmacht, so vernimmt man aus dem Munde des Schaffners, der natürlich, wie alle Angestellte des Landes, französisch spricht, lauter französirte Stationnamen, wie Tirlemont, Louvain, Bruxelles, Alost, Gand, Bruges etc., hinter denen sich die grunddeutschen Städtenamen Thienen, Löwen, Brucksel (das heißt kleine Brücke), Aelst, Gent, Brügge verbergen. Die vornehmen Classen der Vlamingen, mit denen der Reisende auf dieser Strecke in der ersten und zweiten Wagenclasse meist zusammenkommt (die dritte steht etwa unserer vierten gleich), bedienen sich in der Oeffentlichkeit fast ohne Ausnahme der französischen Sprache, während das Vlamische im gemütlichen Verkehr der höheren Stände wohl noch in ähnlicher Weise auftritt, wie das demselben verwandte Plattdeutsch in städtischen Kreisen Norddeutschlands; im Uebrigen ist das Vlamische die Sprache des Landvolks, des gemeinen Mannes und – der Kinder, und zwar auch der vornehmeren, bis sie durch die höhere Schule verwälscht werden. Bei den durch Belgien reisenden Deutschen würde man auf der Tour wie in den Hôtels mit Recht die Kenntniß des Vlamischen nicht voraussetzen, und so erklärt sich unsere obige Behauptung im Betreff der falschen Ansicht von den Sprachverhältnissen Belgiens. Und doch hat das Antwerpener Land, haben Ost- und Westflandern und ein Theil von Brabant, ja selbst ein größerer Theil des französischen Flandern bis vor die Thore von St. Omer manchen Zug echten, unverfälschten und unverwälschten Deutschthums in Sprache und Kunst, in Sitten und Gebräuchen treuer und ursprünglicher bewahrt, als mancher deutsche Gau selbst.

Wenn die vor Kurzem vom Reichskanzleramt für das ganze deutsche Reich angeordneten statistischen Erhebungen über die Farbe der Augen, der Haare und der Haut bei den Einwohnen sich auch auf jenen vormalig burgundischen Kreis erstreckt hätten, so würde man sicher einen Typus gefunden haben, der reiner germanisch ist, als der unsere. Diese kräftigen Männergestalten mit dem hellblonden Haar und den lichtblauen Augen, die so sanft blicken und auf deren Grund doch das Feuer des furor germanicus glüht, wenn es den Kampf für die Rechte und Freiheiten gilt, diese zarten, züchtigen Frauen mit den runden Madonnengesichtern, diese reizenden Engelsköpfchen, die hinter den Blumenfenstern hervorlauschen, sind dieselben, welche den Rubens und van Eyck, den Memling und Quentin Messis zum Modell gedient haben. Volkslieder von dem Klange der von Uhland und Hoffmann von Fallersleben gesammelten Kinderlieder und Volksreime, noch heute jedem Niederdeutschen verständlich, ertönen hier noch fast in denselben Lauten und Wendungen auf den Gassen und Märkten vor den altehrwürdigen Giebelhäusern, wie sie erklungen sind, als Karl der Fünfte in seiner Vaterstadt Gent glänzenden Hof hielt, von einer reizenden Patriciertochter in zarten Liebesbanden festgehalten, oder als Maximilian-Teuerdank um die schöne Maria von Burgund freite und von den reichen Brüggern in der Craenenburg gefangen gehalten wurde, weil er ihre Gerechtsame nicht respectiren wollte.

Die malerische, nonnenartige Tracht der Bürger- und Bauerfrauen von Brügge und seiner Umgebung hat sich in den letzten dreihundert Jahren kaum merklich verändert, wie der Vergleich mit den herrlichen Portraits in den Kirchen und Gallerien lehrt. In den Tooneelliefhebber-Gesellschaften (Liebhabertheatern), welche über das ganze Land verbreitet sind und die hier in ihrem demonstrativen Gegensatz zu der importirten französischen Komödie eine wahrhaft nationale Bedeutung gewonnen haben, leben die alten Rhetoreikammern noch fort, während die diesen entsprechenden deutschen Institutionen des Meistergesanges und der Dichterorden längst eingegangen sind. Manche dieser Vereinigungen führen ihre Stiftung bis in’s dreizehnte, vierzehnte und fünfzehnte Jahrhundert zurück und erfreuten sich bis in die napoleonische Zeit namhafter Privilegien.

Das Innere der Häuser birgt noch einen Schatz uralten Hausrathes, solide Erzeugnisse der kerndeutschen Industrie, die in vergangenen Jahrhunderten hier in höchster Blüthe gestanden hat. So erinnert Alles an die germanische Verwandtschaft. Wer daher nur einige Schritte von der erwähnten Schienenstraße in das Innere machen wollte, der würde in dem ersten besten jener reinlichen und behäbigen Dörfer des grünen Tieflandes von Flandern auf seine französische Anrede die Antwort: „Kan niet verstaen“ bekommen, der würde eine Sprache vernehmen, so reindeutsch, so kräftig und treuherzig, wie die, in welcher die alten plattdeutschen Chroniken von Köln, Lübeck oder Magdeburg geschrieben sind.

Während sich nämlich in Norddeutschland die aus der Sprache der sächsischen Kanzlei hervorgegangene und namentlich durch Luther’s reformatorische und literarische Thätigkeit immer mehr in Aufnahme gekommene hochdeutsche Schriftsprache neben der niederdeutschen Volkssprache allmählich vollständig Bahn brach und die alte Stammessprache fast zu einem Dialect herabdrückte, hat sich das Niederländische in Folge der fast gleichzeitigen Loslösung seines Gebietes vom Reich auch als Schriftsprache behauptet und, ohne sich wesentlich zu verändern, es zu einer verhältnißmäßig nicht unbedeutenden nordniederländischen (holländischen), sowie zu einer neueren jungvlamischen, das ist belgisch-niederdeutschen Literatur gebracht. Der Grundton und wesentliche Gehalt dieser letzteren ist die patriotische Verherrlichung der großen Vergangenheit Flanderns und das Streben nach Wahrung des germanischen Volksthums durch unausgesetzten Kampf gegen die Französirung, welche dem Deutschthum jenes Gaues lange den Untergang gedroht hat. Die Vertreter dieser jungvlamischen Literatur sind zugleich die Hauptträger der vlamischen Bewegung gewesen; der Dichter und Sprachforscher Jan Frans Willems (geboren 1793 zu Bouhout bei Antwerpen, gestorben 1846 zu [335] Gent) kann für den Vater der einen wie der andern gelten. Sein ganzes Leben war dem Kampf für die Rechte der Volkssprache gewidmet.

Man kann das Vlamische als einen Dialect des Holländischen betrachten, ähnlich wie das Geldernsche, Overysselsche etc.. Ein Jahrzehnt nach der Revolution von 1830, welche Flandern von dem stammverwandten Holland losriß, entwickelte sich dasselbe selbstständig in einer von der holländischen ziemlich abweichenden Orthographie.

In der Verfassung des neugegründeten Königreichs Belgien war den Vlamingen und den Wallonen völlige Gleichstellung ihrer Sprachen verheißen worden. Allein diese Bestimmung blieb ein leeres Wort. Die gesammte Verwaltung, die Kammern, die Schulen – alles wurde französirt; die Vlamen sahen sich zu einer unwürdigen Pariastellung herabgedrückt, wenn sie nicht auch französisch werden wollten, und hatten bald Grund genug, ihre durch religiöse Gegensätze herbeigeführte Lostrennung von dem zwar protestantischen, aber doch stammverwandten Holland bitter zu bereuen. Mit klarem Blick erkannte Willems die Gefahr, in der das vlamische Volksthum schwebte. Seine patriotischen Dichtungen weckten zuerst das schlummernde Nationalgefühl. Bald nach der Revolution ruft er in seinem poetischen Appell „Aen de Belgen“ seinen Landsleuten zu: die Heimath blicke auf sie, auf das Geschlecht der verwälschten Vlamingen, wie eine Mutter in dem Angesicht des Neugeborenen die Aehnlichkeit des Vaters suchend, und er kommt zu dem Schluß:

„Sie findet nicht, was gern sie finden wollte;
Nicht gleicht der Belgier, dem er gleichen sollte.
Statt daß er steh’, ein Sohn der Niederlande,
Schleppt er auf freiem Grund des Fremdlings Bande
Und ahmt des Franzmanns eitlem Flitter nach,
Verschmäht, verkennt die theure Muttersprach’;
Sein Lied ertönt nicht in der Heimath Tönen;
Er scheut sich nicht, der Mutter Wort zu höhnen.“

Vielleicht noch erfolgreicher war seine Thätigkeit als Sprachforscher und Politiker. In seinem Buche über die holländische und vlamische Schreibweise des Niederländischen wies er nach, daß der Unterschied des Vlamischen und Holländischen fast ausschließlich in der Schreibweise liege, und daß eine Annäherung beider Idiome durch Vereinbarung einer gleichmäßigen Orthographie zu bewerkstelligen sei, ein genialer Plan, der auch wirklich auf dem von Holländern und Vlamingen beschickten Sprachcongreß zu Gent 1841 erfolgreich angebahnt wurde. Diese Congresse wiederholten sich dann in bestimmten Zwischenräumen, und es kam sogar zur Feststellung einer amtlich gebilligten Schreibweise für beide engverwandte Sprachen. Dadurch wurde der Gebrauch des Vlamischen wenigstens für belletristische Erzeugnisse ermöglicht. Man konnte doch nun für die gesammten Niederlande schreiben. In Flandern allein wäre bei dem gründlich durchgeführten Verdummungssystem der Pfaffen der Kreis derer, welche lesen konnten oder mochten, zu klein gewesen. Diese dumpfen Massen des sonst so begabten Stammes auf alle Weise zu heben, sie den aufklärenden Worten ihrer Dichter zugänglich zu machen, war eine der ersten Aufgaben der vlamischen Bewegung, und der neueste Umschwung zu einem liberalen Regiment liefert den Beweis, wie Bedeutendes hier in geräuschloser, treuer Arbeit geleistet worden ist. Auch hinsichtlich der Sprachrechte ist in der neuesten Zeit viel gewonnen worden, die Bestimmung der Verfassung ist durch neuere Gesetze über den Gebrauch des Vlamischen in den Schulen und in der Verwaltung verschärft und präcisirt, aber es werden noch Jahre vergehen müssen, ehe diese für die Vlamingen günstigen Bestimmungen wirklich in die Praxis treten.

Eine Jahrzehnte lange Arbeit hat es gekostet und der ganzen Zähigkeit, die den vlamischen Stamm von jeher ausgezeichnet, hat es bedurft, einen Theil nur dessen zu erreichen, was man dem niederdeutschen Stamme damals verheißen hatte, als man ihn mit in diese von Frankreich gemachte Revolution hineinzog. Alle Klagen und Petitionen waren erfolglos, blieben meist unbeantwortet, erfuhren wohl gar eine sarkastische Abfertigung in der französischen Presse des Landes, die auch fast jedes literarische Product vlamischer Sprache mit Spott und Hohn begrüßte. So kann es nicht Wunder nehmen, daß das Verhältniß zwischen Vlamen und Wallonen sich bisher weniger freundlich gestaltet hat, als das der verschiedenen Nationalitäten in anderen zwei- und mehrsprachigen Ländern. In der Schweiz zum Beispiel leben drei Nationalitäten friedlich neben einander, ohne daß eine derselbe in ihren Sprachrechten irgend wie verkümmert würde. Sie liefern dadurch den Beweis, daß die Vielsprachigkeit, wenn sie auch vielfach unbequem für die Behörden ist, doch der glücklichen Entwickelung eines Staates durchaus nicht im Wege steht.

Was nun die Wallonen betrifft, so steht ihre Volkssprache der französischen Schriftsprache nicht wesentlich ferner als andere französische Dialecte, nur daß man im Wallonischen eine größere Anzahl deutscher Wortstämme findet. Die Schriftsprache, die Sprache des Unterrichts und des gesammten öffentlichen Lebens aber ist natürlich hier erst recht das Französische. Wer will daher den Wallonen, so lange sie wie bisher in politischer Hinsicht patriotisch neue Belgier geblieben sind, ihre französischen Sympathien verübeln? Von jeher haben sie sich auf geistigem Gebiet mit den stammverwandten Nachbarn solidarisch gefühlt, sind sie deren Kostgänger gewesen. Sie fühlten instinctiv, daß die Verdrängung Frankreichs von der politischen Führerschaft Europas ihr eigenes Uebergewicht über die vlamischen Landesgenossen nachhaltig erschüttern müsste; gleichwohl mochte ihnen die Entthronung des annexionslustigen napoleonischen Herrscherhauses deshalb nicht ganz unwillkommen sein, weil sie den seit dem Staatsstreiche immer empfundenen belgisch-nationalen Beklemmungen ein Ende machte. Bei den Vlamingen dagegen hatte der vierzigjährige Kampf gegen die französische Ueberwucherung das Bewußtsein ihrer germanischen Abstammung und ihrer Zugehörigkeit zu uns lebendig erhalten. Wie mächtig mußte ihre Hoffnung aufflackern, als sie nun sahen, daß Deutschland, welches in seiner langdauernden Zerrissenheit unvermögend war, nach außen in nationalem Sinne zu wirken, plötzlich mächtig erstarkte und ihnen auch eine moralische Unterstützung zu bieten im Stande war! Wie die Wallonen jeden Schlag, den Frankreich 1870 erlitt, jeden Schatten, der auf die geistige Sonne fiel, die ihnen geleuchtet hatte, als eine Art Niederlage fühlten, so feierten naturgemäß die Vlamingen jeden Erfolg der deutschen Waffen und der deutschen Diplomatie begeistert mit. Dennoch hielten und halten beide Theile gleich treu an ihrem belgischen Vaterlande fest, und etwaigen Annexionsgelüsten würden sicher beide treuverbunden entgegentreten.

Man würde übrigens sehr irren, wenn man annehmen wollte, daß das Ueberwuchern des französischen Wesens sich erst vom Jahre 1830 herschriebe. Die Umwälzung dieses Jahres fand die französische Sprache schon als Umgangssprache der höheren Stände Flanderns vor. Und die wechselnden Schicksale, welche das Land erfahren hat, erklären diesen Umstand vollkommen. Im Vertrage von Verdun war Flandern zu Frankreich, Brabant zu Lothringen geschlagen worden. Und wenn auch unter den Hohenstaufen beide blühende Länder politisch zum deutschen Reiche gehörten, so haben sie in kirchlicher Hinsicht doch stets einen Theil des überwiegend französischen Erzbisthums Rheims ausgemacht. Unter dem habsburgischen Scepter gehörten sie lange Zeit zu der spanischen Monarchie und wurden während derselben in französischer Sprache regiert. Als endlich französische Eroberung der österreichischen Herrschaft ein Ende machte, wurde namentlich unter Napoleon dem Ersten dem vlamischen Volksthum förmlich der Krieg erklärt. Nicht nur im amtlichen Verkehr war die vlamische Sprache gänzlich verpönt, sondern es durften nicht einmal Drucksachen in derselben erscheinen. Mit einem Federstriche glaubte der Tyrann einem reindeutschen Volksstamme seine Muttersprache aberkennen zu können. Allein schon die bald darauf erfolgte Vereinigung des Vlamingenlandes mit Holland milderte diesen unerträglichen Zustand wenigstens etwas, obwohl dieser neue Staat ja auch kaum etwas Anderes als eine französische Provinz war.

Wenn sich demnach die Verbreitung französischen Wesens, namentlich in den Städten, historisch ganz leicht erklärt, so ist es doch andererseits nur zu natürlich, daß sich in letzter Zeit, wo sich das Nationalitätsprincip überall mächtig geltend macht, auch die Vlamen auf ihre Abstammung besonnen haben und mehr als früher auf die Erhaltung ihres Volksthums bedacht sind. Mit welchen Mitteln der Kampf gegen die „Verfransching“ aber geführt wird, darüber soll in einer der nächsten Nummern der „Gartenlaube“ berichtet werden.



[336]
Der Mopsorden.
Ein culturgeschichtliches Curiosum von Gustav Raatz.


Die Freimaurerei, dieses stete Gespenst der katholischen Kirche, hatte dem heiligen Vater in Rom, Papst Clemens dem Zwölften, viele schlaflose Nächte bereitet, und die Jesuiten hatten den in ihm nun einmal erwachten Haß derartig genährt, daß er endlich über diesen „Teufelsorden“, diese „schwarze Bande“, den Stab brach und raschen Zuges die schon fertige Bannbulle unterzeichnete. Das war im Jahre 1736, also vor länger als einem Säculum. Ein jäher Schreck durchzitterte die Katholiken unter den Freimaurern; denn es handelte sich nicht nur um den Verlust kirchlicher, sondern auch bürgerlicher Rechte. Damals war es ja nicht wie heute, wo der Staat päpstlichen Uebergriffen in bürgerliche Verhältnisse durch seine Gesetzgebung Schranken zieht. So mußten sich denn die katholischen Freimaurer zum Austritt aus dem Bunde entschließen und zu Kreuze kriechen.

Allein die Sehnsucht nach der alten Verbindung mit ihren gesellschaftlichen Annehmlichkeiten war in vielen Herzen zurückgeblieben, und schließlich wurde der angeregte Gedanke, einen verwandten, aber auf einer andern Basis stehenden Orden zu gründen, zur That. Mit größter Vorsicht wurde bei Abfassung der Statuten alles vermieden und ausgeschlossen, was auch nur im Entferntesten dazu angethan war, den Papst gegen diese neue Vereinigung einzunehmen. So strich man vor Allem den Eid der Freimaurer, von dem man wußte, daß sich über denselben das Oberhaupt der Kirche am meisten geärgert hatte, und erklärte dafür das einfache Ehrenwort des Aufzunehmenden, nichts von den Geheimnissen verrathen zu wollen, für bindend genug; ferner sollten zur weiteren Beruhigung Roms dem Orden nur Katholiken beitreten dürfen (obgleich in der Folgezeit Ausnahmen nicht selten waren), und um diese Angelegenheit als eine ganz harmlose, ungefährliche hinzustellen, befürwortete man den Zutritt des weiblichen Geschlechts. Diese drei Bestimmungen beruhigten den Papst vollständig, und er ließ seine Kinder gewähren.

Der Orden that sich also auf, und die Aussichten für ihn waren nicht übel. Denn kaum geboren, fand er nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, England und Holland Aufnahme. Alles ging so glatt und vortrefflich von Statten, daß sich Jemand zu der Prophezeiung vermaß, daß der Orden bald über ganz Europa verbreitet und von ewigem Bestande sein würde.

Des guten Klanges und des besseren Fortganges wegen hatte man sich gleich anfangs um die Gunst und den Beitritt von gekrönten Häuptern, und auch nicht vergeblich beworben. Mehr Schwierigkeiten scheint indeß die Wahl eines zutreffenden Sinnbildes bereitet zu haben. Treue, Ergebenheit, Vertrauen, Bescheidenheit, Beständigkeit, Zärtlichkeit, Sanftmuth, Leutseligkeit, Liebe und Freundschaft – all diese Tugenden durch ein Merkmal auszudrücken war wahrlich keine zu unterschätzende Aufgabe. Man verzagte jedoch nicht, und bald hieß es denn auch in einer erleuchteten Stunde: nichts wäre geeigneter, passender und würdiger, das Sein und Bestreben des Ordens zu versinnbildlichen, als der – Mops! Was war natürlicher, als sich nach dem Symbol fortan Mops und den Orden Mopsorden zu nennen? Von dieser Stunde an rief man sich nicht mehr Obermeister, Obermeisterin, Bruder und Schwester, sondern Obermops, Obermöpsin, Mops und Möpsin an – Alles „mopste“ sich, und die liebe Gewohnheit gab den Gesichtern, aus denen sich anfangs ob solcher curiosen Anrede ein kaum zu unterdrückendes Lächeln abgespiegelt hatte, nach und nach ihre alte Verfassung wieder.

So ungefähr stellt eine alte Quelle, ein 1756 bei J. C. Klüter in Berlin erschienenes freimaurerisches Werk, den Ursprung einer der seltsamsten und abgeschmacktesten Erscheinungen auf dem Gebiete jener geheimen Gesellschaften dar, deren üppige Wucherung für das vorige Jahrhundert so charakteristisch ist. Dermaßen abgeschmackt ist diese Erscheinung, daß, als längere Zeit nach ihrem Verschwinden die Forschung ihre Spur wieder auffand, man die ganze Sache für eine Mystification, für ein satirisches Phantasie-Erzeugniß anzusehen geneigt war. Man wurde bestärkt darin durch den Umstand, daß über den Ursprungsort dieses „Mopsordens“ nichts zu ermitteln war, was übrigens bis heute noch der Fall ist; die Franzosen schieben ihn den Deutschen zu, und diese jenen; die Existenz des Ordens in Frankfurt am Main, in Köln, Nürnberg (von wo eine Denkmünze über Gründung einer Centralloge des Ordens in Nancy stammt), in Holland, Frankreich, England wurde quellenmäßig constatirt und wieder abgestritten. Aber daß der Orden existirt hat, steht außer allem Zweifel, seit man eine hannöverische Verordnung vom Jahre 1748 fand, nach welcher jener für die Universität Göttingen verboten wird, und so wird er wohl auch anderwärts ein, wenn auch kurzlebiges, Dasein geführt haben, wie beispielsweise noch am Schweriner Hofe, besonders aber in Köln unter dem Protectorate des galanten geistlichen Kirchenfürsten Clemens August, welcher an dem Orden die vom älteren Freimaurerthum ausgeschlossen Aufnahme von Damen sehr zu schätzen wußte.

Möpse und Möpsinnen genossen gleiche Rechte. Selbstverständlich standen demnach letzteren auch alle erdenklichen Ehrenstellen offen, und thatsächlich führte neben dem Obermopse die Obermöpsin das Schwert. Um nun alle Mißhelligkeiten zu vermeiden, die gar leicht aus einer solchen Doppelherrschaft erwachsen konnten, hatte man statutenmäßig das Uebereinkommen getroffen, alle halbe Jahre das Regiment zu wechseln, also daß in dem ersten der Obermops mit dem Aufseher, Redner, Secretär und Schatzmeister, und in dem folgenden die Obermöpsin mit der Aufseherin, Rednerin, Secretärin und Schatzmeisterin die Loge leitete. Natürlich durfte die Obermöpsin auch in Vereinsangelegenheiten mitreden.

Vergegenwärtigen wir uns eine Aufnahme in diesen Orden. Wer ihm beitreten wollte, hatte ein bezügliches Gesuch bei irgend einem Mopse anzubringen, der des Aspiranten Wunsch in nächster offener Loge vortrug und außerdem über die im Betreff seiner mit Fleiß und Sorgfalt eingezogenen Erkundigungen Bericht erstattete. Stimmabgabe entschied für oder gegen die Aufnahme. Schon vor Beginn der Loge war der Aufzunehmende in eine Kammer gewiesen worden, wo ihm von einem Mopse ermahnend und warnend in’s Gewissen geredet wurde, ja von seinem Vorhaben ablassen zu wollen, wenn er vor den Verordnungen und Verpflichtungen des Ordens zurückzuschrecken vermeine und sich obenein den schweren Proben bei der Aufnahme nicht gewachsen fühle. Wenn ihn all die dunkel und geheimnißvoll angedeuteten Schrecknisse nicht erschüttert hatten und von ihm die Frage, ob er denn durchaus ein Mops werden wollte, mit Ja beantwortet war, so trat auf ein verabredetes Zeichen ein zweiter Mops, der Wegweiser, in das dunkle Gemach hinein, welcher dem künftigen Genossen eine Binde vor die Augen legte und ihn sodann vor die verschlossene Thür der Loge führte.

Als rechtschaffener Mops mußte der Führer sich den Eingang durch dreimaliges Kratzen zu verschaffen suchen und sogar scharren, heulen und winseln wie das vierfüßige Geschöpf gleichen Namens, wenn der Riegel nicht sogleich zurückgeschoben wurde. Die Pforte ist endlich geöffnet, und ein dritter Mops, der „Getreue“, übernimmt nunmehr an der Schwelle den schon zitternden und bebenden Aspiranten, giebt ihm zum Zeichen der Abhängigkeit des Hundes vom Menschen eine Kette in die Hand, legt ihm ein kupfernes Halsband um und leitet ihn sodann neunmal um den mit allerhand Figuren abgezeichneten Platz in der Loge, während welcher Umgänge die an den Wänden stehenden Möpse beiderlei Geschlechts mit Degen, Stöcken und Ketten eine Höllenlärm erzeugen und mit dumpfen Grabesstimmen rufen „Gedenke an deinen Tod – gedenke an deinen Tod!“ Fürwahr schreckliche Minuten für den mit verbundenen Augen Dastehenden!

Endlich tritt er vor den Altar. Alles ist still geworden, und nach einer kurzen Pause beginnt folgendes recht ernst geführte Zwiegespräch zwischen dem Obermops und dem Aufseher:

Obermops: „Was bedeutet der Lärm, den ich vorhin hörte?“

Aufseher: „Es kommt ein Hund hier herein, welcher kein Mops ist; die Möpse wollen ihn beißen.“

Obermops: „Fragt ihn, was er will!“

Aufseher: „Er will ein Mops werden.“

Obermops: „Wie muß man diese Veränderung anstellen?“

Aufseher: „Indem er sich zu uns verfügt.“

Obermops: „Ist dieser da solches zu thun entschlossen?“

Aufseher: „Ja.“

[337] Obermops: „Fragt ihn, ob er allen Gesetzen der Gesellschaft will gehorsam sein.“

Aufseher: „Ja.“

Obermops: „Ist’s etwa eine Neugierigkeit, welche ihn treibet, hie herein zu kommen?“

Aufseher: „Nein.“

Obermops: „Ist’s etwa eine Absicht auf einigen Vortheil?“

Aufseher: „Nein.“

Obermops: „Welches ist denn sein Beweggrund?“

Aufseher: „Der Vortheil, mit deiner Gesellschaft vereinigt zu sein, deren Glieder ungemein hochzuschätzen sind.“

Obermops: „Fragt ihn, ob er eine Furcht vor dem Teufel habe?“

Der Aufseher stellt diese Frage an den Aspiranten, doch wird auf die Art der Beantwortung nicht weiter Gewicht gelegt.


Die Symbole des Mopsordens.
Nach einer alten Zeichnung.


Darauf muß er recht weit die Zunge ausstecken, und während sie jener betastet und untersucht, nähern sich zwei Möpse und tuscheln sich, als sollte er es nicht vernehmen, zu:

„Es ist sehr heiß, laß es noch ein wenig abkühlen!“ worauf geantwortet wird:

„Ei nicht doch, es ist so gut, sonst entsteht kein Zeichen.“

Der Aermste erschrickt und glaubt schon den glühenden Stempel auf der Zunge zu fühlen, und es ist begreiflich, wenn öfter nervenschwache Aspiranten laut aufschreiend von dem Altar zurückgesprungen sind.

Allein laute Ausbrüche von Gelächter und neuer Spectakel mit Degen, Stöcken, Ketten benehmen ihm sogleich die Furcht vor dem Brennen und lassen ihn eher an ein Possenspiel glauben. Der Aufseher berichtet sodann über das günstige Resultat der Untersuchung, und der Obermops antwortet: „Ich freue mich darüber, aber fragt ihn noch einmal, ob sein Entschluß fest ist, und ob er sich zur Probe in Allem verstehen will?“

Der Aufseher erwidert. „Ja.“

Obermops: „Fragt ihn, ob er sich will seiner Glücksgüter verzeihen, um die Gesellschaft zu bereichern?“

Aufseher: „Wenn er einen nothleidenden Bruder sehen wird, wird er sich ein inniges Vergnügen machen, ihm zu helfen.“

Obermops: „Fragt ihn, ob sein Gehorsam geschwind, blind und ohne den geringsten Widerspruch sein wird?“

Aufseher: „Ja.“

Obermops: „Fragt ihn, ob er die Brüder küssen will?“

Aufseher: „Ja.“

Dies geschieht nun nicht, dagegen muß der noch immer mit verbundenen Augen Dastehende das Hintertheil eines vom Altar genommenen, aus Wachs oder Zeugstoff hergestellten Mopses küssen, welches ihm, falls er sich sträubt, mit Gewalt vor den Mund gepreßt wird. Damit ist das Schwerste vorüber, und es bleibt nur noch eine Formel nachzusprechen, durch welche sich der neue Mops verpflichtet, die Gesetze und Verordnungen dieser „vornehmen“ Versammlung befolgen und deren Geheimnisse in keiner Weise preisgeben zu wollen, widrigenfalls man ihn für unehrlich und des Umgangs mit dem andern Geschlecht für unwürdig halten soll.

Auf ein Zeichen des Obermopses fällt die Binde von seinen Augen, und sein erstaunter Blick gewahrt rings um sich die Möpse, welche gezückte Degen, Mopsfiguren und andere Symbole in den Armen halten. In eindringlicher Rede wird er nun auf die Wichtigkeit all der soeben erlebten Ceremonien hingewiesen und über das Wesen und den Zweck der Erkennungszeichen unterrichtet.

Das erste dieser Zeichen bestand darin, daß man den Mittelfinger scharf auf die Nasenspitze und die beiden Nebenfinger auf die Mundecken setzte, den Daumen unter das Kinn hielt, den kleinen Finger ausstreckte und die Zunge nach rechts weit aus dem Munde schob.

Das zweite Erkennungszeichen war nichts weiter als ein einfaches, ungesuchtes Auflegen der Hand auf das Herz. Diesem ging bei Erkennungsscenen stets das erste, das eigentliche Unterscheidungszeichen der Gesellschaft voran. Als drittes Merkmal diente das Paßwort ,Mur’, welches vom Knurren des Mopses hergenommen sein dürfte. Nach Kenntnißnahme von den Erkennungszeichen wurde der Neuling aufgefordert, die Möpse auf den Mund und die Möpsinnen auf die Backen zu küssen, sich dann in die Reihe zu begeben und Acht zu haben auf die ihm vorzutragenden Pflichten und Regeln des Ordens, sowie die Erläuterungen der auf den Fußboden gezeichneten Figuren.

Daselbst befand sich nämlich eine Aufzeichnung mit Symbolen, welche wir in obenstehender Illustration mittheilen: Mitten im Saale war ein Kreis über ein Quadrat geschlagen, in dessen vier Ecken ebenso viele Kerzen brannten. Im Centrum befand sich der Umriß eines Mopses (1) mit dem Kopfe nach Osten, und zu dessen beiden Seiten zwei Säulen (2), von denen die rechte die Treue und die linke die Freundschaft vorstellen sollte. Ihre Füße (3) versinnbildlichten die Aufrichtigkeit und die Beständigkeit. Zu Häupten des Mopses führte ein Thor (4) in den Palast der Liebe (5) mit seinem Schornsteine der Ewigkeit (6). Das Pflaster oder vielmehr der ganze innere Raum des Kreises war mit Herzen bestreut, welche mit dem Bande des Vergnügens, das westlich in dem dort befindlichen Gefäße der Vernunft (7) seinen Ursprung hatte, zum größten Theil umschlungen waren. Das Uebrige des Platzes diente zur Ausschmückung mittelst beliebiger Freundschaftssymbole.

Noch bleibt uns übrig, uns in die Tafelfreuden der Gesellschaft, wie sie nach „ernster“ Arbeit in der Loge gepflegt wurden, zu versetzen. Vor allem hielt man sehr auf die Platzordnung. Da sah man rechts vom Obermops die besuchenden Möpse, links [338] von ihm die Beamten, ihm gegenüber den Aufseher und weiterhin die übrige Gesellschaft in bunter Reihe, also daß „der Annehmlichkeit wegen“ ein Mops stets eine Möpsin neben sich sitzen hatte. Sollte Mäßigung in der Unterhaltung eintreten, so pfiff der Obermops, und ebenso, wenn er eine Gesundheit ausbringen wollte. Das Glas wurde dann derartig angefaßt, daß man den Daumen und Zeigefinger an dessen Fuß legte, den kleinen Finger an den Henkel brachte und Mittel- und Ringfinger wagerecht ausstreckte. Immerhin ein Kunststück. Dann leckte man, wie kostend, in den Becher hinein und setzte ihn, nach vorausgegangener Leerung, verkehrt auf eine kleine Schüssel. Ueberhaupt soll es an solcher Tafel nach der ersten Viertelstunde etwas sehr munter und ungezwungen zugegangen sein.

Nach all dem Vorausgegangenen kann es dem Leser nicht mehr schwer fallen, sich in den Katechismus des Mopsordens hineinzufinden, von dem wir jedoch nur die wesentlichsten Stücke bringen wollen.

Frage: Seid Ihr ein Mops? Antwort: Vor dreißig Jahren war ich es nicht. Frage: Was waret Ihr denn vor dreißig Jahren? Antwort: Ich war ein Hund, aber nicht ein Hund, der in’s Haus gehört. Frage: Wann seid Ihr ein solcher geworden? Antwort: Als mein Führer sich niedersetzte, um an der Thür zu kratzen und zu kläffen. Frage: Was hat Euch am meisten in der Loge gefallen? Antwort: Der Boden. Frage: Was stellt er vor? (Es folgt die Beschreibung.) Frage: Was bedeutet das Geviert? Antwort: Den festen Grund der Gesellschaft. Frage: Was bedeutet der Kreis? Antwort: Gleichwie alle Durchschnitte des Kreises durch eben denselben Mittelpunkt gehen, also müssen alle Handlungen des Mopses aus einer Quelle gehen, nämlich der Liebe; oder besser zu sagen: der Kreis bedeutet die beständige Dauerung der Loge. Frage: Woher kommt der Wind? Antwort: Von Morgen. Frage: Welche Zeit ist es? Antwort: Es ist gute Zeit. Frage: Wie gehen die Möpse? Antwort: Man zieht sie bei der Kette von Abend gegen Morgen. Frage: Wie trinken sie? (Die Antwort ergiebt sich aus obiger Beschreibung.)

Der Mopsorden existirt schon lange nicht mehr. Die französische Revolution hat alle die frivolen Narrheiten des achtzehnten Jahrhunderts wie mit blutigem Schwamme weggewischt. Sie sind begreiflich als Erzeugnisse einer völligen Stagnation des öffentlichen Lebens, als Sumpfblumen, in einer Zeit aufgeschossen, der es an allen ernsten und großen Zielen mangelte, in welcher die müßige Phantasie nur eine Aufgabe hatte: die Langeweile zu beleben. Unser Jahrhundert hat keine Zeit, solche Spielereien mit der wichtigen Miene seines Vorgängers zu erfinden und großzuziehen; es hat alle Hände voll zu thun, um das durch verdoppelte Arbeit nachzuholen, was dieses in tändelndem Müßiggang versäumt hat. Rückblicke aber, wie obige Schilderung, können nur dazu dienen, uns vor dem Wunsch eines Rückfalles in die Segnungen patriarchalischer Völkerfürsorge und unterthänigen Sich-Bescheidens zu bewahren.




Das Sommerheim der deutschen Kaiserin.


Coblenz! Das Ziel unserer Fahrt, die wir von Bingen ab rheinabwärts angetreten haben. Von Stolzenfels an arbeiten die Schaufelräder des Dampfers in beschleunigtem Tempo. Die scharfen Contouren des Ehrenbreitsteins mit seiner undurchdringlichen Panzerumgürtung von fast cyklopischen Mauern tauchen rechts aus den Fluthen höher und höher auf; zwei Rheinbrücken mit ihrem leichten Gegitter spannen sich in kühnen Bogen quer über den Strom; links fallen die vulcanischen Berge der Eifel in runden Kuppen nach dem Flusse zu ab; die graue Schlacke bedeckt sich mit üppigem Grün, und weiter nach der Stadt zu zieht sich am linken Ufer entlang, bespült von den hellgrünen Rheinwellen, ein herrliches Gelände – Garten, Park, Landschaft. Als nächstes Bild folgt auf dem linken Ufer ein imposanter Schloßbau. Eine prächtige Façade, ein zwischen zwei Eckpavillons von sechs ionischen Säulen getragener Mittelpavillon mit einem Giebelfelde darüber, hebt sich über die hohen und dichten Baumkronen eines terrassenförmigen Gartens empor. Es ist das Schloß von Coblenz, das Sommerpalais der deutschen Kaiserin, die frühere Residenz des letzten Kurfürsten von Trier, dessen Wappen im Giebelfelde noch erhalten ist.

Die Schiffsglocke läutet; wir sind vor der Brücke von Coblenz angelangt. In einladender Weise legen sich am Ufer zwei jener Paläste aus, welche der moderne Unternehmungsgeist dem verallgemeinerten Lebensgenusse baut, die Hôtels „Bellevue“ und „Zum Riesen“. Unsere Gedanken und unsere Schritte aber führen uns dem Schlosse zu, welchem unsere Rheinfahrt galt.

An der Stelle des heutigen aus Triassandstein erbaueten Schlosses waren vor hundert Jahren nur Weinberge und Baumgärten zu schauen. Die Stadt Coblenz hatte damals bei Weitem noch nicht ihren heutigen Umfang erreicht; die alte Stadt dehnte sich mehr nach der Moselseite aus. Die Fläche, auf welcher heute die Straßen und Plätze der Neustadt sich in weiter und vornehmer Ausladung um das Schloß gruppiren, nahmen früher Obstgärten ein, die den Einwohnern an schönen Sommerabenden als Zielpunkte ihrer Spaziergänge dienten. Mit dem Schlosse ist auch erst der neue Stadttheil von Coblenz entstanden.

Man hat die Stadt wegen ihrer beherrschenden Lage an der Mosel und am Rhein, dieser Pulsader des deutschen Westens, das deutsche Gibraltar genannt. Als befestigter Platz ist es der Schlüssel zum Mittelrhein und dem deutschen Moselgebiet und gegenwärtig eines stärksten Bollwerke, die Deutschland gegen auswärtige Feinde besitzt. Ueber allen historischen Zweifel ist es erhaben, daß die Stadt Coblenz ihre erste Entstehung einem von Drusus gegen die germanischen Völkerschaften erbauten Castell verdankt. Die Römer hatten für derartige natürliche Stützpunkte ein sehr scharfes Auge.[1] Schon im sechsten Jahrhundert ward das römische Castrum zu einem Königshof, in welchem fränkische Könige und später deutsche Kaiser lange Zeit weilten. Hierfür spricht neben anderen Beglaubigungen auch, daß man vor mehreren Jahren in der Nähe des Coblenzer Schlosses im Rhein eine kunstvoll gearbeitete goldene Armspange aufgefunden hat, welche ohne Zweifel aus jener fränkischen Zeit stammt; sie bildet, als Eigenthum der Kaiserin Augusta, jetzt einen der merkwürdigsten Gegenstände des Kurfürstensaales, von dem weiter unten noch die Rede sein wird.

An das Erzstift Trier kam die Stadt Coblenz durch die Freigebigkeit Kaiser Heinrich des Zweiten, der wohl das ganze Deutschland an die Kirche gegeben, wenn nicht die steigende Unzufriedenheit und sein Tod dieser Liberalität ein Ziel gesetzt hätte. Bei Trier ist Coblenz mehr als sieben Jahrhunderte hindurch bis zum Jahre 1794 verblieben, wo die Sansculotten mit ihrer Marseillaise in die Stadt einzogen und dem Reichsfürstenthum des „Curé de Trèves“ ein Ende machten. Der letzte Kurfürst war Clemens Wenceslaus aus dem Kurhause Sachsen. Schon seine nächsten Vorgänger hatten als Residenz Coblenz der Hauptstadt des Kurfürstenthums, der Stadt Trier, vorgezogen. Vor der Hand mußte der neue Kurfürst noch in dem alten Kurfürstenschlosse unter dem Ehrenbreitstein wohnen. Dasselbe bot wenig Raum, war baufällig und dazu mehr Castell als Palast, sodaß unter diesen Umständen die Anlage eines neuen Schlosses eher als eine Nothwendigkeit, denn als ein Luxus erschien. Am 5. October 1777 ließ der Kurfürst auf dem Platze, wo sich heute das Schloß erhebt, ein hohes Gerüste aufschlagen und bestieg dasselbe mit seinem Gefolge, um aus der Umschau den Platz für das neue Schloß zu bestimmen. Ohne Zweifel hatte die Fernsicht seinen Beifall. Das Terrain wurde festgehalten und der Schloßbau begonnen. Die Geschichte des Baues ist insofern interessant, als in dieselbe der Name eines jungen Architekten verflochten ist, der später bei den architektonischen Schöpfungen Ludwig’s des Ersten von Baiern zu hohem künstlerischem Ansehen kommen sollte, des späteren Oberbaudirectors von Gärtner. Franzosen hatten den Coblenzer Schloßbau angefangen, waren aber in Gnade oder auch in Ungnade entlassen worden, und der deutsche Künstler vollendete ihn, so daß am 25. November 1786 der Kurfürst seine Gemächer in der [339] ersten Etage, dieselben, welche die Kaiserin Augusta jetzt inne hat, beziehen konnte.

Nicht lange durfte er den Frieden seines neuen und gar prächtigen Heims genießen. Die Brandungen der französischen Revolution schlugen auch an das Kurfürstenhaus am Rheine. Zuerst kamen die Söhne Josepha’s, der Schwester des Kurfürsten, die Brüder König Ludwig’s des XVI. Sie waren im Exil, Verbannte ihrer Grundsätze, ihrer Meinungen, ihrer Familientradition; sie waren seine Familie; denn als Priester konnte er keine andere haben. Mit den französischen Prinzen kamen die Edelleute, die Officiere, die Bischöfe, welche den Eid auf die Constitution nicht haben leisten wollen. Die Franzosen wurden dem geistlichen Herrn mit der Zeit recht unbequeme Gäste – politisch sowohl wie finanziell. Die Erbitterung gegen „den Hof von Coblenz“, namentlich nach den in Pillnitz zwischen dem deutschen Kaiser und dem Könige von Preußen gepflogenen Verabredungen zur Bekämpfung der Revolution, steigerte sich in der französischen Nationalvertretung zu einem Grade, der dem Kurfürsten für sein Land und seine Sicherheit die ernstesten Besorgnisse einflößen mußte. Zudem lagen seine Neffen und deren ganzer Anhang ihm immer lästiger auf den Taschen.

Die glänzendsten Tage unter Clemens Wenceslaus hat das Schloß Coblenz gesehen, als König Friedrich Wilhelm der Zweite von Preußen in Coblenz erschien, um an der Spitze seiner Armee die Sache der Monarchie gegen die mächtig gewordene Revolution zu verfechten. Die damals rege gewordenen Hoffnungen aber zerstoben bald. Auf der Seite der jungen Republik war die Macht der Einheit, auf deutscher Seite nur die traurige Ohnmacht deutscher Zerfahrenheit. So kam es denn, daß in der Nacht vor dem 5. October 1794 in der Stille mehrere Rheinschiffe mit Archivsachen und Kostbarkeiten befrachtet wurden; sie nahmen ihren Curs rheinaufwärts; ihnen folgte am andern Tage der Kurfürst auf das rechte Ufer. Er hat Coblenz nie wieder gesehen. An seiner Statt kamen die Franzosen, welche als Pathengeschenk der neuen Freiheit, die sie brachten, eine Contribution von vier Millionen Franken beanspruchten. Ein Freiheitsbaum mit der Jacobinermütze wurde vor dem Schlosse aufgepflanzt und das kaum erst vor acht Jahren mit größter Pracht und wahrhaft künstlerischem Geschmacke eingerichtete Schloß von oben bis unten ausgeraubt und verwüstet, wobei die Coblenzer Republikaner sich alle Mühe gaben, die französischen zu überbieten.

Unter den historischen Schätzen des Kurfürstensaales befindet sich ein kostbares Album, welches die Damen von Coblenz dem Kaiser Wilhelm und der Kaiserin Augusta zum Andenken an den denkwürdigen Tag verehrten, mit welchem die zweite Geschichte des Schlosses von Coblenz beginnt. Ein in Wasserfarben von Prof. Scheuren ausgeführtes Blatt dieses Erinnerungsalbums stellt den Moment dar, wo der Prinz und die Prinzessin von Preußen am 17. Mai 1850 mit dem Dampfschiffe in Coblenz anlangten, um mit ihren Kindern im Schlosse sich einen zweiten Familiensitz zu gründen. Während der sechsundfünfzig Jahre, die seit der Abreise des kurfürstlichen Erbauers verflossen waren, hatte das Gebäude unter der Franzosenherrschaft abwechselnd als Lazareth und Magazin gedient, dann, nachdem im Jahre 1814 durch den Gang der Ereignisse die französischen Schildwachen vom deutschen Rhein nach Hause geschickt worden waren und ein Jahr später die preußischen Posten die Wachen von Coblenz bezogen hatten, wieder theils als Lazareth, theils als Assisengerichtsgebäude, bis an einem Januartage des Jahres 1842 Baurath Stüler vom Hofmarschallamte in Berlin im Auftrage des Königs Friedrich Wilhelm des Vierten in Coblenz erschienen war, um das Schloß auf’s Neue zu einem Königssitze umzugestalten.

Die ganze Mitteletage wurde wieder fürstliches Appartement und dem Prinzen von Preußen in seiner Eigenschaft als Militärgouverneur von Rheinland und Westfalen eingeräumt. Durch acht Jahre verbrachte hier das prinzliche Paar den größten Theil des Jahres. Nur in die Zeit von Mitte November bis Mitte Februar fiel ein Aufenthalt in Berlin, welchem ein Besuch in Weimar bei der Mutter der Prinzessin, der einst von Schiller gefeierten Großherzogin und Freundin Goethe’s, folgte; dann ging es wieder zurück nach Coblenz, dessen Schloß seinen Insassen von Jahr zu Jahr trauter und heimlicher wurde. Der Prinz von Preußen hatte sich sein Arbeitszimmer im südlichen Eckpavillon gewählt, mit der herrlichsten Aussicht, die man in deutschen Landen finden kann, auf den wogenden Strom hinüber nach Ehrenbreitstein und weiter bis hinauf nach Stolzenfels.

Das Zimmer ist mit seiner einfachen Ausstattung in lichtem Möbelkattun heute noch dasselbe, wie vor achtundzwanzig Jahren, wogegen sich die anderen Räume, dem erhöhten Anspruch der Zeit an Glanz und Comfort und der königlichen, nunmehr kaiserlichen Würde entsprechend, von Jahr zu Jahr verschönert haben.

Diese Zeit des Aufenthaltes im Coblenzer Schlosse wurde für das prinzliche Paar gleichsam zur Vorschule, zur ernstesten Vorbereitung für seinen späteren königlichen Beruf. Kommende Geschlechter werden erst die hohe Bedeutung dieses Aufenthaltes, welcher in die Jahre kurz nach der Bewegung von 1848 bis zur Uebernahme der Regentschaft fiel, für die Geschicke der Monarchie, für den Gang späterer Ereignisse zu würdigen im Stande sein, wenn ihnen die Geschichte das ganze Material zu dieser Würdigung in die Hand gegeben haben wird. So wenig auch der Prinz von Preußen und seine Gemahlin damals in den Vordergrund des staatlichen, politischen Lebens treten konnten, so übten sie doch in ihrer Stellung hier am Rheine unverkennbar einen politischen Beruf aus. Die Rheinlande verharrten nach dem Jahre 1848 noch weit mehr als vordem in einer selbstständigen Richtung dem nordöstlichen Wesen gegenüber. Die französischen Erinnerungen saßen den Rheinfranken noch ziemlich fest im Sinn, und es war noch gar nicht so lange her, daß die Bevölkerung zwischen sich und den Nachbarprovinzen einen sehr merkbaren Unterschied machte. Diese Gegensätze auszugleichen oder wenigstens zu mildern, die Bevölkerung der neuen Ordnung der Dinge geneigter zu machen – das war die Aufgabe, welche sich die beiden fürstlichen Ehegatten gestellt hatten. Sie theilten sich in diese ihre Arbeit. Das Wirken der Prinzessin bethätigte sich in Werken und Anstalten der Barmherzigkeit, welche letztere später für die ganze Monarchie Anregung und Muster wurden.

Anders geartet war die Arbeit des Prinzen. Sein allem Scheinwesen abgewandter Sinn ertrug nur mit tiefem innerem Widerstreben die Thatsache, daß die allgemeine Wehrpflicht für Preußen nach dem bestehenden Zahlenverhältnisse zwischen Armee und Bevölkerung nur auf dem Papier vorhanden sei. Sie mußte zur That werden. In jenem vorhin erwähnten Arbeitszimmer wurden von ihm mit dem späteren Kriegsminister von Bonin die Grundzüge der Armee-Organisation erörtert und festgestellt, die den späteren König und Kaiser zu Siegen und Triumphen führen sollte. Außer dieser militärischen Aufgabe, welche der Prinz von Preußen glänzend löste, außer der wichtigen Stellung des vielseitigen Rathgebers für den König, die er auch in der Provinz festzuhalten wußte, knüpfte sich an die Zeit seines Verweilens daselbst (1850-1861) das erfreuliche Ergebniß einer Doppelerziehung, welche für beide Eltern zur Lebensfrage geworden war. Prinz Friedrich Wilhelm, der jetzige Kronprinz des deutschen Reiches, war damals als Bonner Student und dann beim Beginn seiner militärischen Laufbahn so oft wie möglich im elterlichen Hause in Coblenz. In diese denkwürdige Zeit fällt auch seine Verlobung mit der englischen Kronprinzessin. Mehr aber noch als ihr Bruder verdankt die Prinzessin Luise, jetzige Großherzogin von Baden, ihre Erziehung dem Coblenzer Schlosse, wo sie als kleines Kind eintraf, um dereinst von dort aus als anmuthige Braut in einen der schönsten Theile Süddeutschlands einzuziehen. Dieser Erziehung hatte sich die Prinzessin Augusta ganz gewidmet, und das Verhältniß natürlicher Bande des Blutes hat sich zu einem tief geistigen, seelischen erhoben, sodaß wir nun beide hohen Frauen mitten im Ernst des Lebens in gegenseitiger Unterstützung und Ergänzung vereint wirken sehen.

Seit Uebernahme der Regierung ist der Kaiser nur zu Besuchen seiner Gemahlin wieder in Coblenz eingekehrt. Das letzte Mal war er im verflossenen November hier, und damals allerdings auf längere Zeit. Für die Kaiserin jedoch ist Coblenz die zweite Residenz geworden. Das milde Klima, die Luft, Land und Leute behagen ihrem Innersten; sie fühlt sich hier wohl, und die Liebe, die sie diesem herrlichen Fleckchen Erde entgegenträgt, wird ihr durch gleiches Empfinden von Seiten der Bevölkerung gelohnt. Im Mai erscheint die Kaiserin in Coblenz; dann pflegt sie ihre Cur in Baden-Baden zu beginnen, um darauf den Monat Juni bis Mitte Juli wieder in Coblenz zuzubringen. Weiter gehört die Zeit von Ende October bis Ende November dem Rheinschloß. Nun geht es für den Winter nach Berlin zur [340] Erfüllung jener vielseitigen Pflichten, welche einer Kaiserin durch ihre Stellung auferlegt sind und die sich für eine so reich angelegte Natur mit jeder Erhöhung erweiterten, zu welcher sie vom Schicksal ausersehen war.

Die Zimmer des Kaisers sind von denen der Kaiserin durch ein großes Speisezimmer getrennt. Eine dunkle Ledertapete bekleidet die Wände; ein dichter Smyrnateppich dämpft die Schritte; die Stühle sind von braunem Leder und tragen die Chiffre der Kaiserin; schöne Bronzen erfreuen das Auge des Kenners. Der allgemeine Aufgang zu den kaiserlichen Gemächern geschieht durch eine große breite Treppe, der für die Abendstunden rechts und links elegante Candelaber Licht geben. Den Schlußpunkt derselben bildet eine Nische. In dieser befindet sich die lebensgroße Erzstatue des letzten Kurfürsten von Trier; ihm, dem Erbauer des Schlosses, hat der König Friedrich Wilhelm der Vierte diese Statue setzen lassen.


Das Coblenzer Schloß von der Rheinseite aus.
Nach der Natur gezeichnet von A. Zick.


Der frühere Saal der kurfürstlichen Garden, der nach der Stadt zu gelegen ist und mit dem nach dem Rhein ausblickenden Tanzsaal correspondirt, ist von der Kaiserin zu einem Museum für die geschichtlichen Erinnerungen Kurtriers und speciell der Stadt Coblenz umgewandelt worden. Der Raum bietet ein großes historisches Interesse. Hier befindet sich auch die oben erwähnte, im Rheine gefundene fränkische Armspange. Die Wände dieses Museums sind mit den Portraits der Kurfürsten von Trier geschmückt; sie stammen zum Theil aus dem alten Schlosse von Ehrenbreitstein, und der leider nun verstorbene Archivrath von Eltester in Coblenz ist es, dessen Bemühungen man die Herstellung der vollständigen Reihenfolge verdankt. Ihm hatte überhaupt die Kaiserin die Completirung und Beaufsichtigung ihrer Sammlung übertragen, und bis zu seinem Lebensende war der gewiegte Kunst- und Alterthumskenner bemüht, Geräthe, Kupferstiche, Portraits, Stadtprospecte, Bücher, Karten und Manuscripte zu suchen, kurz eine Sammlung anzulegen, welche für diesen Punkt des Rheinlandes insofern von hoher Bedeutung ist, als dadurch die deutschen Erinnerungen, welche durch die französische Revolution wie ausgelöscht waren, neu belebt worden sind.

Durch den Kurfürstensaal tritt man in den Ballsaal, welcher die ganze Front des Mittelpavillons durch zwei Etagen einnimmt. Dieser mächtige Raum, von einem cassettirten Tonnengewölbe überspannt, frappirt durch seine edlen Verhältnisse. In derselben Flucht von Norden nach Süden liegen noch mehrere Gastgemächer und der Thronsaal, dessen Schmuck in einer Wandbekleidung und einem Thronbaldachine von rothem Damast besteht. Die Bildnisse des Vaters und des königlichen Bruders unseres Kaisers vergegenwärtigen die Beschützer des Rheinlandes. Dicht daran liegt das Wohnzimmer der Kaiserin, ein trauliches Gemach, angefüllt mit Erinnerungen und Kunstwerken.

In einem kostbar geschnitzten Behälter zwischen den beiden Fenstern ruht in silbernem, emaillirtem Prachtbande jenes berühmte Album, welches die rheinischen Stände dem Prinzen und der Prinzessin von Preußen an ihrem silbernen Hochzeitsfeste zum Geschenk dargebracht haben. Es enthält achtzig von den bedeutendsten Düsseldorfer Künstlern geschaffene Blätter aus dem Sagenbereich, aus der historischen Vergangenheit und Gegenwart der Rheinlande. In dem Alkoven, in welchem einst der sächsische Verwandte der Kaiserin, Clemens Wenceslaus, seine oft von schweren Sorgen unterbrochene Nachtruhe hielt, ist die Privatbibliothek der Kaiserin und eine kleine Sammlung von deutschen, französischen und englischen Werken aufgestellt. Wie die Kaiserin in allen Dingen ihre Anhänglichkeit an ihre thüringische Heimath bekundet, so nimmt auch hier ein kunstvoller, ihr von den Bewohnern der Ilmstadt geschenkter Schrank den Hauptplatz ein. Der Durchgang, welcher vom Wohnzimmer der Kaiserin in den [341] Empfangssalon führt, ist mit Holzschnitzereien, Aquarellen, Oelbildern und Gobelinportièren künstlerisch decorirt.

Die größere unserer Illustrationen (S. 333), von dem Urenkel desselben Meisters Zick gezeichnet, welcher den Plafond im Empfangssalon der Kaiserin mit den Fresken „Nacht und Morgen“ geschmückt hat, führt uns in diesen Empfangssalon. Wir sehen einen kleinen Abendcirkel der Kaiserin im Schlosse von Coblenz vor uns. Die hohe Frau nimmt die Mitte des durch zwei Marmorsäulen getheilten Gemaches ein, unmittelbar unter dem lebensgroßen Bilde des letzten Kurfürsten, der vor neunzig Jahren hier Hof gehalten hat. Zu beiden Seiten des Kurfürstenbildes befinden sich zwei moderne Portraits. In dem blonden Jüngling mit dem braunen Civilrocke und der hohen schwarzen Atlascravatte würde man kaum mehr den jetzt so männlichen Kronprinzen des deutschen Reiches wiedererkennen. Hier ist er als Bonner Studio dargestellt.


Die Trinkhalle in den Coblenzer Rheinanlagen.
Nach der Natur gezeichnet von A. Zick.


Leichter schon findet man links aus dem sinnigen Mädchenkopfe die geliebte Tochter des Hauses, die Großherzogin von Baden, heraus. Unter diesen Portraits ist der Lieblingsplatz der Kaiserin; hier lauscht sie, mit einer Handarbeit beschäftigt, den Worten des Vorlesers. Um sie her ist ihr persönlicher Hof versammelt, an der Spitze desselben die Palastdame Gräfin Adelaide von Hacke, ihre treue und langjährige Begleiterin, ferner ihr Oberhofmeister Graf Nesselrode, ihre Hofdamen und sonst noch Personen, die geladen oder als Gäste eingetroffen sind.

Auf unserem Bilde zur rechten Seite der Kaiserin sitzt der commandirende General des siebenten Armeecorps, der Held der Schlachten im nördlichen Frankreich, General von Goeben[WS 3]; die schlanke militärische Gestalt rechts von ihm gehört dem Commandeur des Regiments „Augusta“, Oberst von Minkwitz. Den zweiten Platz links von der Kaiserin hat der Oberpräsident von Bardeleben inne, der Hausgenosse der Kaiserin, welcher in den Parterreräumen des Schlosses seine Dienstwohnung hat. Die martialische Militär-Figur rechts im Vordergrund ist der Gouverneur von Coblenz, General von Beyer, jener schlanke Mann unter dem Bilde der Großherzogin der Archivrath von Eltester. Inmitten zweier Hofdamen sitzt ein junger eleganter Mann, der frühere Cabinetssecretär der Kaiserin, jetzige Generalconsul in Cincinnati von Mohl. Die Plätze vorn am Tische links nehmen der Landgerichtspräsident von Breuning und Landrath von Frentz mit Gemahlin ein.

Das Schloß Coblenz bildet sowohl nach der Stadt wie nach der Rheinseite zu ein vollständiges, in sich abgeschlossenes Ganze. Die Terrasse, auf die man durch den Gartensaal im Erdgeschoß hinaustritt, schließt den Schloßcomplex nach der Rheinseite durch die äußere Festungsmauer ab. Die Terrasse, sowie die beiden rechts und links derselben tiefer gelegenen Gartenpartien stellen den eigentlichen Schloßgarten vor – den Privatgarten der Kaiserin. Es ist ein Grundstück von beschränkten Raumverhältnissen. Mehrmals schon war es im Werke, die Anlage nach dem Rheine hin zu erweitern, aber die Kaiserin sträubte sich stets dagegen. Das Rayongesetz des Staates legt den Grundbesitzern von Coblenz rücksichtlich der Festungsanlagen sehr wesentliche Beschränkungen in Bezug auf das Ausnützungsrecht ihres Grundeigenthums auf, und die Kaiserin wollte vor der übrigen Einwohnerschaft von Coblenz nichts voraus haben. Im Jahre 1866 war der Garten sogar als Geschützstand benützt, und die kleine Pforte, die nach dem Rhein hinausführt, zugemauert. Aber eben die Unmöglichkeit, ihren Privatgarten auszudehnen, führte die Kaiserin auf Pläne, deren Verwirklichung einer ganzen Bevölkerung zu Gute kommen sollte.

Bis vor fünfundzwanzig Jahren hatte die von der Natur so außerordentlich begünstigte Stadt Coblenz keinen Ort, an dem [342] die Einwohnerschaft nach des Tages Last und Arbeit sich an frischer Luft erlaben konnte. Den Rhein entlang, da wo wir vom Dampfschiffe aus eine entzückende Anlage gesehen haben, zog sich ein schmaler mit Weiden bewachsener Leinpfad, auf dem kaum zwei Menschen neben einander gehen konnten. Nur mit Mühe war es möglich geworden, für die Prinzessin Luise, jetzige Großherzogin von Baden, einen Platz ausfindig zu machen, wo sie sich mit Altersgenossinnen frei in Licht und Luft tummeln konnte. Die Herrichtung dieses Platzes, der noch heute den Namen der Großherzogin trägt, gab den Anfang zu den Rheinanlagen, welche mit ihren dunklen Laubgängen und zierlichen Landhäusern, mit ihren Statuen und Vasen, ihren poetischen Ruheplätzen und eleganten Erholungsorten eine der eigenthümlichsten und reizvollsten Schöpfungen der Garten- und Landschaftskunst bilden. All dies ist eine Schöpfung der Kaiserin Augusta.

Bei Anlage der rheinischen Bahn war dem Rheine durch Ausbaggerung Terrain abgewonnen worden, und auf diesem Grunde beschloß die Kaiserin zu bauen. Jahr für Jahr fuhr sie in der Erweiterung stetig fort. Mehr als einmal wurden die mit großer Mühe gemachten Anpflanzungen verwüstet, endlich aber Mühe und Aufwand durch den herrlichsten Erfolg gekrönt: Im Jahre 1865 war die den Raum einer halben Meile einnehmende Anlage fertig und wurde der Stadt von der Kaiserin als Geschenk übergeben. Aus dem kahlen, öden, unschönen Leinpfad, der sich bis zum Fluß hinabzog, war ein zauberhaftes Gelände geworden, bis zu dem die schwersten Rheinschiffe anfahren konnten. Die Anlagen beginnen am Königsbogen, so benannt von den kolossalen Medaillons der beiden königlichen Brüder: Friedrich Wilhelm’s des Vierten und Kaiser Wilhelm’s. Die Wand der Festungsmauer deutet in ihren Emblemen auf das fünfundzwanzigjährige Verweilen des jetzt kaiserlichen Paares in Coblenz. Aber ein darunter befindliches kleines Monument, der „Wacht am Rhein“ gewidmet, bezeichnet einen ernsten Moment aus jüngerer Zeit. An dieser Stelle, von einer großen begeisterten Volksmenge umgeben, schied am 12. Juli 1870 König Wilhelm nach den entscheidenden Tagen von Ems von seiner in Coblenz zurückbleibenden Gattin, um, nach Berlin reisend, daselbst die Kriegserklärung vorzufinden, die bereits am 13. Juli ganz Deutschland zu den Fahnen rief. Rauch’s Victoria-Statue in antiker Umgebung bildet den Vordergrund dieses monumentalen Platzes, der mit einer Erinnerungssäule abschließt, gewidmet den Verdiensten der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft als Erbauerin der Rheinbrücke. An beiden Seiten bieten antike marmorne Ruhebänke, von großen Gascandelabern überragt, dem Ermüdeten eine Ruhestätte; Gehänge von wildem Wein umkleiden die Mauern und eröffnen, die scharfen Contouren der Bogenarchitektur verdeckend, die Aussicht auf die Anlagen, auf den Rhein, auf die Berge der Eifel, auf Stolzenfels – kurz, auf eines der schönsten Landschaftsbilder Deutschlands. Das entgegengesetzte Ende der Anlagen wird vom Muschelplatz gebildet, einer Rotunde von mehreren rundgezogenen Lauben, die, von Schlingpflanzen überwuchert, mit Muscheln jeder Form aus Fayence phantastisch decorirt sind. Zwischen diesen beiden Endpunkten ziehen sich die Rheinanlagen hin, bald sich erweiternd, bald sich verengernd, immer mannigfaltig, immer neu, immer überraschend, wobei Landschaft mit Werken der Sculptur in reizvollster Weise abwechselt. Rechts hinter einem Denkmale des begeisterten deutschen Sängers Max von Schenkendorf hat die Kaiserin einen weiten Spielplatz für Kinder aller Stände einrichten lassen. Weiterhin ist ein Croquetspielplatz für Erwachsene hergerichtet. Eine Säule trägt die Namen derjenigen Männer, welche der Kaiserin bei Anlage ihres Werkes fördernd zur Seite gestanden, voran den des großen Gartenkünstlers Lenné, eines geborenen Coblenzers. Eine graziöse Schöpfung ist ein Pavillon von Gußeisen mit dem anmuthigsten Arrangement von wildem Wein, der im Sommer Schutz vor der Gluth der Sonne bietet. Hier werden Erfrischungen geboten und Zeitungen gelesen. Die innere Einrichtung des Pavillons ist mit einer kleinen Bibliothek, mit Spielen, überhaupt mit solchen Dingen ausgestattet, die zur anständigen Unterhaltung der Gäste dienen können. Nicht weit davon gewährt ein Observatorium alle Mittel, sich physikalisch und geographisch zu orientiren. Der Mittelpunkt der ganzen Anlage aber ist die Trinkhalle, ein in Schweizerstil errichtetes Gebäude. Es schaut wie ein liebliches Kindergesicht aus den Bosquets. Ein freier, offener, balconartiger Platz davor ist fast in den Rhein hinein gebaut. Hier ist im Sommer der Sammelpunkt der gebildeten Stände von Coblenz und der Fremden, die sich behaglich dem Genusse der Natur widmen, während die Kunst ihnen jede Woche Concert von dem Militärorchester bietet. Bei den Concerten erscheint oft die Kaiserin mit ihrer Umgebung inmitten des Publicums sitzend und verkehrend. Hier war auch, bei dem schon erwähnten Besuche im Jahre 1870, ihr hoher Gemahl noch einmal an ihrer Seite im Kreise der Bevölkerung erschienen. Von nah und fern war Alles herbei geströmt. Die Sorge für die Zukunft lag Allen schwer auf dem Herzen, und bewegt von Begeisterung und Liebe hingen Aller Blicke an dem Königspaare. Das Erscheinen des Königs war ein Abschiednehmen – das wußte Jedermann. Als das Königspaar den Heimweg antrat, zog die ganze große Versammlung ihm nach bis zu dem Pförtchen – still, lautlos, weil im Tiefsten bewegt.

Durch dieses Pförtchen in der Festungsmauer pflegt die Kaiserin ihren Spaziergang anzutreten. Von dort aus zog auch sie hinweg in den Kreis werkthätigen Schaffens, in den Bereich des deutschen Centralvereins, des Vaterländischen Frauenvereins und des Berliner Lazarethvereins.

Uebrigens ist, wie zum Schluß bemerkt sein mag, die Entwickelung der Rheinanlagen noch keineswegs abgeschlossen; so wird von der Muschelrotunde aus gegenwärtig eine Waldpartie angelegt, welche sich bis zur Brücke der Berlin-Metzer Bahn erstrecken und dem herrlichen Schmuck dieser Anlagen einen neuen Edelstein hinzufügen soll.




Die Schmarotzer des italienischen Lotto.[2]


Ueber die unheilvollen Einflüsse, welche das Lotto auf Moral und Vermögen des italienischen Volkes übt, über die Unsittlichkeit dieses gefährlichsten aller Hasardspiele ist auch in der „Gartenlaube“ schon in erschöpfender Weise geredet worden. Es mag hier nur noch kurz hervorgehoben werden, daß in acht oder neun italienischen Städten ebenso viele selbstständige Lottos bestehen, welche allwöchentlich je eine, mithin acht oder neun, das heißt jährlich über 400 Ziehungen veranstalten, und daß vorsorgliche Einrichtungen getroffen sind, welche jedem Italiener gestatten, an sämmtlichen 400 Ziehungen mit dem Minimaleinsatze von 10 Centesimi sich zu betheiligen. Der ungeheuere Tribut, welchen der Staat aus der Ausbeutung der Spielwuth seiner Unterthanen bezieht, läßt sich ermessen, wenn erwogen wird, daß die Reineinnahme aus dem Lotto jährlich etwa 70 Millionen Lire beträgt. Ueber den Bruttoertrag liegen mir zwar keine Zahlen vor, wenn man aber nur das Heer von Beamten mustert, welches die Verwaltung dieser in den kleinsten Orten vertretenen „Staatseinrichtung“ unterhalten muß, so leuchtet ein, daß die Gesammtsumme dieser namentlich von den Aermeren zu zahlenden Spielsteuer jene 70 Millionen jährlich noch um ein Bedeutendes übersteigt. Der geringe Betrag des Minimaleinsatzes gestattet auch dem Aermsten, seiner Leidenschaft zu fröhnen – denn wer wäre außer Stande, an den für die nothwendigsten Lebensbedürfnisse erforderlichen Ausgaben nicht wöchentlich zehn Centesimi zu sparen, um sie auf dem Altare des Spielteufels und – des Vaterlandes zu opfern! Die Thränen und das Blut, welche an diesem Sündengelde kleben, vertrocknen über kurz oder lang, und die italienischen Finanzmänner trösten sich über etwaige schamhafte Anwandelungen heute mit demselben „Non olet“ („Geld riecht nicht“), mit dem einst ein römischer Kaiser sich tröstete.

In der That zählt die italienische Criminalistik Fälle in wahrhaft erschreckender Menge auf, in welchen Verbrechen gegen das Eigenthum oder das Leben auf die vom Staate concessionirte Spielleidenschaft zurückzuführen sind. Doch diese schlimmsten Seiten des schlimmen Institutes sind es nicht, mit denen die [343] gegenwärtige Darstellung sich beschäftigen soll; auch nicht über die ceremonielle Ausführung der allwöchentlichen Ziehungen, welchen ein hoher Staatsbeamter in der Amtstracht beiwohnt, will ich den Leser unterhalten, sondern über gewisse Personen, welche bei der Ausbeutung der Spielleidenschaft dem Staate privatim eine sehr gewinnbringende Concurrenz machen.

Diese Concurrenz setzt sich häufig auf dem Wege des einfachen Inserates in Scene, in welchem angekündigt wird, daß X. Y., wohnhaft in Z., gegen Einsendung von so und so viel Lire dem Einsender diejenigen Zahlen angeben werde, welche bei der nächsten Ziehung als Gewinnnummern gezogen werden müßten. Auf einer höheren Stufe stehen gewisse Reclamen, in welchen ein nach Namen und Wohnort näher bezeichneter Mann zum Besten des Publicums mittheilt, daß er seiner Schulden ledig und zum wohlhabenden Manne geworden sei durch die Hülfe des Herrn X. Y. in Z., der ihn eine Terne von 10,000, 20,000 oder 30,000 Lire binnen vier oder sechs Wochen habe gewinnen lassen.

Während jene ersten Inserenten sich dem Wesen nach in Nichts von den „klugen Frauen“ oder „weisen Männern“ unterscheiden, welche in Städten oder Dörfern die Rathgeber für Gewinnlustige bilden, pflegen die in den Inseraten der zweiten Art gerühmten, welche den stolzen Namen der „Kabbalisten“ führen, sich heuchlerisch in den Mantel der Wissenschaft zu hüllen.

Von zwei Dritteln der Lotto spielenden Italiener kann man überzeugt sein, daß sie an die Prophetengabe irgend einer „klugen Frau“ oder eines „weisen Mannes“ glauben und diese in Anspruch nehmen, falls sie nicht im Stande sind, mittelst einer Art von „Traumbuch“ – worunter man sich beileibe kein dünnes Heftchen, sondern einen mäßigen Octavband zu denken hat – selbst die „schwarze Kunst“ zu erlernen. Diese Bücher sind in ihrer Art nicht uninteressant und bilden ein alphabetisches Verzeichniß aller möglichen wahrnehmbaren Gegenstände, nebst Nummern, welche dieselben als gewinnbringend anzeigen, z. B.:

„Schwalben“. 1) sehen, a) fliegend 5; b) im Neste 21; c) die Jungen fütternd 69; 2) von ihnen träumen, a) fliegend 29 etc. „König“. 1) sehen, a) im Wagen 50 etc.; f) Tod desselben 77 etc. „Schläge bekommen“ 35 etc.

Sieht also Jemand im Laufe eines Tages den König im Wagen, Schwalben im Neste und bekommt er Schläge, so hat er bei der nächsten Ziehung die Terne 50, 21, 35 zu besetzen, um – zu gewinnen.

Verwandt mit dieser Prophezeiung ist die sogenannte Combination. Da dem Italiener nichts so heilig ist, daß er es nicht für eine Combination zum Lotto verwenden würde, so erscheint es durchaus nicht auffallend, wenn eine Frau, die am 12. Juli 1878 ihre neunzehnjährige Tochter verloren hat, bei der nächsten Ziehung die Quaterne 12, 7, 78, 19 mit der festen Hoffnung auf Gewinn setzt; vielleicht wird sie mit der „Combination“ noch die „Prophetie“ verbinden, indem sie die betreffenden Zahlen für „Tod im Sommer“ und „Tod einer Tochter“ des sogenannten Traumbuches mit den obigen Zahlen der Combination verbindet und in dieser Weise neben der Quaterne noch zwei Terzen setzt – ein Verfahren, durch welches sich die Gewinnaussichten beträchtlich verstärken.

Auch „Kabbalist“ vermag jeder Spieler selbst zu werden, dafern er sich eines jener zahlreichen, meist illustrirten Werke anschafft, welche unter verlockendem Titel, z. B. „Il terso d’oro“, die geheimnißvolle Kabbala lehren. Ein derartiges Werk pflegt eine Unzahl verschiedener Verfahrungsarten anzugeben, mit Hülfe deren man die Zahlen durch „Kabbala“ bestimmt, die innerhalb der nächsten sechs oder acht Wochen gezogen werden müssen. Diese Regeln sind natürlich in Bezug auf ihre Begründung unergründlich. Es heißt z. B.: „Von den Nummern der letzten Ziehung addire man die erste zur zweiten, die zweite zur dritten etc., die fünfte zur ersten, aber nicht in der Weise anderer vernünftiger Menschenkinder, sondern kabbalistisch, das heißt z. B. so, daß ; dann schreibe man die letzte Ziffer ab. Zu den so gewonnenen fünf neuen Zahlen zähle man die Zahl desjenigen Monats, in welchem die nächste Ziehung stattfindet, jedoch in der Weise, daß die ungerade Monatszahl nur den ungeraden, die gerade Monatszahl nur den geraden Zahlen, in den anderen Fällen aber die Monatszahl weniger eins hinzugezählt wird. Jede der nunmehr erhaltenen Zahlen wird durch den „Clavis“ (Schlüssel) 2 dividirt; von den aus dieser Thätigkeit sich ergebenden Zahlen muß innerhalb der nächsten sechs bis acht Ziehungen eine fast unfehlbar sicher gezogen werden.“

Der Herausgeber eines solchen Werkes schließt dasselbe gewöhnlich durch ein Verzeichniß aller seit zehn Jahren im Römischen Lotto gezogenen Nummern und fordert nun die glücklichen Besitzer seines Werkes auf: „Machet die Probe!“ Da diese Probe – äußerst wenige Ausnahmsfälle abgerechnet – fast regelmäßig günstig ausfällt, so ist damit die Vortrefflichkeit des Werkes, die annähernde Unfehlbarkeit des Kabbalisten nachgewiesen, der auf Grund dessen nicht nur mit seinem Buche ein gutes Geschäft macht, sondern auch zahlreiche Sendungen von fünf oder zehn Lire empfängt, um für den Einsender sichere Ternen und Quaternen zu „kabbalisiren“.

Das Geheimniß des günstigen Ausfalls jener Proben ist für die Durchschnittsspieler nicht durchsichtig genug; sonst würden sie finden, daß dasselbe überraschende Ergebniß auch dann regelmäßig eintreten würde, wenn sie ohne jene „kabbalistische Operation“ ganz beliebig in den Kopf kommende fünf Zahlen von 1 bis 90 (mehr Nummern giebt es nicht) aufgeschrieben hätten. Auch von diesen wird in sechs bis acht einander folgenden beliebigen Ziehungen fast ausnahmslos eine gezogen werden, da 5 x 8 = 40 etwas weniger als ½ sämmtlicher neunzig Nummern, und daher die Wahrscheinlichkeit sogar dafür ist, daß von jenen fünf Nummern zwei gezogen werden. Diese Ermittelung einer Nummer jedoch, die in den nächsten sechs bis acht Ziehungen mit fast unfehlbarer Sicherheit gezogen werdet soll, ist sozusagen nur „platonischer“ Natur, denn die Lottospieler benützen fast nie den verhältnißmäßig sichersten Weg zu einem kleinen Gewinn, das Besetzen einzelner Nummern (den sogenannten „Estratto“), sondern sie spielen, um rasch einen großen Gewinn zu machen, auf Amben, Ternen und Quaternen, das heißt sie gewinnen nur, wenn von den gesetzten fünf Nummern zugleich zwei, drei oder gar vier gezogen werden, Fälle, die natürlich sehr selten, oder, wie Quaternen, fast nie sich ereignen. Aber durch jene kabbalistische Ermittelung der einzelnen Zahlen ist das Zutrauen einmal erworben; der Kabbalist, der in den Augen der meisten Spieler vermöge seiner „geheimen Wissenschaft“ im Stande gewesen ist, eine Nummer zu berechnen, wird auch im Stande sein, zwei, drei oder vier zu berechnen. In neuerer Zeit tritt der Kabbalist, wie bemerkt, nicht selten im Gewande der Wissenschaft auf. In den Spalten der italienischen Blätter erscheinen umfangreiche Ankündigungen, in welchen das spielende Publicum benachrichtigt wird, in der Lotterie von Palermo sei eine bestimmte Terne, in der zu Rom eine bestimmte Quaterne seit vierzig ober fünfzig Jahren nicht gezogen worden; damit wird in mathematisch-wissenschaftlicher Weise die an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit begründet, daß die „verspätete“ Terne oder Quaterne in der nächsten Zeit gezogen werden müsse; mit jeder Ziehung, heißt es, steigere sich die Wahrscheinlichkeit, werde die „Gewißheit gewisser“.

Es sind nicht die Geldopfer allein, welche die „klugen Frauen“, die „weisen Männer“, die „Kabbalisten“ und „Professoren der Mathematik“ von den Spielern erpressen – die unheilvolle Wirksamkeit dieser „Lotto-Agenten auf eigene Faust“ reicht viel, viel weiter. Wehe der unglücklichen Familie, deren männliches ober weibliches Oberhaupt im Glauben an die Unfehlbarkeit der „Kabbala“ eine „unfehlbare Terne“ sich in den Kopf gesetzt hat! Mit jeder erfolglos verlaufenden Ziehung wächst ja die Sicherheit des Gewinnes, hier bestärkt der Mißerfolg die Hoffnung. Allwöchentlich muß die Summe für die Besetzung der verhängnißvollen Nummern beschafft, die Einsätze müssen verdoppelt und verdreifacht werden, soll nach jahrelangen Opfern – denn eine solche Terne wird oft durch Jahre festgehalten – noch ein erheblicher Gewinn erzielt werden; alles Entbehrliche, selbst Unentbehrliches wird versetzt ober verkauft; die Kinder mögen hungern – wenn nur die geliebte Terne genährt wird. Und wenn schließlich durch diesen immer weiter um sich fressenden Krebs das Letzte verzehrt ist, dann wird der Spieler zum Verbrecher; er greift zu Dolch und Gift, um durch die Frucht des Verbrechens die Einsätze zur Fortsetzung seines Spieles sich zu verschaffen. Der Gedanke, eine Ziehung vorübergehen lassen und dann vielleicht erleben zu müssen, daß gerade diese Ziehung die so lang „gepflegten“ Nummern zum Vorschein bringe, scheint unerträglich, und Wahnsinn ist oft die Folge solchen Mißgeschicks. [344] Ich selbst habe bei meiner Anwesenheit auf Sicilien einen solchen Fall beobachtet. Die Frau eines sehr wohlhabenden Kaufmannes hatte sich eine unfehlbare Terne in den Kopf gesetzt; der Ehemann, dem die Geldopfer allmählich zu stark wurden, hatte dem Diener, der die wöchentliche Besetzung der Nummern zu besorgen pflegte, ohne Wissen der Frau verboten, noch fernere Einsätze zu machen und ihm aufgetragen, das zu diesem Zwecke von der Gebieterin empfangene Geld dem Herrn abzuliefern. Irgend ein Traum und die bezügliche Deutung desselben ließen die spielende Gattin eines Tages von der unmittelbar bevorstehenden Ziehung sicheren Erfolg erwarten; sie händigte dem Diener deshalb die für Lotto-Einsätze beträchtliche Summe von 30 Lire für jede Nummer der Terne, in Summa also 90 Lire, ein und äußerte beim Frühstück, heute müsse man ihr das Geld in einem Wagen vor’s Haus fahren – so bedeutend würde der Gewinn sein. In dieser festen Erwartung harrte sie der Entscheidung – sie fiel zufällig aus, wie der Traum es verkündigt; die seit zwei Jahren „gepflegte“ Terne war herausgekommen, aber der Diener hatte angesichts des Verbotes seines Herrn nichts gewagt, die erhaltenen 90 Lire zu setzen, wohl aber, um der Herrin auf der anderen Seite eine kleine Freude zu bereiten, 90 Centesimi (nicht ganz 1 Lira) gesetzt. Als der Frau bekannt wurde, daß sie statt der erwarteten Franken nur elende Pfennige erhalte, wurde sie wahnsinnig, und der Herr – echt italienisch – entließ den Diener des Dienstes, weil derselbe nicht verstanden hatte, zu rechter Zeit ungehorsam zu sein. Dies geschah in einer verhältnißmäßig gebildeten, im Wohlstande lebenden Familie; was soll man nach solchen Vorgängen von den Ungebildeten und Armen erwarten?

Die Unsittlichkeit, deren der italienische Staat sich durch Verwerthung der Spielleidenschaft schuldig macht, wird durch die fast naturnothwendige Erzeugung der geschilderten Schwindelspeculation erst zu voller verderblicher Wirkung geführt. Die einfache, wenn auch regelmäßige Betheiligung am Lottospiel, so schädlich sie namentlich in wirthschaftlicher Beziehung ist, erscheint wie ein unschuldiges Kinderspiel im Vergleiche mit der dämonischen, nichts selten zum Wahnsinn und Verbrechen führenden Leidenschaft, welche durch jene Schmarotzer und ihr unsittliches Treiben geweckt wird. Wer in ihren Netzen sich einmal gefangen, der verliert nicht nur jede Lust zu ehrlicher Arbeit, deren Ertrag, mit den in sicherer Aussicht stehenden Goldhaufen verglichen, ihm verächtlich erscheint, sondern er verliert auch jedes menschliche Gefühl; die traurigsten Familienereignisse, das ganze Land betreffende Unfälle erscheinen Hunderttausenden nur als Hinweise für gewisse Lottonummern; der Gottesdienst wird zu keinem anderen Zwecke als zur Ermittelung unfehlbarer Ternen besucht; die inbrünstigsten Gebete an die Madonna und die Heiligen gelten nicht selten der geliebten Terne; Messen werden gelesen für den Erfolg der Terne; Mütter lassen die Kinder, Kinder die greisen Eltern darben, um eine todte Zahlenzusammenstellung zu „pflegen“; nichts ist so heilig , das nicht dem unseligen Glauben geopfert, nichts so abscheulich, das für ihn nicht begangen würde.

So lange das Lotto selbst besteht, werden auch jene Schmarotzer ungestört ihr Wesen forttreiben können, durch deren Thätigkeit die ganze und volle Verderblichkeit des Spieles erst eigentlich erzeugt wird. Und daß dieses Schmarotzerthum den „goldenen Boden“ hat, den das „Handwerk“ leider nur zu oft verloren, dafür zeugt gewiß die Thatsache, daß in den italienischen Zeitungen sogar ein „Professor der Mathematik“ in Berlin und ein „Mathematicus“ in Wien den italienischen „Kabbalisten“ Concurrenz machen – das verhältnißmäßig theuere Porto, die hohen Kosten der fast täglichen Inserate in italienischen Zeitungen, das alles muß von dem lottospielenden Italiener bezahlt werden; der Berliner „Professor“ und der Wiener „Mathematicus“ aber werden über den Schmutz von Sünde und Elend, der außer dem natürlichen Schmutze an den aus Italien einlaufenden Zehnlirescheinen klebt, gleich der italienischen Regierung von heute und dem römischen Imperator von einst mit dem classischen Worte sich trösten: „Non olet!“
Fl. Korell.


Blätter und Blüthen.


Der Riedel’sche Chorverein zu Leipzig feiert am 17. Mai dieses Jahres die Erinnerung seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens. Die Gründung, Fortentwickelung und Blüthe dieses Instituts sind für das gesammte Kunstleben von solcher Bedeutung, daß wir es für unsere Pflicht halten, den Ehrenbezeigungen, welche dem Verein und seinem Stifter und Leiter, Professor Karl Riedel, an diesem Tage zu Theil werden, auch unsere Glückwünsche hinzuzufügen. Von allen Künsten ist die Musik die volkstümlichste; von allen ist die Gesangmusik die einzige, welche einer Menge Menschen zugleich Gelegenheit giebt, sich wahrhaft künstlerisch zu bethätigen, die einzige in welcher der Dilettantismus nicht blos Sache des Vergnügens zu sein braucht, sondern künstlerisch zur Darstellung der herrlichsten und großartigsten Tonschöpfungen verwerthet werden kann. Daß hierdurch die Musik eine Bildungskraft in ästhetischer Beziehung erhält, wie keine andere Kunst, indem der bei Hervorbringung des Musikwerkes mitwirkende Laie genöthigt wird, sich bewußt in alle Einzelschönheiten desselben zu vertiefen, giebt gerade dieser Musikgattung noch einen besondern Werth; er kommt um so mehr zur Geltung, wenn, wie es im Riedel’schen Chorverein von Anfang an unentwegt geschehen ist, strenge, reine Kunstpflege ohne alle weiteren geselligen und vergnüglichen Nebenzwecke als Aufgabe betrachtet wird. Zudem wählte Riedel in einer Zeit, als in der altberühmten Musikstadt Leipzig, der Stadt Sebastian Bach’s, die höhere religiöse Tonkunst Pflege fand, zum Felde seiner Wirksamkeit gerade dieses Gebiet, auf dem die meisten Kunstepochen ihre höchsten musikalischen Offenbarungen erlebt haben. Das sind die Momente, auf Grund deren sich der Riedel’sche Verein, aus kleinen Anfängen, immer seinen idealen Zweck im Auge behaltend, zu einem weltberühmten Kunstinstitut entwickelt hat.

Durch sein Beispiel sind in vielen anderen Städten Vereine verwandten Charakters entstanden, deren unübertroffenes Vorbild er ist. Die hohe culturelle Bedeutung dieser Art Kunstpflege kann nicht genug hervorgehoben werden, und es war nur ein kleines Zeichen gerechter Anerkennung, wenn sie in einer der letzten Sessionen des Reichstages durch den Abgeordneten Dr. Loewe-Calbe rühmend hervorgehoben ward. Und wem verdankt dieser Verein seine Stellung, seinen Ruf, seine Fähigkeit, die schwierigsten und großartigsten Oratorien alter und neuer, fremder und deutscher Meister zu musterhafter Darstellung zu bringen, ohne erhebliche Opfer seitens seiner Mitglieder? Allein der Kraft und Energie eines einzelnen Mannes, seines opferfreudigen Gründers. Opferfreudigkeit, diese hohe Tugend des echten Künstlers, hat Riedel in hohem Grade entwickeln müssen, ehe er sein von vornherein fest vorgezeichnetes Ziel in solcher Weise erreichte. Schon früher hat die „Gartenlaube“ (vergl. den Artikel „ein Dilettantenverein und sein Dirigent“ von Prof. J. C. Lobe, Jahrgang 1869, S. 564) ein ausführliches Bild des dornenvollen Pfades gegeben, welchen Riedel bis zur glücklichen Ausführung seiner Idee zurücklegen mußte. Noch heute besteht der Verein wesentlich durch Riedel’s Wollen und Können. Ganz im Geiste dieses Kunstinstituts ist die Art, wie nunmehr das Fest seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens begangen werden wird. Mittelpunkt desselben bildet die Aufführung einer bedeutenden bisher noch nicht dargestellten Tonschöpfung, der „Messe in B, für Doppelchor, Solostimmen und Orchester“ des begabten Componisten Albert Becker, zu welcher am 17. Mai die Freunde und Schüler Riedel’s und seines Vereins, darunter manche Koryphäe unseres Musiklebens, aus weiter Ferne als Gäste sich einfinden werden. Das weitere Gedeihen des Vereins unter Riedel steht außer Frage. Möge die Zukunft des verdienstvollen Instituts frei bleiben von jenen mannigfachen Kämpfen und Sorgen, an denen seine Vergangenheit so reich gewesen ist!




Die Londoner “Citadelle Mammon’s” (vergl. Nr. 7 der „Gartenlaube“) hat bereits vor längerer Zeit eine Nachahmung gefunden, welche für bescheidenere Verhältnisse, als die des englischen Geldschatzes sind, paßt und hinsichtlich der Sicherheit dasselbe leistet, wie jene Depositen-Bank in London. Es ist dies das dem Publicum zur Benutzung dargebotene gegen Feuer und Einbruch sichere Gewölbe der Firma Jordan und Minoprio zu Frankfurt am Main. Dieses Gewölbe enthält an zwei Seiten dreihundert unbewegliche eiserne Cassetten. Jede Kassette hat zwei Schlösser, von denen das eine nach Angabe des Interessenten angefertigt wird und durch den ausschließlichen Besitz des Schlüssels nur diesem zugänglich bleibt, während die Firma über das andere Schloß sammt Schlüssel verfügt. Die Wände und die Thür zu dem Gewölbe bekleiden starke Stahlpanzer.

Während der Geschäftsstunden ist das Gewölbe stets geöffnet. Zwei separate Zimmer stehen zur alleinigen Verfügung der Cassetten-Inhaber, damit diese alle geschäftlichen Arbeiten an ihren Effecten, Documenten und sonstigen Werthpapieren, wie Abtrennung von Coupons, Anfertigung von Bordereaux u. dergl. m. ungestört vornehmen können.

Offenbar ist diese Einrichtung geeignet, schon wegen ihrer geringeren Kostspieligkeit, auch in kleineren Städten als Frankfurt a. M. Eingang zu finden. In Frankfurt spricht, wie uns versichert wird, eine zweijährige Erfahrung für diese feuer- und diebesfesten Gewölbe.




Kleiner Briefkasten.

M H. in Bützow. Den Erlös Ihrer Liebhabertheatervorstellung mit Dank erhalten! Wir zahlten, Ihrem Wunsche gemäß, 225 Mark für Schwetz an das hiesige „Tageblatt“ und quittiren über die gleiche Summe für Szegedin hiermit ordnungsgemäß.

Fr. R-dt in Berlin. Leider der reine Dilettantismus.

E. W. in Dresden. Wir können Ihnen aus unserer Kenntniß nur die „Illustrirte Zeitung für Gabelsberger’sche Stenographen“ (Expedition: Leipzig, Emilienstraße 22) nennen. Weitere Auskunft könnte Ihnen Pobolsky’s Centralstelle für stenographische Literatur hierselbst ertheilen.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.


  1. Wie die meisten Orte in Deutschland ihre Namen von ihrer natürlichen Lage erhalten haben, so waren es hier die „zusammenfließenden Ströme“, confluentes, woraus durch die wechselnde Lautirung späterer Jahrhunderte der Name Coblenz entstand.
  2. Wir bemerken daß die nachstehend geschilderten Verhältnisse in vollem Umfange auch in Oesterreich-Ungarn bestehen.
    D. Red.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Freiher
  2. Vorlage: leichlebigen
  3. vgl. Kleiner Briefkasten (Die Gartenlaube 1879)#Heft 23