Die Fußreisen der Damen

Textdaten
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Autor: Bn.
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Titel: Die Fußreisen der Damen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 516
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[516] Das Fußreisen der Damen. Bekanntlich giebt es kein beglückenderes Erholungsmittel für müde Stadtmenschen als das Wandern in freier Natur, mit dem Blick in die Herrlichkeiten der Berge. Auf den bequemen Alpenstraßen wie auf den steileren Fußwegen begegnet man denn auch einer reichlichen Zahl von Fußgängern, aber verhältnismäßig wenig wandernden Damen. Sie sind durch ihr Gepäck an die Eisenbahn gebunden und sehen von den Schönheiten des Weges zum Sommeraufenthalt nur so viel, als vor den Wagenfenstern vorüberhuscht. Und doch könnten sie so leicht die herrlichen Richtwege aus dem Isar- ins Inngebiet, die Pässe ins Salzkammergut und nach Südtirol zu Fuß zurücklegen, wenn sie den Tyrannen „Koffer“ nach der Endstation vorausschickten und sich mit kleinem Gepäck und frohem Mut auf die Wanderschaft machten. Für diejenigen, die hier einen Zweifel an der Möglichkeit, zwei oder drei Wochen mit dem Handkoffer allein auszukommen, nicht unterdrücken können, fügen wir gleich eine Anweisung bei, wie das mit aller Bequemlichkeit gemacht wird. Als Anzug ist zu wählen ein wasserdichtes Lodenkleid, fußfreier Rock, Blouse und Jacke. In dem Handkoffer gehen zwei Perkal-Blousen mit. Die Fußbekleidung besteht aus einem Paar ziemlich neuer, aber ausgetretener doppelsohliger Stiefeln mit niedrigen Absätzen. Sie halten drei Wochen sicherlich, ohne einer Ausbesserung zu bedürfen. Folglich braucht man außerdem nur noch ein Paar ganz leichter Pantoffeln. Einzupacken ist außerdem nur eine Garnitur Wäsche. In jedem Wirtshaus bekommt man von einem Tag zum andern gewaschen. Die Toilettengeräte sind natürlich aufs notwendige zu beschränken und als einzelne Päckchen zwischen die Wäsche zu verteilen; Reiselektüre braucht die Fußgängerin nicht viel, ein oder zwei Bändchen gehen indessen immer noch in den Koffer, ebenso eine kleine Schreibmappe oder ein Skizzenbuch. Vaseline, Karboltalg für die Fußpflege, Zinkpflaster sowie ein Fläschchen mit Salmiak gegen Insektenstich nehmen gleichfalls nicht viel Platz weg. Ein Shawl für den Fall plötzlich eintretender Kälte wird in den Riemen geschnallt, Geld, Notizbuch, Fahrkarte kommen ins Anhängetäschchen. Die größere Summe des Reisegeldes soll aber in einem Säckchen unter der Blouse getragen werden. So ist unsere Fußgängerin völlig genügend ausgerüstet; sie setzt zum Schluß einen leichten Filzhut mit Schleier auf, nimmt einen einzigen, für Regen wie für Sonnenschein gleich geeigneten Schirm mit starker Krücke und festem Stock und kann nun mit ihrem leichten Gepäck, das der Postwagen oder ein Träger von einem Nachtquartier zum andern mitnimmt, nach Herzenslust die wundervollen Pfade wandern, die sich, namentlich auch dank der Fürsorge des Deutsch-Oesterreichischen Alpenvereins, überall bis weit in die entlegenen Thäler ziehen. Also Glück auf die Reise! Danken wird uns die Anregung gewiß jede Leserin, die sich entschließt, ihr zu folgen. Bn.