Die Astronomie auf der Straße
Die Astronomie auf der Straße.
In Kunstgalerien trifft man stets emsige Besucher, die mit allen Anzeichen des Entschlusses, heute die Galerie von a bis z kennen zu lernen bei Saal Nr. 1 und Bild Nummer 1 beginnen und eifrig den Blick abwechselnd auf den Katalog und auf das vor ihnen hängende Bild gleiten lassen; stundenlang wird unermüdlich Bild für Bild „erledigt“, und schließlich treten aus dem letzten Saal erschöpfte Leute, aus deren Antlitz nichts weniger als das Gefühl eines eben erhaltenen großen Kunstgenusses uns entgegenleuchtet; und als Ergebniß bleibt vielfach nicht viel mehr als ein Gefühl der Ermattung und eine verschwommene Vorstellung von allerlei Köpfen, Blumen, Thierstücken, Landschaften, aus deren Zahl allerdings einige besonders auf das Auge und das Gemüth einwirken. Wer dagegen Muße genug besitzt und zu genießen statt zu arbeiten beabsichtigt, wird sich nach einem kurzen Ueberblick und vielleicht mit Zuhilfenahme einer passenden Anleitung vor allem einige hervorragende Gruppen von Kunstwerken, besonders werthvolle Erzeugnisse der einzelnen Schulen aus der verirrenden Masse herausheben; er schafft sich auf diese Weise innerhalb der Sammlung gewissermaßen eine keine Privatgalerie, die er öfters besucht und in deren Verständniß er mit Liebe und Hingebung immer tiefer eindringt: diese dient ihm dann als Grundlage, von der aus er seine Kenntniß des Ganzen je nach Bedürfniß und Geschmack weiter ausbildet.
Ganz Aehnliches trifft für den Laien zu, welcher die Anregung in sich fühlt, in dem unendlichen Meer von Sternen und Sternchen, die allabendlich am dunklen Firmament erglänzen, sich wenn auch nur oberflächlich zurechtzufinden. Der astronomischen Wissenschaft bringt zweifelsohne das Publikum viel Liebe und Interesse entgegen; aber die Versuche, mit Hilfe von Sternkarten sich zu orientieren, scheitern meist daran, daß letztere zu viel bieten und dadurch verwirren und ermüden. Ungefähr 116 Sternbilder mit vielfach sehr willkürlicher Anordnung und mit oft wunderlich gemischten Namen von Thieren, mythischen Personen, Waffen, physikalischen Instrumenten etc. sollen durch die scheinbare Analogie ihrer Anschauung dem Gedächtniß nachhelfen (Crichthon, Paradiesvogel, Kameelopard, Uranischer Sextant, Einhorn, Luftpumpe, Schild des Sobiesky, Elektrisirmschine, Brandenburgisches Scepter u. f. f. ). Dazu kommen eine große Zahl einzelner Sterne, endlich die Planeten, die zudem fortwährend ihre Stelle unter den übrigen Sternen wechseln, – das alles verwirrt und entmuthigt den Laien; und nach wenigen Abenden mehr oder weniger emsigen Vergleichens zwischen dem gewaltigen Sternenfeld über unseren Häuptern und zwischen dem kleinen, dazu meist ebenen Abbild in der Hand wird in der Mehrzahl der Fälle an dem Bekanntwerden mit dieser schönen Wissenschaft verzweifelt.
Die Himmelstopographie erlernt sich nicht an einem oder zwei Abenden, und zumal hier, wo das Beobachtungsfeld selbst beweglich ist, ist es unerläßlich, sich zunächst auf einige besonders in die Augen springende Gruppen und Hauptsterne zu beschränken. Diese kleine Privatgalerie von Sternen möge der Beobachter mehrere sternhelle Abende nacheinander besuchen und an ihrem Glanz, ihrem flimmernden, mitunter wechselnden Lichtschein, ihren Farben sich erfreuen; hat sich dann die Vorstellung von ihrer gegenseitigen Lage immer mehr gefestigt, weiß der Beobachter: hier wird die Wega, hier der glänzende Arctur, hier der Herrscher Sirius aus dem Dunkel auftauchen, wenn die Reflexe des Sonnenlichts mehr geschwunden sind, – dann wird sich die Freude an weiterem Eindringen von selbst einstellen.
Durch eine kleine Reihe von Aufsätzen mit ebensovielen nur wenige Hauptgruppen und Hauptsterne bietenden Kärtchen sammt Orientierungslinien will die „Gartenlaube“ dem erwähnten Laienbedürfniß entgegen kommen. Die Voraussetzungen, welche zum Verständniß erforderlich sind, werden sehr geringe sein: erstens an astronomischen Vorkenntnissen die Bekanntschaft mit dem Sternbild des Großen Bären und zweitens Liebe zur Sache und häufige Betrachtung des Sternenhimmels.
Wir gehen jedesmal von dem als bekannt vorausgesetzten Sternbild des Großen Bären aus, das in unseren Breiten stets sichtbar bleibt. Dasselbe besteht aus 7 Sternen von nahezu der gleichen Helligkeit. Von einigen Astronomen werden für die einzelnen besondere Namen angeführt; letztere sind, der Reihenfolge der in dem Kärtchen angegebenen Nummern entsprechend. Dubhe, Merak, Phegda, Megrez, Alioth, Mizar, Benetnasch; nur wenig von Mizar. (Nr. 6) entfernt befindet sich ein kleiner Stern fünfter oder sechster Größe, der am Schwanz des Großen Bären sich befindet, Alcor, „das Reiterlein“ genannt, bei den Arabern Saidak, d. h. der Prüfer, weil man schon bei ihnen an der Unterscheidung dieses Sternchens die Schärfe des Auges zu prüfen pflegte. – Oefters wird diese Gruppe von 7 Sternen, wenn auch mangelhaft genug, unter dem Bild eines Wagens, des Davidswagens, zusammengefaßt, in diesem Fall stellen die ersten vier die Räder oder den Wagenkasten, die drei übrigen, die Deichsel vor.
Verlängert man die Verbindungslinie der Sterne 1 und 2 des Großen Bären über 1 hinaus etwa viermal um sich selbst und biegt zugleich etwas nach rechts ab, so stößt man auf den Polarstern P, einen Stern dritter Größe, der dem Sternbild des Kleinen Bären angehört; sein Name (von dem griechischen Zeitwort poleo ich drehe) rührt daher, weil er dem gegenwärtigen Nordpol des Himmels besonders nahe steht; in Wirklichkeit beschreibt auch er einen kleinen Kreis am Himmel während jedes Tages. Bemerkt möge werden, daß nicht immer derselbe Stern Polarstern ist; sondern diesen Namen erhalten im Laufe der Zeit alle Sterne, welche auf einem gewissen Kreis liegen, der annähernd durch die Wega, durch Deneb und den jetzigen Polarstern geht; in 25870 Jahren vollendet dieser Polarstern seinen ganzen Umlauf.
Wird die erwähnte Linie, welche zum Polarstern führte, noch weiter verlängert, so geht sie durch das Sternbild des Pegasus. Man bemerkt hier ein Viereck von ziemlich gleich hellen Sternen, das wenigstens annähernd die Form eines Quadrats zeigt. Der dem Stern Markab in dem Quadrat gegenüberstehende gehört aber zu dem Sternbild der Andromeda, von dem nachher noch einen Augenblick die Rede sein soll.
Die Linie 3 – 4 des Großen Bären. über 4 hinaus fortgesetzt, führt fast genau zur Wega, welche im Sommer für Mitteldeutschland nahezu durch den Zenith geht.
Für die Beobachtung des Sternenhimmels während der Sommermonate ist besonders bemerkenswert das Viereck: Polarstern P. Wega, Atair und Deneb: worunter Atair und Wega von der ersten Größe. Dies Viereck, dessen gegenüberliegende Seiten nahezu parallel sind, dient für eine große Fläche des Himmels zu sehr bequemer Orientierung. – Die Linie 5 P ferner führt geradenwegs auf die Mitte des Sternbilds der Cassiopeia, das bekannte große lateinische W am Himmel, ans 5 Sternen von fast derselben Helligkeit gebildet. – endlich die Linie 4 – 1 leitet nach dem Sternbild des Fuhrmanns, dessen Hauptstern Capella (Ziege) überhaupt zu den glänzendsten Gestirnen des nördlichen Himmels gehört. Von der Capella und Cassiopeia aus ist Scheat und der durch seine Veränderlichkeit merkwürdige Algol leicht aufzufinden.
Dem Anfänger ist zu empfehlen, im Gedächtniß zu behalten, daß, beim Blick nach Norden, also in der Richtung nach dem Polarstem, der Grosse Bär in den Abendstunden des Sommers oberhalb, in denen des Winters unterhalb des Polarsterns aufzusuchen ist und daß für die Cassiopeia, die in Beziehung auf den Polarstern dem Großen Bären stets gegenübersteht, das Umgekehrte gilt.
Von dem oben erwähnten Sternbild der Andromeda ist in dem Kärtchen der berühmte Stern-Nebel noch angedeutet. Dieser Nebel, welcher mit dem bloßen Auge sichtbar ist, war schon lange Gegenstand aufmerksamer Fernrohrbeobachtung und ist in neuerer Zeit wieder besonders in den Vordergrund des Interesses getreten: Im Jahre 1848 vermochte George Bond in diesem Wölkchen 1500 Sterne zu unterscheiden, auch entdeckte er gewisse eigentümliche Streifungen. Seit einigen Jahren sind bekanntlich mehrere Sternwarten damit beschäftigt, regionenweise den ganzen Sternenhimmel einheitlich photographisch aufnehmen. Mit Hilfe der Photographie soll eine systematische Katalogisierung des Fixsternhimmels während der nächsten Jahre durchgeführt werden, und man hofft auf Grund der bisherigen Versuche, die früher mit Hilfe des Fernrohrs hergestellten Sternkataloge etwa um das 15fache zu vervollständigen. Eine photographische Aufnahme des Andromeda-Nebels ist in neuerer Zeit Roberts bei einer Expositionszeit von vier Stunden in trefflicher Weise gelungen. Man erkennt deutlich concentrische Ringe mit dunklen Zwischenräumen, sowie einzelne Massenanhäufungen. Die Aehnlichkeit mit dem Ringsystem des Planeten Saturn drängt sich unwillkürlich auf. Auch für eine nüchterne Auffassung ist der Schluß nicht allzu gewagt, daß man hier eine glänzende Bestätigung der Knutschen Hypothese für die Bildung von Weltsystemen vor sich hat. Ein Sonnenkörper ist hier in der Zusammenziehung begriffen; einige Ringe haben sich losgelöst, wovon die zwei äußersten sich bereits zu werdenden Planeten zusammengeballt haben. Daß diese Ringe nicht kreisförmige, sondern ovale Gestalt zeigen, rührt natürlich nur davon her, daß die Hauptebene jenes Sternensystems von uns aus gesehen schief erscheint.
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Die Astronomie auf der Straße.
In Nr. 18 dieses Jahrgangs haben wir den Versuch gemacht, an der Hand eines Theilkärtchens des gestirnten Himmels den Freunden der Himmelsbeobachtung ein müheloses Auffinden wichtiger Sterne und Sterngruppen zu ermöglichen, wobei grundsätzlich jedes weitere Eingehen auf die Theorie vermieden und vorzugsweise die gegenseitige Lage der Hauptsterne ins Auge gefaßt wurde.
Indem wir unsere Wanderung fortsetzen, gehen wir wieder vom Sternbild des Großen Bären aus. Es wurde schon angedeutet, wie am Himmel das von sechs bis sieben Sternen gebildete W, die Cassiopeia, aufzufinden ist; man denkt sich eine Linie von dem Stern 5 des Bären nach dem Polarstern gezogen und verlängert: diese Verlängerung führt dann durch die Mitte der Cassiopeia. Bei dieser Gelegenheit möge auch daran erinnert werden, daß die „Linien“, durch die wir hierbei in Gedanken zwei Sterne verbinden, in Wahrheit keine geraden Linien, sondern Kreisbögen am Himmelsgewölbe sind, die sich dann in ebenen Abbildungen, wie z. B. in unseren Kärtchen, als Gerade darstellen; und entstehen allerdings auf diese Weise manche kleine Ungenauigkeiten, allein das läßt sich nicht umgehen, wenn wir unseren Zweck erreichen wollen, in möglichst klarer und einfacher Weise annähernde Orientierungslinien am Himmelsgewölbe zu geben.
Die eine Diagonale im Viereck des Großen Bären, die Linie, welche die Sterne 3 und 1 verbindet, führt ziemlich genau nach dem Algol im Sternbild des Perseus – einem neuerdings von wissenschaftlicher Seite vielfach besprochenen Stern, der für eine merkwürdige Klasse von Sternen, für die sogenannten veränderlichen, als typisch gelten kann. Algol ist nämlich einer regelmäßigen Veränderlichkeit seines Glanzes in der Weise unterworfen, daß er stets zwei Tage und dreizehn Stunden dieselbe Helligkeit von etwa zweiter Größe zeigt, dann aber innerhalb drei bis vier Stunden zur vierten Größe herabsinkt, so eine Viertelstunde verharrt, um dann wieder in seinem Glanz zuzunehmen; er besitzt auf diese Weise eine Periode des Lichtwechsels von zwei Tagen und zwanzig Stunden – wenigstens gegenwärtig. Denn diese Periode ist im Lauf der Zeit kürzer geworden.
Verlängert man ferner die Linie, welche durch die Sterne 1 und 2 des Großen Wagens geht und früher zur Auffindung des Polarsterns diente, nunmehr in der entgegengesetzten Richtung, so leitet sie zu einer Gruppe von Sternen, die meist in der Form eines Trapezes zusammengefaßt werden; an einem Ende der Grundlinie steht Regulus, ein Stern erster Größe, am anderen Ende erblickt man Denebola von der zweiten Größe. Weiter – die Linie, welche die beiden Sterne 4 und 1 des Großen Wagens verbindet, geht, falls man sie von der Deichsel des Wagens oder vom Schwanz des Bären aus in entgegengesetzter Richtung fortsetzt, in der Nähe der Capella (Ziege) vorbei, eines besonders glänzenden Sterns erster Größe im Bilde des Fuhrmanns; in ihrer weiteren Verlängerung weist diese Linie den Weg nach dem Aldebaran im Sternbild des Stiers (Stierauge), das unter anderem die bekannten Sterngruppen der Hyaden und Plejaden (Gluckhenne) enthält.
Wir sind damit in einer Gegend des gestirnten Himmels angelangt, die namentlich an den Abenden der Wintermonate durch den großen Reichthum an Sternen erster Größe besonderen Lichtglanz verbreitet und die deshalb und infolge der eigenthümlich regelmäßigen Gruppierung der Hauptsterne unter Laien am meisten bekannt ist; fast jeder hat doch schon einmal den Sirius, den Jakobsstab, die Zwillinge, die Gluckhenne, Rigel, Beteigeuze sich zeigen lassen. Die Zwillinge, Castor und Pollux, lassen sich vom Großen Bären aus, der für Bewohner mittlerer Breiten „niemals in Okeanos’ Bad hinabsteigt“, leicht auffinden, wenn man sich die andere Diagonale, die Verbindungslinie der Sterne 4 und 2, fortgeführt denkt. Die Linie vom Polarstern zum Pollux trifft ungefähr auf Procyon im Kleinen Hund, und die Linie Polarstern – Capella leitet nach dem schönsten Sternbild am Himmel, dem Orion mit dem Orionnebel; die hier sofort in die Augen fallenden drei Sterne in gerader Linie (Gürtel des Orion, Jakobstab) weisen durch eine Verlängerung ihrer Verbindungslinie nach Osten zu fast genau auf Sirius im Großen Hund, den glänzendsten Stern am Firmament, der rund eine Million Sonnenweiten oder siebzehn Jahre Lichtzeit von uns entfernt ist, d. h. das Licht braucht siebzehn Jahre, um von diesem Stern zur Erde zu gelangen. Sirius scheint sich in geschichtlicher Zeit aus einem rothen Stern zu einem weißen umgewandelt zu haben; er ist ferner ein Doppelstern, was Bessel durch bloße theoretische Erwägung erkannte, noch ehe der Begleitstern mit dem Fernrohr gesehen wurde. Nach Kant, der die Ideen von Wright weiter entwickelte, soll unser Planetensystem als Theil in einem weit größeren Sternensystem von linsenförmiger Gestalt enthalten sein, als dessen Kante sich für uns die Milchstraße darstelle und dessen Centralsonne eben der Sirius sei.
Wir haben vorhin flüchtig den Namen der veränderlichen Sterne erwähnt, bei welchen die Stärke des Glanzes einem Wechsel unterworfen ist. Neben ihnen giebt es nun noch sogenannte neue (kurzzeitige, temporäre) Sterne, die plötzlich ohne Vermittlung am Firmament glänzend auftauchen, um dann nach längerer oder kürzerer Frist wieder zu verschwinden. Der erste „neue Stern“ wurde im Jahr 134 v. Chr. im Sternbild des Skorpions von chinesischen Astronomen beobachtet, wie Ed. Biot aus der Sammlung des Matuan-Lin ermittelte: im Jahr 130 n. Chr., zur Zeit des Hadrian, wurde ebenfalls ein neuer Stern beobachtet; im Jahr 173 n. Chr. ein sehr großer Stern im Centaur, der nacheinander fünf verschiedene Farben annahm und nach acht Monaten verschwand; im Jahr 945 n. Chr. unter Otto dem Großen ein Stern zwischen Cepheus und Cassiopeia; aus dem Jahr 1012 erwähnt ein Mönch von St. Gallen, Hepidannus, einen neuen Stern im Widder, der die Augen blendete und wunderbarerweise bald größer, bald kleiner erschien, zuweilen auch gar nicht sichtbar war; 1264 und 1572 tauchten beide Mal im Sternbild der Cassiopeia neue Sterne auf, und jetzt ist die Zahl der bekannten Erscheinungen dieser Art auf mehr als dreißig gestiegen.
Bei weitem der berühmteste aller neuen Sterne ist derjenige vom 11. November 1572, der von seinem Auftreten an bis zu seinem Verschwinden von Tycho de Brahe und weiterhin von vielen Astronomen eingehend beobachtet wurde. Man stellte damals die verschiedensten und abenteuerlichsten Vermuthungen zur Erklärung des Räthsels auf; Tycho de Brahe selbst nahm an, der Stern sei eine neue Schöpfung Gottes. Neuerdings scheint es, daß die Spektralanalyse auch auf diese Erscheinung der neuen oder wenigstens neu erscheinenden Sterne einiges Licht zu werfen imstande sei; Huggins fand, allerdings im Gegensatz zu Vogel, daß die Spektralfarben des neuen Sterns in der „Krone“ von 1866 vorzugsweise dem Wasserstoff angehörten, und schloß, daß die Ursache für das Aufflammen und Wiederverlöschen des Sterns brennendes Wasserstoffgas sei, das sich infolge einer innern Umwälzung in großer Menge aus dem fernen Weltkörper entwickle. Gegenwärtig neigen sich manche Astronomen mehr und mehr der Ansicht zu, daß man es hier mit einem Zusammenprall zweier Weltkörper zu thun habe, eine Annahme, die um so eher unsere Antheilnahme erregt, wenn wir bedenken, daß damit die Kunde eines Ereignisses zu uns dringt, das vor vielen Hunderten von Jahren in entlegenen Fernen des Raums sich vollzog. Wie erwähnt, giebt es eine Reihe von veränderlichen Sternen, wie z. B. Algol, die eine mehr oder weniger regelmäßige Veränderlichkeit ihres Glanzes aufweisen; mit bloßem Auge allein sind über vierzig solcher Sterne sichtbar; Gould glaubt sogar, daß alle Sterne veränderlich sind. Diese veränderlichen Sterne wurden früher mit den temporären, kurzzeitigen zusammengenommen. Kepler wagte es 1604 als erster, den Gedanken auszusprechen, „daß alle Planeten und Fixsterne sich um ihre Achse drehen“; er gab damit den Astronomen einen neuen Grundsatz zur Erklärung für eine Menge von räthselhaften Vorgängen am Himmel an die Hand. Riccioli, in seinem „Neuen Almagest“, nahm von diesem Grundgedanken aus an, es gebe am Himmel gewisse Sterne, die von Ewigkeit her zur Hälfte leuchtend, zur anderen dunkel seien. „Will nun Gott den Menschen besondere Zeichen erscheinen lassen, so läßt er einen von diesen Sternen sich plötzlich um seinen Mittelpunkt drehen, und durch eine ähnliche Drehung entzieht sich der Stern wiederum unseren Augen; entweder plötzlich oder allmählich.“ Danach seien die Sterne von 945, 1264 und 1572 Erscheinungen desselben Sterns in verschiedenen Drehlagen.
Gegenwärtig werden die kurzzeitigen Sterne völlig von den veränderlichen geschieden. Prof. Vogel und Dr. Scheiner haben in neuerer Zeit durch die Methode der Verschiebung der Spektrallinien nachgewiesen, daß sich Algol vor der Verfinsterung von uns entfernt, nach derselben sich uns wieder nähert; und auf Grund der Annahme, daß die Ursache des zeitweisen Hell- und Dunkelwerdens in der zeitweisen Verdeckung durch einen dunklen Begleiter liege, mit dem sich Algol um einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt dreht, war es sogar möglich, die sämmtlichen Verhältnisse dieses unsichtbaren Begleiters zu ermitteln; ist seine Bahn eine Kreisbahn und seine Dichte die gleiche, wie die des Hauptsterns, so ist der Durchmesser des Begleiters 180 000 Meilen und seine Entfernung vom Hauptstern Algol 700 000 Meilen.
Die Forschung mit Hilfe der Photographie hat sich neuerdings ebenfalls dieser Objekte bemächtigt. Auf der photographischen Platte erscheinen die Sterne als Scheibchen von größerem oder kleinerem Durchmesser, je nach der Helligkeit des Sterns; nun fand Kapteyn bei photographischen Sternaufnahmen des südlichen Himmels öfters zu verschiedenen Zeiten verschiedene Durchmesser für diese Scheibchen; es liegt also sehr nahe, den Grund dafür in der faktischen Veränderlichkeit der Sterne zu suchen und diese Beobachtung zur Messung zu verwenden, Dr. C. Cranz.