Textdaten
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Autor: G. Nentwig
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Titel: Deutsche Pioniere im Osten
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 50, S. 830–832
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Deutsche Pioniere im Osten.

Eine culturhistorische Skizze von G. Nentwig.

Es ist eine alte Erfahrung im Völkerleben, ein unumstößliches Naturgesetz, daß überall da, wo zwei Völker innerhalb eines Landes sich mit einander vermischen, das Volk von höherer Cultur das untergeordnete mit sich verschmilzt. Still und langsam, den Zeitgenossen kaum wahrnehmbar, vollziehen sich derartige Wandelungen, und erst die Geschichte von Jahrhunderten zeigt sie dem erstaunten Blicke des Beobachters oder Forschers.

Schauen wir sieben Jahrhunderte zurück, so finden wir das Land östlich der Elbe noch in den Händen der Slaven und erfahren zugleich, daß in jener Zeit die ersten Versuche gemacht wurden, Deutsche als Pioniere der Cultur, der Intelligenz und des Gewerbefleißes an der Oder (und später auch an der Weichsel) anzusiedeln. Denken wir nur an den Bienenfleiß des einst so großen und mächtigen Ritterordens, welcher mit zäher Ausdauer jene weitgedehnten Gebiete an der Ostsee germanisirte und dort deutsche Sitte, deutsche Cultur und deutsches Recht einführte!

Schlesien war um das Jahr 1200 noch eine Provinz des mächtigen Königreichs Polen, und seine Bevölkerung bestand überwiegend aus Slaven. Erst im dreizehnten Jahrhundert traten deutsche Colonisten in das so reich gesegnete Land ein.

Durch diese deutschen Colonien kam germanisches Blut und germanische Cultur in’s Land, und gingen auch viele derselben in den Jahrhunderte langen Kämpfen um den Besitz Schlesiens wieder unter oder nahmen ihre Bewohner slavisches Wesen und die sogenannte wasserpolnische Sprache an, welche ein Gemisch des polnischen Idioms mit deutschen Anklängen ist, so hielt doch im Großen und Ganzen diese Kraft sich aufrecht und drängte das slavische Element unaufhaltsam zurück. Als Beweis dafür sei nur die interessante Thatsache angeführt, daß in denjenigen Kreisen Ober- und Mittelschlesiens, welche die Grenze der slavischen Districte bilden, die Großeltern vieler Familien nur der polnischen Sprache mächtig sind, während die Enkel nur noch deutsch sprechen. –

Heutigen Tages wird ungefähr der fünfte Theil der Bevölkerung Schlesiens (circa 20 Procent) aus Polen gebildet, und zwar ist es der Regierungsbezirk Oppeln, also Oberschlesien hauptsächlich, wo sie auf dem platten Lande überwiegen. So machen sie, rund 750,000 Seelen zählend, im Osten der Oder reichlich drei Viertel der Bevölkerung aus und bilden fast ausschließlich die Landbevölkerung. Hier in den Kreisen Oppeln, Groß-Strehlitz, Lublinitz, Beuthen, Pleß, Rybnik, Gleiwitz etc., sehen wir denn auch an den viel niederen Erträgen des Landbaues den Unterschied zwischen slavischen Gewohnheiten und deutschem Fleiße hervortreten.

Die Lage des polnischen Landmanns war bis zur Emancipation desselben – der Aufhebung der Leibeigenschaft und später[WS 1] des Robothdienstes – materiell wie rechtlich äußerst kläglich: die slavischen Bauern waren Leibeigene des Grundherrn und bebauten den Acker des Adels und der Geistlichkeit, in deren Händen sich der gesammte Grundbesitz befand. Enorm waren die Anforderungen, die man an sie stellte, fast unerschwinglich, was sie an Naturalabgaben, an Wacht-, Spann- und Handdiensten etc. dem Gutsbesitzer und dem Landesherrn zu leisten hatten, wozu dann noch der Zehnte an den Clerus kam. Es blieb in der That dem Landmann nur das nackte, elendeste Dasein übrig – das tägliche Schwarzbrod mit saurer Milch bildete seine Hauptnahrung. – Geistig blieb er auf der niedrigsten Stufe der Civilisation stehen, und der katholische Clerus sorgt hier auch heutigen Tages noch für die Verwirklichung der alten Maxime: „Selig sind die Einfältigen; denn nur sie – gehorchen mir.“

Die Leibeigenschaft wurde im Anfang dieses Jahrhunderts aufgehoben, und 1848 folgte die Aufhebung des Roboths. Der Bauer wur also nun endlich frei auf seiner Scholle. Jahrhunderte lange Knechtschaft aber, der gänzliche Mangel an Geistesbildung, die despotische Gewalt, welche der Clerus über den durchweg der katholischen Religion angehörenden polnischen Bauern sich zu erhalten verstand – all dies ließ den gemeinen Mann jener Gegenden den Werth der Freiheit nicht erkennen und hielt ihn in der physischen wie psychischen Versumpfung, die uns in diesen Bezirken so unverkennbar entgegeutritt.

Um gerecht zu sein, müssen wir freilich hinzufügen, daß die genannten Kreise denjenigen Theil Oberschlesiens auf der rechten Oderuferseite bilden, welcher den unfruchtbarsten Boden enthält: Sand, überwiegend Sand, und schweren, zähen, kalten Letteboden. Aber auch dort, wo der Boden dankbarer ist, wie in einzelnen Districten der Kreise Ratibor, Oppeln, Pleß und Gleiwitz – auch da verleugnen sich die genannten Uebel nicht; auch dort ist die landwirthschaftliche Cultur sehr zurückgeblieben.

Der Typus des oberschlesisch-polnischen Landmanns, der meist noch in der polnischen Nationaltracht einhergeht, ist ein charakteristischer, [831] aber im Allgemeinen unschöner, und nur selten sieht man unter den Männern und Frauen ein hübsches Gesicht. Ihren vorherrschenden Charakterzügen nach sind sie träge und gutmüthig, mit einem starken Beisatz von Verschlagenheit. Anerzogen ist ihnen eine sehr abergläubische Bigotterie, welche sie dermaßen unter dem Krummstabe der Geistlichkeit hält, daß der katholische Pfarrer unumschränkt die Gemüther des Volkes beherrscht.

Hierzu kommt leider bei Männern wie Frauen die unselige Trunksucht, welche sie physisch wie moralisch ruinirt. Auf das Nothdürftigste beschränkt der polnische Bauer seine Nahrung, und muß sie darauf beschränken, weil er sein Gut, seine Aecker nicht durch Arbeit zu verbessern sucht, sondern nur die notwendigste Bestellung des Bodens in althergebrachtem Schlendrian vornimmst; darum sind auch die Erträge seines Bodens auf ein Minimum beschränkt. Als Nahrung dienen ihm hauptsächlich Kartoffeln und „Shur“. Letzterer besteht aus Sauerteig, in welchen Speckstücke geworfen werben und der dann unter Wasserzuguß gekocht und gierig verschlungen wird. Gut zubereitet soll das Gericht nicht so übel munden, hier aber läßt die Zubereitung meistens an Sauberkeit zu wünschen übrig.

Es ist wahr, der Boden jener Gegenden ist nicht besonders ergiebig, aber seine Dürftigkeit steht in keinem Verhältniß zu der Armuth des polnischen Bauers. Wir haben in Deutschland, ja in Schlesien selbst schlechtere Ackerdistricte, wo dennoch mit Fleiß und zäher Ausdauer dem Boden die doppelte, ja vierfache Frucht abgerungen wird, als sie der Wasserpole auf seinem Acker erntet. Seit drei Jahrzehnten ist er freier Bauer auf seiner Scholle. Aber was wollen dreißig Jahre der Freiheit bedeuten im Vergleiche mit der Jahrhunderte hindurch fortgesetzten feudalen und priesterlichen Herrschaft, die dieses unglückliche Volk zur Thierheit herabgedrückt, um es desto bester knechten und ausbeuten zu können! Uebrigens hat sich der Segen der fortschreitenden Zeit trotz aller Bollwerke der Hierarchie auch hier nicht ganz verleugnet; denn trotz Allem ist im letzten Jahrzehnt vielfach ein Aufraffen des polnischen Bauers in Oberschlesien zu bemerken gewesen; Mancher fängt bereits an, den Werth des fleißigen Schaffens, der Ordnung und Cultur einzusehen. Es geschieht das überall, wo deutsche Belehrung und deutsches Beispiel ihren Einfluß üben. Aber neben der Priesterherrschaft steht diesen menschenfreundlichen Bestrebungen ein in Oberschlesien alteingesessenes Uebel im Wege: der schamloseste Wucher, durch welchen jahraus jahrein viele Bauern von ihren Höfen vertrieben werden. Gelegentlich der letzten Hungersnot in Oberschlesien ist das gewissenlose Treiben der dortigen Wucherer in erschreckender Weise aufgedeckt worden, und die Thatsachen sind so allgemein bekannt, daß wir auf dieselben wohl ausführlicher nicht einzugehen brauchen.

Zur richtigen Beurtheilung der Ursachen und Folgen der trostlosen Lage dieses Bauernstandes ist kaum etwas dienlicher als sich das Bild eines merkwürdigen und interessanten Gegensatzes zu vergegenwärtigen, der sich auf diesem traurigen Boden herausgebildet hat. Schreitet man eine halbe Stunde über die Industriestadt Gleiwitz hinaus, so leuchtet einem mitten aus dem Elend und Schmutz jener verkommenen Bevölkerung, aus der öden, von dem Rauch unzähliger Hüttenwerke geschwärzten Wüste Oberschlesiens, dieser Brutstätte wiederkehrender Hungerseuchen eine Oase entgegen, die sofort den Blick gefangen nimmt: ein großes, freundliches Dorf, Schönwald genannt.

Noch strenger abgeschlossen von den polnischen Nachbarn als der Sachsenstamm im fernen Siebenbürgen von der slavisch-romanischen und magyarischen Umgebung, hat diese deutsche Colonie Oberschlesiens sich seit dem Jahre 1223 bis heute nicht nur erhalten, sondern auch voll die deutsche Sitte und den deutschen Sinn bewahrt. Nur durch Fleiß und Strebsamkeit ist die einst winzige Ansiedelung zu einer der reichsten Gemeinden Schlesiens geworden, und wenn irgendwo, so hat sich aus diesem Fleckchen Erde die Culturkraft des deutschen Elementes unwiderruflich bewährt.

In den Bewohnern des Dorfes sehen wir noch in geschlossenem Beisammenleben die Nachkommen jener deutschen Colonisten, welche vor sechs und einem halben Jahrhundert durch den Herzog Kasimir von Oberschlesien in's Land gerufen wurden, um die Urwälder desselben urbar zu machen. Die Fremdlinge kamen meist aus den reich bevölkerten Niederungen Sachsens und aus Mitteldeutschland in das noch so unwirthliche polnische Land. So ließ sich eine Anzahl Familien aus Meißen im Jahre 1223 in dem Boyezow nieder, wie die ganze mit Urwald bedeckte Gegend von dem Flüßchen Birawka bis zur Klodnitz bei Gleiwitz hieß. Theuerung und Hungersnoth trieben zu jener Zeit die arme Landbevölkerung Niedersachsens ostwärts.

Nachdem diese fleißigen Ansiedler in kurzer Zeit große Strecken des schönen Waldes ausgerottet hatten, gründeten sie Colonien, von denen die älteste (um's Jahr 1200) Deutsch-Zernitz war, welche aber in späteren Zeiten sich mit polnischen Elementen vermischte und nach und nach polonisirte. Unsere Meißener Landsleute dagegen nannten ihre Colonie Schönwald, den Namen ihres neuen Heims der schönen Waldgegend entlehnend.

Später (1258) gründete sodann Herzog Wladislaus von Oppeln das Cisterzienserkloster Rauden um durch deutsche Mönche die deutschen Colonisten in ihrer Culturaufgabe zu unterstützen, und schenkte außerdem mit dem Boyczow dem Kloster auch die darin liegenden Ortschaften, wodurch auch Schönwald demselben unterthänig wurde.

Hierbei sei jedoch bemerkt, daß die deutschen Colonisten (gleich den Siebenbürger Sachsen) von den Herzogen Schlesiens mit deutschem (sogenanntem Magdeburger) Recht belehnt wurden, wonach sie freie Männer auf der ihnen verliehenen, von ihnen dem Urwalde abgerungenen Scholle blieben und dem Stifte Rauden nur den üblichen Zehnten und den Grundzins entrichteten.

Die polnischen Bauern damaliger Zeit standen unter der Gerichtsbarkeit der Castellane (Landesverwalter); der von ihnen bebaute Grund und Boden war, wie schon gesagt, Eigenthum des erbangesessenen Adels, dessen Leibeigene sie waren. Als solche lebten sie fast rechtlos und waren den Launen ihrer Feudalherren so gut wie schutzlos preisgegeben. Außer den Spann- und Handdiensten die sie dem Gutsbesitzer leisteten, mußten sie dessen Jagdmeute füttern (Hunde, Falken etc.), die Dienerschaft und Couriere der Gäste ihres Herrn, sowie der Landesfürsten auf deren Reisen bewirthen und unentgeltlich Vorspann leisten, Getreide für die Besatzung der landesherrlichen Burgen liefern und andere Frohndienste leisten.

Daß unter solchen Verhältnissen dem polnisch-schlesischen Bauer wenig oder in schlechten Erntejahren nichts von der Bestellung des Ackers übrig blieb, welcher ihm nicht einmal gehörte, ist ebenso erklärlich, wie daß er unter solchen Seitenverhältnissen leiblich und geistig verwahrlosen mußte.

Ganz anders die deutschen Freibauern und deren Colonien! Unter dem besonderen Schutze der Landesherren oder der hauptsächlichsten Culturträger jener Tage der geistlichen Ordensstifte, kamen sie sehr rasch empor. und so blühte auch unser Schönwald bald zu ansehnlicher Stattlichkeit heran. Das waren freilich besonders glückliche Umstände. Sie würden jedoch nicht ausgereicht hoben, den Ort beinahe sieben Jahrhunderte lang, trotz mannigfacher schwerer Heimsuchungen, auf seiner Höhe zu erhalten und sein Gedeihen zu fördern, wenn nicht die kernige Art des urdeutschen Charakters seiner Bewohner, ihr Festhalten an deutscher Art und die Fernhaltung des umgrenzenden polnischen Elements hinzugekommen wären.

Ganz Oberschlesien ist überwiegend römisch-katholisch, und dieser Kirche gehören auch die Schönwälder seit jeher an. Der Umstand, daß sie einem geistlichen Stifte dieser Kirche unterthänig waren und daß unstreitig dieses Cisterzienserstift Rauden sein Wohltäter, sein Schützer und sein geistiger und weltlicher Rathgeber jeder Zeit gewesen ist, mag die biederen Bauern abgehalten haben, zur Zeit der Reformation dem Beispiele ihrer stammverwandten Meißener zu folgen und lutherisch zu werden. Das Religionsbekenntniß ist aber fast das Einzige, was sie mit ihrer polnischen Umgebung gemeinsam haben In allem Anderen unterscheiden sie sich wesentlich, schon in ihrem Aeußeren auffallend, von den Wasserpolen. Sie haben die deutsche Sprache und Meißener Mundart beibehalten, welche allerdings durch den steten geschäftlichen Verkehr mit den Wasserpolen wesentliche Veränderungen erlitten hat und ein Gemisch von sächsischem Deutsch und schlesischem Polnisch geworden ist, für Fremde schwer verständlich. In der Gegend von Gleiwitz wird diese Sprache die „Schönwälder Mundart“ genannt.

Ebenso haben sie in ihrem ganzen Haus-, Familien- und Gemeindeleben, bei all ihren Festen und Feierlichkeiten die Sitten und Gebräuche ihrer ursprünglichen Heimath beibehalten und gleichen auch hierin, wie in fast allem Anderen, den Siebenbürger Sachsen. [832] Ihre Tracht ist bis heutigen Tages die altsächsische: die Männer gehen in kurzen Jacken, langen Tuchmänteln und niedrigen Filzhüten einher. Mäntel tragen sie natürlich nur zum Kirchgange, zu Festlichkeiten und bei Besuchen der Stadt dann aber selbst im heißesten Sommer. Frauen und Mädchen kleiden sich in kurzen blaue Röcke, welche bis zur halben Wade die rothen Strümpfe sichtbar lassen, über den Rock fällt eine lange Jacke, und große, schneeweiße Tücher, oft reich gestickt, hüllen Kopf und Schultern ein.

Nach dem Dreißigjährigen Kriege, welcher auch über jene Gegenden Verheerung und Noth brachte, verlegten sich die rührigen, arbeitsamen Schönwälder auf das Fuhrwesen, weil ihre Aecker wüst und brach lagen und der wieder aufblühende Handel dieses Geschäft sehr lucrativ machte. Sie dehnten ihre Touren östlich bis Kerms, Krakau, Warschau, Lemberg und bis nach Ungarn hinein, westlich bis Breslau, Frankfurt an der Oder und Sachsen aus. Einzelne Bauern hielten sich damals dreißig bis vierzig Pferde und verdienten viel Geld mit diesem Fuhrwesen. Dagegen ward in jener Periode die Landwirthschaft sehr vernachlässigt, welche erst später sich wieder hob.

Bis 1810 – dem Jahre der Aufhebung der Klöster in Preußen – blieb das Kloster Rauden der Grundherr des deutschen Dorfes, worauf dieses in den Besitz des Kurfürsten von Hessen-Kassel, darauf 1820 des Landgrafen von Hessen und endlich 1834 in den Besitz des Herzogs Victor von Ratibor gelangtes.

Wie groß die Zähl der ursprünglichen Ansiedler war, ist nicht mehr zu ersehen. Die älteste Urkunde aus dem Jahre 1534 weist neunundvierzig zinspflichtige Stellen auf. Auf den zum Klosterbesitz gehörenden zwei herrschaftlichen Vorwerken dienten in früherer Zeit nur polnisches Gesinde und polnische Tagelöhner, die aber vielfach als Colonisten der Gemeinde sich anschlossen und deutsches Wesen annahmen. Daher neben den überwiegend altdeutschen Namen der Bewohner die polnischen.

Der wachsende Wohlstand – gestattete auch den fleißigen Bauern, die Dominialländereien ihrer Gemeinde aufzukaufen, ebenso das benachbarte, am Ende des vorigen Jahrzehnts von seinem Besitzer dismembrirte große Rittergut Nieborowitz zum größten Theil zu erwerben. Die über fünfhundert Familien und nahezu dreitausend Seelen zählende Gemeinde besitzt also eine sehr große Feldmark, welche ohne jene Nieborowitzer Dominialäcker schon 1864 über neuntausend Magdeburger Morgen umfaßte und seitdem durch neue Ankäufe noch bedeutend gewachsen ist. Weder Staats- noch andere Hülfe hat zu diesem Aufblühen beigetragen. Aus eigener Kraft hat hier der aller Trägheit und Trunksucht abholde Fleiß des deutschen Bauern, umgeben von den schlimmsten Beispielen, ein Gemeinwesen geschaffen und erhalten, das schon äußerlich, schon in seinen Hofbauten den erquickenden Eindruck der Ordnung der Reinlichkeit, des Behagens und großen Wohlstandes macht. Die Schönwälder lieben es denn auch, bei festlichen Gelegenheiten den armen polnischen Nachbarorten ihren Reichthum zu zeigen. Mag ihnen dies hier und da einen gerechten Tadel zugezogen haben, so wird doch kein unbefangner Betrachter dieses großen und reichen Dorfes bestreiten, daß seine Bewohner eines der eclatantesten Beispiele von der Macht höherer Cultur, daß sie in Wahrheit „deutsche Pioniere im Osten Deutschlands“’ sind.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: spater