Deutsche Humanität im Kriege

Textdaten
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Autor: D.
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Titel: Deutsche Humanität im Kriege
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aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 240
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[240] Deutsche Humanität im Kriege. In zahlreichen Geschichtswerken über den letzten deutsch-französischen Krieg hat eine Reihe von kleineren Leistungen, von stillen Heldenthaten einzelner Krieger sorgfältige Aufzeichnung gefunden. Ungern vermisse ich darunter eine kleine Episode aus den ersten Tagen der Belagerung von Metz, welche es wohl verdient, als edler Zug deutscher Humanität im Kriege auch in weiteren Kreisen bekannt gemacht und der Vergessenheit entrissen zu werden.

Es war in der Morgenfrühe des 26. August 1870, als im Dorfe Fleury vor Metz der Oberstabsarzt des Rheinischen Kürassierregiments Nr. 8, der leider allzufrüh verstorbene Medizinalrath Dr. Wittichen in Aurich, früher Kreisphysikus in Gummersbach, von einem dortigen Einwohner ersucht wurde, doch um Gottes willen seiner armen Frau zu helfen, die bereits seit zwei Tagen in schweren Kindesnöthen sehr gefährdet daniederliege. Sofort ging derselbe mit und erkannte alsbald, daß nur durch schleunigen operativen Eingriff die Wöchnerin zu retten sei. Aber woher jetzt das nöthige Instrument schnell herbeischaffen? Im kriegschirurgischen Instrumentarium war es nicht, auch französische Aerzte, die solches besitzen konnten, waren in weiter Umgebung nicht vorhanden. Da wurde, kurz entschlossen, der damalige Unterarzt desselben Regimentes, Dr. Breyesser, kommandiert, dasselbe aus dem belagerten Metz zu holen. Ausgerüstet mit einem Begleitschreiben des Generals von Mirus und des Ortspfarrers und begleitet vom Lazarethgehilfen Wolf, machte er sich alsbald auf den Weg und ritt in scharfem Trabe gerade auf das Fort Queuleu zu. Ein solcher Ritt war sehr gefährlich, weil die Franzosen auf jede verdächtige Gestalt, die sich ihnen näherte, zu schießen pflegten.

Aber die beiden Reiter gelangten unbehelligt über verschiedene Schanzgräben hinweg bis fast dicht unter die Wälle des Forts, ohne daß eine Rothhose sich blicken ließ. Endlich wurde eine Schildwache auf das wiederholte Schwenken der Genfer Flagge aufmerksam und fragte, sich nähernd, die beiden Parlamentäre nach ihrem Begehr.

Mit einem Laissez passer des Fortkommandanten versehen, wurden die vorgezeigten Briefe rasch wieder zurückgestellt; nun aber wurden den beiden Deutschen die Augen fest verbunden und sechs Franzosen mit scharf geladenen Gewehren geleiteten sie durch die Weinberge abwärts über Magny hinaus zu einer größeren Feldwache, welche an der Stelle lag, wo die Chaussee, Eisenbahn und die Seille sich kreuzen.

Hier mußte gewartet werden, bis das gewünschte Instrument durch eine französische Ordonnanz aus der Maternité zu Metz herbeigeschafft worden war. Inzwischen wurde von den zahlreich herbeigekommenen feindlichen Offizieren den muthigen preußischen Reitern mit Apfeltörtchen, Champagner und Cigaretten aufgewartet. Nach einer langen Stunde war endlich das Gewünschte zur Stelle, und nun erst wurde den Deutschen die Binde von den Augen genommen, damit der Rückweg um so schneller zurückgelegt werden konnte, denn die Chaussee war vielfach durch gefällte Pappeln und Verhaue gesperrt.

Bald waren die feindlichen Vorpostenlinien passirt. Nur einmal wurden die beiden Reiter durch das Pfeifen von Gewehrkugeln über ihren Köpfen erschreckt, als eine französische Patrouille von der Eisenbahn her auf dieselben mehrere Schüsse abgab. Nachdem Pouilly langsam durchritten war, gings dann in flotteres Tempo über. Bald zeigten sich die auf Vorposten stehenden Kürassiere und wunderten sich nicht wenig, den wohlbekannten Doktorschimmel – den einzigen des Regiments – von Metz her kommen zu sehen. Kurz vor Mittag wurde Fleury wieder erreicht.

Es war die höchste Zeit. Dank dem glücklich beschafften Instrumente gelang es nunmehr, die Französin vom sicheren Tode zu erretten.

Dr. D. in L.