Deutsche Dienstmädchen in Amerika

Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Deutsche Dienstmädchen in Amerika
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 496
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[496] Deutsche Dienstmädchen in Amerika. (Aus einem Privatbriefe an den Herausgeber der Gartenlaube.) Hier ist der Mangel an deutschen Dienstmädchen sehr groß, und es ist gräßlich, was ein Hausvater zu leiden hat, dessen Frau nur deutsche Mädchen gebrauchen kann. 10 bis 15 Dollars per Monat erhalten diese hübschen Landsmänninnen ohne die geringste Schwierigkeit, und es ist überhaupt ein Glücksfall, wenn man eine in drei Monaten erhält, noch mehr Glück aber, wenn man sie drei Monate hält, denn sie verheirathen sich alle, alt oder jung, hübsch oder häßlich, wenn sie kaum warm geworden sind. Irische Mädchen kann man zu Hunderten zu 5 bis 7 Dollars haben, aber weder die deutschen noch amerikanischen Familien wollen sie. Das Schlimmste bei unsern Landsmänninnen ist nur, daß sie nicht arbeiten wollen: Stiefelputzen, Scheuern, Waschen und Bügeln – das thun diese feinen Damen selten oder gar nicht; sie wollen die Stuben in Ordnung halten und sich, wie sie sagen, „im Allgemeinen nützlich machen“, nur keine schwere oder schmutzige Arbeit, sonntags flaniren sie um 1 oder 2 Uhr, wie die Gräfinnen geputzt, aus oder werden von ihren Liebhabern abgeholt, gehen auf die erste Gallerie in’s Theater oder in’s Concert, und kehren je nach Bequemlichkeit um 12 oder 2 Uhr nach Hause. Außerdem haben sie einen halben Tag in der Woche und bedingen gleich aus, daß sie Besuche annehmen dürfen. Bevor man sie engagirt, muß man sie im ganzen Hause herumführen, ob auch Alles nobel ist, ob überall, in den Stuben und Kammern, im Vorsaale und auf der Treppe, ja selbst in der Küche Teppiche und Wachstuch liegt; muß ihnen ihr Zimmer und ihr Bett zeigen, und wenn es ihnen nicht gefällt, so sagen sie ganz gemüthlich: „Ich denke, es wird mir doch wohl nicht gefallen.“ Sind sie zufrieden gestellt, so sagen sie: „Well, ich will es mal einen Monat versuchen!!“ Die Ursache dieses Uebels liegt in der Art der Amerikaner, Haus zu halten. Erstlich nehmen sie blos deutsche Mädchen, und zweitens halten sie so viele Dienstboten, daß es wirklich lächerlich ist. Familien mit zwei Kindern haben oftmals ein Dutzend dienstbarer Geister, welche tausende von Dollars jährlich kosten und das ganze Jahr in Nichtsthun, im Putzen, Schmarotzen und Extravaganzen zubringen, dafür aber glänzend bezahlt werden. Deutsche Köchinnen erhalten nicht selten 30 bis 40 Dollars per Monat!

Wenn Du uns zwanzig Schiffe, mit 5000 Dienstmädchen jedes, her überschicken könntest, würden sie in 24 Stunden alle „vergriffen“ sein, und in sechs Monaten würde durch ihre Verheirathung der Bedarf ebenso groß sein, als vorher. In ähnlichem Verhältnisse stehen hier die männlichen Arbeiter zu ihren Brodherren und dem Publicum; Alle sind Gentlemen und wollen als solche behandelt werden; Maurer und Tischler, Anstreicher und Handlanger sind mit zwei Dollars nicht zufrieden; sie müssen wie Rentiers leben, und ihre Frauen die Damen spielen; dann versammeln sie sich, wenn die Arbeiten drängen und keine Hand entbehrt werden kann, und sagen einfach: „Vom nächsten Montag an verlangen wir drei Dollars, statt zwei, oder wir striken (stellen ein).“ Was kann man thun? Das Haus ist fertig bis auf das Dach, jeden Tag kann ein Platzregen kommen und das Gebäude ruiniren, so denkt man: „Well, ein Tausend mehr oder weniger –“ und bewilligt die Forderung.

Unsere politischen Verhältnisse sind auf dem besten Wege, endlich geschlichtet zu werden; zwar bekümmert sich die große Mehrzahl gar nicht um Politik, dafür sind aber die professionellen Politiker um so lauter und machen ein Geschrei, daß dem Furchtsamen die Haare zu Berge stehen möchten. Die Ansprüche der sclavenhaltenden Staaten haben eine tüchtige Maulschelle bekommen, und es wird nicht lange dauern, so werden sie ganz zu Kreuze kriechen. Am 4. November ist Neuwahl des Präsidenten; bis dahin wird viel geschwatzt und gestritten – weil die Aemterjäger für ihren Beutel fürchten: am 5. November aber ist Alles wieder so ruhig als zuvor, und kein Mensch spricht von Politik. Diese politische Aufregung wiederholt sich alle 4 Jahre; auswärtige Zeitungen, welche den wahren Grund nicht kennen (es handelt sich blos um die Besetzung von Stellen und deshalb um eine Summe von tausend Millionen Dollars), prophezeien Blutvergießen und Bürgerkrieg, während wir in der allervollkommensten Ruhe unsern Scat spielen und unser Lagerbier trinken.