Textdaten
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Autor: Gustav vom Hofe i.e.: Gustav von Meyern-Hohenberg
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Titel: Deutsche Cavaliere
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aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 79–80
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1869
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[79]
Deutsche Cavaliere.
Moderne Ballade.


Ein deutscher Fürst zog nach Paris
Zum Kaiser der Franzosen.
Die Welt lag in politicis
Nicht eben sehr auf Rosen.
Der Krieg entbrannte in der Krim,
Es stand für alle Lande schlimm
Vom Rhein zum Oriente.

Der Fürst also – er wollte, klug,
Sich auch wohl „orientiren“ –
Macht in Paris bei Hof Besuch
Mit dreien Cavalieren;
Der eine war aus Frankenland,
Der andere vom märk’schen Sand,
Der dritt’ aus Niedersachsen.

Ein deutscher Herr, der legitim,
Und beim Napoleoniden?
Der Höfe viel verdachten’s ihm,
Der Kaiser war’s zufrieden;
Czar Nikolaus war kürzlich’ grob
Und fühlte seinen Zorn darob,
Der deutsche Fürst die Gnade.

Der Kaiser führt ihn selbst hinab
Zur Asche seines Ohmes –
Die ruht im reichen Marmorgrab
Des Invalidendomes;
Und von dem todten führt er ihn
Dann zum lebend’gen Oheim hin,
Zum König von Westphalen.

Es thronte im Palais-Royal
Der graue alte Sünder,
Den einst verjagt der bloße Schall
Der Vierundzwanzigpfünder –
Denn als der Schall von Leipzig klang,
Da fuhr er gleich den Rhein entlang,
Der „Vater seines Sohnes“.

Der Kaiser aber wünscht es sehr,
Daß man ihn respectire,
Damit an kaiserlicher Ehr’
Er selber nicht verliere,
Und giebt dem Fürsten an die Hand,
Von seinem Orden Stern und Band
Dem Oheim zu verleihen.

Und als der Fürst mit seinen Herr’n
Zum König eingeladen,
Nimmt er – gewiß nicht allzu gern –
Den Stern von Gottes Gnaden;
Das wurmt die Cavaliere schon,
Den Franken und den Altmarksohn
Und gar den Niedersachsen:

„O schwere Noth, noch Dankbarkeit,
Wie Kinder für die Ruthe?
Haus Braunschweig dankt’ ihm seiner Zeit
Die ‚schwere Noth‘ mit Blute!“
So flucht der laut, und zwischendurch
Der Märker noch: „Für Magdeburg
Wüßt’ ich ihm auch ’nen Orden!“

Was hilft es? Sieh, das hohe Paar
Ist zum Empfang gekommen!
Der Fürst reicht ihm den Orden dar…
Jetzt hat er ihn genommen –
Nun dankt er wohl? … Nein, vornehm-kühl
Läßt er, als wär’s ein Pappenstiel,
Den Stern im Vorsaal liegen.

[80]

Wie da den Dreien in die Höh’
Vor Zorn gezuckt die Braue!
Der Franke murmelt still: „Parbleu!“,
Der Sohn der Mark sein „Haue!“
„Der kriegt den Orden eher nicht,
Bis ihm die volle Ehr’ geschicht!“
Schwört der aus Niedersachsen.

Und nimmt nach Tafel Stern und Band –
Es deckt ihn der Genosse –
Und trägt sie heim mit kecker Hand
Zum Tuilerienschlosse,
Und birgt daselbst ganz wohlgemuth
Das kühn geraubte Kronengut
In seinem Reisekoffer.

Doch wehe! Im Palais-Royal
Welch’ Rennen, Toben, Fluchen!
Der König, mitten im Scandal,
Läßt Saal auf Saal durchsuchen:
„Im Augenblick noch lag er dort,
Gleich nach dem Fürsten ist er fort,
Ich muß ihn wiederhaben!

„Herbei das ganze Hausgesind’!
Der Stern ist frech gestohlen,
Und wenn er sich nicht wiederfind’t,
Soll Euch der Teufel holen!
Ja, die geheime Polizei
Ruf’ ich aus ganz Paris herbei –
Vare, redde legiones!

Doch als auch noch am Morgen nicht
Der freche Dieb gefangen,
Da ist dem König selbst ein Licht
Im Herzen aufgegangen,
Ihn faßt ein leises Ahnen an:
„Ruft mir den Prince de Caraman!
Er soll mir Aufschluß bringen!“

Er kommt – nach hohem Adelsbrauch
Ein Herr von feinen Sitten,
Beim Fürsten und beim König auch
Besonders wohl gelitten –
Und hört den Fall, und lächelt leicht
Und spricht, indem er sich verneigt:
„Ew. Majestät zu dienen!

„Die deutschen Cavaliere, Sire,
Ich kann nicht für sie stehen;
Auch glauben sie mit Recht, in mir
Den eignen Freund zu sehen;
Doch bitt’ ich, Sire, habt gnädigst Acht,
Sie schienen seltsam aufgebracht
Ob Kränkung ihres Ordens!“

Da spricht der König: „Prinz, Ihr seid,
Ich fühl’ es, auf der Fährte!
Geht hin und sagt, es sei mir leid,
Wenn ich den Stern nicht ehrte!
Wie sehr ich Ehre ihm gethan,
Dies künde ihnen jetzo an,
Daß ganz Paris ihn suchte!“

Als mit der Meldung lobesam
Der Prinz in aller Eile
Zu unsren Cavalieren kam,
Da war nicht lange Weile,
Die Fahnenehre war gewahrt,
Ein Hurrah scholl nach deutscher Art:
„Nun mag den Stern er haben!“

Der freche Räuber selber kam
In’s Schloß mit seinem Schatze:
„Der Stern, den ich von hinnen nahm,
War nicht an seinem Platze,
Hielt ihn für meines Fürsten Stern,
Jetzt bring’ ich ihn dem neuen Herrn,
Er wird ihn künftig ehren!“

Und Jubel scholl im Königsschloß
Bis zu den letzten Stufen,
Es kam der ganze Dienertroß,
„Victoria“ zu rufen;
Was galt der Krieg in ferner Krim?
Der „deutsche Krieg“ allein war schlimm,
Und der war froh beendet!

Dem Fürsten wird an dieser Statt
zuerst hiervon berichtet,
Denn der den Stern gestohlen hat,
Hat auch dies Lied gedichtet;
Der Franke lebt im Frankenland,
Den biedern Märker deckt der Sand,
Der Dritte ging vom Hofe.

 Gustav vom Hofe.