Des Kaisers Dank
[239] Des Kaisers Dank. (Zu dem Bilde S. 232 und 233.) Es war am Sedantage des Jahres 1873. Die junge Kaiserstadt Berlin hatte ein Festgewand angelegt und von hellem Jubel hallten ihre Straßen wieder. Diesmal sollte ja der denkwürdige Tag durch einen weihevollen Akt verherrlicht werden. In Gegenwart des Kaisers sollte von der stolzen Siegessäule, die „das dankbare Vaterland“ dem siegreichen Heere errichtet hatte, die letzte Hülle fallen.
Schon am frühen Morgen bot der weite Königsplatz einen prachtvollen, buntbewegten Anblick. Die kaiserliche Standarte wehte von einem zeltartigen Pavillon, der für die Kaiserin und den Hof bestimmt war, Estraden für geladene Gäste und Tribünen für das Publikum erhoben sich weiter seitwärts, rings um das am Unterbau verhüllte Denkmal wehte Fahne an Fahne, und auf den stolzen Festplatz rückten mit klingendem Spiel, zu Fuß und zu Roß, verschiedene Abordnungen des siegreichen Heeres, dem dieser Festtag galt.
Um 10½ Uhr verkündete lauter Kanonendonner das Nahen des Kaisers.
Wilhelm I. kam auf einem prächtigen Rappen geritten, hinter ihm ein glänzendes Gefolge, darunter Kronprinz Friedrich Wilhelm, Moltke, Prinz Friedrich Karl u. a. Als der Kaiser vor dem Denkmal erschien, ritt ihm Fürst Bismarck in der Kürassieruniform entgegen, um den Herrscher zu begrüßen. Da reichte ihm der Kaiser die Rechte und sprach dem Fürsten unter warmem Händedruck herzliche Worte des Dankes aus. Wilhelm I. bekundete damit, daß nicht kriegerische Siege allein Deutschlands Einheit geschmiedet haben, daß die Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserthrones in hohem Maße und in erster Linie der weisen Staatskunst zu danken war, durch die der große Kanzler Deutschlands Nord und Süd zu einigen verstanden hatte!
Diesen denkwürdigen Augenblick, in dem Fürst Bismarcks unsterbliche Verdienste um das deutsche Vaterland in so offenkundiger Weise von seinem kaiserlichen Herrn anerkannt wurden, stellt unser heutiges Bild dar. *