Der schwarze Mann
[164] Der schwarze Mann. (Zu dem Bilde S. 161.) Ein jeder Stand hat seine Plage; doch kaum bei einem andern ist die Mühsal des Berufs mit einem Martyrium so tragikomischer Art verknüpft wie bei dem Schornsteinfeger. Es sind meist gar gutmütige treuherzige Leute, die der Reinhaltung unserer Kamine sich widmen; aber das Herz mag noch so bieder hinter dem schwarzen Hemd schlagen und die Augen mögen noch so freundlich aus dem berußten Antlitz hervorblicken, für die Mehrzahl der Kleinen im ersten Alter ist ihr Anblick ein Gegenstand des Schreckens. Verbündet sich ja gar zu leicht die Thorheit und Bequemlichkeit der Mägde mit der Neigung der Kinder zur Furcht; halten es ja nicht selten auch Mütter für angebracht, mit der Furcht vor dem „schwarzen Mann“ das kleine Volk, wenn es nicht folgen will, zur Ruhe zu bringen. Vernünftiger Muttersinn aber weiß es besser. Ein gesundes Herz, wie es die junge Bauernfrau auf unserem Bilde hat, fühlt’s ohne Nachdenken heraus, daß aus einem furchtsamen Buben später nur schwer ein ordentlicher Mann wird. Gerade die Anwesenheit des „schwarzen Mannes“ benutzt sie, um ihrem geängsteten Stammhalter die dumme Furcht abzugewöhnen. Noch sträubt er sich, aber bald wird er erkennen, daß der Gefürchtete trotz seiner Schwärze ein ganz lieber Mann ist, und ihm die Hand reichen. Die kleine Schwester ist ihm schon auf halbem Wege mit gutem Beispiel vorangegangen. Das ist der Trost des Schornsteinfegers – schließlich wirkt er denn doch als Erzieher zum Mutigsein!