Der pädagogische Völker-Congreß in London

Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Der pädagogische Völker-Congreß in London
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 416
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[416] Der pädagogische Völker-Congreß in London. Der erste große, praktische Völker- und Friedens-Congreß aller Völker in dem Glaspalaste von Hyde-Park im Jahre 1851 trägt Früchte. Der Palast verwandelte sich in einen dauernden Tempel der Gesammtcultur aller Zeiten und Völker und rief eine Menge einzelne und vereinte Bestrebungen zur Verbreitung praktischer Bildung und edlern Geschmackes unter allen Völkern hervor. Unter letzteren ist die pädagogische Ausstellung aller Völker in der großen St. Martinshalle, Long Acre, zu London, hervorgerufen durch die „Gesellschaft der Künste,“ welche deren Präsident Prinz Albert zum geistigen und parlamentarischen Mittelpunkte von mehr als 350 andern Kunst-, technischen-Cultur-, Schul- und pädagogischen Vereinen Englands erweitert hat, eine der großartigsten, gelungensten und segensreichsten. Außer unzähligen englischen Schul- und Erziehungsinstituten und Vereinen, Kleinkinder-, Militär-, Marine-, Parochial-, Armen-, National-, Industrie-, kirchlichen, weltlichen, katholischen, jüdischen, Blinden-, Taubstummen- und Idiotenschulen Englands haben fast alle gebildeten Völker die Proben und Beweise und Ergebnisse ihrer Volkscultur, ihrer Volks-, technischen-, Real- und Kunstschulen zur Ausstellung gesandt, am Reichlichsten und Vollständigsten Norwegen und Schweden, sodann Nord-Amerika, die englischen Colonien, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland (sehr schwach, obgleich das „Land der Schulen und Kasernen“) Holland, Malta, die Schweiz u. s. w. Wir finden alles Mögliche, was sich auf Schule, Unterricht, Erziehung und Volksbildung bezieht, nicht nur die Leistungen der einzelnen Anstalten, sondern auch die Instrumente und Mittel dazu: Bücher, Maschinen, Modelle, physikalische Instrumente und die Hülfsmittel zum Unterricht in den einzelnen Zweigen des Wissens, der Kunst und Industrie, Modelle, Erfindungen und Verbesserungen für Schulhäuser und Unterrichtserleichterungen, besonders eine große Menge (englische) farbige und deutliche Veranschaulichungen der einzelnen Naturwissenschaften, Farbenkatechismen, Himmelskarten, geologische Musterbilder, Darstellungen der Gebirge, der verschiedenen Höhen, der Wärme, der Pflanzen- und Thiergrenzen, der Klimate, Tafeln, Karten und Erdkugeln von Schiefer mit eingegrabenen Linien und Umrissen zum Einzeichnen der Einzelheiten für den Schüler, Apparate zur Veranschaulichung mechanischer, chemischer, industrieller und cosmischer Prozesse. So bekommt man in diesen Hallen ein großes, mit hoher Freudigkeit erfüllendes Gesammtbild der vereinten, nach einem Ziele strebenden verschiedenen Völker und ihrer Elementar-Culturzustände. Sie alle wollen den in gebildeter Arbeit und Produktion freien, edeln Menschen. Nur Rußland und die Schwarzen in Amerika fehlen.

Der republikanische, durch allgemeines Wahlrecht entstandene Kongreß der vereinigten Staaten hat den Unterricht für Leibeigne eben so verboten, wie der russische Autokrat. Ein merkwürdiger Berührungspunkt von Extremen. – Interessant und praktisch erwiesen sich noch besonders die kleinen, tragbaren, chemischen Laboratorien, Muschel-, Mineralien-, Conchylien-, Krystall- und Elementsammlungen in ihren wissenschaftlich geordneten Hauptbestandtheilen. So bekommt man außer dem Totaleindrucke friedlicher Zusammenwirkung aller Völker zur Erreichung einer allgemeinen, praktischen, menschheitlichen Kultur und Civilisation, noch den speciellen, daß man diesen großen Zweck immer mehr durch den lebendigen, faßlichen und greifbaren Anschauungsunterricht, wie er der Jugend allein zusagt und ihr angemessen ist, zu erreichen sucht, durch die von Pestalozzi und Fröbel begründete pädagogische Methode, deren Werth erst jetzt in England wahrhaft erkannt und anerkannt wird, so daß Schulanstalten ganz besonders auf ihre neue deutsche und schweizerische Methode aufmerksam machen, um sich zu empfehlen. Das unvollkommene, aber freie Schulwesen Englands wird durch die neuen Anregungen und Lehren, die aus der pädagogischen Ausstellung fließen, uns nach-, aber in seiner Praxis und freien Thatkraft auch leicht zuvorkommen.