Textdaten
<<< >>>
Autor: K - d.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der neue Münsterstern
Untertitel:
aus: Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau, S. 22-26
Herausgeber: Heinrich Schreiber
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Franz Xaver Wrangler
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Freiburg
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Freiburg und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[22]
13. Der neue Münsterstern.

Was schimmert dort oben vom Münsterthurm
Auf einmal so hell und so rein;
Im Kreislauf gehalten von Wind und Sturm,
Und ähnlich dem sonnigen Schein?

5
Das Sternenbild ist es, des Thurmes Zier

Für’s alte, das müde und matt
Ergrauet und schwach nach des Alters Gebühr,
Des luftigen Dienstes war satt!

Und stolz schaut der jüngere Stern in die Welt,

10
Scheint weit hin über das Thal,

In luftiger Höhe gar wohl ihm’s gefällt
Mit seinem hellleuchtenden Strahl!

[23]

Potz tausend! so stolz schon du schimmernder Stern
Bei kaum deines Lebens Beginn!

15
Wird’s lange wohl dauern, bis du auch gern

Veränderst den muthigen Sinn?

Du bist zwar des Meisters gerathenes Kind
Und schimmerst von Kopf bis zum Fuß;
Doch aber Jahrhundert in Regen und Wind

20
Ist wahrlich kein Leckergenuß!


Wie, wenn der brüllende Donner kracht
Ob deinem glänzenden Haupt,
Und flammender Blitz bei dunkler Nacht
Dich deines Glanzes beraubt;

25
Wenn Güsse von Wasser und Hagelschau’r

Vom zürnenden Himmel herab,
Dir kürzen des Lebens hochmüth’ge Dau’r,
Bereiten dir gar noch dein Grab!

Betrachte des Vorfahrers kläglichen Rest,

30
Bescheidener war er als du;

D’rum stund er manch hundert Jahre so fest,
Kam jetzt erst zur völligen Ruh! –

Viel hat er erfahren im Zeitenlauf,
Sah einst schon die schwedische Macht

35
Daherzieh’n, als Herrin der Stadt hellauf,

Ja dreimal nach blutiger Schlacht!

Und sechszehnhundert und vierzig und vier
Schlug Mercy, der baier’sche Held,
Türenne und Enghien, am Berglein dahier

40
Mit kräftigem Arm aus dem Feld.
[24]

Vertrieben ward er dort ans Stadt und Gebiet
Der Erbfeind von Deutschland für jetzt;
Und Freiburg von dort an zu Baiern gerieth,
Das sich schon verloren geschätzt.

45
Dieß alles erlebte das Sternengebild

Hoch oben auf luftiger Höh’;
Sah oft auch verwüsten das schöne Gefild
In Freiburg’s romantischer Näh!

Es sah auch der Bürger so muthiges Korps

50
Im Waffenschmuck gegen den Feind,

Wo keiner von Allen den Muth je verlor,
Denn Bürgerpflicht hat sie vereint!

Von einer zur andern Dynastie
Sah kommen es Stadt und Land;

55
Der Hauptstadt Verordneter Energie

Wies Uebermuth stets von der Hand.

Einst wirbelt und kreißet auf seinem Sitz
Gar furchtbar der wachsame Stern,
Der Sturmwind heulte und Donner und Blitz

60
Die drohten von nah und fern.


Ein panischer Schrecken ergriff die Stadt,
Denn Unheil verkündet das Bild;
Bald kam auch Bericht dem versammelten Rath,
Der ihn mit Entsetzen erfüllt.

65
Bekanntlich zu Nimwegen an der Waal

War wiederum Frieden gemacht,
Und Freiburg dort wieder zu seiner Qual
An Galliens Krone gebracht!

[25]

Doch wiederum kreisete heftig und wild

70
Jetzt ohne den Donner und Blitz,

Prophetisch das glänzende Sternengebild
Auf seinem erhabenen Sitz.

Zu Ryßwik war nach manch blut’gem Strauß
Die Sehnsucht von Freiburg gestillt;

75
Denn Freiburg fiel wieder an’s Kaiserhaus,

Sein heißer Wunsch war erfüllt!

Doch Vielerlei hat im Verlauf der Zeit
Wohl oft noch erfahren der Stern,
Beim fernern Wechsel der Staatshoheit,

80
Die Ruhe blieb immer noch fern!


Er mußte noch schauen den Sanscüllot
Aus Galliens blutigem Land,
Die grause verwilderte wüste Rott,
Und Galliens ewige Schand!

85
Und sah auch mit Hilfe des nord’schen Koloß

Erobert das fränkische Land.
Doch bangt es jetzt Deutschland, so mächtig und groß,
Als hätt’ sich das Blatt schon gewandt!

Wohl dreihundert Jahre in stürmischer Luft

90
Verlebte der Vorgänger schon,

Bis er herabkam zur städtischen Gruft,
Empfangen die Martyrer-Kron’.

Nimm jetzt nur ein Beispiel, du schimmernder Stern,
Vom Schicksal des Vorfahrers Dir;

95
Dein Schimmern und Tanzen, das sieht man wohl gern

Doch Alles mit Maß und Gebühr!

[26]

Was wird uns noch werden in kommender Zeit?
Ihr Anfang, der sagt uns nicht zu!
Wir wissen ja nicht, ob von Morgen auf heut

100
Gestört wird die friedliche Ruh’!


Ja Krieg oder dauernder Friede ist heut
Der bangen Erwartungen Ziel,
Ob Deutschland, wie früher, auch jetzt noch bereit,
Betrogen zu werden im Spiel?

105
„Nicht haben sollen sie unsern Rhein“

Liest sich in Gedichten recht gut!
Doch wahrlich die Floskel, die leuchtet nicht ein,
Nur Vorsicht entscheidet und Muth.

Franzosen-Politik hat lange nichts mehr

110
Mit Kriegeserklärung gemein;

Sie hüpfen dereinstens nach Schiller’scher Lehr
Leicht über den duldenden Rhein!

Bedenke dieß Alles du leuchtendes Bild
Auf deines Thurms festem Gestein,

115
Und richte beharrlich ins ferne Gefild

Die Blicke weit über den Rhein!

Und steckt in Dir auch der prophetische Geist,
Der eigen dem Vorfahrer war,
So kreise und tanze nur lebhaft und dreist,

120
Zeigt sich woher immer Gefahr.


Sei gleichsam die Hochwacht fürs Vaterland,
Nimm stets seine Gränze in acht,
Und raße, wenn’s Noth thut, auf deinem Stand,
Bis endlich ganz Deutschland erwacht!

(K – d.)