Der große Krebs im See
[43]
Die Stadt am See hab’ immer Acht
Und guck’ hinein bei Tag und Nacht!
Kein gutes Christenkind erleb’s,
Daß los sich reiß’ der große Krebs!
Weil er dem ganzen Lande Verderben bringen kann.
Man sagt: er ist viel Meilen groß
Und wend’t sich oft, und, kommt er los,
So währt’s nicht lang, er steigt an’s Land,
Und, weil das Rückwärtsgehen bei Krebsen alter Brauch,
So muß dann Alles mit ihm zurückegehen auch!
Das wird ein Rückwärtsgehen sein!
Steckt Einer was in’s Maul hinein,
Zurück zum Teller und zum Topf;
Das Brod wird wieder zu Mehle, das Mehl wird wieder Korn,
Und Alles hat beim Gehen den Rücken dann nach vorn.
Der Balken löst sich aus dem Haus
Der Baum kriecht wieder in den Keim,
Der Ziegelstein wird wieder Leim,
Der Ochse wird zum Kalbe, das Kalb geht nach der Kuh,
Die Kuh wird auch zum Kalbe, so geht es immer zu!
Das Hemd am Leibe wird zu Flachs,
Der Flachs wird wieder blauer Lein
Und kriecht dann in den Acker ein.
Man sagt beim Bürgermeister zuerst die Noth beginnt:
Dann muß der edle Rath daran,
Der wohlgewitzte Schreiber dann.
Die Ritterschaft und Bürgerschaft
Verliert vorher die Heldenkraft:
Kurz Eines nach dem Andern wird Kind und dumm und klein:
Und Alles kehrt in Erdenschooß
Zurück zu Adams Erdenklos.
Am längsten hält, was Flügel hat;
Die Henne wird zum Küchlein, das Küchlein kriecht in’s Ei:
Das schlägt der große Krebs dann mit seinem Schwanz entzwei.
Zum Glücke kommt’s wohl nie so weit:
Es blüht das Land in Fröhlichkeit;
Daß sich der Krebs nicht locker macht:
Auch für dies arme Liedchen wär’ das ein schlechtes Glück:
Es lief vom Mund der Leute in’s Tintenfaß zurück. –