Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der große Bauernkrieg
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 128
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[128] Der große Bauernkrieg. „Man hat in dem Völker- und Staatenleben die Krankheitszustände, ihre Ursachen und Heilungen bisher viel weniger erforscht und dargestellt, als die Zeiten den Blühens und der gesunden Kraft. Weit zu wenig zur Erkenntniß des Gottesgerichtes, das sich in der Geschichte vollzieht, hat man die inneren Kämpfe und Entwickelungen, und am wenigsten das untersucht und unbefangen gewürdigt, was in der Tiefe der Gesellschaft lebte, webte und litt, was in ihr gährte und aus ihr heraufrang, in Europa überhaupt, und ins besondere im deutschen Reiche. Und doch ist ohne das Verständniß diesen Lebens und Regens in den Tiefen ein richtiges Verständniß der Geschichte den Ganzen nicht möglich.“

Mit diesen zu allen Zeiten, aber ganz besonders in der Gegenwart im höchsten Grade beherzigenswerthen Worten beginnt Dr. Wilhelm Zimmermann die Vorrede zur neuen ganz umgearbeiteten Auflage seiner „Geschichte des großen Bauernkrieges“ (Stuttgart; Rieger’sche Buchhandlung).

War schon die erste Ausgabe dieses Buches, welche 1843 erschien, ein bedeutendes Ereigniß auf dem Felde der vaterländischen Geschichtsforschung und eine ernste Mahnung an Jedermann, die Wogen der Geschichte in’s Auge zu fassen, auf denen das Schifflein jedes Einzelnen treibt, von jedem Augenblicke ebenso stürmischen Untergang wie ruhiges Dahingleiten erwartend, so gilt dies in vermehrtem Grade von der eben vollendet vorliegenden zweiten Auflage; und wenn man ein Buch ein Ereigniß nennen darf, so muß man Zimmermann’s Geschichte des großen Bauernkrieges als ein solches bezeichnen; ja neben ihm verdient in Anwendung auf Deutschland außer Gervinus’ Einleitung in die Geschichte des XIX. Jahrhunderts kaum ein anderes deutsches Geschichtswerk diese Auszeichnung. Neben der Darstellung der geschichtlichen Ereignisse, in der weitesten Auffassung des Begriffs, welche auf dem Gebiete der Gegenwart hervortreten, konnte die Gartenlaube keinen Augenblick zweifeln, Zimmermann’s Buch als ein solches nachdrücklich hervorzuheben. Sie hat damit gezögert, bis das neunte Heft den Schluß brachte und bis die sachkundige und unparteiische Kritik ihr Urtheil abgegeben hatte. Beides ist geschehen und wir zögern keinen Augenblick länger, dieses Volksbuch den Lesern der Gartenlaube dringend an das Herz zu legen. Ein Volksbuch ist es so recht eigentlich, denn es schildert das Ringen des Volkes nach Befreiung von unerträglichem Druck; er schildert dieses Ringen, da es mehr als dreihundert Jahre hinter uns liegt, mit der nüchternen Ruhe eines nicht mehr betheiligten Beobachters.

„Diese Bewegung (den großen Bauernkrieg)“, sagt Zimmermann in der Einleitung, „hat Treitschke sinnig die prophetische Vorbereitung der neueren Weltgeschichte genannt. Sie ist die gewaltige Ouvertüre zu dem Schauspiele, das sich auf dem Boden der neueren Zeit abspielt, und dem das Tragische nicht fehlt. Alle Erscheinungen der späteren socialen Bewegungen in Europa liegen in der Bewegung von 1525 eingeschlossen: sie ist nicht nur der Anfang der europäischen Revolutionen, sondern ihr Inbegriff im Kleinen. Alle die Erscheinungen, durch welche Staaten im Laufe der folgenden Jahrhunderte verändert wurden, sowie diejenigen, welche in unseren Tagen eine gesellschaftliche Umgestaltung vorbereiten, finden ihre Vorbilder in den Bewegungen von 1525, sowohl was Individuen, als was Ideen betrifft. Mit Recht nannte Treitschke den Geist Thomas Münzer’s (von welchem man dem Volke gewöhnlich nur die finstre Kehrseite als Gespenst zeigt) „einen Spiegel, der die Erscheinungen künftiger Zeiten in sich prophetisch darstellt.“

„Die Geschichtschreibung ging lange an diesem großen Ereignisse entweder mit halb abgewandtem Gesichte vorüber, oder die es berührten, mißhandelten dasselbe, aus Mangel eines unparteiischen, eines höheren Standpunktes.“

„Daß die folgende Darstellung Niemand ein Anstoß sein werde, wird nicht erwartet. Wer der Geschichte sich weiht, dem muß es um die Wahrheit zu thun sein und das Wohl der Menschheit, nicht um Gunst. Es ist schön, der Gegenwart zu gefallen, besser aber ist es, der Zukunft zu genügen.“

„Die Geschichte des großen Bauernkrieges“ zieht das Letztere vor, und ehrenhafte Geschichtsforscher, voran der alte Schlosser, Gervinus, Wuttke, Kortüm, haben in ihren Beurtheilungen einstimmig ihr Urtheil dahin abgegeben, daß das Buch „der Zukunft genügen“ wolle und daß dieses Streben ein gelungenes sei. Gervinus sagt von dem Buche: Der Geist der Zeit und der Geist der Geschichte, welche Zimmerman schildert, weht uns mit voller Unmittelbarkeit an. Gewiß heißt nur dies Geschichte schreiben, diese treue Bewahrung des Farbentones der Zeit, trotz alles Colorites, das die geschichtliche Kunst auftragen mag; und die A. A. Z. rühmt dem Buche nach: Die Darstellung besitzt große Vorzüge, sie ist lebendig, fließend, blühend, oft pathetisch und energisch.