„Sperrt alle Fenster, Thüren, Ritzen,
Es wird nichts schönen Frauen nützen;
Wär’s Schlüsselloch auch noch so klein,
ich komm’ doch sicherlich hinein.
Der bekannte Schelm.“
Es geht ein Schelm durch alles Land;
Der ist bei Jung und Alt bekannt,
Ein Knabe mit zwei Aeuglein klar,
Mit Schelmengrübchen und Lockenhaar;
Er schaut so fromm-unschuldig drein –
Jungfräulein,
Hüt’ Dich fein!
Sonst muß Dein Herz verloren sein.
Sein Bogen in der Rosenhand,
Sein Pfeil – das ist kein Kindertand.
Er legt ihn auf, als wär’s zum Scherz –
Es gilt ein armes Menschenherz;
Das stöhnt dann wund in süßer Pein –
Jungfräulein,
Hüt’ Dich fein!
Sonst muß Dein Herz getroffen sein.
Eine Maid am Fenster saß und spann;
Da ritt des Wegs ein Reitersmann.
Er sah sie an so wonniglich –
Da fuhr’s in’s Herz ihr, daß sie erblich.
„Um Gott! was war Dir, Tochter mein?“
Mütterlein,
Schick’ Dich drein!
Nun muß sie Dir verloren sein.
Wer steht dort in der Thür und lacht?
Das ist der Schelm, der hat’s vollbracht.
Er traf die Maid; er traf den Mann,
Er hat seines Herzens Freude dran.
So treibt er seine Schelmerei’n
Klug und fein,
Jahr aus Jahr ein;
Kein Mensch mag vor ihm sicher sein.
Ihr hohen Herrn im Regiment,
Wer schafft, daß man ihn fangen könnt’?
Und wer ihn fing’ und bänd’ ihn an,
Der hätt’ ein gutes Werk gethan!
Doch so Du gehst die Welt befrei’n –
Hüt’ Dich fein,
Ein Schelm wird Dein,
Du möchtest selbst verloren sein!
Victor Blüthgen.