Textdaten
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Autor: Bn. (= Rosalie Braun-Artaria)
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Titel: Der arme Schubert
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aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 547
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[547] Der arme Schubert! Daß es dem unsterblichen Schöpfer so vieler herrlicher Tonwerke in seinem kurzen Leben jämmerlich genug ergangen ist, dürfte wohl allgemein bekannt sein – weniger aber die von seinem vertrauten Freunde und Bewunderer Josef von Spaun in dessen „Erinnerungen“ berichtete Thatsache, daß Schubert zeitlebens zu arm war, um ein Klavier kaufen oder auch nur miethen zu können! Die Musikalienhändler bezahlten seine von Kennern bereits ihrem vollen Werthe nach gewürdigten Lieder und Klavierstücke so elend, daß es eben immer nur zum nothdürftigsten Lebensunterhalt reichte. Selbst bei den berühmten Abenden im Gasthaus, an welche Moritz von Schwind, Schober, Kupelwieser u. a. noch in späten Jahren als an selige Höhepunkte ihres Lebens zurückdachten, wo man bis weit nach Mitternacht Schuberts Lieder sang, selbst bei diesen in Bezug aus Genüsse des Leibes sehr bescheidenen Symposien hielt es Spaun für geboten, gegen Schubert den Wirth zu machen, was dieser freundlich annahm. Wenn dann, so erzählte Schwind gelegentlich, die schon bekannten Lieder gesungen waren, so zog der kleine bescheidene Meister wohl noch ein paar zerdrückte Blätter aus der Brusttasche, stellte sie aufs Klavierpult und begann, während die anderen voll Andacht zuhörten – den „Wanderer“, „Memnon“, „Ganymed“ oder sonst eines seiner bedeutendsten und schönsten Lieder, die er nur am Schreibtisch hatte verfassen können. Wollte er hören, wie sie klangen, so mußte er einen Glücklicheren aufsuchen, der ein Klavier besaß! Sie wurden bald durch den Sänger Vogl in Konzerten und aristokratischen Salons eingebürgert und erregten die begeistertste Bewunderung – für den Sänger. Kein Mensch achtete auf den unscheinbaren Mann, der am Klavier saß und sich das entzückte Publikum durch seine großen runden Brillengläser betrachtete. Einst trat die feinsinnige Fürstin Kinsky bei solcher Gelegenheit zu Schubert und suchte die Vernachlässigung seiner Person durch die eben ganz seinem Werke geltende Begeisterung zu entschuldigen. Schubert dankte und erwiderte, die Frau Fürstin möge sich gar keine Mühe diesfalls geben, er sei es gewohnt, übersehen zu werden, ja es sei ihm das sogar lieb, da er sich dadurch weniger geniert fühle!

Armer Schubert! Und doch – die Wonne des Schaffens, die höchste auf Erden, hat er in überschwänglichem Maße genossen. Dieser Gedanke allein mildert etwas die Trauer, womit man im Hinblick auf den heutigen Glanz seines Namens, das tragische „Zu spät!“ erwägt. Bn.