Heinrich der VIII. und Anna Boleyn

Textdaten
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Titel: Heinrich der VIII. und Anna Boleyn
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aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 545, 547
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[545]

Heinrich VIII. und Anna Boleyn.
Nach einem Gemälde von C. von Piloty.

[547] Heinrich der VIII. und Anna Boleyn. (Zu dem Bilde S. 545) König Heinrich VIII. von England war ein Herrscher von geradezu cynischer Gewaltthätigkeit: ein Argwohn – und der Kopf eines langjährigen treuen Rathgebers fällt unter dem Beile des Henkers; eine Regung sinnlichen Gefallens – und Königinnen werden verstoßen oder hingerichtet. So ging es auch der armen Katharina, der ersten Gemahlin dieses Fauns auf dem throne von England. Als des Königs Augen auf ihre junge Hofdame, die aus niedrigem Stande geborene, aber mit allen Reizen weiblicher Anmuth ausgestattete und am Hofe von Frankreich fein erzogene Anna Boleyn fielen, da trat er die Rechte der Katharina mit Füßen. Anna Boleyn war stolz und hielt sich werth. Sie war taub für die Bitten des begehrlichen Fürsten, solange er ihr nicht eines versprach – den Platz an seiner Seite auf dem Throne. Und der König trug kein Bedenken, ihr ihn freizumachen. Ein Umstand kam ihm zu statten. Katharina war seines Bruders Witwe, seine Schwägerin – und die Ehe mit ihr war nach der strengen Auffassung der Kirche verboten.

Wohl hatte der Papst selbst ihm den Dispens ertheilt – nun aber, da es Heinrich so gar bequem in seine Wünsche paßte, flüchtete er sich auf einmal hinter sein zweifelndes „Gewissen“ und that, als könne er ferner nicht mit Katharina in der Ehe leben. Und als der Papst von einer Scheidung nichts wissen wollte, da war Heinrich ebenso unbedenklich bereit, die Verbindung mit ihm zu lösen und sich selbst für das Oberhaupt der Kirche und Geistlichkeit von England zu erklären. So floß bei diesem Fürsten die folgenreichste Entscheidung aus den niedrigsten Regungen seiner Menschennatur.

C. v. Piloty hat für sein Gemälde den Augenblick gewählt, wie Heinrich bei einem Feste vergeblich um die Gunst der schönen Hofdame wirbt. Mit Sorgen theils, theils mit Ingrimm schaut die Umgebung auf das gefährliche Liebesgeflüster, der Hofnarr aber macht seiner Mephistophelesnatur durch ein paar klimpernde Griffe in die Saiten der neben Anna liegenden Laute Luft.

Und was war das Ende? Fünf Jahre, nachdem Anna Boleyn feierlich als Königin von England gekrönt worden war, am 19. Mai 1536, sank ihr Haupt im Tower auf das Blutgerüst. Am Tage darauf vermählte sich Heinrich mit Johanna Seymour!