Textdaten
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Autor: Johann Peter Hebel
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Titel: Der Wegweiser
Untertitel:
aus: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes
S. 137-139
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1803-1811
Erscheinungsdatum: 1811
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
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Quelle: ULB Düsseldorf und Djvu auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Der Wegweiser.

Bekanntlich klagte einst ein alter Schulz von Wasselnheim seiner Frau, daß ihn sein Französisch fast unter den Boden bringe. Er sollte nemlich einem französischen Soldaten, der ausgerissen war, den Weg zeigen, verstand ihn nicht recht, antwortete ihm verkehrt, und bekam für die beste Meynung Schläge genug zum Dank, oder vielmehr zum Undank. Anderst sah ein Wegweiser an der würtembergischen Gränze die Sache an. Er sollte nämlich im letzten Krieg einem Zug Franzosen den Weg über das Gebirg zeigen, wußte aber kein Wort von ihrer Sprache, als Oui, welches soviel heißt als Ja, und Bougre, welches ein Schimpf-Name ist. Diese zwei Worte hatte er oft gehört, und lernte sie nachsagen, ohne ihren Sinn zu verstehen. Anfänglich gieng alles gut, so lange die Franzosen nur unter sich sprachen, und ihn mit seiner Laterne und drei oder vier Tornistern, die sie ihm angehängt hatten, voraus oder neben her gehen liessen. Da er aber der Spur nach allemal mitlachte, wenn sie etwas zu lachen hatten, so fragte ihn Einer französisch, ob er auch verstünde was sie mit einander redeten. Er hätte herzhaft sagen dürfen: Nein! Aber eben, weil er es nicht verstand, so kam es ihm nicht darauf an, was er antwortete. Er nahm daher all sein Französisch [138] zusammen, und antwortete: Oui Bougre, (Ja Ketzer!) Mit einem ehlenlangen französischen Fluch riß der Soldat den Säbel aus der Scheide, und ließ ihm denselben um den Kopf herum und nahe an den Ohren vorbei sausen. „Wie? sagte er, du willst einen französischen Soldaten schimpfen?“ Oui Bougre! war die Antwort. Die Andern hatten die höchste Zeit, dem erbosten Cameraden in den Arm zu fallen, daß er dem Wegweiser, ohne welchen sie in der finstern Nacht nicht konnten weiter kommen, nicht auf der Stelle den Kopf spaltete; doch gaben sie ihm mit manchem Fluch und Flintenstoß rechts und links zu verstehen, wie es gemeynt sey, und fragten ihn alsdann, ob er jetzt wolle manierlicher seyn. Oui Bougre, war die Antwort. Nun wurde er jämmerlich zerschlagen, und alle seine Bitten um Verzeihung und alle seine Bitten um Schonung legte er ihnen mit lauter Oui Bougre, ans Herz. Endlich kamen sie auf die Vermuthung, er sey verrückt; (denn daß er französisch verstehe, hatte er bejaht.) Sie nahmen daher auf einem Hof, wo noch ein Licht brannte, einen andern Führer, jagten diesen fort, und er erwiederte den Abschied des Einen, daß er sich zum Henker packen sollte, richtig mit Oui Bougre. Als er aber so bald wieder nach Haus kam, und sich seine Frau verwunderte, die ihn erst auf den andern Mittag wieder erwarten konnte, so erzählte er, wie die Soldaten unterwegs viel Spaß mit ihm gehabt hätten, so daß es ihm fast sey zu arg worden, und wie sie hernach auf dem Zirnhauser Hof einen Andern genommen, und ihn wieder heimgeschickt hätten. Die Franzosen (setzte er treuherzig [139] hinzu) sind nicht so schlimm als man meynt, wenn man nur mit ihnen reden kann.