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hinzu) sind nicht so schlimm als man meynt, wenn man nur mit ihnen reden kann.


Brodlose Kunst.


In der Stadt Achen ist eine Fabrike, in welcher nichts als Nähnadeln gemacht werden. Das ist keine brodlose Kunst. Denn es werden in jeder [Woche][1] zweihundert Pfund Nadeln verfertigt, von denen 5000 Stück auf ein Pfund gehen, Facit: Eine Million, und der Meister Schneider und die Näherinn und jede Hausmutter weiß wohl, wie viel man für einen Kreutzer bekommt, und es ist nicht schwer, auszurechnen, wie viel Geld an den Aachner Nadeln in der Fabrike selbst und durch den Handel jährlich verdient und gewonnen wird. Das Werk geht durch Maschinen, und die meisten Arbeiter sind Kinder von 8-10 Jahren.

Ein Fremder besichtigte einst diese Arbeiten, und wunderte sich, daß es möglich sey, in die allerfeinsten Nadeln mit einem noch feineren Instrument ein Loch zu stechen, durch welches nur der allerfeinste, fast unsichtbare Faden kann gezogen werden.

Aber ein Mägdlein, welchem der Fremde eben zuschaute, zog sich hierauf ein langes Haar aus dem Kopfe, stach mit einer der feinsten Nadeln eine Oeffnung dadurch, nahm das eine Ende des Haares, bog es um, und zog es durch die Oeffnung zu einer artigen Schleife.

Das war so brodlos eben auch nicht. Denn das Mägdlein bot dieses künstlich geschlungene Haar dem Fremden zum Andenken und bekam dafür ein artiges

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/147&oldid=- (Version vom 15.9.2022)
  1. Anmerkung Wikisource: vgl. Erstdruck in Der Rheinländische Hausfreund (1808), Faksimiledruck der Jahrgänge 1808-1815 und 1819, Hrsg. Ludwig Rohner, Athenaion 1981, S. 38 books.google.