Textdaten
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Autor: G. F.
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Titel: Der Texanische Ochse
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aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 728
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[728] Der Texanische Ochse lernt den Menschen zuerst kennen, wenn dieser ihn, noch ganz jung, von der Mutter trennt; mit der Eigenthumsmarke seines Besitzers versehen, die entweder in einem Brandmal auf der Schulter oder Hüfte, oder einem Einschnitte in Ohr oder Horn besteht, wird er nun in einen andern Theil der großen ländlichen Besitzung übergeführt, wo er sich der vollkommensten Freiheit erfreut, bis er ausgewachsen ist. Sein Besitzer bekümmert sich nunmehr um ihn nur insofern, als er durch Instandhaltung der Umzäunung dieses Terrains ihn verhindert, seinem weiten Gefängniß zu entfliehen. Ist er hier ausgewachsen, dann begegnet er dem Menschen wieder, der, zu Pferde die einzelnen zu einer großen Heerde zusammentreibend, jeden widerspänstigen mit dem Lasso zur Erde wirft und zwingt, seine Herrschaft anzuerkennen und sich seinem Willen zu fügen. Deshalb hat auch der Texanische Ochse einen großen Respect vor dem Reiter, während er dem Fußgänger sofort angreifend entgegentritt. Diese Heerden werden nun nach Santa Fé oder einem andern mit Vorrichtungen zur Aufnahme derselben versehenen Eisenbahnplatz getrieben und von dort direct nach New-Orleans, Galveston, New-York, Baltimore etc. oder nach den Binnenstädten St. Louis, Chicago etc. versandt. Zur Graszeit, wenn die Ochsen fett, geschieht der Transport gewöhnlich nach den erstgenannten Städten, zum Zweck des einheimischen Verbrauchs, während im Herbst die Binnenstädte als Bestimmungsorte anzusehen sind, wo die Ochsen von den Landwirthen zur Mästung angekauft werden; sie dienen dann größtentheils dem Exporthandel, theils lebend, theils geschlachtet oder in präservirtem Zustand als Pökelfleisch (corned beef). Die lebendig zu exportirenden Ochsen, mit denen wir uns im Nachstehenden beschäftigen wollen, werden in den großen Viehhöfen dieser Städte, welche beinahe Städte für sich selbst bilden, nach Größe und Gewicht, welches beides zusammen auf den Grad der Mästung schließen läßt, sortirt und kommen alsdann nach ihren verschiedenen Graden, mit Nr. 1 für das fetteste und schwerste Vieh, das heißt Ochsen von 1500 Pfund und darüber angefangen, in den Handel.

Der Landwirth, der hier die mageren Ochsen zur Mästung kauft, treibt sie in sein Kornfeld, nachdem er vorher taxirt, wie viel Ochsen dasselbe wohl fett machen könne; er fügt eine Anzahl Schweine bei, die sich von dem durch die Ochsen zu Boden getretenen Korn mästen sollen. Auch hier überläßt er die Heerde sich selbst, so lange genügend Futter vorhanden; dann bringt er sie wieder nach den Viehhöfen zurück, und die Differenz des früher gezahlten und des jetzt erzielten Preises bildet dann den Ertrag seines Kornfeldes. Der erstere Preis übersteigt selten für das Pfund 7 bis 8 Pfennig nach unserem Geld, während der letztere mit ungefähr 15 bis 20 Pfennig angenommen werden kann. Obgleich bei dieser Art Mästung viel Futter verloren geht, wird auf der andern Seite wieder viel Arbeit gespart, und wenn darauf Bedacht genommen wird, daß der Bushel Wälschkorn in Kolben, 70 Pfund wiegend, dem Landwirth in den letzten Jahren nur 70 bis 80 Pfennig gebracht hat, so erscheint jene Art der Verwerthung als eine keineswegs ungünstige.

Die für den Versandt in’s Ausland bestimmten Ochsen werden nun direct vom Westen nach ihrem europäischen Bestimmungsort mit nur einem Tage Rast, ehe sie von der Eisenbahn in das Schiff übergeladen werden, verschickt; es beträgt die Fracht von da nach einem östlichen Hafen 10 bis 12 Dollar pro Stück von 1500 Pfund, und von dort nach einem europäischen Hafen 30 bis 35 Dollar.

Jetzt hat unser Texaner schon viel von seiner natürlichen Wildheit verloren und fügt sich willig dem Menschen; besonders die Eisenbahnfahrten, die er oft tagelang ohne Futter und Wasser aushalten muß, machen ihn zahm. Auf dem Schiffe hat er es schon besser; das Deck ist sein Quartier; je fünf erhalten eine besondere Abtheilung und werden besonders gut abgewartet. Wenn auch viele durch Seekrankheit tagelang vom Fressen abgehalten werden, so trinken doch alle das ihnen reichlich mit Syrup und Oelkuchenmehl vermischt gebotene Wasser. Heu und Wälschkorn erhalten sie im Uebermaß; dennoch verlieren sie auf der ungefähr achtzehn Tage lang dauernden Reise an Gewicht circa hundert Pfund pro Stück; da häufig auch ein Beinbruch vorfällt oder ein Stück Vieh beim Aus- und Einladen beschädigt wird, so wird der durchschnittliche Verlust auf zweieinhalb Procent während der Reise gerechnet. Bei einem einigermaßen günstigen Verkauf in England oder Frankreich läßt dieses Geschäft dem Händler immer noch einen Gewinn von fünfundzwanzig bis dreißig Procent, und daraus erklärt es sich, daß beinahe jeder die Vereinigten Staaten verlassende Frachtdampfer, zwölf bis fünfzehn wöchentlich, die Texaner als Deckpassagiere mitnimmt, die aber oft bei stürmischem Wetter ein kühles Grab im Ocean finden.

Obgleich der Nutzen ein großer in diesem Geschäft ist, so ist, wie man sieht, auch das Risico bedeutend. Häufig ziehen sich die Thiere auf der Reise den Milzbrand zu, eine Art Schaden, gegen den es keine Versicherung giebt. Der Verlust auf dem Transport beträgt bei Schafen zehn Procent, bei Schweinen war er zu groß um einen Nutzen zu lassen. Auch magere Ochsen hat man von den Vereinigten Staaten nach den Marschländern der Eider und Elbe gesandt, um sie auf deren Weiden fett zu machen, doch ist mir das Resultat solchen Unternehmens nicht bekannt geworden.
G. F.