Textdaten
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Autor: Wilhelm Grimm
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Titel: Der Swinegel
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aus: Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band 1, S. 381–383
Herausgeber: Johann Wilhelm Wolf
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Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Dieterische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Göttingen
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Quelle: Commons
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[381]
DER SWINEGEL.

Dieses hübsche märchen ward mir im J. 1840 von hrn. professor Firnhaber in Cassel mitgetheilt, der mir sagte daß es nach mündlicher überlieferung aufgefaßt sei, von [382] wem konnte er nicht angeben. es ward dann in der fünften auflage der hausmärchen (n. 187) abgedruckt. einige jahre später erhielt es in Germaniens volksstimmen von Firmenich I, 210. 211 einen platz, der es aus einer andern quelle erhalten hatte. er setzt es in die gegend von Stade und bemerkt es sei von Wilhelm Schröder erzählt. jetzt hat herr J. P. T. Lyser eine neue ausgabe bei Hoffmann und Campe in Hamburg veranstaltet und mit artigen bildern ausgestattet. in der vorrede sagt er als verfasser des märchens sei ihm von den herrn verlegern der verstorbene Theodor von Kobbe genannt worden, er bemerke das ausdrücklich, weil der Swinegel, in seiner art ein meisterstück, schon zu unterschiedlichen malen nachgedruckt sei, ohne daß die herrn nachdrucker daran gedacht hätten, den namen des eigentlichen verfassers zu nennen. dann fügt er hinzu ‚Firmenich und Grimm scheinen aus diesem grunde das märchen für sehr alt gehalten zu haben, allein Kobbe selber erklärt es ganz und gar für sein eigenthum, und wir mögen es umsomehr auf sein wort glauben, als sich für den kundigen bei genauer prüfung der moderne ursprung des Swinegels unzweifelhaft heraüsstellt‘. auf die nachdrucker, die mir unbekannt sind, kommt nichts an, und es mag dahin gestellt bleiben ob Theodor von Kobbe oder Wilhelm Schröder der verfasser ist, in jedem fall hat er seine sache gut gemacht und treulich erzählt: aber ich glaube daß ein kundiger in dem grund des märchens keine erfindung sondern eine lebendige überlieferung erblicken wird, deren alter sich nicht bestimmen läßt und deren ursprung weit hinauf gehen kann. glücklicher weise kann ich den beweis liefern. der hauptinhalt besteht darin daß der hoffärtige hase von dem trägen aber listigen schweinigel im wettlauf besiegt wird. ein wendisches märchen (Haupt volkslieder aus der Lausitz 2, 160. 1843) erzählt folgendes: der fuchs kommt zu einem teich und will da trinken: ein frosch quakt ihn an und der fuchs droht ‚geh weg, oder ich verschlinge dich‘. ‚nicht so hochmütig‘, erwidert der frosch, ‚ich bin hurtiger als du‘. der fuchs lacht ihn aus und spricht ‚wir wollen in die stadt laufen, [383] da wird es sich zeigen‘. der fuchs kehrt sich um und der frosch springt in seinen schwanz. Reinhard fängt nun an zu laufen, als er nahe bei dem thor ist, dreht er sich um und will sehen ob der frosch nachkomme; in dem augenblick springt dieser von dem schwanz herunter und in das thor hinein. als der fuchs sich wieder umgekehrt hat und in das thor kommt, sitzt der frosch schon dort und ruft ihm zu ‚bist du endlich da? ich bin schon auf dem heimweg und dachte du würdest gar nicht kommen.‘ niemand der das wesen der überlieferung kennt, wird die übereinstimmung und den gleichen grund beider märchen läugnen: daß die nebenumstände verschieden sind, liegt in dem wesen der sage. sieht man von der anmutigen humoristischen darstellung des plattdeutschen märchens ab, so verdient das wendische in einigen stücken den vorzug. der hase hat in der thiersage eine untergeordnete stelle, und erscheint niemals übermütig, wol aber der schlaue fuchs, und daß dieser von dem armseligen frosch besiegt wird, bildet einen glücklichen gegensatz, der viel ursprünglicher zu sein scheint.

WILHELM GRIMM.