Textdaten
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Autor: Ernst Deecke
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Titel: Der Staupenschlag
Untertitel:
aus: Lübische Geschichten und Sagen, S. 364–365
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Carl Boldemann
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Erscheinungsort: Lübeck
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Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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195. Der Staupenschlag.

Um 1600 war ein Rathsherr aus altem Geschlecht zu Lübeck, welcher einen einigen Sohn hatte. Nun diente im Hause eine wackere Dirne, von guten Leuten, die in ihrer Nahrung zurückgekommen; weil sie aber schieren Angesichts und fröhlichen Wuchses auch feines Verstandes und Herzens gewesen, hat sie der Sohn in Liebe begehrt, und mit Vorgeben, daß er sie zur Ehe nehmen wolle, oft angesprochen und gänzlich überredet. Nun wußte er wohl, daß sein Vater keinesweges darein willigen würde, als der ein gar stolzer und strenger Herr war; weil aber die Dirne in höchster Noth, hat er seinem Vater alles entdeckt, und seinen Rath begehrt. Dieser ließ im Zorn das Mädchen alsbald fortschaffen und schickte den Sohn gen Antwerpen; da sie aber unlängst hernach ein Knäblein zur Welt geboren, hat er das Kind in sichern Verwahrsam gegeben und die Mutter mit höchster Verwarnung aus der Stadt gewiesen und ins Elend gehen heißen.

Nach einigen Jahren nun, da der Sohn sich zu Antwerpen sein eignes Brot erworben, schreibt er dem Mädchen einen Brief und fordert, daß sie samt dem Kinde zu ihm komme; sendet ihr auch Geld und Kleidung und begehrt sie zur Ehe. Da geht sie nun zu dem gestrengen Herrn und verlangt ihr Kind; zeigt ihm auch an, [365] was sie Willens; er aber in übergroßem Zorn läßt sie ergreifen, und weil sie gegen seinen Befehl in die Stadt gekommen, stäupen und mit Gewalt abermal fortbringen.

Wie das Mädchen nun bald darauf gestorben, hat sie ihm gewünscht, daß der Staupenschlag in sein Gesicht eingeprägt sein sollte immerdar, weil er sie so unnatürlich gepeinigt.

Seit der Zeit wurden in des Herrn Angesicht pickblaue und blutrothe Streifen gesehn, daß man Gottes Gericht wunderbarlich an ihm merken können; da er sich aber von einem geschickten Mahler abconterfeien lassen, sind nach seinem Tode auch auf dem Conterfei die Streifen zum Vorschein gekommen, und, was man auch dagegen gebraucht, nimmer verschwunden.

Solches sein Bild ist noch in der Marienkirche unweit der Kanzel zu schauen.

Bemerkungen

[399] (Mündl.)