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Titel: Der Spion
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aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 608–609, 612
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[608–609]

Photographie von Franz Hanfstaengl Kunstverlag A.-G. in München.
Der Spion.
Nach dem Gemälde von Claus Meyer.

[612] Der Spion. (Zu dem Bilde S. 608 u. 609.) Der Krieg ist furchtbar grausam! Wohl hat das Völkerrecht der Gegenwart ihm allmählich manche Milderung aufgezwungen, die vordringenden Heeressäulen sind keine Banden von Räubern und Mordbrennern mehr, der friedliche unbewaffnete Bewohner ist vor Gewaltthat sicher, Plünderung wird nach Kriegsrecht strenge bestraft. Der uniformierte Soldat, der mit List und Gewandtheit sich an die feindliche Linie heranschleicht, ihre Stellung erforscht, ihre Pläne erlauscht, er ist, wenn entdeckt, einfacher Kriegsgefangener und wird als solcher mit allen Ehren behandelt.

Aber der Krieg kennt noch eine andere Klasse von Kundschaftern als diese. Unter tausenderlei unverdächtigen Vorwänden, in immer wechselnder bürgerlicher Verkleidung treiben sie sich zwischen den kämpfenden Gegnern hin und her, um werthvolle Nachrichten zu erhaschen und sie ihrem Auftraggeber zu hinterbringen. Nicht immer ist schnöder Eigennutz die Triebfeder ihres Gewerbes. Oft sind es glühende Patrioten, die auf diesem gefährlichen Wege ihrem Vaterlande Dienste zu leisten suchen. Ja, es ist ein gefährlicher Weg. Denn ihnen bietet das Völkerrecht keinen Schutz, rechtlos und vogelfrei sind sie, wenn sie dem Gegner in die Hände fallen, auf ihrem Gewerbe steht der Tod – und es wird ihnen noch ein gutes Ende, wenn mitleidige Kugeln ihn vollstrecken und nicht der Strick.

Und das weiß auch der Mann auf unserem Bilde, das eine Episode aus dem letzten Deutsch-französischen Krieg darstellt. Als ein bedauernswerthes Opfer seiner Vaterlandsliebe ist er den deutschen Truppen in die Hände gefallen. Fröstelnd sitzt er da, während der Schein der Laterne seinen Schatten gespenstisch groß an die Wand des kalten Kellergewölbes wirft, in das man ihn verbracht hat und an dessen einziger Thür zwei deutsche Ulanen ihn bewachen. Starr blicken seine Augen gerade aus. Hinter seiner gefurchten Stirn stürmen und toben die trüben Gedanken, die Bilder von Heimath, von Weib und Kind, die er verlassen muß, vom Vaterlande, dem nun auch sein Tod nichts helfen soll.

Und draußen in der Stube sitzen die Offiziere und prüfen mit Spannung die Papiere des Gefangenen: oft ist ja schon durch abgefaßte feindliche Spione der eigenen Heeresleitung wichtige Kunde zugekommen. Dann aber wird ein Kommando von ein paar Mann den Unglückseligen nach dem nahen Hauptquartier verbringen – ein Kriegsgericht tritt zusammen, um das Urtheil zu sprechen über den Spion.