Der Somnambulisten- und Spiritistenschwindel

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Titel: Der Somnambulisten- und Spiritistenschwindel
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aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 570
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[570] Der Somnambulisten- und Spiritistenschwindel macht in Paris wieder viel von sich reden. Besonders nimmt die Schaar der Spiritisten mit jedem Tage zu, da Jeder von ihnen sich auf die Proselytenmacherei verlegt. Man zählt deren bereits über dreißigtausend, die eine zusammenhängende Gesellschaft bilden. Als ihren Gründer betrachten sie Allan-Kardec. Dieser Mann, der vor einigen Jahren starb, hat nicht nur eine lange Reihe spiritistische Schriften verfaßt, sondern auch die erste spiritistische Gesellschaft unter dem Titel „Société Parisienne des études spirites“ in’s Leben gerufen. Der Hauptsitz der Spiritisten ist in der Rue Molière, wo jeden Dienstag spiritistische Vorstellungen stattfinden und die Media vor einem zahlreichen aus Gläubigen und Neugierigen zusammengesetzten Publicum ihre Gastrollen geben. Von diesen Medien, deren sociale Stellung ein mehr oder weniger dichter Schleier umhüllt, schreiben Einige, was ihnen der herbeigerufene, natürlich unsichtbare Geist des Verstorbenen in die Feder dictirt; Andere, die wahrscheinlich nicht schreiben können, beschränken sich auf die mündliche Mittheilung des Schattenreichs. Eine solche Vorstellung schafft immer mehrere Proselyten, welche, wie alle Proselyten, den angenommenen Glauben mit Eifer verbreiten.

Außer dem Saal in der Rue Molière haben die Spiritisten fast in allen Vierteln von Paris je an bestimmten Abenden ihre Zusammenkünfte. Sie sind in Gruppen abgetheilt, von denen jede ihren Vorsitzenden ernennt. Wer als Mitglied von den Spiritisten aufgenommen wird, hat bei jener Aufnahme einen kleinen Beitrag zu erlegen, der zur Anschaffung von Papier und Federn verwendet wird. Da nämlich die Geister in der Regel sich keiner Bündigkeit befleißigen und nicht nur selig, sondern auch sehr redselig sind, so nehmen deren Dictate eine beträchtliche Menge von Schreibmaterialien in Anspruch. Wahrscheinlich dienen aber die Beiträge auch noch zu Privatzwecken. Die Geisterbeschwörung ist ein Gewerbe wie jedes andere, und man ist in Paris nicht Geisterbeschwörer um Gotteswillen.

Großentheils gehören die Media zum schwachen Geschlecht, zu deren mancherlei Schwächen die Uneigennützigkeit durchaus nicht gehört. Der Erwerbszweig der Spiritisten ist mitunter sehr einträglich. Sie speculiren auf den Aberglauben und die Leichtgläubigkeit der Menge, in welcher sich immer Leute befinden, die für Geld und gute Worte einige Nachrichten von einem verstorbenen Freunde ober Verwandten zu erhalten wünschen. Der Spiritist oder die Spiritistin weiß immer diesen Wunsch zu erfüllen.