Der Segelschlittschuh-Sport

Textdaten
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Autor: G. van Muyden
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Titel: Der Segelschlittschuh-Sport
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 116
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[116] Der Segelschlittschuh-Sport. Das Schlittschuhsegeln, welches sich bei uns einzubürgern beginnt, ist offenbar ein Kind des Eissegelns. Die Leser, welche Gelegenheit hatten, sich eine Eisjacht in der Natur oder im Bilde – vergleiche „Gartenlaube“ 1887, Seite 29 – anzusehen oder gar eine allerdings etwas frostige Fahrt auf einem derartigen Fahrzeuge mitzumachen, wissen, daß dieses aus einem Balkendreiecke besteht, welches auf drei Kufen ruht und einen Mast mit einem oder zwei Segeln trägt. Die Mannschaft sitzt in dem Raume zwischen den Schenkeln des Dreiecks, und die hintere, drehbare Kufe dient als Steuerruder.

Der Schlittschuhsegler ist nun eigentlich nichts als eine Miniatureisjacht. Der Körper des Läufers ersetzt den Mast, und seine beiden stahlbewaffneten Füße vertreten die vorderen Kufen. Es fehlt allerdings die Steuerkufe. Diese ersetzt der Läufer durch die Bewegung seiner Füße. Auch vermag das menschliche Fahrzeug keine Passagiere mitzunehmen, und es ist für das Manöverieren einzig und allein auf seine Geschicklichkeit angewiesen.

Das älteste Schlittschuhsegel stellt Nr. 3 unserer Abbildung vor. Es besteht aus zwei kreuzweise angeordneten und an der Kreuzungstelle verbundenen Bambusstangen und aus zwei Raaen, zwischen welche ein Stück Leinwand gespannt ist. Darüber erhebt sich ein Beisegel, welches man den Topsegeln der Segeljachten abgeguckt hat. Es dient bei schwachem Winde zur Vergrößerung der Segelfläche. Weht es stärker, so wird es heruntergeklappt. Riemen zum Anschnallen des Segels an den Leib des Läufers vervollständigen die Ausrüstung.

Der Segelschlittschuh-Sport.
Zeichnung von R. Starcke.

Weniger gebräuchlich ist die in Nr. 2 veranschaulichte Segelausrüstung. Sie besteht aus zwei durch eine Bambusstange verbundenen leichten Rahmenwerken, über welche ein leichter Stoff gespannt ist. Eine größere Geschwindigkeit läßt sich damit kaum erzielen, weil die Segelfläche zu klein ist. Weit besser ist offenbar das Segel in der oberen Abbildung (1), welches überhaupt neuerdings entschieden bevorzugt wird. Es ist leichter herzustellen, weil dazu nur zwei an der Kreuzungsstelle verbundene Stangen gehören, über welche man ein Segel spannt. Der Läufer steht, wie ersichtlich, zwischen den Stangen und dem Segel und hält eine Stange mit den Händen fest.

Die drei Stellungen der Segel sind annähernd die gleichen wie beim Segeln auf dem Wasser. Bald läuft der Segler vor Wind, indem er sein Segel nach hinten dreht; bald mit halbem Winde, wenn die Brise von der Seite kommt; bald endlich hart am Winde, wenn es gilt, der Windrichtung in Zickzacklinien entgegenzufahren. Das letztere nennt man Aufkreuzen. Bedingung für den Erfolg dieses Aufkreuzens ist, daß der Träger des Segels nicht „abtreibt“, also nicht vom Wind seitwärts gedrängt wird, sonst nähert er sich dem Ziele nicht oder entfernt sich gar von demselben. Dazu ist es aber erforderlich, daß der Träger des Segels an einem Körper – beim gewöhnlichen Bootsegeln an dem Wasser – einen Halt findet. Damit ist ausgesprochen, daß der Schlittschuhsegler nicht so leicht aufkreuzt wie ein Segelboot, weil er mit seinen Stahlschuhen in das Eis nicht tief genug eingreift. Er treibt deshalb leichter ab. Dieses Abtreiben möglichst zu verringern, benutzt man daher bei diesem Sport sehr lange, 7 bis 8 Centimeter über den Fuß hinaus reichende Schlittschuhe, die den Halt erhöhen. Gewöhnliche Schlittschuhe mit Halifaxkurve eignen sich deshalb nicht. Räthlich ist es, man sucht irgend einen Punkt durch Aufkreuzen zu erreichen und 1äßt sich dann vom Winde mit dem Segel auf dem Rücken nach dem Abgangspunkt zurücktreiben. So lernt man das Handhaben des Segels am bestem Auch ist es gut, bei leichtem Winde anzufangen und sich erst dann bei frischer Brise aufs Eis zu wagen, wenn man eine gewisse Fertigkeit erlangt hat. Weht es hart, so gehört eine Geschwindigkeit von 20 bis 30 Kilometern in der Stunde nicht zu den Unmöglichkeiten. G. van Muyden.