Der Schloßbrunnen zu Stolpen

Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Der Schloßbrunnen zu Stolpen
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 119–120
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Digitalisat der SLUB Dresden und bei Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
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54. Der Schlossbrunnen zu Stolpen.

Partie aus Stolpen.

Eine große Sehenswürdigkeit der romantischen Burgruine zu Stolpen ist der alte Schloßbrunnen. Derselbe befindet sich zwischen der ehemaligen Burgkapelle und dem Fürstenplatze. Dieser Brunnen, von einer Mauer schützend umgeben, wurde in den Jahren 1608 bis 1632 erbaut. An seiner Herstellung hat man also 24 Jahre hindurch gearbeitet und zwar ununterbrochen. Ursprünglich betrug seine Tiefe 82 m, aber mit der Zeit ist ein großes Stück verschüttet worden. In Kriegszeiten stürzten die Preußen 1756 und die Franzosen 1813 alle die auf der Burg erbeuteten Waffen in die gähnende Tiefe des Schloßbrunnens. Im Jahre 1883 ließ man durch Bergleute diesen Brunnen säubern und das einst hier Versenkte wieder an das Tageslicht befördern. Im Mai trafen unter Führung eines Obersteigers vom Carolaschachte bei Deuben drei Bergleute ein, die den Schloßbrunnen räumen sollten. Sie gingen sofort an die Arbeit. Verschiedene Basaltsäulen der Brunnenwandung hatten sich gelockert und mußten darum losgesprengt und in die Tiefe gestoßen werden, damit das Ein- und Ausfahren ohne Gefahr vor sich gehen konnte. „Nach der Auszimmerung der Wände begann das Herausschaffen der Massen. Wochenlang gab es nichts als Steine und Schutt. So wurde den ganzen Sommer hindurch gearbeitet. Im Herbste endlich kam man auf Kriegsmaterial; Teile von Kanonen, Flintenrohre, Kugeln u. s. w. wurden in Menge zu Tage gebracht. Im Sommer 1884 erreichte man die Sohle des Brunnens in einer Tiefe von 82 m. Wasser sickerte nur spärlich durch das Basaltlager. Die Hoffnung

[120] auf Auffindung broncener Kanonen blieb unerfüllt. Nach genauer Ordnung besteht der ganze Fund in folgenden Gegenständen: 1 Adlerwappen, 1 Heiligenbild und 1 Löwenpaar, sämtlich aus Sandstein; ferner wurden gefunden 15 französische Gewehre mit Feuerschloß und 5 französische Bajonette, 14 Hellebarden, 1 Zündrute, 20 Radschlösser, 38 verschiedene Piken, 2 lederne Pulverbeutel, 98 verschiedene Gewehrkolben, 123 Gewehrrohre, 11 Sturmsensen, 2391 Falkonettkugeln, 600 hohle Granaten, 173 gefüllte Granaten, 4 hölzerne Setzer zum Laden der Kanonen, 1 hölzerne Pulverflasche, 16 Feuersteinschlösser, 27 Luntenschlösser, 4 sehr alte Bajonette, 4 kupferne Pulverschaufeln, 4 eiserne Kanonenrohre, 5 Lafetten aus Eichenholz, 14 verschiedene hölzerne Räder und ein Stück des alten Brunnenseiles.“ –

Die Erbauung des Stolpener Schloßbrunnens war nicht leicht. Die Arbeit war den Bergleuten, welche ihn zu graben hatten, sehr erschwert. Den hier zu überwindenden und zu beseitigenden Basaltsäulen, so lange sie dicht untereinander verbunden sind, kann man nämlich an ihren Köpfen am wenigsten beikommen, und weder mit Meißel noch mit Fäustel läßt sich etwas erreichen. Doch springen die einzelnen Basaltsäulen leicht voneinander, wenn sie mit 2 bis 3 Schlägen an der Seite getroffen werden. Die Bergleute, welche diesen Brunnen herzustellen hatten, sollen daher die Köpfe der zu beseitigenden Basaltsäulen durch Holzfeuerung erst erweicht und sich so nach und nach langsam hindurch gearbeitet haben. Das war freilich eine höchst mühsame Arbeit, und Wochen vergingen, ehe man wieder einen fußlangen Weg von neuem zurückgelegt hatte. Die Basaltsäulen gehen hier viele hundert Meter tief in das Erdinnere.

Jene Bergleute, welche den Schloßbrunnen zu Stolpen zu bauen hatten, wohnten im nahen Altstadt, wo man ihnen besondere Häuser errichten ließ, die heute zur Erinnerung daran „die Berghäuser“ genannt werden.

Die Veranlassung zur Grabung des Schloßbrunnens war der mangelhafte Zustand der ehemaligen „Wasserkunst“. Dieses einstige Wasserhaus, welches den Schloßbewohnern das nötige Wasser lieferte, befand sich im untersten Teile des früheren Tiergartens, der auf der südlichen Seite des Schloßberges lag. Noch vor wenigen Jahren hat man deutliche Spuren des alten Wasserwerkes aufgefunden. Auch heute sind solche noch vorhanden. Von ihm aus wurde das Wasser in die Festung getrieben. Dieses Wasserwerk war im Jahre 1563 angelegt worden, wurde aber in Kriegszeiten von den Feinden wiederholt zerstört.[1] Daher sah man sich im Schlosse veranlaßt, im Inneren der Burg einen Brunnen anzulegen. Aus diesem wurde nun das Trinkwasser mit Eimern geschöpft, die durch ein großes Trittrad, welches Männer durch Treten in Bewegung zu setzen hatten, hinabgelassen und wieder heraufgezogen wurden.

Jetzt entnimmt man dem Schloßbrunnen kein Wasser mehr. Es fehlen hierzu die nötigen Vorrichtungen. Doch ist das Wasser sehr frisch und genießbar.

Es gewährt einen großartigen Anblick, wenn brennendes, mit Petroleum getränktes Papier in die dunkle, gähnende Tiefe hinabgelassen wird. Der große Feuerballon, der auf seinem Fluge die schwarzen Basaltwände unheimlich erleuchtet, wird kleiner und immer kleiner. Zuletzt ist er nur noch als winziger, schimmernder Stern sichtbar, der aber auch bald in der grausigen Nacht verschwindet. – Seit einigen Jahren ist jedoch das Hinabwerfen von irgendwelchen Gegenständen in den Schloßbrunnen strengstens untersagt. Wer die Schloßruine zu Stolpen besucht, der versäume ja nicht, auch den so sehr sehenswerten Schloßbrunnen mit in Augenschein zu nehmen!


  1. Gercken schreibt noch folgendes über diese alte Wasserkunst: „Vermöge derselben wird [121] das Wasser, so durch doppelte Röhren von dem Amts-Dorffe Lauterbach hereingeleitet worden, sodann den Berg hinan, aufs Schloß getrieben. So viel sich Nachricht findet, hat Martin Planer, Bergmeister zu Freyberg, diese künstliche Wasser-Leitung zu stande gebracht.“ –