Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Der Raupenberg
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aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 454–457
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Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Digitalisat der SLUB Dresden und bei Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
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195. Der Raupenberg.

Zwischen Neustadt und dem böhmischen Wallfahrtsorte Lobendau liegt der Raupenberg, eine Höhe, über welche die deutsch-österreichische Grenze geht. Auch die Landstraße, welche die genannten Orte verbindet, führt über diesen Berg. Wo dieselbe den Rücken des Raupenberges erreicht hat, liegt unmittelbar an der Reichsgrenze zu beiden Seiten der Straße je ein Haus, das größere ist das böhmische Zollhaus, das kleinere ein böhmisches Gasthaus. Eine herrliche Lindenallee führt von da hinab nach Lobendau. –

Der Raupenberg gewährt eine schöne Fernsicht. Nach Osten zu blickt man vom Raupenberge aus hinein in das schöne Böhmerland. Das freundliche Städtchen Lobendau liegt uns zu Füßen. Es schmiegt sich an den westlichen Abhang des vielbesuchten Annaberges, über den in Schlangenwindungen die Landstraße nach Hainspach führt. Hier oben steht auch ein Kirchlein, zu dem die Gläubigen von nah und fern alljährlich am Sankt Annafeste wallfahren. – Ueber den Sankt Annaberg herein grüßt der sargähnlich geformte Boozen bei Schluckenau.

Nach Westen zu blickt man auf die Bergkette zwischen Neudörfel und Neustadt. Da reiht sich Höhe an Höhe. Man überschaut das langgestreckte Dorf Langburkersdorf, das weithin berühmt und bekannt ist durch seine Blumenfabrikation, man sieht das gewerbfleißige Städtchen Neustadt mit seiner schmucken Kirche. Weit draußen am Horizonte erhebt sich die Burg Stolpen. Nach Süden zu hemmt den Ausblick der Wald, nach Norden hin dehnt sich der Hochwald aus, über den der turmgekrönte Valtenberg emporragt.

Wie alte Ueberlieferungen uns melden, trug der Raupenberg auf der heute sächsischen Seite einst eine Burg und zwar eine Raubburg, an die noch der Name des Berges eine Erinnerung ist. Jene Burg ist aber längst zerfallen. Wo sie ehemals stand, da zieht heute der Pflug seine Furchen. Die Raubburg stand auf der Höhe nordwestlich vom böhmischen Zollhause, nur wenige Schritte von der Straße entfernt. Man ist hier früher auf Mauerreste gestoßen, auch wurden beim Graben und Ackern Hufeisen, Sporen und Speere gefunden.

Hinauf nach dem Raupenberge wandern am Sonntage Nachmittag gern Neustädter und Langburkersdorfer mit der Familie oder auch allein. Sie nehmen da Platz unter den schattigen Linden am Gasthause oder drinnen in der freundlichen Gaststube, um hier nach der Wochenarbeit sich zu erholen und am böhmischen Bier zu laben.

Reger Verkehr herrscht auf dem Raupenberge besonders an jenen Tagen, an denen im benachbarten Lobendau das große Wallfahrtsfest, das Sankt Annafest, Ende Juli und Anfang August alljährlich abgehalten wird. Dasselbe dauert volle 9 Tage. Gern wird das Annafest auch von den Bewohnern der angrenzenden sächsischen Ortschaften besucht. –

Der Raupenberg trägt auch eine Erinnerung an den menschenfreundlichen Kaiser Joseph II. Am 10. September 1779 weilte derselbe hier und zwar in Begleitung des Generals Broun und des Fürsten v. Lichtenstein. Sein Aufenthalt währte mehrere Stunden. Die Aussicht vom Raupenberge fesselte den Kaiser derartig, daß er sich lange umsah und seiner Verwunderung wiederholt Ausdruck gab.

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Arthur Richter-Park in Neustadt.

[457] Vom Raupenberge aus ritten sodann die hohen Herren über Neudörfel, Rugiswalde, Krumhermersdorf und Sebnitz. Von hier begaben sie sich durch die lange Gasse nach Nixdorf. Am anderen Tage ritten sie nach Hinterhermsdorf und stiegen dort vor dem Gerichte ab. Sie erkundigten sich nach diesem und jenem, vor allen Dingen nach dem, was den Einmarsch der preußischen Armee im letzten Kriege, also im 7jährigen Kriege, betraf. Von hier ritt Kaiser Joseph II. mit seinen Begleitern über die Heide nach Böhmen zurück.