Textdaten
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Autor: Peter Rosegger
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Titel: Der Maibaum
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aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 304-307
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[304]

Der Maibaum.

Bilder aus dem steirischen Volksleben von P. K. Rosegger.


[„]Bauer,“ sagt der Kleinhäusler Poldel, „was kostet der Baum, der oben im Schachen steht, wo sich die Wege kreuzen – der junge hochaufgeschossene Fichtenbaum?“

„An dem das Vogelnest ist?“ entgegnet der Bauer.

„Schau, Bauer, hast Du ihn schon so genau beguckt?“

„Freilich, und mir scheint, Du hast’s auch gethan, Poldel. Vielleicht nimmst einen Andern.“

„Ich brauche einen, der gut steht.“

„Eh, das weiß ich, daß Du einen solchen brauchst. Für Welche denn, wenn man fragen darf?“

„Werden wir handelseins, Bauer, so sage ich Dir’s. Was das Bezahlen anlangt: einen Tag zum Kornschneiden hast mich, im Sommer wenn’s zeitig ist.“

„Eine Red’! Poldel, der Baum gehört Dein. Für meine Dreifaltigkeit thut’s auch ein anderer.“

So wird’s ausgemacht zwischen dem Großbauer und dem Kleinhäusler. Der Großbauer ist diesem weit über, an Bäumen und an Jahren. Er denkt nicht mehr dran, einem Dirndl den Maibaum zu setzen, er wendet seine Inbrunst bereits einem Andern zu und simulirt, wie er am ersten Maitage dem lieben Gott eine Aufmerksamkeit erweisen werde dafür, daß er es wieder Frühling werden lassen, daß er das Korn, welches im vorigen Herbst in die Erde gelegt wurde, wieder aus dem Grabe ruft, und daß er den Bauer diese erfreuliche Zeit noch einmal ließ erleben. Vor dem Hofe auf freiem Anger steht eine kleine Capelle mit dem Bildniß der heiligen Dreifaltigkeit. Der Bauer wird im Walde einen jungen schlanken Baum schlachten, wird ihn entrinden bis an den Wipfel, an diesem die grünen Zweige schmücken mit bunten Bändern und rothen Rosen aus Papier, und wird diesen Baum an der Dreifaltigkeits-Capelle aufrichten, daß es ein öffentliches Dankopfer sei, oder daß – wie einmal der Hegel-Natz so unziemlich gesagt hat – die Leute sehen: der Großbauer bleibe dem Herrgott nichts schuldig und er bezahle den schönen Mai mit dem noch schöneren Maibaum. Denn um die künstlichen Blumen und Bänder ist letzterer ersterem „über“.

Dieser Maihaum braucht das Tageslicht nicht zu scheuen; am Vorabende des ersten Mai wird er gelassen und sorgfältig aufgestellt, und setzt’s für die Arbeiter hernach ein gutes Vesperbrod. Und wenn dann in der Dämmerung die Fledermäuse hin- und herzufahren beginnen, sehen sie den Stamm, der so weiß ist, daß er ihren schwachen Augen weh thut. Also wär’s, wenn die Menschen Mai machen müßten: lauter kahle, trockene Stäbe, lauter dürren, buntbestrichenen Flieder! Aber den lieben Gott freut der gute Wille doch, und reicher und gewaltiger an Schönheit und süßer Pracht läßt er den Lenz entstehen in den Thälern und auf den Bergen.

Jetzt aber, der Kleinhäusler Poldel, der muntere lebfrische Bursche, der giebt seinem Maibaum eine andere Bedeutung und einen anderen Boden. Sein Maibaum muß wachsen über Nacht, wie Pilze wachsen nach einem Regen; keinen Spatenstich darf man hören, ohne alles Geräusch muß der schwere schlanke Stamm emporgehoben und in die Grube gesenkt werden. Im Rübelhof ist sie daheim, die Kleine! die Liebe! Der Poldel ist schon so weit mit ihr in Richtigkeit, nur will sie’s immer noch nicht recht glauben, daß es sein Ernst ist. Uebermüthige Burschen machen oft Späße mit solchen Dingen, und Mädchen, die drauf gehen, werden ausgelacht – und oft mehr als das.

Da kommt der erste Mai und mit ihm ein Landesbrauch, der dem Poldel Gelegenheit giebt, es öffentlich auszurufen: Er freit das Dirndl im Rübelhofe!

Im Walde oben, wo der Baum gefällt worden, wird er auch entschält – Alles ganz heimlich – nur der grüne Wipfel mit seinen weichen Zweiglein und Kreuzlein bleibt gar sorgfältig geschont und hat sich der Poldel viel Tabakgeld kosten lassen, um ihn mit rothen und blauen Seidenbändern zu schmücken, vielleicht noch ein Herz oder einen Reiter aus Lebkuchen oder dergleichen hinaufzuhängen. Beim Entschälen des Schaftes wird geachtet, daß hoch oben ein paar Rindenkränze dran bleiben, die wie Kronen gezackt werden.

Die Cameraden sind bestellt, und kommt die Nacht, so tragen sie diesen Baum hinab in das Thal, und am Rübelhofe, gegenüber dem Kammerfenster des Dirndl’s wird er aufgestellt. – Im Hause schläft Alles; der Kettenhund ist bestochen, die Arbeit wird mit Mühe vollbracht. Oft geräth es nicht, der Baum hängt, hängt nach einer Seite – das ist des Teufels. Noch öfter steht er gerade empor zum Himmel, und das ist – Gottlob – beim Poldel der Fall.

Nun – die Arbeit gethan – wird ein wenig geminnt. Der Bursche stellt sich an’s Fensterlein und macht mit halblautem Geflüster seinen Spruch:

„Mein Herz und mein Sinn
Ist im Kamerlein drin,
Wia stell’ ih’s denn an,
Daß ih nach eini kann?“

Junges Blut hat guten Schlaf, aber derlei weckt es doch. Nur ist das Dirndl im Rübelhof so schlau und meldet sich nicht, denn sie will noch mehr so Sprüchlein hören. Daher fährt er fort:

„Du herzi liabs Schatzerl,
Du Himelschlüssl,
Steh’ auf und mach auf
A kloanwinzigs Bissl.“

Inwendig ist ihr schon über die Maßen heiß, nach außen bewahrt sie immer noch die Ruhe.

Da singt er:

„Dirndl, bist stulz
Oder kenst mih nit,
Oder is däs
’s recht Fensterl nit?“

Jetzt giebt’s für sie kein Halten mehr, denn das letzte Liedel ist voll von Irrthümern. Sie kennt ihn recht gut und ist vor ihm auch nicht stolz, daher ist es wohl wahrlich das rechte Fensterl. Da giebt’s kein Halten. Ein klein wenig thut sie den Schuber auf und flüstert heraus:

„Ih bin nit stulz
Ih ken dih wul,
Du bist da Bua,
Der kema sul.“

Weiter zu horchen geziemt uns nicht. Es muß uns genügen zu wissen, daß in stiller Nacht der Maibanm seine Weihe erhält. Und was die Nacht huldreich verhüllte, der Maimorgen macht es freudig offenbär. Als das Dirndl das Fenster aufthut, damit die Mailuft hereinkann – deull Alles trachtet an diesem Morgen der Frische zu, „Mailuft schöpfen! Mailuft schöpfen!“ – da sieht sie’s: vor dem Fenster steht schlank und blank in der hellen Sonne das Ausrufungszeichen der Liebe!

[305]

Maibaumsetzen in Steiermark.
Originalzeichnung von Fritz Bergen.

[306] Was sagen die Leute dazu? – Schau, schau! sagen die Leute dazu, und das ist sehr viel gesagt. Der Vater, die Mutter lassen ihr Töchterlein rufen.

„Vater, vielleicht hat’s der Bruder gethan, er hat mich gern.“

„Der Bruder, mein Kind, der hat das nicht gethan. Schau hinüber dort an die Berglehne, vor dem Lehmerhof steht auch ein weißer Stamm. Das hat Dein Bruder gethan.“

„Mutter, so haben sie es unserer Mägd gethan.“

„Leugne es nicht, Kind. Wenn’s sein Ernst ist! Wir können es uns ja wohl denken, wer Dir den Maibaum gebracht hat. Aber sag’ nicht zu früh ja. Laß’ ihn neunmal fragen, bis Du ja sagst. Im Ehestand kommt eine Zeit, wo er Dir das vorzeitige Ja vorhalten wird. Laß’ ihn neunmal fragen, damit Du ihm ’s vorhalten kannst.“

Das thut sie. Schon am nächsten Sonnabend kommt er und frägt sie neunmal rasch hinter einander. Nach dem neunten Mal sagt sie ebenso rasch: ja. Der Vogel, der oben im Wald sein Nest gebaut, hat den schlanken Baum nicht vergessen, er muß ihn wohl noch am Wipfel erkennen, denn er fliegt um den Maibaum, daß seine Flügel an die zitternden Bänder schlagen ...

Wenn ihr, liebe Freunde, im Frühsommer durch’s schöne steierische Land fahret, so seht ihr in den Dörfern die weißen Schafte mit den buschigen Wipfeln hoch aufragen über die Dächer. Ihr wisset nun, daß sie entweder frommen Sinn bezeigen oder helles Liebesglück bedeuten. – Anch die Wirthshäuser stellen mitunter Maibäume auf, um Gäste herbeizulocken. In einzelnen Gegenden pflegt man mit Wein gefüllte, gut verkorkte Flaschen an den Wipfel zu hängen, die dann im Frühherbst, wenn der Baum umgelegt wird, ausgetrunken werden sollen. Solcher Trunk ist für allerlei Herzweh gut. Manchmal sind auch schlimme Sachen an dem Wipfel, Sachen zu Hohn und Spott, denn so ein Maibaum verdankt seinen Ursprung mitunter der Eitelkeit, der Eifersucht, der Tücke etc.; das Bauernherz hat mehr Kammern als vier.

An Maibäumen ist schon manche fröhliche und manche tragische Dorfgeschichte gewachsen. Von schlimmer Bedeutung ist ein verstümmelter Maibaum. Es geschieht oft, daß er schon in der ersten Nacht, oder in einer späteren – denn er steht über den Hochsommer hinein – von boshafter Hand, zumeist aus Eifersucht, beschädigt wird. Da hängt er am Morgen entweder nach einer Seite hin – schief und quer, wie ein Strich durch die Rechnung, oder der weiße Stamm ist beklext, es flattern an ihm schmutzige Fetzen, oder er ist gar aus seinen Grundfesten gehoben, auf den Boden hingeworfen worden, und sein Wipfel ist zerzaust, geplündert, ist vielleicht vom Stamme getrennt, auf den Dünghaufen hingepflanzt und geziert mit zweideutigen Symbolen. Und der Baum, der von einem lieben Burschen dem Dirndl zur Ehre aufgestellt worden, wird nun ihr zum Schimpf, der nimmer vergeht. – „Ei schau! Ei guck! Das ist Die mit dem verstümmelten Maibaum!“ Das Wort verfolgt sie so lange, bis sie sich in die Arme des Ehemanns zu retten vermag. Nach Einer mit verstümmeltem Maibaume ist aber keine große Nachfrage; der ursprüngliche Geliebte wird nachdenklich und argwöhnisch. „Ganz ohne Grund kann’s doch nit sein! Es muß was dahinter stecken!“ Wenn’s auch noch zur Heirath kommt, die reinen Freuden sind dahin. Und so braucht man gar nicht abergläubisch zu sein, um an der Verstümmelung eines Maibaums schlimme Vorbedeutung zu sehen.

Ich weiß etwas von zwei Männern. Die gingen in einer Nacht neben einander über den Feldweg. Der Eine war groß, hatte übermäßig breite Schultern, der Kopf, auf dessen Nacken ein zerschlissener Hut saß, war stark nach vorn eingeknickt. Er hatte eine scharfkrumme pfusternde Nase und unter derselben einen buschigen Schnurrbart, der in der Nacht schwarz, beim Tage aber grau war. Er hatte nur noch das rechte Auge, das linke mußte er einst in seiner Jugend der Herzliebsten opfern, oder vielmehr dem wüthigen Nebenbuhler, der es ihm bei einer Rauferei aus der Höhle schlug. Das war der Holzknecht-Werfel.

Der Andere war ein schlankes behendes Bürschchen, aufrecht wie ein Kerzlein, hatte den halb städtischen Hut tief in die Stirn gedrückt und machte zwei schlenkernde Schritte, so oft der Große mit seinen krummen, hageren Beinen und mit Stütze des Stockes einen schwerfälligen Schritt that. Der Kleine war der Schuster-Sydel.

Sie waren am Kreuzwege zusammengetroffen.

„Schuster-Sydel!“ sagte der Holzknecht, „wo gehst denn heut’ noch hin – so spat?“

„Ich hab’ Dich auch nit gefragt, wo Du hingehst,“ antwortete der Andere.

Sie gingen neben einander, und so oft sie an eine Wegzweigung kamen, hoffte Jeder, der Andere würde abbiegen. Aber sie gingen nicht aus einander, sie hatten den gleichen Weg, und der führte sie zum Kogelhof.

„Bist jetzt da daheim?“ fragte der Schuster.

„Bist Du jetzt da daheim?“ fragte der Holzknecht.

„Bei der Nacht brauch’ ich keinen Schatten,“ sagte der Schuster.

„Hab’ ich Dich gebeten, daß Du neben mir dahergehen sollst?“

Beide blieben stehen. Sie standen unweit dem Kammerfenster der schönen Haustochter Thrimel.

„Ich glaube gar, der alte Schragen will auch noch zum Fenster!“ knurrte der Schuster.

„Schenirt Dich das? Mich nit, und ich denk’, sie auch nit.“

„Du Werfel! Bei dem Fenster hast nichts zu thun, das sag’ ich Dir!“

„Höllsaggra!“ fluchte der Holzknecht und schwang seinen Stock, „ich will Dir weiterhelfen!“

Im selben Augenblicke ertönte vom Hofe her eine derbe Stimme:

„Wart’s, Ihr Kater, Ihr verliebten, ich will Euch Sauborsten in die Haut schuissen!“

Die beiden Männer stoben aus einander, und nun sah man’s, wie flink auch der Werfel noch laufen konnte.

Die Thrimel weinte die halbe Nacht darüber, daß der Vater den Sydel verscheucht hatte, dessen Gasselsprüchen sie so gerne lauschen mochte. –

Einer der nächsten Tage brachte den Mai. Als die Thrimel ihre blauen Augen aufschlug, stand draußen vor dem Fenster im goldenen Morgensonnenschein ein Maibaum.

Sie erschrickt in heißer Freude; der ist vom Sydel. Aber geht denn ein Sturmwind, daß der Baum so zittert und wankt? Sie eilt ans Fenster, da sieht sie es, am Fuße des Maibaums ringen zwei Männer. Der Sydel und der alte Werfel. Den Baum haben sie in der Mitte und ringen mit verbissenen Flüchen. Der Werfel will den Stamm aus der Erde heben, der Andere sucht ihn zu halten, zu schützen. Aber der Holzknecht weiß besser umzugehen mit den Bäumen, als der Schuster – der Stamm hebt sich, noch ein Ruck! er wankt, neigt sich, fällt und reißt die beiden Kämpfenden mit zu Boden. – Ein dumpfer Schrei, ein Blutstrom aus dem Munde des Werfel – der Baum ist ihm auf die Brust gefallen.

Die Leute eilen jammernd zusammen. Die Thrimel stürzt hin auf den Sterbenden, herzt ihn, küßt ihn, als wäre es der Andere.

[307] „Ich habe genug,“ stöhnte der Werfel, „Thrinel, dieses Blut, das ist ein schlimmes Blut gewesen. Legt’s mich tief in die Erden, daß ich die Weiber in Ruhe laß. Thrinel, geh’ zum Andern, der ist noch gesund.“ –

Vor wenigen Jahren hat sich das zugetragen in einem Hochthale der Steiermark. Der Schuster wollte die Bauerstochter hierauf zum Weibe haben, sie sagte:

„Ich bin Dir nicht feind, Sydel, aber ich nehme Dich nicht. Der Werfel thäte zwischen uns stehen ...“

So hatte sie der Alte herumgekriegt. Einen, der ihretwegen lebt, thatet und leidet, können die Weiber vergessen, aber Einen, der ihretwegen stirbt, den vergessen sie nicht. Frischt schon nicht immer die Liebe das Gedenken auf, so thut’s doch die Eitelkeit gewiß. –

Es giebt Leute, denen die Liebe ohne öffentliches Ausrufungszeichen besser behagt.

„So warm is ka Feuer,
Ka Gluath is so hoaß,
As wia hoamliche Liab,
Von der Neamand was woaß.“

Oder:

„Wia stiller die Nocht,
Um so schöner sein d’Stern,
Wia hoamlicha d’Liab,
Desto mehr hab’ ih’s gern.

Ih thua dih wohl liabn,
Aba sagn därfst es nit,
Wan’s d’Leut amal wissn,
Nachher mag ih dih nit.“

Für diese Art der Liebe ist der Maibaum nichts, sie hat nicht die Wege und nicht die Absicht, den Priester am Altare in ihre Sache dreinreden zu lassen. Ein Maisträußlein von Veilchen und Rosenknospen, das in heimlicher Nacht der Bursche der Auserwählten an’s Fensterlein steckt, hat für Manche mehr Anwerth, als der hochragende weiße Baum, aber das heimliche Sträußchen – ich möchte es trotzdem der Jungfrau nicht rathen – es ist ein gefährlich Ding. Aus dem Maibaume kann man Brautstäbe schnitzen, wie solche früher als Zeichen der Würde des Ehestandes getragen worden sind. Der Strauß welkt aber, und wenn man seine dürren Blätter in’s Gebetbuch legt und sie in späteren Tagen wieder ansieht, so muß man dabei weinen. –

Ein junger Bauerndichter hat einst seiner Liebsten den Maibaum unter Couvert geschickt:

„Der Mai, der schön Mai
Is erfreuliche Zeit,
Is die ganz Welt voll Liab
Und voll Lustbarkeit.

Im Wasserl drein glanzt’s
Und in Lüften is ’s z’hörn,
Auf’m Bamerl steht’s g’schriebn,
Daß Du mein sollst wern.


Es sung schon das G’sangl,
Es sung schon dä Weis
Der Adam und d’Eva
Im Paradeis.“


Dieser Maibaum oder Maistrauß ist bis heute noch nicht verdorrt; der Poet hat die Braut zum rosengeschmückten Altare und von demselben in sein Haus geführt. Das Haus wird beschützt von einem stattlichen Fichtenbaume, der im Sommer die Blitze wehrt, im Winter die Stürme, und im Frühling ein grünender Tummelplatz ist all den munteren, jubelnden Vöglein, die das stille häusliche Glück hell hinausschmettern unter dem blauenden Himmel über die blühende Erde. Ist er euch recht, dieser Blick auf das aus der Mode gekommene Eheglück? Ich sage euch das: der wahre Liebes-Mai unseres Lebens liegt in der Ehe. Alles Andere ist – April – !