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Autor: Otto Moser
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Titel: Der Kellner
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 67-70
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Fortsetzungsroman in 2 Folgen // Hefte 7–8
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[67]

Novelle von O. M.


„Ein für allemal sage ich Dir, es wird nie etwas daraus, François!“

„Aber Vater Meunier …“

„Schweig, Knabe, es bleibt dabei, meine Tochter soll niemals die Frau eines armen Schluckers werden, wie Du einer bist. Glaubst Du denn, François, ich habe mein ganzes Leben hindurch gearbeitet, um die sauer erworbenen Ersparnisse einem armen Teufel an den Kopf zu werfen, der meiner Tochter soviel wie nichts in’s Haus bringen kann? Richte Deine Augen anderswohin, mein Kind ist nicht für Dich!“

„Aber bedenkt doch, Herr Meunier, daß Ihr Euer Vermögen zum größten Theile meinem verstorbenen Vater zu danken habt, der Euch mit Rath und That unterstützt haben soll, wie man im ganzen Dorfe erzählt.“

„Nun hört aber Alles auf!“ rief hitzig Meunier. „Was weißt Du von meinen Spekulationen, Bursche, und von den Unterstützungen, die mir durch Deinen Vater geworden? Hätte derselbe das Seine zusammengehalten, wie ich es gethan, und nicht leichtsinnig sein Geld verliehen, vielleicht lebte er heute noch und wäre ein wohlhabender und angesehener Mann wie ich, der Maire Meunier von Carillon.“

„Ihr wollt Euch also nicht erweichen lassen, und mir Alice zur Frau geben? Wüßtet Ihr nur, wie ich sie liebe!“ rief François.

„Wahrhaftig! nun geht mir die Geduld aus. Entferne Dich, François! Mein Schwiegersohn wirst Du nie, es wäre denn, Du hättest zwölftausend Franken in der Tasche. Und höre, noch eins, treffe ich Dich wieder mit Alice allein, so kannst Du Dich auf eine Tracht Prügel gefaßt machen.“

Der arme François zerdrückte eine Thräne, die an seiner frischen Wange herablief, und schlich traurig davon. Die letzte Drohung des alten Maire schien jedoch wenig Eindruck auf den Verliebten gemacht zu haben, denn als die Dämmerung über die Gegend herniedersank, stieg François über Meunier's Gartenmauer und huschte in die von duftendem Jelängerjelieber umzogene Laube. Bald darauf schlüpfte eine weibliche Gestalt behend an dem Zaune dahin, und Alice stand vor dem armen François.

„Ich weiß Alles!“ weinte das Mädchen. „Der Vater ist böse auf Dich, François, und hat geschworen, Du sollest mich nie heimführen, denn Du seist ein armer Bursch, und hochmüthig dabei, als hättest Du das größte Gut in Carillon zum Eigenthum.“

„Es gab eine Zeit, wo mich Dein Vater lieb hatte, Alice. Weißt Du noch, wie er uns früher oft scherzhaft Mann und Frau nannte, und behauptete, wir paßten ganz trefflich zusammen? Das ist nun Alles vorüber, seit mein Vater gestorben ist und es sich gezeigt, daß er kein wohlhabender Mann war.“

„Und dann der alte, reiche Pächter Bissot! Seine Bewerbungen um meine Hand werden immer ernster, und der Vater begünstigt den zahnlosen Sünder und will, ich soll ihm Gehör schenken. Aber eher springe ich in den Fluß, als daß ich dem häßlichen Thiere zum Altar folge!“ rief Alice und stampfte dazu trotzig mit dem kleinen, hübschen Fuße.

„Mir ist ein Einfall gekommen, Herzblatt,“ sagte zärtlich der junge Bauer, indem er den Arm um die Geliebte schlang. „Was meinst Du, wenn ich nach Paris ginge und dort mein Glück versuchte. Zwölftausend Franken soll ich dem Vater ausweisen, dann will er uns zusammengeben; wer weiß, ob mir der liebe Gott nicht zu dem Gelde verhilft?“ –

„Zwölftausend Franken! Das ist eine große Summe,“ seufzte Alice.

„Es ist wahr,“ rief François, „aber bedenke, mein Herz, wie mancher arme Teufel schon in Paris sein Glück gemacht hat. Der Gedanke will mir nicht aus dem Kopfe, seit ich den Brief von meinem Onkel, dem Portier Brassin erhalten, worin er mich auffordert, nach der Hauptstadt zu kommen und als Garçon bei Madame Garnier in Dienst zu treten. Und höre, Alice, bin ich in drei Jahren noch immer der arme François, dann magst Du den alten häßlichen Bissot heirathen, ich aber will mich hinlegen und sterben.“ – Und François weinte bitterlich.

„Den Bissot heirathen?“ seufzte Alice, indem auch ihre Thränen flossen – „nein, mein François, das werde ich nie thun. Vertraue fest auf mein Herz wie ich auf das Deine, und will mein Vater mich nicht Dir zum Weibe geben, so gehe ich in ein Kloster.“

„Wir sind noch jung. Alice, ich bin zwanzig und Du siebzehn Jahre alt. Wir wollen Gott fleißig bitten, daß er uns glücklich mache – und bleiben wir einander nur treu, so wird vielleicht noch Alles gut!“ –

„Du willst also Garçon werden in dem Hotel?“ fragte Alice.

„Ja gewiß, das will ich! Den Herrn Pfarrer werde ich bitten, das kleine Vermögen, was aus dem Nachlasse meines Vaters mir geblieben, aufzubewahren, und dann werde ich unser liebes Dorf verlassen, um meinem Glück oder meinem Unstern entgegenzugehen. Du wirst mir treu bleiben, Alice, das weiß ich, denn Deine Liebe ist ja mein Leben, und der Gedanke, daß ich für Deinen Besitz mich mühe, soll mir eine Stärkung sein in allen trüben Stunden. Rechne auf keine Nachricht von mir, Alice, ehe die drei Jahre vorüber sind, dann aber will ich kommen, um Dir [68] zu sagen, ob Gott unser Gebet erhört, oder ob ich ein elender Mensch bleiben soll mein Leben lang!“

„Alice!“ erscholl die rauhe Stimme des Vaters vom Hofe her, und die Liebesleute fuhren auseinander.

Wenige Tage später wanderte François mit einem leichten Bündelchen auf dem Rücken nach dem Pfarrhause, um seinem alten, ehrwürdigen Lehrer Lebewohl zu sagen. Der Greis empfing den Jüngling mit freundlichem Händedruck.

„Du willst also unser stilles Dörfchen verlassen, mein Sohn, um anderswo Dein Glück zu versuchen?“ begann der alte Pfarrer. „Gott möge Dich leiten, daß die fromme Saat, welche ich in Dein reines, unverdorbenes Herz gestreut, nicht untergehe in dem wilden, lasterhaften Treiben der Hauptstadt. Habe immer Gott vor Augen und im Herzen und denke oft der Lehren, die ich Dir gegeben, so wirst Du ein guter Mensch bleiben. Dein kleines Vermögen, es besteht in etwa tausend Franken, werde ich übrigens treulich verwalten.“

„Noch eine Bitte habe ich auf dem Herzen, ehrwürdiger Herr!“ sagte traurig der Jüngling.

„Welche ist es, mein Sohn?“

„Ihr kennt ja meine Liebe zu Alice Meunier, sie ist Ursache, daß ich die Heimath verlasse, um einer ungewissen Zukunft entgegen zu gehen. Uebertragt die väterliche Freundschaft, welche Ihr mir stets gezeigt, auf die arme Alice, seid Ihr ein freundlicher Schützer und Rather, und wenn ich nach drei Jahren nicht wiederkehre, so tröstet das arme Kind,“ schluchzte François[1].

„Wohl kenne ich Deine tugendhafte Neigung,“ lächelte der Greis, „aber bedenke nur, mein Sohn, daß ein Jüngling von zwanzig Jahren sich mit dem Heirathen nicht zu übereilen braucht. Sei fleißig, sparsam und redlich, so wirst Du vielleicht in wenigen Jahren ein kleines Vermögen erworben haben, und trittst Du dann vor Alice’s Vater, so dürfte er eher Deinen Wünschen ein geneigtes Ohr leihen.“

„Aber Bissot, der alte, reiche Pächter, wirbt um Alice’s Hand!“ jammerte der junge Bauer.

„Ich glaube nicht, daß Meunier dem alten Manne seine blutjunge Tochter zum Weibe geben wird,“ tröstete der Pfarrer. „Und nun, François, ziehe mit Gott Deiner Bestimmung entgegen, sei fromm, redlich und fleißig, und möge Gottes Auge stets über Dich wachen!“

Weinend verließ François den ehrwürdigen Pfarrer, und wanderte aus dem traulichen Dörfchen, in dem er so lange glücklich gewesen war. Noch einmal blieb er stehen auf dem Hügel, welcher ihm die letzte Aussicht nach Carillon gewährte und bat Gott in brünstigem Gebete, ihm Alice’s Liebe zu erhalten, dann eilte er rasch auf der Landstraße dahin dem fernen Paris entgegen.

Nach einigen ermüdenden Tagereisen sah François eines Abends die ungeheure Hauptstadt vor sich, und blickte staunend auf das Häusermeer, welches vor ihm ausgebreitet lag. Er setzte sich unter einen kleinen Baum, zog seine Abendmahlzeit hervor und verzehrte sie frohen Herzens, denn das Ziel seiner Reise, die Quelle, aus der sein Glück fließen sollte, lag vor ihm.

„Da wäre ich denn angelangt, gesund und voller Hoffnung,“ rief er, „aber wie werde ich wieder von dannen ziehen? Glücklich und wohlhabend, oder arm und verachtet?“

„Das wird ganz von Dir abhängen, Bursche!“ sagte eine Stimme hinter François[2].

Ueberrascht wandte sich der junge Bauer, und sahe einen langen Mann, der wenige Schritte von ihm im Grase saß und ruhig seine Pfeife rauchte.

„Ihr habt mich belauscht, Herr?“

„Wenigstens habe ich gehört, was Du da vor Dich hinplaudertest,“ antwortete der Mann mit der Pfeife. „Du willst also Dein Glück machen in Paris. Bauer? Da mußt Du es gescheidt anfangen, denn glaube mir, die Stadt ist angefüllt mit den besten Kerlen, die aus gleicher Absicht nach Paris gekommen sind. Hast Du viel Geld mitgebracht?“

„Ich bin ein armer Teufel, Herr, meine ganze Baarschaft besteht in wenigen Franken.“

Der Fremde that einige mächtige Züge aus seiner Pfeife. „Es würde nicht übel für Dich sein, Bursche,“ begann er, „wenn Du einen Freund hättest, der Dich vorerst mit dem Treiben in Paris ein wenig bekannt machte. Ich interessire mich für Dich, Du bist ein hübscher, glatter Junge, und solche sind zu brauchen – vielleicht würde ich mich entschließen, Dich unter meine Leitung und Aufsicht zu nehmen.“

„Gott lohne es Euch, mein Herr, daß Ihr so viel Güte gegen einen armen Burschen hegt, aber wißt, ich habe einen Onkel in Paris, den Portier Brassin im Hotel der Madame Garnier, zu dem will ich, da er mich seiner Herrin als neuen Garçon empfohlen hat.“

„Den findest Du heute nicht mehr auf,“ sagte der Fremde, „ich kann Dir aber für diese Nacht eine Herberge vorschlagen, die ihresgleichen in Paris nicht hat. Du kannst da in lustiger Gesellschaft für ein Billiges leben, so lange es Dir gefällig ist.“

„Ihr seid sehr gütig, Herr!“

„Wenn Du es erlaubst, mein Sohn, so werde ich also in Deiner Begleitung nach der Stadt zurückkehren. Uebrigens erwähne ich noch, daß ich Sergeant Callier bin, ein alter Krieger, der nach der Schlacht bei Jena wegen schwerer Verwundung seinen Abschied nehmen mußte. Doch wird es Zeit, Bursche, daß wir aufbrechen!“

Die Beiden erhoben sich, und gingen nach der Stadt; der überglückliche François aber hielt es für ein höchst günstiges Zeichen, daß bei seinem Einzuge in dieselbe er schon einen Freund gefunden, der ihn mit Rath und That zu unterstützen versprochen hatte. Unterweges erzählte er daher dem alten Krieger alle die kleinen Leiden und Freuden seines Lebens, und verschwieg ihm auch seine Liebe zu Alice nicht.

„Das ist dummes Zeug,“ sagte der alte Soldat. „Ich wette, ehe Du einen Monat in der Stadt bist, hast Du das Dorfgänschen vergessen und küssest eine glatte Pariserin mit Locken und Federhut, o ich kenne das!“

„Was glaubt Ihr, Sergeant Callier?“ rief erröthend der Jüngling. „In meinem Leben wird es mir nicht einfallen, ein anderes Mädchen zu lieben als Alice Meunier!“

„Schon gut, Junge, aber jetzt laß uns links abschwenken, da kommen wir in die Straße Poissonniere, und nicht weit davon ist das Hotel meiner Freundin, der Madame Mabel, wo Du eine heitere, angenehme Gesellschaft kennen lernen sollst. Uebrigens rathe ich Dir, François, in Paris Dich über nichts zu wundern, oder Dein Erstaunen offen zu zeigen, sonst erkennt man in Dir sofort den unwissenden Bauer, und lacht Dich aus. Die Leute in großen Städten sind nun einmal anderen Schlages als Ihr beschränkten Landleute – und – vergiß ja diesen Rath nicht, mein Sohn, – wer unter Wölfen lebt, muß mit ihnen heulen!“

Der Sergeant war jetzt mit seinem jungen Begleiter in einer schmalen Gasse angelangt, deren unreinliche, baufällige Häuser von einem übelriechenden Dampfe umzogen waren, der aus den Fenstern und Essen verschiedener Garküchen hervordrang. Vor einer solchen blieb Callier stehen, und zog seinen Schützling hinter sich her auf die dunkle Hausflur. Stolpernd und um sich tappend erreichte das Paar endlich einen Hof, so klein, daß er zwischen den Gebäuden wie eine schmale Röhre sich hinaufzog, und von hier aus schob der Sergeant den Jüngling einige Stufen hinab in ein ziemlich großes Zimmer, welches durch das Licht einer Thranlampe matt erhellt war.

„Guten Abend, Mutter Mabel! Gebt mir ein Glas Genever und diesem kleinen Gelbschnabel hier auch eins, damit wir miteinander auf unsere glückliche Ankunft in Paris anstoßen können,“ rief der Sergeant einem alten, scheußlichen Weibe zu, die neben dem Kamine auf einem Bänkchen hockte.

„Was habt Ihr denn da für ein Bürschchen gefangen, Sergeant?“ erwiederte die Alte, indem sie aus einer großen steinernen Flasche den verlangten Branntwein in die Gläser goß.

„Es ist ein Bauernkind aus der Provinz, das seine Studien in Paris machen will. Mein Freund François wird einige Tage hier wohnen, Mutter Mabel, und ich hoffe, der junge Mann soll den vorzüglichen Ruf, welchen Euer Hotel in Paris genießt, vollständig gerechtfertigt finden.“

„Gewiß, Sergeant, er soll zufrieden sein! Nehmt Platz, meine Herren, und Ihr, junger Mann, mögt zur Aufbewahrung mir Euer Reisebündel übergeben.“

Der arglose François übergab seine Habseligkeiten der Mutter Mabel, die sich damit entfernte und bald darauf mit einigen Männern zurückkehrte, die den Sergeanten mit frohem Jubel begrüßten. wie einen Freund, der nach langer Abwesenheit wieder in den Kreis der Seinigen zurückkehrt. Der Sergeant warf ein Fünffrankenstück in Mabel’s Schoos und befahl ihr, die große Steinflasche [69] mit dem Genever auf den Tisch zu stellen, da er bei seiner glücklichen Rückkunft die alten Freunde zu bewirthen gedenke.

„Aber, wo sind Grace, Jeanette und die andern Kanaillen?“ rief einer der Männer.

„Sie putzen sich noch, Blutauge!“ antwortete Mutter Mabel.

„Nun trink, François,“ sagte der Sergeant, indem er dem Jünglinge ein Glas Branntwein hinschob. „Erinnere Dich, daß Du in Paris bist, wo man ungenirter lebt, als auf Euern Dörfern. Stoßt an, Ihr Herren! Auf das Wohl unseres jungen Freundes, eines wackern Oekonomen aus Cardenon!“

„Carillon!“ verbesserte François.

„Oder Carillon, es thut nichts nur Sache,“ fuhr der Sergeant fort. „Aber austrinken müßt Ihr allesamt, ein schlechter Kerl, wer nicht sein Glas leert!“

„Er lebe hoch!“ schrieen die Männer; „aus! aus!“

Mit Mühe trank François den Branntwein, er fühlte, wie ihm das starke Getränk nach dem Kopfe stieg, aber der Sergeant füllte ihm wiederum das geleerte Glas.

Während die Männer dem Genever zusprachen, öffnete sich eine Fallthüre, welche an der Decke der Stube angebracht war, eine Leiter wurde herabgelassen und drei Frauenzimmer, häßlich wie das Laster, stiegen in das Zimmer nieder, laut begrüßt von den zechenden Männern.

„Komm hierher, holde Grace!“ rief Blutauge. „Lange schon habe ich nach Dir geschmachtet, aber Mutter Mabel sagte, Du hättest den letzten Rausch noch nicht ausgeschlafen.“

„Ich danke für Deine Aufmerksamkeit, Blutauge,“ entgegnete das Mädchen, „aber ich werde mich jetzt zu dem kleinen, schüchternen Fremdling setzen, welcher heut zum erstenmale in unserem Hotel wohnt. Mache Platz, hübscher Junge, die schöne Grace will an Deiner Seite sitzen, und wenn Du mir gefällst und mich im Rausche nicht, zu sehr mißhandelst, will ich Dich zu meinem Geliebten erheben.“

„Ich danke Ihnen, Mademoiselle,“ antwortete François erschrocken, „ich habe bereits eine Geliebte, ein kleines, schönes Mädchen, Alice Meunier heißt sie.“

„Schäm Dich, hübscher Landmann, Du bist ungalant, und zur Strafe für Deine Grobheit sollst Du mir einen Kuß geben; vorher aber uns ein Glas Genever auf das Gedeihen unserer jungen Liebe trinken!“

Mit diesen Worten ergriff Grace ein gefülltes Glas und leerte es mit einem Zuge. Der Sergeant zwang François ein Gleiches zu thun.

„Ha, ha, Ihr seid lustige Leute, Ihr Pariser,“ lachte der halbtrunkene Jüngling, „wenn mich Alice hier sähe oder der Herr Pfarrer! – Grace, laß ab, Du beißt mich ja in die Wange!“

„Immer setze ihm zu, Grace, damit er das Heimweh verliert. Trinkt flott, Kinder, Mutter Mabel mag noch eine zweite Flasche bringen,“ rief der Sergeant. „Halloh, Todtengräber, auf Dein Wohl, alter Maulwurf!“ –

„Wir freuen uns herzlich, Sergeant, daß Du wieder da bist. „Wenn doch ein Wettersturm alle Galeeren zertrümmerte, die der Teufel selbst erfunden hat. Weißt Du noch, wie wir die kleine, alte Frau in der Straße Bissiere – – es war ein schönes Geschäft!“ –

„Halte Deinen Mund, Todtengräber – solche Dinge muß man vergessen. Aber trink doch, François, komm her, Alice soll leben, das schönste Mädchen in Carillon!“

„Ich thue Bescheid, Sergeant, sie mag leben, das süße Kind!“ erwiederte der berauschte François, sein Glas austrinkend. „Ach Grace, wie häßlich bist Du, bei Gott, eine wahre Nachteule!“ –

Eine fürchterliche Ohrfeige war Grace’s Antwort, in deren Folge der junge Landmann vom Stuhle fiel und unter den Tisch rollte. Die Gesellschaft lachte, und Grace, nachdem sie ihren unhöflichen Nachbar noch einige Fußtritte versetzt, nahm neben Blutauge Platz.

„Ist der Bauer fertig?“ fragte halblaut der Sergeant.

„Er ist toll und voll!“ sagte der Todtengräber.

„Gut, so laßt ihn ruhig liegen,“ fuhr der Sergeant fort, „ich brauche mich jetzt seinethalben nicht zu geniren. Ihr wißt also, meine Freunde, daß ich gestern Nacht frisch und gesund in Paris angekommen bin, nachdem ich mich aus dem hölzernen Palaste in Toulon ohne Erlaubniß meiner Hüter entfernt hatte. Es gehörte Entschlossenheit dazu, Kinder, aus dem Bagno zu entkommen – aber es gelang. Wir wollen nun unsere Arbeiten wieder gemeinschaftlich beginnen, und damit Ihr seht, daß ich noch der Alte bin, so werden wir schon morgen Nacht ein Geschäft machen. Die Vorbereitungen sind bereits getroffen, ich habe blos noch einen kurzen Besuch zu thun, um mich von der Lebensweise eines reichen Dummkopfs zu unterrichten, und bald darauf können wir um Ducaten würfeln.“

„Du bist ein Juwel, Sergeant, und wir haben erst Deinen unersetzlichen Werth erkannt, als Du uns fehltest. Keine einzige Arbeit von Wichtigkeit kam zur Ausführung. Einige Uhren, seidene Tücher und magere Geldbörsen waren der Ertrag aller Bemühungen, so daß wir fast hungern mußten. Jetzt aber, wo der alte entschlossene Führer wieder an der Spitze steht, der wegen eines raschen Messerstichs oder der Anwendung einer guten Hanfschleife nicht große Bedenklichkeiten äußert, wird unser Geschäft wieder blühen, und unsere Finanzen werden eine günstige Umgestaltung erfahren,“ sagte der Todtengräber.

„Und wem werden wir einen Besuch abstatten, kommende Nacht?“ rief Blutauge.

„In der Straße St. Honorè wohnt ein alter, reicher Mann, einsam und zurückgezogen mit seinem Diener – aber der betrunkene Bauer da unterm Tische schläft doch auch wirklich?“ fragte der Sergeant.

„Er schläft süß!“ erwiederte Grace, indem sie François einen Fußtritt versetzte.

Der junge Bauer hatte zwar viel Branntwein getrunken, jedoch nicht soviel, daß er der Besinnung gänzlich beraubt gewesen wäre. Als ihn daher das aufgebrachte Mädchen mittelst einer heftigen Ohrfeige unter den Tisch warf, blieb er scheinbar vollkommen betrunken liegen, einmal um Grace’s ekelhaften Zärtlichkeiten auszuweichen, und dann auch um den Aufforderungen zum Trinken zu entgehen. Mit Entsetzen hörte er aus den Gesprächen der Gauner, in welche Gesellschaft er gerathen war, und einsehend, daß sein Leben von seiner Klugheit abhing, nahm er sich vor, die Rolle des Trunkenen fortzuspielen.

„Aber weshalb habt Ihr den Bauer hierhergebracht, Sergeant? Hat er Geld bei sich?“

„Das nicht, Blutauge, aber den Kerl können wir brauchen. Er soll als Kellner in dem Hotel der alten, reichen Madame Garnier angestellt werden. Können wir durch Wein und Mädchen den hübschen, unverdorbenen Jungen liederlich machen, wird er der Unsere, dann ist uns die schwere Geldcasse der alten Dame gewiß – bleibt er aber ein ehrlicher Bauerjunge, so werde ich, sein väterlicher Freund, bald Gelegenheit haben, das Haus und die Lebensweise der alten Garnier hinreichend kennen zu lernen, um die Dame der Sorge für ihre Reichthümer zu überheben. Mutter Mabel, ich mache Euch verantwortlich, daß nichts aus dem Bündel des Bauers entwendet werde, auch müßt Ihr ihm diese Nacht ein gutes Bett einräumen.“

„Alles wie Ihr wollt, Sergeant!“ krächzte die alte Wirthin.

„Nun hört also, Blutauge und Todtengräber, was ich für nächste Nacht bestimmt habe,“ fuhr der entsprungene Galeerensträfling fort. „Mit dem Schlage der Mitternacht seid Ihr in der Straße St. Honorè, vor dem Hause, welches mit der Nummer 27 bezeichnet ist. Ihr werdet auf unser bekanntes Zeichen herantreten und die Beute in Empfang nehmen, welche wir an einem Stricke aus dem Fenster herablassen. Während Leichenfinger und ich noch ein Weilchen in Kisten und Kästen herumstöbern, tragt Ihr das empfangene Gut zu Mutter Mabel. Das ist Euer Amt für die folgende Nacht; mit dem alten Herrn und seinem Diener werden der Leichenfinger und ich leicht fertig sein.“

„Dann wird aber der Leichenfinger einen größeren Antheil an der Beute haben, als wir!“ – brummte der Todtengräber.

„Allerdings,“ erwiederte der Sergeant, „dafür werden wir aber auch größere Gefahr ausstehen, denn ich glaube nicht, daß wir diesesmal ohne Schlinge und Messer fertig werden.“

„Der Sergeant hat Recht,“ rief Blutauge. „Was kommt es jetzt auf einige hundert Franken an, seit unser alter, kühner Führer zurückgekehrt ist. Die Zeit der Noth ist nun vorüber! Uebrigens braucht auch der Leichenfinger Geld, weil er eine seiner Töchter verheirathen will!“

„Versprichst Du mir eine neue Haube, Blutauge, wenn Ihr morgen glücklich seid?“ fragte Grace.

[70] „Die sollst Du haben, und die schönste obendrein, mein Engel! Aber wir vergessen ja zu trinken – füllt Alle die Gläser, es lebe unsere kühne lustige Zunft!“

Jetzt begann eine Orgie, welche die Feder nicht schildern kann, und die bis zum anbrechenden Morgen dauerte. François war ruhig auf seinem harten Lager geblieben und erst als die Wirthin der Diebsspelunke auf den hereinbrechenden Tag aufmerksam machte, faßte der Sergeant den Jüngling beim Arme, um ihn wach zu rütteln.

„Hoho! Was wollt Ihr? Wer seid Ihr?“ rief François emporfahrend. „Wo bin ich denn? Auf den Dielen einer Stube – wie komme ich denn hierher?“

„Du hattest etwas zu tief in’s Glas geguckt, mein munterer Junge!“ lachte der Sergeant. „Na, das schadet nichts, bist ja ein Mann und ein hübscher obendrein!“

„Aber warum habt Ihr mich nicht zu Bett gebracht?“ sagte François. „Fürwahr, ich fühle meine Glieder kaum von dem harten Lager!“

„Dafür magst Du jetzt in’s Nest gehen, lustiger Gesell, und tüchtig ausschlafen. Nach einigen Stunden werde ich Dich aufwecken, um Dir Paris zu zeigen.“

„Wißt, Sergeant, mir wäre es lieber, ich könnte ein Stündchen in der frischen Morgenluft wandeln, hier ist es auch gar zu dumpf. Laßt mir das Haus öffnen, in einer Stunde bin ich wieder hier.“

„In Paris giebt es keine frische Morgenluft, mein Sohn. Lege Dich nur in’s Bett, und pflege einige Stunden der Ruhe, dann wollen wir einen Spaziergang machen und später bei Mutter Mabel zu Mittag speisen – ich habe die fette Gans schon gesehen, welche die ehrwürdige Frau heute auf die Tafel bringt!“

François wurde von Mutter Mabel in ein kleines Zimmer geführt, in dem ein Bett stand, und die Alte wünschte dem Jünglinge sanfte Ruhe, indem sie ihn zärtlich in die Wange knipp. François warf sich auf das Lager, aber kein Schlaf kam in seine Augen, das Verbrechen, welches in kommender Nacht begangen werden sollte, stand in schrecklichen Bildern vor seinem Geiste und er zerbrach sich den Kopf, was er beginnen solle, um die Raubmörder unschädlich zu machen. Daß der Sergeant ihn mißtrauisch beobachtete, hatte er wohl bemerkt, und ebenso war er überzeugt, daß ihn dieser auf einige Tage in der Spelunke festhalten und nicht aus den Augen lassen werde. Während er also sinnend auf dem Bette lag, fiel sein Blick aus ein breites Gesims, welches sich an der Wand hinzog, und mit alten Töpfen, Schachteln und sonstigem Geräthe bedeckt war, worunter sich auch ein zerbrochenes irdenes Schreibzeug befand. Hastig sprang François auf, nahm das Schreibzeug herab, erweichte durch einige Tropfen Wasser die vertrocknete Tinte und war so glücklich, nach einigem Suchen in einem alten Buche auch ein Blatt weißes Papier zu finden.

„Gott segne Dich, wackerer Pfarrherr, daß Du mich schreiben lehrtest!“ rief der Jüngling. „Durch diese Kunst werde ich mit des Himmels Hülfe im Stande sein, ein blutiges Verbrechen zu vereiteln und die Raubrotte in die Hände der Gerechtigkeit zu liefern.“ Dann schrieb er folgende Zeilen:

„In der heutigen Nacht werden Raubmörder in das Haus der Straße St. Honorè, welches die Nummer 27 trägt, einbrechen, um einen alten, reichen Herrn, der da allein mit seinem Diener wohnt, zu ermorden. Den Raub wollen sie um Mitternacht an einem Strick auf die Straße herablassen, wo ihn zwei Helfershelfer in Empfang nehmen und nach ihrer Diebshöhle bringen sollen.
François[3] Duprès aus Carillon,
zu erfragen im Hotel der Madame Garnier.“

François faltete das Papier, schob es in die Tasche, und nachdem er das Schreibzeug an seinen Ort gebracht, legte er sich vergnügt zur Ruhe und schlief sanft, bis er von dem Sergeanten geweckt wurde.

„Wach’ auf, Jüngelchen!“ rief der Gauner, „wir wollen einen kleinen Spaziergang machen, damit Du die Pariser Luft athmen lernst.“

„Wenn ich Euch bitten darf, Sergeant, so führt mich nach dem Hotel der Madame Garnier, ich habe große Sehnsucht, meinen Verwandten zu sehen,“ bat François.

„Dort sollst Du bald genug hinkommen, mein Sohn, aber ich habe Dich lieb gewonnen und wünsche Dir Gutes zu thun. Zweifle nicht, François, daß ich die ernstliche Absicht habe, Dich wohlhabend und glücklich zu machen, so daß Du vielleicht schon über’s Jahr Deine Alice heirathen kannst.“

„Ihr wollt mich glücklich und wohlhabend machen?“ fragte François, indem er den Sergeanten mit verstelltem Erstaunen anblickte.

„Warum nicht, Knabe? Ich kann mehr als Du glaubst. Willst Du mir in Allem, was ich Dir rathe, Folge leisten, so kannst Du sogar noch ein vornehmer Mann werden – doch davon reden wir später, jetzt folge mir, wir gehen nach der Straße St. Honorè, wo ich einen Auftrag zu besorgen habe.“

Das Aeußere des Sergeanten hatte sich seit gestern bedeutend verändert. Er trug eine schwarze, lockige Perrücke und über das Kinn herauf zog sich eine hohe Cravatte. Sein brauner Rock war mit goldübersponnenen Knöpfen besetzt und aus der Weste hing eine goldene Kette mit zwei großen Petschaften. In der rechten Hand führte der Gauner ein starkes, spanisches Rohr mit schwerem silbernen Knopfe.

An der Seite des Sergeanten durchwanderte François mehrere Straßen, bis ersterer vor einem Hause stehen blieb und die Klingel zog. Bald darauf tönte langsamer Fußtritt die Hausflur daher, und ein alter Diener öffnete die Thür. François bemerkte, daß das Haus die Nummer 27 trug; hier wohnten also die Opfer, welche in nächster Nacht unter den Händen der Raubmörder sterben sollten.

„Ist Herr d’Aligne zu sprechen?“ fragte der Gauner.

„Mein Herr ist ausgegangen, und überhaupt und selten des Vormittags in seiner Wohnung zu treffen. Wenn Sie mit ihm zu sprechen haben, werden Sie gut thun, des Abends herzukommen,“ antwortete der Diener.

„Das thut mir ungemein leid,“ sagte der Sergeant. „Ich habe Herrn d’Aligne eine höchst angenehme Botschaft zu bringen, von seiner Schwester in Poitiers, und glaube, es wird sehr spät werden, ehe ich Ihrem Herrn meinen Besuch abstatten kann. Wann pflegt Herr d’Aligne zur Ruhe zu gehen?“

„Bald nach zehn Uhr,“ erwiederte der Diener.

„Dann melden Sie meinen Besuch zwischen neun und zehn Uhr an, denn wie schon gesagt, ich brenne vor Verlangen, mich meines angenehmen Auftrags zu entledigen. Empfehlen Sie mich Ihrem Gebieter, mein Name ist Jean Mousson, Fabrikant aus Toulon!“

„Wie nanntet Ihr Euch dem Diener, Sergeant?“ fragte François, indem er dazu ein möglichst albernes Gesicht machte.

„Ich gab mir den Namen meiner Mutter, die eine Freundin des Herrn war, und so wird er gleich wissen, daß er einen erfreulichen Besuch zu erwartet hat.“

„Ha! sehen Sie, Sergeant, diesen herrlichen Laden mit den ausgewähltesten Delikatessen. Wer doch reich genug wäre, um sich hier einmal recht satt essen zu können!“

„Wir haben noch kein Frühstück genossen, François, laß uns hineingehen und iß, was Dir beliebt; natürlich als mein Gast. Unterwirf Dich meiner Leitung, und Du sollst bald Geld genug haben, um Dir täglich den Magen mit Delikatessen vollstopfen zu können. Folge mir, Knabe!“

Der listige François war entzückt. Er hatte zwei Offiziere in dem Laden bemerkt, und glaubte diesen sein Billet zustecken zu können. Der Sergeant verlangte eine Flasche Wein, und ließ das Beste auftragen, was da war.

„Iß mein Junge, es wird Dir schmecken!“ sagte der Sergeant, die Gläser füllend.

„Sieh da!“ rief einer der Offiziere, indem er seinen Kameraden ein Journal hinreichte, „da ist wieder ein Galeerensträfling, und zwar einer der gefährlichsten, entsprungen, nachdem er den Aufseher getödtet. Hier ist sein Signalement: Haar kurzgeschoren, Nase spitz, Gesicht hager, Statur lang, – na, der wird nicht weit kommen!“

François bemerkte, daß der Sergeant über die Aeußerung des Offiziers leicht erröthete und seinen Stuhl so rückte, daß er den beiden Soldaten den Rücken kehrte; alsdann aber fuhr er fort, behaglich zu speisen und rief nach einer zweiten Flasche. Als auch diese geleert war, zog der Gauner seine gefüllte Börse, und legte ein Goldstück auf den Tisch.

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Autor: Otto Moser
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aus: Die Gartenlaube 1854, Heft 8, S. 79-84
Fortsetzungsroman – Teil 2


[79] „Nicht wahr, dieses Leben gefällt Dir?“ flüsterte der Sergeant. „Nun, wenn Du ein vernünftiger Bursche bist, sollst Du es auch so gut haben wie ich.“ Mit diesen Worten griff der Räuber nach seinem Hute und erhob sich – und jetzt, als derselbe einige Schritte vor ihm nach dem Ausgange des Ladens hinging, faßte François zitternd in die Tasche, zog das Billet hervor, und drückte es einem der Offiziere in die Hand. Erstaunt blickte dieser auf, aber François war wie ein Blitz an der Seite des Sergeanten, und einen Augenblick später mit diesem in dem lebbaften Gewühle der Straße verschwunden. Die Beiden kehrten nach der Diebsherberge zurück, und François, erfreut, daß sein Plan geglückt war, äußerte eine Heiterkeit, die dem Sergeanten Hoffnung machte, das lockere Leben werde dem jungen, hübschen Landmann gefallen, und er bald einer der Spitzbuben sein. Der ganze Tag verging in Jubel und Schwelgerei, als aber die Thürme der Stadt die neunte Abendstunde verkündeten, wurde es still in der Diebshöhle. Der Sergeant selbst brachte François nach seiner Stube, die er sorgfältig verschloß, und bald darauf hörte dieser, wie der Galeerensclave mit seinem Genossen, dem Leichenfinger, das Haus verließ, um sein entsetzliches Werk auszuführen.

Kaum waren die Schritte der Räuber in der engen Gasse nicht mehr hörbar, als François sich nach einem Wege umsah, auf dem er seine Flucht bewerkstelligen konnte. Die Fenster der Stube waren so klein, daß es unmöglich schien, durch ein solches zu entkommen, und die feste Thür hatte der Sergeant verschlossen, auch durfte der Flüchtling keinen Lärm machen, denn der Todtengräber und Blutauge befanden sich noch in der Diebshöhle.

In dem Zimmer, oder vielmehr Gefängniß François’ befand sich ein mächtiger deutscher Ofen, der wohl durch einen Zufall oder die Laune eines vormaligen Besitzers des Hauses hierher gekommen sein mochte. Der Jüngling bemerkte, daß der Canal des Ofens, welcher nach dem Vorsaal führte, weit genug sein würde, ihn durchzulassen, und so begann er denn mit großer Vorsicht die einzelnen Theile des Ofens abzuheben, und sich endlich durch den schmalen Feuerheerd drängend, gelangte er glücklich auf den Vorsaal. Hier öffnete François ein Fenster, glitt an dem Fallrohre hinab in den schmalen Hof, entriegelte die Hausthür, und rannte einen Augenblick später frei – aber vom Kopf bis zum Fuße mit Ofenruß überzogen – die Straße hinab.

Voller Freude, aus der Diebskneipe entkommen zu sein, aber zugleich auch in Verlegenheit, wo er für diese Nacht eine Herberge finden solle, wanderte François planlos in die Nacht hinein. Zwar hatte er noch einige Franken in der Tasche, aber da er das Bündel mit seinen Habseligkeiten in der Spelunke zurücklassen mußte, so fürchtete er in seinem Zustande, mit Ruß überzogen, nirgends Aufnahme zu finden.

Indem also François nachdenkend eine schöne, breite Straße hinwanderte, hatte er das Unglück, an eine weißgekleidete Dame anzustoßen, welche am Arme eines breitschultrigen Kürassiers dahinschwebte. Man denke sich den Schreck der Grisette, als sie ihr elegantes Kleid durch den Anstoß mit Ruß geschwärzt sah.

„Sieh nur, Charles, wie mich dieses Thier besudelt hat!“ rief weinend das Mädchen, indem sie dem Kürassier die gefärbte Stelle ihres Kleides zeigte. „Wir können nun nicht nach dem Theater gehen – führe mich zurück nach meiner Wohnung.“

„Nicht eher, als bis ich diesem Schlingel seine Tölpelhaftigkeit bezahlt habe,“ donnerte der Panzerreiter, und damit faßte er den armen François beim Kragen und prügelte ihn weidlich durch. Alle Versuche des Unglücklichen, sich aus den Händen des Reiters frei zu machen, oder ihm wenigstens auch einige Püffe zu appliciren, scheiterten an der riesigen Stärke seines Gegners, der ihn wie mit einer Eisenzange gefaßt hielt, daß er sich nicht rühren konnte.

Als der Kürassier seine Wuth an dem armen François gekühlt hatte, schleuderte er ihn in den offenen, hellerleuchteten Thorweg eines Hauses und entfernte sich mit seiner noch immer jammernden Geliebten. François taumelte hier an die stattliche Gestalt eines Portiers, der mit einem dreieckigen Hute auf dem Kopfe und dem Stabe mit dem mächtigen Metallknopfe in der Hand die Prügelei lachend angesehen hatte.

Schon hob der Portier die Faust, um auch seinerseits den schmutzigen Landmann abzustrafen, als dieser plötzlich erfreut ausrief: „Onkel Brassin, kennt Ihr François Duprès, Euren Verwandten, nicht?“

„François Duprès! Beim heiligen Erzengel. Du bist es, Herzensjunge; aber sage mir um Gottes Willen. Du siehst ja unreinlicher aus wie ein Kohlengräber?“

„Onkel, mein guter Onkel, ich habe schon viel erlebt in Paris, obgleich ich erst kurze Zeit hier bin.“

„Daß Du in Paris seist, wußte ich,“ sagte der Portier, „es hat bereits ein Polizeiagent nach Dir gefragt.“

„Gott sei gedankt!“ rief der entzückte François, „so ist meine Absicht gelungen, und die Unglücklichen werden nicht unter den Händen der Mörder sterben.“

„Was faselst Du da?“ fragte der erstaunte Portier.

[80] „Ich bitte Euch, Onkel, laßt uns nach Eurem Zimmer gehen, damit ich mich und meine Kleider reinige, dann will ich Euch die Geschichte meiner Abenteuer erzählen, so daß Ihr vor Verwunderung erstarren sollt.“

Onkel Brassin schloß seine Loge auf und schob den Vetter hinein. „In einem Stündchen werde ich dienstfrei sein,“ sagte er, „und dann magst Du mir erzählen. Jetzt bringe Deinen äußeren Menschen in Ordnung, François, und gelüstet es Dir nach einigen Bissen Speise und einem Glase Wein, so findest Du Beides in jenem kleinen Schranke.“ Damit schulterte der wackere Portier seinen Stab, und pflanzte sich wieder vor dem Thorwege des Hotels Garnier auf.

Am folgenden Tage stellte Brassin seinen Neffen der Besitzerin des Hotels vor. Diese war eine dicke Dame mit rothen Hängebacken, und ihre Feinde behaupteten, die bläuliche Farbe ihrer Nase rühre von einiger Vorliebe zu Chambertin her. Dabei stand Madame Garnier in dem Rufe, ebenso reich als geizig zu sein, doch ließ man ihr die Gerechtigkeit wiederfahren, daß das Hotel eines der wohleingerichtetsten sei. Wohlgefällig betrachtete die Dame den hübschen, frischen Burschen, und engagirte ihn sofort mit einem Gehalte von hundert Franken jährlich als Garçon für ihr Etablissement. Noch hatte der neue Kellner das Zimmer seiner Gebieterin nicht verlassen, als ein Polizeicommissar angemeldet wurde und bei Madame Garnier eintrat.

„Befindet sich in Ihrem Hause François Duprès, Neffe Ihres Portiers Brassin, Madame?“ fragte der Beamte.

Die erstaunte Dame wies auf den Jüngling, dessen Augen vor Freude strahlten.

„Haben Sie dieses Billet geschrieben, Duprès?“ fuhr der Commissar fort, indem er diesem ein solches vorhielt.

„Das habe ich, mein Herr! Sind die Schurken gefangen worden?“

„Wir haben das ganze Nest ausgenommen, mein Freund, durch Ihre Benachrichtigung sind vier der gefährlichsten Verbrecher in die Hand der Gerechtigkeit gefallen. Jetzt habe ich ein Protocoll aufzunehmen, wie Sie zur Kenntniß des beabsichtigten Raubmordes gekommen sind.

Der Beamte zog sein Schreibgeräthe hervor, und nahm an einem Tische Platz. François erzählte seine Erlebnisse der letzten Tage und mit Entsetzen vernahm Dame Garnier, daß auch ihr ein Besuch der Räuber zugedacht gewesen war.

„Dich hat Gott nach Paris geführt, mein Sohn,“ rief die erschrockene Dame, „und damit Du siehst, daß ich die Wichtigkeit Deiner That anerkenne, sollst Du eine jährliche Gehaltszulage von fünfundzwanzig Franken haben.“

„Die Räuber waren bis an die Zähne bewaffnet,“ sagte der Commissar, „und wehrten sich auf’s Heftigste. In Folge dieser Verwegenheit wurde einer der Kerle, mit dem Diebsnamen Leichenfinger, getödtet und ein anderer, der erst kürzlich von den Galeeren entwichene Mörder Piston, der Sergeant genannt, stark verwundet.“

„Und die Bewohner des Hauses Nr. 27, wurden sie gerettet?“

„Wir kamen im entscheidenden Augenblick, als schon die Schlinge um Herrn d’Alignes Hals gelegt war,“ erwiederte der Commissar. „Uebrigens, François Duprès, werden Sie morgen drei Uhr auf das Stadthaus kommen, Sie finden dort alle Ihre Bekannten aus dem Hause der alten Mabel, und haben Ihre Aussage zu wiederholen. Dabei können Sie sogleich dreitausend Franken in Empfang nehmen, welche Herr d’Alignes für den Retter seines Lebens deponirt hat, sowie tausend Franken für Ihre Mitwirkung zur Verhaftung eines entsprungenen Galeerensklaven.“

Wer war fröhlicher als François. – Während Madame Garnier den Commissar einlud, ein Glas Chambertin mit ihr zu trinken, lief der neue Garçon zu seinem Onkel und erzählte ihm sein Glück. – –

Der Proceß der gefangenen Diebsbande war bald beendigt. Der Sergeant, Blutauge und der Todtengräber starben unter dem Beile der Guillotine, die Weiber aus der pvelunke wanderten in’s Zuchthaus.


Es war wohl ein Jahr vergangen nach den eben erzählten Ereignissen. François war ein hübscher, stattlicher Garçon geworden, sein bäuerisches Wesen hatte einer zierlichen Gewandtheit Platz gemacht, und er stand in großer Gunst bei Dame Garnier, die seine unermüdliche Thätigkeit für ihr Geschäft, sowie seine geprüfte Ehrlichkeit hoch zu schätzen wußte. Da traten spät Abends, als eben ein heftiges Schneewetter durch die Straßen tobte, zwei Herren in den Salon, und nahmen an einem Tischchen im Halbdunkel einer Saalecke Platz.

„Wahrhaftig!“ rief der Kleinere der beiden Angekommenen, indem er mit dem Taschentuche den Schnee von seinem grauen, bis an den Hals zugeknöpften Oberrocke klopfte – „wahrhaftig, mein Freund Giafar, es war ein Glück, daß dieses Wetter erst in der Nähe den Hotels über uns herfiel. Bei allen Abenteuern, die er erlebt, ist Harun al Raschid wenigstens durch keinen Schneesturm von Bagdads Straßen vertrieben worden, wie wir aus denen unseres guten Paris!“

„Es ist das ein ganz ergötzliches Abenteuer, Sir, wir werden heute bei Madame Garnier soupiren, deren Küche für eine vortreffliche gilt. Garçon!“

„Meine Herren!“

„Bestellen Sie rasch ein Souper für zwei Personen, und bringen Sie Champagner,“ rief der kleinere Herr. „Wahrhaftig, ein Schneewetter kann mich immer heiter stimmen, es erinnert mich stets an die frohen Jugendjahre in Brienne. Wir bauten dort unsere Schanzen von Schnee, und Schneeballen waren unsere Kugeln. Ach, ich war ein munterer Knabe in Brienne!“

François brachte den Wein. Während er die Flasche öffnete, wandte sich der kleine Herr nach ihm, und faßte ihn am Ohre.

„Hübscher Bursche das,“ rief er lächelnd, „gäbe einen tüchtigen Voltigeur. Hast Du nicht Lust, Soldat zu werden, Kind?“

„Schönsten Dank, mein Herr! Die Conskription ist glücklich an mir vorübergegangen!“ entgegnete François.

„Sie kann wiederkommen – aber rasch, Garçon, bringe zu essen, ich habe Hunger!“

„Es ist Schade um solche hübsche Leute, Duroc,“ fuhr der Kleine fort. „Die Aushebungscommissionen sind nicht aufmerksam, sie sind wohl gar bestechlich – man muß ihnen auf die Finger sehen – das Heer verliert durch solche Nachlässigkeiten die brauchbarsten Leute!“

„Befehlen Ew. Majestät, daß der Kellner in ein Voltigeurregiment trete?“ fragte Duroc, indem ein finsterer Zug seine Stirn umschattete.

„Nein, mein Freund, lassen Sie ihn, wo er ist, ich will Sie nicht verdrießlich machen, Duroc! Ha! wenn uns jetzt die Kaiserin sähe, Champagner trinkend und Rindfleisch essend wie zwei Pächter aus der Normandie.“ Der Kaiser rieb sich die Hände und lachte fröhlich vor sich hin.

„Wissen Sie, Duroc, daß der Champagner vortrefflich ist? Wahrhaftig! ich werde heute ausarten und noch einige Gläser trinken.“ Napoleon ergriff die Klingel und schellte dem Kellner.

Keiner von den Anwesenden hatte eine Ahnung, daß der Kaiser mit dem Großmarschall von Frankreich an einem bescheidenen Ecktischchen soupire. Napoleon war äußerst heiter, er neckte Duroc und lachte dabei aus vollem Herzen. Die zweite Flasche Champagner war endlich ziemlich geleert, der Kaiser stand auf und griff nach seiner Mütze.

„Duroc, bezahlen Sie!“

Der Großmarschall von Frankreich wurde außerordentlich verlegen. Er schob die Hände suchend in die Taschen und rief mit unterdrückter Verzweiflung: „Sir, ich habe die Börse vergessen!“

„Dann compromittiren wir uns,“ erwiederte der Kaiser unmuthig. „Sehen Sie wie Sie fertig werden!“

Duroc stand einige Augenblicke in voller Verlegenheit. „Sir,“ sagte er dann, „ich werde mit der Garnier reden!“

„Aber nicht das Incognito verrathen, mein Herr!“ befahl der Kaiser.

Madame Garnier saß in ihrem Büffet auf einem eleganten Lehnsessel, von wo aus sie den ganzen Salon übersehen konnte. Der Großmarschall näherte sich der Dame, und fragte kleinlaut: „Madame, mein Freund und ich haben ein Souper eingenommen, was ist dafür zu entrichten?“ – „François!“ rief die Dame, „dieser Herr wünscht zu zahlen!“

„Ich bitte um dreißig Franken, mein Herr!“ sagte der Kellner.

„Werden Sie mir wohl auf einige Stunden Credit geben?“ versetzte der Großmarschall. „Sowohl mein Freund wie auch ich haben die Börsen vergessen, und erst nach dem Souper diese Nachlässigkeit bemerkt.“

[81] „Sie haben Beide die Börsen vergessen? Das ist in der That ein eigener Zufall. Da es nun aber oft vorkommt, daß Herren, die wir nicht kennen, in gleicher Verlegenheit sich an mich wenden, wodurch ich, ohne Ihnen eine Sottise sagen zu wollen, mein Herr – schon um vieles Geld gekommen bin, da die Herren später zu zahlen vergaßen, so bitte ich – aus Grundsatz – mich auf irgend eine Art sicher zu stellen, vielleicht durch einen Gegenstand von Werth, der als Pfandstück hierbleiben kann,“ sagte Dame Garnier.

Duroc war in schrecklicher Verlegenheit. Er wandte sich von der Garnier ab, und bemerkte nahe beim Büffet den Kaiser, welcher mit kurzen Schritten hin und herging, und die Hände auf den Rücken gelegt, leise einen Kriegsmarsch vor sich hinpfiff. Der Großmarschall sah, daß der Kaiser, der jedes Wort, was zwischen ihm und der Hotelbesitzerin gewechselt wurde, gehört hatte, sich über seine, des Großmarschalls, peinliche Lage köstlich amüsirte.

„Aber Madame, ich versichere Ihnen, daß wir ehrliche Leute sind, die blos eine Unvorsichtigkeit in diese Verlegenheit gebracht hat – Sie werden uns doch nicht compromittiren wollen?“ rief der unglückliche Duroc.

„Gut, mein Herr! So mag denn einer meiner Garçons Sie nach Ihrer Wohnung begleiten und dort das Geld in Empfang nehmen – nicht so?“

„Das geht auch nicht!“ rief der Großmarschall.

„S–o? Auch nicht? Nun, mein Herr, so bitte ich ein für allemal um ein Pfandstück oder genügende Bürgschaft!“

„Mein Herr,“ sagte François. „ich sah Sie noch nie in diesem Hotel, aber ich glaube, Sie sind Offizier des französischen Heeres?“

„Und was weiter?“ fragte Duroc.

„Wenn ich mich nun bei Madame Garnier für Ihre Redlichkeit verbürgen wollte, würden Sie einem armen Teufel von Garçon in den nächsten Tagen das Geld zurückerstatten?“

„Ganz gewiß, mein Freund!“ rief aufathmend der Großmarschall.

„Nun wohl, mein Herr,“ versetzte François, „ich halte Sie für einen braven Soldaten. Madame Garnier, ich bin Ihr Schuldner für dreißig Franken!“

„Ein Thor bist Du, François,“ sagte die Dame, laut genug, daß es Duroc hören konnte. „Für Offiziere hältst Du die Schlucker? Gauner sind es! Dort sitzt Major Duverrier und nicht weit von ihm Capitain Lasalle, erkundige Dich bei ihnen und Du wirst bald hören, daß die sauberen Vogel vielleicht Baumstämme, nie aber Epauletten auf den Schultern getragen haben.“

„Noch einmal, ich bürge für die Herren!“ erwiederte unmuthig der Kellner – „und ich zweifle nicht, daß durch diese kleine Gefälligkeit ich zwei Männer von Ehre aus einer peinlichen Lage befreit habe.“

„Braver Junge!“ rief der Kaiser, indem er rasch am Büffet vorüberschritt, gefolgt von Duroc, der sich den Angstschweiß von der Stirne trocknete.

Napoleon liebte es, von Duroc begleitet, des späten Abends bisweilen kleine Ausflüge durch die Straßen von Paris zu machen, wobei er sich scherzhaft Harun und Duroc Giafar zu nennen pflegte. Der Kaiser hatte zwar manches kleine Abenteuer bei diesen Spaziergängen gehabt, aber keines, was ihm so viel Vergnügen gemacht, wie der Auftritt im Hotel Garnier, so daß er selbst der Kaiserin Josephine davon erzählt hatte.

Es waren seit jenem Erlebniß bereits einige Monate vergangen, als der Kaiser an der Seite des Großmarschalls die Straße Richelieu, in der sich das Hotel der Madame Garnier befand, herabkam, und lachend vor dem erleuchteten Hause stehen blieb.

„Nun, Giafar, wollen wir ein Glas Champagner trinken?“ rief Napoleon.

„Wenn Sie befehlen, Sir?“

„Apropos, Duroc, wie haben Sie denn unsern Bürgen, unsern Freund in der Noth belohnt?“

„Den Garçon – wahrhaftig, Sir, es ist nachlässig von mir, ich habe dem armen Teufel noch nicht einmal die Bürgschaftssumme zurückgegeben. Doch soll er morgen sogleich – –“

„Nein, Herr Großmarschall von Frankreich, sogleich soll der brave Mann bezahlt werden! Nicht blos Ihre Ehre, auch die Ihres Kaisers ist an den Burschen verpfändet. Wie viel Geld tragen Sie bei sich, mein Herr!“ rief streng der Kaiser.

„Einiges Gold und etwa dreitausend Franken in Bankscheinen.“

„Wir werden heute bei der Garnier soupiren, und alles Geld, was Sie bei sich tragen, soll des Garçons Bezahlung sein; der Bursche soll an den Hof, Lacroix ist gestorben, ich will den jungen Mann zum Kammerdiener der Kaiserin machen, sorgen Sie dafür, Duroc, daß er mir in den Tuilerien vorgestellt werde.“ –

Der Salon war heute zahlreich besetzt, doch gelang es den beiden Ankömmlingen, Platz an dem kleinen Ecktische zu finden, woran sie bei ihrem letzten Besuche soupirt hatten.

Duroc klingelte. „Der Garçon François soll kommen!“

Der Garçon erschien, und lachte seinen Schuldnern freundlich entgegen.

„Durch meine Vergeßlichkeit haben Sie Ihr Geld noch nicht empfangen, ich werde es Ihnen sogleich mit Zinsen zurückzahlen – wir wollen speisen, François – bringen Sie Champagner!“

François ging nach dem Büffet. „Die Offiziere, für welche ich bürgte, sind eben gekommen, Madame,“ rief er triumphirend, „Sie sehen, daß ich nicht irrte, als ich die Herren für Männer von Ehre hielt.“

„Hast Du Dein Geld schon, François?“ fragte die Dame, ärgerlich, daß der Kellner mehr Menschenkenntniß gezeigt hatte als sie, die erfahrene Wirthin.

„Noch nicht, der Herr hat mir aber die Zahlung bereits zugesagt!“

„Nimm Dich vor den Schwindlern in Acht, François – sie werden schon wieder die Börsen vergessen haben, und ehe Du Dich umsiehst, aus dem Salon verschwunden sein.“

Madame Garnier war äußerst neugierig, zu erfahren, wer die beiden Gäste wären; sie erhob sich also aus ihrem Lehnsessel und watschelte nach dem Tische, an welchem Major Duverrier und Capitain Lasalle saßen.

„Bitte, lieber Major, werfen Sie einen Blick nach jener Ecke – dort soupiren zwei Herren – ich möchte wissen, ob es Offiziere unserer tapferen Armee sind?“

Die beiden Offiziere sahen nach dem bezeichneten Tische, und eine ungeheure Ueberraschung malte sich auf ihren Gesichtern. „Mein Gott!“ rief der Capitain, „ist es Wahrheit oder trügen mich meine Augen?“

„Er ist es!“ sprach halblaut der Major.

„Sie kennen die Herren, Major?“

„Aber liebe Garnier, haben Sie wirklich keine Ahnung von dem Glück, was Ihnen heute zu Theil geworden?“

„Um Gottes Willen, sprechen Sie deutlicher!“ bat bestürzt die Dame.

Major Duverrier zog ein Fünffrankenstück aus der Börse und zeigte auf das Gepräge. „Finden Sie keine Aehnlichkeit zwischen diesem Portrait und dem Kopfe des kleinen Herrn am Ecktische?“ fragte er die leichenblasse Madame Garnier.

Madame Garnier taumelte entsetzt auf einen Stuhl, ihre Lippen schnappten nach Luft, und aus tiefer Brust keuchte sie endlich: „Der Kai– der Kaiser!“

„Es ist der Kaiser!“ flüsterte der Major.

Der ungeheure Schreck der Madame Garnier und ihr Ausruf war nicht unbemerkt geblieben – im Nu war durch den ganzen Salon die Kunde gedrungen, daß Napoleon mit dem Großmarschall gegenwärtig sei. Alles erhob sich, und ein jubelndes „vive l’empereur!“ tönte aus Aller Munde.

Der Kaiser verließ freundlich grüßend den Saal, vorher aber drückte der Großmarschall dem erschrockenen François eine Börse und ein kleines Portefeuille in die Hand. „Hier ist Zahlung, François,“ sagte er, „Alles gehört Ihnen, und Se. Majestät der Kaiser befiehlt, daß Sie sich morgen in den Tuilerien melden lassen.“

Nach einiger Zeit erst gelangte Madame Garnier wieder in den Besitz ihrer Sprache und Bewegungen. „Der Kaiser!“ rief sie – „heilige Maria, wie konnte ich mich so weit vergessen! Major, Sie haben Verbindungen am Hofe, Sie müssen mir eine Audienz bei Sr. Majestät vermitteln – ich werde durch einen Fußfall – François! es ist der Kaiser gewesen, für den Du gebürgt hast, und der andere Herr war der Großmarschall Duroc, Herzog von Friaul!“

„Dreitausend Franken, Madame!“ jubelte François, indem er die Geschenke Duroc’s emporhielt, „und morgen will mich der Kaiser in den Tuilerien sehen!“

[82] „Dann fahren wir Beide nach den Tuilerien, mein Sohn – Gott sei gedankt, so geht es, nicht wahr, Major? Guter François, ich bin entsetzlich aufgeregt, bringe mir ein Glas Chambertin!“ –

Als am andern Tage François in Begleitung der Dame Garnier in den Tuilerien erschien, wurden die Beiden von dem Großmarschall selbst nach den Zimmern des Kaisers geführt. Napoleon saß lesend auf einem kleinen Sopha, und trat der dicken Dame, die sich eben zu einem Fußfalle vorbereitete, rasch entgegen.

„Ah, Madame Garnier, unsere vortreffliche Wirthin!“

„Sir, die unglücklichste Frau in Frankreich, welche durch das Incognito - - Ew. Majestät - -

„Lassen Sie das, Madame,“ lächelte der Kaiser – „Sie waren ganz in Ihrem Rechte, als Sie zwei Abenteuern, die ihre Börsen vergessen hatten, nicht creditiren wollten.“

„Sir, vergeben Sie einer armen elenden Frau“ und Madame Garnier weinte heiße Thränen.

„Genug, Madame, ich vergebe Ihnen aus vollem Herzen – wollen Sie mir aber auch eine Bitte gewähren?“

„Mein Leben, Sir, wenn es Ew. Majestät verlangen.“

„Ueberlassen Sie mir den Garçon François - - er wird heute nach den Tuilerien kommen, Großmarschall?“

„Er ist bereits im Vorzimmer, Sir!“

Napoleon schellte. „François Duprès!“ rief er dem eintretenden Kammerdiener zu.

Der Garçon trat ein.

„Duprès,“ sagte der Kaiser, „Sie werden Ihre Stellung bei Madame Garnier aufgeben. Durch Ihr Betragen im Hotel dieser Dame bin ich Ihnen eine Verpflichtung schuldig. François, ich ernenne Sie zum ersten Kammerdiener der Kaiserin Josephine – Sie treten Ihren Dienst sofort an. Melden Sie sich bei dem Hofmarschall! – Die Kaiserin interessirt sich bereits für Sie!“ –

Halb betäubt von seinem Glück kam François nach Hause. Zwei Jahre war er jetzt in Paris, und hatte schon durch die Gunst des Schicksals eine Stellung erlangt, die seine kühnsten Hoffnungen übertraf. Auch der alte Onkel Brassin war hoch erfreut, und stolz auf seine Verwandtschaft mit François schulterte er jetzt den Portierstab mit ungleich mehr Würde als früher. François aber versah seinen Dienst mit aller Treue eines Mannes, der die ihm wiederfahrenen Wohlthaten dankbar anerkennt, und manches freundliche Wort der engelguten Kaiserin Josephine war sein Lohn. So ging denn das dritte Jahr seines Aufenthaltes in Paris zu Ende, und die Erinnerung an Alice und das gegebene Versprechen trat mit aller Stärke vor seine Seele. Eines Morgens näherte er sich der Kaiserin, und beugte das Knie.

„Ah, sieh da, Duprès, haben Sie endlich auch einmal eine Bitte? Was ist es? Gewiß wünschen Sie Anstellung für einen Verwandten?“

„Nein, Ew. Majestät, ich bitte nur um einen kurzen Urlaub nach meiner Heimath.“

„Sie sollen ihn erhalten, Duprès. Leben Ihre Aeltern noch?“

„Alle meine Verwandten in dem Dörfchen Carillon sind todt – es ist ein Versprechen, was mich nach der Heimath zieht, ein Versprechen, das ich vor drei Jahren einem jungen Mädchen gab“ – und François erzählte der Kaiserin dir Geschichte seiner Liebe zu Alice Meunier.

„Sie ist Ihnen treu geblieben, Duprès, ein Weib, das wahrhaft liebt, wird nie untreu!“ rief Josephine mit einiger Aufregung. „Reisen Sie unverzüglich nach Carillon, ich ehre Ihre redlichen Gesinnungen, und nehmen Sie diese Rolle mit Napoleonsd’ors als Beitrag zu den Reisekosten. Ich werde mit dem Kaiser sprechen, daß er Ihnen die Erlaubniß zur Heirath ertheilt, und sagen Sie Alice Meunier, daß die Kaiserin für ihre Ausstattung sorgen werde.“

„Ach, Ew. Majestät, womit habe ich diese überschwengliche Gnade verdient?“

„Sie sind ein treuer, guter Mensch, Duprès, reisen Sie mit Gott, und hier,“ fuhr die Kaiserin fort, indem sie ein Fach ihres Schreibtisches hervorzog – „hier ist ein Armband – finden Sie Ihre Alice mit treuem, reinem Herzen – so geben Sie ihr das Band als Geschenk einer glücklichen Frau.“

In einem eleganten Reisewagen eilte François dem heimathlichen Dörfchen zu, und bald tauchte dieses mit seinen freundlichen Häusern und der altehrwürdigen Kirche aus der grünen Landschaft hervor. Thränen des Glücks und der Dankbarkeit drangen aus François’ Augen, als er auf der Anhöhe ausstieg, wo er, vor drei Jahren das letzte Mal nach dem Dörfchen zurücksah. Alle seine Hoffnungen waren zu herrlicher Ernte gereift – aber Alice, um deren Besitz er die Heimath verlassen, war sie ihm treu geblieben? - - Er schickte den Wagen voraus, und wanderte nach dem Pfarrhause von Carillon. François trat in das Studirzinmer des alten Pfarrherrn, der sich überrascht erhob und dem Ankömmling entgegenging.

„Was steht zu Befehl, mein Herr?“ fragte der Greis den gerührten François.

„Und Sie kennen mich wirklich nicht mehr, mein alter, theurer Lehrer?“

Wie? Was? François? Nein, ich irre mich nicht, das ist ja François Duprès“ versetzte der alte Pfarrer. „Willkommen in Carillon. François, oder vielmehr Herr Duprès, denn Sie sind ein stattlicher Herr geworden, der durchaus nicht mehr dem kleinen Bauerknaben gleicht, welcher vor nunmehr drei Jahren nach Paris ging.“

„Und wir geht es Alice Meunier?“ fragte mit bebender Stimme der Angekommene.

„Sie ist wohlauf, das wackere Kind, und hängt noch mit der alten Innigkeit an Ihnen. Jeder Bewerbung um ihre Hand hat sie Trotz geboten. Und dann noch eine herrliche Nachricht, François – der alte Meunier hat sich ernstlich entschlossen, Ihnen seine Tochter zur Ehe zu geben. Meunier wird alt, und die Bewirthschaftung seines nicht unbedeutenden Gutes kann er allein nicht mehr besorgen, da hat er denn meinen und Alice’s Bitten nachgegeben, und wollte nächstens selbst nach Paris, um Ihnen die frohe Kunde zu bringen, und Sie herzuholen. Aber Herr Duprès, Sie sehen nicht aus, als ob Sie in unserem kleinen Carillon leben wollten!“

„Gott hat mich gesegnet, mein theurer Lehrer, ich bin ein glücklicher und angesehener Mann geworden, und kann dem alten Meunier mehr als die verlangten zwölftausend Franken aufweisen.“

„Das kleine Vermögen, welches Sie in meiner Verwahrung ließen, hat auch Früchte getragen und sich um dreihundert Franken vermehrt,“ sagte der Pfarrer, „aber Herr Duprès, was sind Sie denn in Paris geworden?“

„Erster Kammerdiener der Kaiserin von Frankreich!“ sagte François, nicht ohne einen leichten Anflug von Selbstgefälligkeit in seinem hübschen, fröhlichen Gesicht.

„Kam – Kammerdiener der Kaiserin von Frankreich?“ rief der überraschte Pfarrer, indem er aufstand, und seine Hand das schwarzsammetne Käppchen lüftete. „Da haben Sie ja ein ungeheures Glück gehabt, Herr Duprès!“

„Der liebe Gott war mit mir, Herr Pfarrer, ich habe Ihre Lehren treulich befolgt, und der Segen ist nicht ausgeblieben.“ François erzählte dem Geistlichen seine Erlebnisse in Paris, und dem alten Herrn standen vor Freude und Rührung die Thränen in den Augen.

„Lassen Sie uns zu Meunier´s gehen – Babet, meinen Sonntagsrock und die neue Perrücke!“ rief der gute Priester. „Gott, welche Freude zieht in des Maire’s Hause ein, und mein altes Herz muß daran Theil nehmen! François Duprès, nicht wahr der alte Priester, der Sie und Alice getauft, er wird auch den Segen über Eure Ehe sprechen?“

„Gewiß Herr Pfarrer!“

„Nun kommen Sie, mein junger Freund, wir gehen hinter dem Dorfe weg, und durch Meunier’s Garten, damit die Nachricht nicht vor uns in die Familie kommt. Sie warten in der Jelängerjelieberlaube bis ich die Meunier’s auf Ihre Ankunft vorbereitet, und nach wenigen Minuten können Sie dann Ihre Braut in des alten Maire Gegenwart küssen.“

Der heitere Greis ging in Meunier’s Haus und François verbarg sich in der Laube, derselben Laube, worin er vor drei Jahren Abschied von Alice nahm. Die Sehnsucht nach dem geliebten Wesen trieb ihn aber schon nach wenigen Minuten hinaus in den Garten, dem Hause zu, worin der Geistliche verschwunden war. Da bemerkte er ein offenes, dicht von Weinlaub umzogenes Fenster – es ging nach Meunier’s Wohnzimmer – und leise hinantretend vernahm er die Stimme des alten Pfarrers.

„So ist es, mein lieber Maire, und Du, mein Kind! Ich habe Nachrichten über François Duprès, aber leider sind es nicht die günstigsten, und Eure Güte wird für ihn sehr wohlthätig sein,“ rief der Geistliche.

[83] „Ich durfte ihn nicht hinausziehen lassen in das wüste Paris,“ sagte Meunier, „aber ich war ein verblendeter Thor, der sein liebes Kind fast um Geld und Gut an einen alten, grauen Sünder verhandelt hätte. Sagt, Herr Pfarrer, wo befindet sich François, damit ich ohne Verzug nach Paris reise und den Schlingel hierher hole, vorausgesetzt, daß er ein redlicher Mensch geblieben ist.“

„Das ist er geblieben, Vater,“ schluchzte Alice, „François konnte nicht schlecht werden!“

„Was wissen Sie von François, Herr Pfarrer?“ fragte der Maire.

„Der arme Junge lebt mühselig von seiner Hände Arbeit. Alles, was er begann, ist ihm mißlungen, und jetzt beabsichtigt er in’s Heer zu treten, um bald den Tod in einer Schlacht zu finden.“

„Oho, das soll er nicht!“ schrie der alte Meunier. „Gott im Himmel, wie weit hat meine Härte den armen Teufel gebracht. Alice, morgen reise ich nach Paris. – Ihr wißt doch, wo der arme Mensch zu finden ist, Herr Pfarrer?“

„Ganz gewiß weiß ich das,“ lachte der Geistliche, „der François’ Augen durch die grünen Weinblätter leuchten sah. Ihr könnt ihn fast mit Händen greifen.“

„Er ist in Carillon, gesteht es nur, Herr!“ rief außer sich vor Freude Alice.

„Hier bin ich ja, Ihr guten Menschen!“ jauchzte der glückliche François, indem er mit dem Kopfe durch die Weinreben hindurch in’s Zimmer fuhr.

[84] „François! mein François!“ stammelte Alice, den Kopf des Geliebten mit beiden Händen fassend und unter Freudenthränen seine Lippen küssend.

„Nur herein, Junge, nur herein!“ rief der hocherfreute Maire. „Gott segne deinen Eingang – fort sollst Du nicht wieder, denn Du hast ein Vaterhaus gefunden!“

François’ Kopf verschwand und einen Augenblick später sprang ein junger, eleganter Mann in’s Zimmer und auf Alice zu, die er mit stürmischem Entzücken umfaßte. Alice schrie laut auf und der alte Maire riß verwundert die Augen auf.

„Kennt Ihr mich denn nicht? Ich bin ja François Duprès – Alice, Vater Meunier!“ und François umarmte jubelnd bald Alice, bald Meunier und den Pfarrer.

„Aber wie stattlich siehst Du denn aus?“ rief der Maire. „Herr Pfarrer, Ihr sagtet es ginge ihm schlecht, und doch ist er gekleidet wie ein Edelmann und trägt eine schwere goldene Kette!“

Der alte Geistliche lachte aus vollem Herzen.

„Was ist denn eigentlich aus – Ihnen geworden, Herr Duprès?“ fragte verdutzt der Maire.

„Erster Kammerdiener Ihrer Majestät der Kaiserin Josephine bin ich!“ erwiederte François – „und hier Vater Meunier sind zwölftausend Franken – jetzt haltet Wort und gebt mir Alice zur Frau!“

Dem alten Meunier gingen die Augen über. „Und wärest du arm und elend zurückgekommen, François Duprès, ich hätte Dir mein Kind auch nicht verweigert. Gott hat Deine Mühe gelohnt – sein Name sei gelobt!“

„Amen!“ sagte der Pfarrer – „und wann ist die Hochzeit?“

„Wenn die Ausstattung fertig ist,“ versetzte Meunier, „und die muß ich nun doch etwas nach Pariser Schnitt einrichten lassen?“

„Deshalb bemüht Euch nicht, Vater Meunier, Alice’s Ausstattung übernimmt Ihre Majestät, die Kaiserin, und hier, meine Alice ist ein Geschenk der Kaiserin, ich sollte Dir es einhändigen, wenn ich Dein Herz in alter Liebe und Treue für mich schlagen fände.“ Mit diesen Worten öffnete François ein Kästchen, und das goldene Armband blitzte dem entzückten Mädchen entgegen.

„Von der Kaiserin!“ schrie Meunier. „Ach, François, wie beschämst Du mich! Als Du arm warst, wies ich Dir die Thüre und jetzt, wo Du ein vornehmer Mann geworden, suchst Du das Haus des hartherzigen Bauers auf, um Glück und Ehre über dasselbe zu bringen.“

„Laßt das, Vater Meunier – Ihr wolltet ja auch den armen François aufnehmen und ihm die Hand seiner Tochter geben. Seid mir ein lieber Vater, ich will Euer treuer Sohn sein mein Leben lang!“

Die Kaiserin Josephine erlangte leicht Napoleon’s Erlaubniß zur Verheiratung Duprès mit Alice. Bis zum Tode seiner hohen Gebieterin blieb François ihr treuer Diener, dann verließ er den Hof und kaufte ein hübsches Gut, nicht weit von Carillon, wo er, ein rüstiger Greis, hochgeehrt von Alt und Jung an der Seite seiner Alice dem Ende seiner Tage heiter entgegen sieht. Obgleich die Zeit sein und Alicen’s Haar mit Silber durchflochten, so sind doch ihre Herzen jung und frisch geblieben, und umgeben von wohlgerathenen Kindern und blühenden Enkeln erhebt sich ihr Auge oft stilldankend zu Gott, der Alles so wohl gemacht. – – Otto Moser. 



Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: Vorlage: Francois
  2. WS: Vorlage: Francois
  3. WS: Vorlage: Francois