Textdaten
<<< >>>
Autor: Ernst Meier
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der Engel auf Erden
Untertitel:
aus: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben, S. 137–139
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: C. P. Scheitlin
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[137]
39. Der Engel auf Erden.

Ein Engel sagte einst zum lieben Gott: „ich möchte doch auch einmal auf die Erde und möchte sehen, wie es dort zugeht.“ Da sagte der liebe Gott: „ja, wenn Du es wünschest, so magst Du vier Wochen lang hinabgehen.“ Da kam der Engel sogleich vom Himmel auf die Erde. Auf der Erde aber war selbiges Jahr Alles sehr wohl gerathen, [138] also, daß die Menschen überall fröhlich und guter Dinge waren und große Hochzeiten und Schmausereien hielten, wozu sie auch den Engel einluden; aber es wußte Niemand, daß der Fremde ein Engel war.

Dem Engel gefiel es nun so gut unter den Menschen, daß er nicht nur die ganzen vier Wochen, sondern auch noch zwei Tage länger dablieb. Als er darauf wieder zum Himmel zurückkehrte, bat er den lieben Gott um gnädige Strafe, daß er seine Erlaubnis übertreten habe; allein es habe ihm gar zu wohl bei den Menschen gefallen. „Zur Strafe dafür, sagte der liebe Gott, sollst Du von jetzt an alle Jahr einmal auf die Erde gehen und darfst vier Wochen dort bleiben.“ Das wollte der Engel gern thun. Der liebe Gott aber fragte den Engel noch: „wird denn von mir auch auf Erden gesprochen?“ „Nein, sagte der Engel, von Dir hat Niemand gesprochen.“

Darauf ließ Gott im nächsten Jahr sehr wenig wachsen, wenig Korn, wenig Obst und wenig Wein, so daß die Lebensmittel theuer wurden, und die Menschen allerorten sich kaum des Hungers erwehren konnten. Als nun der Engel dießmal auf die Erde kam, wurde er zu keiner Hochzeit, zu keinem Schmause und zu keinem Tanze eingeladen; denn es gab nichts als Hunger und Elend im Lande; Hochzeiten wurden gar nicht gefeiert, und wenn etwa eine vorkam, so ward sie ganz still gehalten. Das gefiel dem Engel gar nicht, weshalb er schon nach zwei Tagen wieder in den Himmel zurückkehrte. Sprach zu ihm der liebe Gott: „warum kommst Du so bald wieder?“ „Ei, sagte der Engel, [139] dieß Jahr gibt’s da unten nichts als Hunger und Kummer; das mag ich nicht mit ansehen!“ „Spricht man von mir auch?“ fragte der liebe Gott weiter. „Ja wohl, sagte der Engel, sie sprechen beständig von Dir.“ „Und was sprechen sie denn?“ „Nun, sagte der Engel, sie meinen, Du würdest ihnen doch auch einmal wieder ein gutes Jahr geben, und bitten Dich darum.“

Der Engel hatte nun gar kein Verlangen mehr, die Erde noch ferner zu besuchen; ob aber der liebe Gott ihm diese Besuche erlaßen hat, kann ich nicht sagen.

Anmerkung des Herausgebers

[310] 39. Der Engel auf Erden. Mündlich aus Kusterdingen. Es erinnert an die Wanderungen der Götter wie folgende Erzählung.