David und Salomo/25. Vortrag
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XXV.
2. Chron. 7, 1–5; 6–9; 10–11.
1.
Ist das nicht etwas Außerordentliches, daß nach dem Gebet Salomos das Feuer vom Himmel fällt und die Opfer| entzündet? Ist damit nicht dem Gebet Salomos ein Amen aufgedrückt, ein: Ja, ja, es soll also geschehen? Ist nicht damit der Brandopferaltar und zugleich alle Opfer geheiligt, die Israel in Zukunft dem HErrn bringen wird? Zugleich hat der HErr selbst damit sein Haus eingeweiht. Erst konnten die Priester nicht im Hause bleiben, weil die Vorläuferin der göttlichen Gnade, die Wolke, dasselbe erfüllte, und nun können sie nicht hineingehen, weil das Feuer des HErrn drinnen lodert, das doch den Tempel nicht angreifen und das Cedernholz nicht verzehren darf. Welche Wirkung muß dieser Anblick auf das Volk gehabt haben! Denk dich einmal lebhaft hinein; denk dir dies unzweideutige Eingreifen – nicht einer Geisterwelt, sondern des lebendigen Gottes, denk dir wie das ganze Haus Seines Lichtes und Seiner Glorie voll ist! Wenn du in der Nacht ein Lichtlein siehst, dessen Ursprung du dir nicht zu erklären weißt, das du für eine Erscheinung aus der andern Welt halten kannst: so durchrieselt dich ein Schauer und du hast nicht den Muth darnach zu forschen. Wenn nun aber Gottes Feuer vom Himmel fällt, soll man davor nicht erschrecken? Und doch erschrickt das Volk Israel bei diesem Anblick nicht, sondern kann den 136. Psalm singen von der Güte des HErrn. Alles freut sich und ist gehoben von dem Gedanken, daß der Tempel Gott ebenso angenehm ist als die Stiftshütte, die nun ausgedient hat; alles dankt dem HErrn, daß ER so freundlich ist und Seine Güte ewiglich währet. Woher kommt diese Wirkung auf die Gemüther? Sie kommt von dem HErrn. Es ist der HErr, der dem Haus seine Herrlichkeit, dem Gebet Salomos sein göttlich Amen, dem Opfer seine Weihe und dem Volk ins Herz seine Freude gibt. ER schickt sie nicht heim wie dort bei Perez Usa, trotzdem Sein Angesicht leuchtet, nimmt ER sie unter Seine Fittige und verschont sie. Dabei ist dem| Volk Israel doch keinen Augenblick entgangen, mit wem sie es zu thun haben. Wären sie nur der Freuden voll gewesen, so würden nicht die 22 000 Farren und die 120 000 Schaafe geopfert worden sein. Es liegt darin das Geständniß, daß es eitel Gnade ist, wenn der HErr sich freundlich zu Seinem Volke neigt. Das strömende Blut der Opferthiere zeugt davon, daß Israel sich selbst verurtheilt und allein auf die Gnade seines Gottes sich verläßt. Die Gegenwart Gottes kann die Herzen erfreuen und demüthigen und soll es. Dann ist es mit dem Menschen recht bestellt, wenn Freude am HErrn und heilige Demuth im Herzen neben einander wohnt.
2.
Unter den Kräften, die der Mensch besitzt, ist eine, die bemistraut wird und bemistraut zu werden verdient, und doch eine treffliche Gabe Gottes ist wie irgend eine: es ist die Einbildungskraft. Was wäre eine Erzählung vergangner Dinge, wenn wir nicht im geistigen Bilde schauten was mit Worten erzählt wird? Es ist daher ein ganz richtiger Gedanke der Neuzeit, daß sie versucht durch Bilder dem Geiste anschaulich zu machen was die Schrift erzählt, und ich erinnere mich, daß namentlich die Opferscene unter denjenigen Bildern ist, die die Seele besonders ansprechen. Malt euch nun einmal den ganzen Vorgang, wie er hier geschildert wird, aus; denkt euch die Priester und Leviten, die Propheten und Schauer, die Sangmeister, den Klang der 120 silbernen Posaunen der Priester, den Schall der heiligen Musik und der zum Himmel emporsteigenden Gesänge, die Menge der Opferthiere, das in Strömen fließende Blut von so viel tausend Wesen, die ihr Leben unter den Opfermessern verhauchen, die alle auf Christum hindeuteten, und wie all das Todesröcheln der Opfer übertönt wird durch den Jubel der| Opfernden: denkt euch das alles, und ihr habt einen Feiertag, den man wohl wünschen möchte, mitgefeiert zu haben. Die Menge der Opfer aber (22 000 Ochsen und 120 000 Schaafe) ist zu groß, als daß der Altar dafür ausreichte. Was thut nun Salomo? Er weiht den ganzen inneren Priestervorhof zum Altar, und so schwimmt denn der ganze Hof von Blut und ist voll von den Fettstücken der Opferthiere; da brennt’s und raucht’s und dampft’s empor zum Himmel und mit den Opferdämpfen wallen die Rauchwolken des Gebets empor: ein Vorhof, der in einen Altar verwandelt ist, – was für eine Scene! Was ist dagegen der kleine Altar, der kleine Hügel in der Nähe, der doch höher worden ist als alle Berge der Welt – der Hügel Golgatha, für eine schweigende, eingehüllte, verborgene Größe gewesen! Als das Lamm starb, das mit Einem Opfer alle vollendet hat, die geheiligt werden, als unser HErr am Kreuze starb, da war es Eines Mannes Blut, das zur Sühne der Sünden floß, und dieses Einen Mannes Blut reicht weiter als die Ströme der unzähligen Lämmer, die dem HErrn im Heiligthum dargebracht wurden. Dies wenige Blut wäscht unsre Leiber, unsre Seelen und reinigt die Himmel; es ist unser Trank und Labsal in den Mühseligkeiten des Lebens und hilft uns durch bis zur ewigen Ruh. Da steht neben der Pracht des alten Testamentes der Segen des neuen. An dem einigen Opfer auf Golgatha findet der Glaube hier schon sein Genüge, und wenn uns dereinst die Augen aufgehen, so werden die Tausende von Opfern des alten Testamentes vor uns zusammenschrumpfen und wir werden groß und einzig schauen und anbeten das Lamm, das erwürget ist und hat uns Gott erkauft mit Seinem Blute.
3.
Das hervorstechende Wort in dieser Lection ist das Schlußwort: Salomo vollendete das Haus des HErrn und das Haus des Königs und alles was in sein Herz gekommen war, zu machen im Haus des HErrn und in seinem Hause, glücklich. Alles ist dem Salomo gelungen bis auf jedes Bildwerk und Geräthe, das er gemacht hatte nach den göttlichen Gedanken, die seinem Vater David gegeben waren. Was für ein Baumeister ist Salomo gewesen! Es ist kein Gebäude in der Welt, bei dessen Betrachtung man nicht da und dort das Auge zudrücken müßte. Aber bei diesem Bauwerk ist alles glücklich gelungen, so daß der Griffel des heiligen Geistes es niederschreibt und das Zeugniß vom Himmel auf die Erde herniederkommt. Es war gewiß nicht der Mensch, der das alles geleistet hat; Gottes Auge sieht an allem menschlichen Werke, auch Kunstwerken, Fehl und Tadel. Hier aber war dem HErrn im Himmel alles recht, darum weil Sein Geist das Bild und die Modelle zum Ganzen und Einzelnen, und Kraft, Zeit, Weisheit und Beständigkeit zum Werk gegeben hat, dem, der befahl, und allen denen, die gehorchten. Wenn das von dem irdischen Tempel gesagt werden kann,wie wird es erst mit dem Urbild sein? Denn nach einem Bilde himmlischer Dinge ist die Stiftshütte wie der Tempel gemacht; Gott hat Räthsel hingestellt in dem heiligen Bau und eine heimliche Weisheit hineingelegt, die alle Gelehrten zum Nachdenken und Forschen reizt. Wenn nun aber kommen wird das Vollkommene, wenn die Märtyrer unter dem Brandopferaltar lebendig werden (Offenb. 6, 9), wenn der Blick geöffnet wird in das Allerheiligste des Tempels Gottes im Himmel (Offenb. 11, 19; 15, 5), dann wird man erst den Tempel hier verstehen, und umgekehrt wird der Rückblick auf das was hier war uns klar machen,| was wir dort sehen. Dann werden die Räthsel der Erde gelöst werden, und wir werden an der Handleitung der irdischen Compendien Gottes ewige Werke, und an dem Tempel Salomos das Glück und die Seligkeit der ewigen Gottesdienste verstehen lernen.
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