« 18. Vortrag Wilhelm Löhe
David und Salomo
20. Vortrag »
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XIX.
1. Chron. 30, 20–22; 23–25 ; 26–30.


1.
 Wenn die Gottesdienste des neuen Testamentes vollbracht sind, so wendet sich der Liturg zur Gemeinde und ruft ihr zu: Laßt uns benedeien den HErrn! Dann klingen alle Register, man stößt in die Posaunen, alles geht in Jubeltönen empor, ruft, singt und betet: Gott sei ewiglich Dank! Billig macht man diesen Schluß. Denn die Sein Wort gehört, Sein Mahl genossen haben, sollen sich billig freuen und die Flamme ihrer Andacht noch einmal ausbrechen und gen Himmel entbrennen lassen im Benedicamus Domino und der Antwort: Gott sei ewiglich Dank. Schließt aber die neutestamentliche Gemeinde so ihre Gottesdienste, wie viel mehr geziemt es sich für David, der der Kirche das Vorbild| aller ihrer Gottesdienste gegeben hat, seine Regierung und sein Leben mit dem Benedicamus Domino zu schließen! Die Reichsversammlung ist aus, alles lauscht auf das Wort des Königs, der zum letzten Mal auftritt. Und als nun seine Aufforderung kam: Segnet den HErrn, euern Gott! da fiel die ganze Gemeinde nieder und jauchzte und pries Gott, daß ER an David so große Wohlthat gethan, und unter dem lauten Jubel Seines Volks steigt David vom Thron. Am andern Tag setzt er das Fest fort. Er selbst ist bereits abgetreten und hilft nun zum Ansehen seines Sohns vor der ganzen Gemeine Israel. 1000 Farren, 1000 Widder 1000 Schafe werden geschlachtet zum Opfermahl, ein Liebesmahl vereinigt die große Versammlung, alles freut sich vor dem HErrn und dem König; dann geht es zur Salbung Salomos. Salomo war allerdings schon einmal gesalbt worden am Tag der Empörung Adonias, aber damals geschah die Salbung nur in Gegenwart Weniger und war nicht kräftig genug Adonia für immer zu beseitigen. Die Salbung muß noch einmal wiederholt werden vor allem Volk, und alles Volk ist nun auch bereit, Salomo anzuerkennen. Auch Zadok der Hohepriester wird gesalbt, da der frühere Hohepriester, Abjathar, sich mit Joab an Adonia gehängt hatte. Ein Hoherpriester, der sich wider den Gesalbten des HErrn empört hat, kann nicht mehr Priester sein, darum wird er abgesetzt und auf seinen Acker verwiesen. Zadok aber hat große Ehre darum, daß er nicht wie Abjathar des Königs letzte Regierungszeit und die Würde seines Amtes mit Aufruhr befleckt hat. Von der Zeit an ist wieder nur Ein Hoherpriester da, der an dem Einen Ort waltet, den Gott erwählt hat. So schließt David seine Regierung mit Benedicamus Domino, mit Opfer und Salbung.


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2.
 Den Schluß des Regimentes Davids haben wir vernommen, nun lesen wir den Anfang der Regierung Salomos. Aber obwol er in deutlichen, klaren Worten beschrieben ist, wird es uns doch gegangen sein, wie so manchesmal: wir überhören hundert Dinge und übersehen hundert duftende Blüten, die uns der Geist des HErrn im Wort vor die Füße gelegt hat. Wo saß denn Salomo? Nicht auf dem Thron Davids, sondern auf dem Thron Jehovahs (V. 23). Der Ausdruck ist herrlich und hehr. Der Könige Israel Thron ist Jehovahs Thron. Jehovah ist der König Israels, David und seine Nachkommen sind nur die Unterkönige. So wird man durch diesen Ausdruck der Schrift gleich am Anfang der Regierung Salomos an jene herrlichen Stellen des neuen Testaments erinnert, in welchen verheißen wird, daß unser HErr JEsus auf seines Vaters Thron sitzen soll. – Weiter wird von Salomo gesagt, daß er Gehorsam und Anerkennung von ganz Israel, von den Gewaltigen, ja auch von seiner eigenen Familie gefunden habe. Das ist im Morgenland etwas Besonderes, wo so viele Herrscher bei ihrem Regierungsantritt es für nöthig hielten, alle ihre Anverwandten zu töten, um ihren Thron zu sichern. Salomo aber sitzt so fest, daß er auch seines Bruders Adonia schonen kann. Dazu wird dem Salomo noch etwas Besonderes gegeben. Was Luther übersetzt: Gott gab ihm ein löblich Königreich etc. heißt eigentlich: Gott that auf ihn einen königlichen Glanz wie auf keinen der früheren Könige. Woher also diese Anerkennung, dieser Gehorsam, daß sich alles um den Jüngling schaart? Den Grund hievon müßen wir nicht in seiner Person suchen, sondern in dem Glanz, den ihm Gott gegeben hat. Salomo ist berufen in tiefer Ruhe ein glänzendes Königreich Gottes auf Erden darzustellen;| es ruht etwas von JEsu Christi Glanz auf seiner Stirne. Daher fühlt sich alles Volk angezogen und von Ehrfurcht ergriffen vor dem Jüngling mehr noch als selbst vor seinem Vater. David hat freilich bleibendere Ehre, Salomos Herrlichkeit sinkt dahin. Aber es muß auch ein Vorbild des Reiches der Herrlichkeit in der Geschichte kommen, und so lange diese Zeit des Vorbilds währt, liegt der Glanz auf Salomo und jenes unbegriffene Etwas, das alle Gemüther zwingt ihm Ehre zu geben. Es ist öfter so im Leben, daß ein Mensch dieselbe (äußere) Würde hat wie ein anderer, aber der HErr gibt dem einen vor dem andern Ehre, daß er Anerkennung findet und die Menge ihm folgt. Was hier von Salomo gesagt ist, können wir an so vielen Herrschern, Oberen und Hausvätern wahrnehmen: Wen Gott segnet, der findet Ehre und Anerkennung bei den Menschen.


3.
 Wenn es von David heißt: er sei in gutem Alter gestorben voll des Lebens, des Reichthums und der Ehre, so sind wir geneigt den Ausdruck „voll Lebens“ so zu deuten wie es etwa von Mose heißt: seine Kraft war nicht verfallen und seine Augen waren nicht dunkel geworden. Mose starb nicht an Krankheit oder Schwäche des Leibes, sondern der unmittelbare Wille des HErrn tötete ihn. Mose war noch an seinem letzten Lebenstage voll Lust über den Jordan zu gehen und anzufangen was der HErr in Canaan ausführen wollte. Bei David aber heißt „voll“ so viel als „satt“ des Reichthums, der Ehre und des Lebens. David hätte ja bis an sein Ende regieren und wenn er auch nicht mehr stehen konnte, vom Bett aus sein Reich versehen können, Salomo konnte sich ja von ihm die Befehle holen. Er zieht sich aber zurück in die Stille, seine Zeit ist aus für diese Welt, er| hat genug geredet, gethan, gelitten, er will nun ruhen und sich vorbereiten auf die Ewigkeit. Er hat eher aufgehört als ihn die Natur dazu zwang; seine Freude ist nun zu sehen, wie sich sein Sohn Salomo benimmt, er wünscht, daß der Sohn noch größer werde als sein Vater. Er sieht noch Salomos Anfang und die Vorbereitungen zum Tempelbau und wird noch manches Lied gesungen haben dem HErrn seinem Gott zu Ehren. David hat eine herrliche Zeit zur Vorbereitung auf die Ewigkeit, wie sie den Menschen zu gönnen ist, die viel zu arbeiten hatten und die Zeit nicht fanden ihrer Seele so wahrzunehmen, wie es hätte sein sollen. Endlich singt er sein wunderschönes Schwanenlied, das uns 2. Sam. Cap. 23 aufbewahrt ist, und drückt dann im Frieden seine Augen zu. Vierzig Jahre hat er regiert, eine lange Zeit; er ist satt geworden des Lebens, des Reichthums und der Ehre, nicht aber des ewigen Lebens: darnach verlangte ihn wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser. Groß und unsterblich ist sein Name auf Erden und ausgezeichnet auch im Himmel. Sonst wird man auf Erden gar leicht vergessen, oft noch ehe das Gras über dem Grab gewachsen ist. Den Heiligen liegt auch nichts daran, wenn nur Gott ihrer gedenkt und sie einführt zur Ruhe und zum Frieden. Oft aber gönnt der HErr Seinen Heiligen auch das Gedächtniß bei der Nachwelt. So war es auch bei David. Tausend Jahre waren vergangen, da deutet Petrus bei der Auslegung des 16. Psalms mit Fingern auf das Grab Davids (Apg. 2, V. 29), und das Grab Davids ist länger geblieben als der Tempel und die heilige Stadt. So schafft der HErr Seinen Heiligen ein Andenken bei den nachfolgenden Geschlechtern, daß diese an dem Vorbild ihres Glaubens sich stärken und ihrem Exempel nachfolgen können.
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 Wie ganz anders ist Davids Ende als das Ende Sauls,| der auch 40 Jahre regiert hat! In Verzweiflung, Selbstmord, geplagt vom bösen Geist, besiegt, verlassen von Gott und Menschen – so geht er dahin. Saul ist noch heute unser Schrecken, David ist noch heute unsre Freude; viele Tausende lesen mit lautem Lobpreis sein Leben, lesen von seiner Buße und seinem Glauben, seinem Leiden und Sterben. Der HErr gebe uns Kleinen, daß unser Ende auch sei wie das Ende dieses Gerechten, wie das Ende unseres Vaters David. Amen.
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