Das kleine, graue Männchen bei Kamenz

Textdaten
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Autor: Heinrich Gottlob Gräve
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Titel: Das kleine, graue Männchen bei Kamenz
Untertitel:
aus: Volkssagen in der Lausitz, in: Neues Lausitzisches Magazin, Sechszehnter, Neuer Folge dritter Band, S. 132–133
Herausgeber: Joachim Leopold Haupt
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1838
Verlag: Heyn’sche Buch- und Kunsthandlung
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Erscheinungsort: Görlitz
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Quelle: Google, Commons
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8. Das kleine, graue Männchen bei Kamenz.

Auf dem, eine romantische Aussicht darbietenden, südöstlich gelegenen, sogenannten Reinhardtsberge bei Kamenz soll eine mit Gold, Silber und andern Kostbarkeiten gefüllte, große Braupfanne vergraben sein, welche ein kleiner, graugekleideter Kobold, der zu gewissen Zeiten erscheint, und die Leute auf mancherlei Art und Weise höhnt und neckt, bewacht. Mehrere arbeitsscheue, goldgierige Spekulanten haben schon oft mit und ohne Herpentils, Kornreuters und Fausts Höllenzwangs Hilfe, – aber leider vergebens, – nachgegraben. Wahrscheinlich haben sie nur nicht die rechte Zeit zur Hebung dieses Schatzes getroffen. Da ich nun dieselbe weiß, und nicht so hart, wie der selige Asmus bin, welcher das Beste für sich behaltend, sagt:

Der Mann mit Mondstral im Gesicht
wird’s suchen und auch finden;
denn jedem Narren muß man’s nicht
gleich auf die Nase binden.

will ich sie gutmüthig, ohne Eigennutz, verrathen.

In der Johannisnacht nämlich, wenn die Kirchthurmsglocke den letzten Schlag der eilften Nachtstunde verkündet hat, ist der einzige Zeitpunkt, wo der tückische Gnome gütig und freundlich ist. Da finde man sich nun an dem angegebenen Platze ein. Man wird ein kleines blauliches Flämmchen der Erde entsteigen sehen, das sich [133] nach und nach zu einer menschenähnlichen Gestalt bildet, welche einen großen Schlüssel in der rechten Hand trägt. Still und stumm nähere man sich ihr, verlange pantomimisch den Schlüssel, welcher beim Verschwinden des Männleins überreicht wird. Auf des Berges östlicher Seite wird sodann die Erde herabfallen, und sich alte Trümmer mit einer Thüre, in welche der Schlüssel paßt, zeigen. Man entschließe zutrauungsvoll die Thüre, die Braupfanne wird man im Gewölbe erblicken, doch berühre man ja nichts von den Kostbarkeiten, sondern werfe eine Kleinigkeit darauf, verwahre den Schlüssel wohl – denn das Schloß spottet jedes Schlossers Kunst – und eile rückwärts den Berg herab, ohne sich von den vorkommenden Spukgestalten zu scheuen. Die Erde wird sodann wiederum den Berg bekleiden, nur merke man sich genau den Platz, grabe bei hellem Tageslichte nach und man wird einen Schatz finden, wofür das schönste Königreich der Welt zu erkaufen ist.