Das harte Mädchen
Ich sah so frei und wonnereich
Einst meine Tag’ entschlüpfen,
Wie Vögelchen, von Zweig auf Zweig,
Beim Morgenliede hüpfen.
Die Blumenau erfrischet:
Ob je ein Seufzer sich von mir
In seinen Hauch gemischet?
Fragt nur den stillen Bach im Klee:
Und ob von mir ein Thränchen je
Die kleinen Wellen mehrte?
Mein Auge schaute falkenhell,
Durch meilenlange Räume,
Auf Felsen und auf Bäume.
So bald ich auf mein Lager sank,
Entschlief ich ungestöret.
Des Wächters Horn und Nachtgesang
Nun aber ist mir Lust und Scherz
Und Mut und Kraft vergangen.
Ein hartes Mädchen hält mein Herz,
Mein armes Herz gefangen.
Erseufzend in die Winde,
Und girre kläglich hin nach ihr,
Gleich einem kranken Kinde.
Nun müssen Bach und Klee genung
Und graue Nebeldämmerung
Umwölkt die muntern Augen.
Nun härm’ ich ganze Nächte lang,
Auf schlummerlosem Lager,
Die vollen Wangen hager.
An meinem Leben nagt die Wut
Grausamer Seelengeier;
Nagt Eifersucht auf fremde Glut,
Das harte Mädchen sieht den Schmerz,
Und mehrt ihn dennoch stündlich.
O Liebe, kenst du noch ein Herz,
Wie dieses, unempfindlich? –
Würd’ allen Kummer lindern,
Und ihre nicht erkante Schuld
Flugs tilgen, oder mindern.
Mich wekte wol ihr süsser Ton
Ja, wär’ ich auch im Himmel schon,
Er lokte mich hernieder.