Das deutsche Mädchen
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Das deutsche Mädchen.
Ihr, mit Rosen auf den Wangen,
Und die Haare goldgeschmückt!
Euer wunderstolzes Prangen,
Das nur Thoren hochentzückt,
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Wert ist’s meines Lobes nicht,Wenn euch teutscher Sinn gebricht.
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Hat die Göttin auch des Glückes
Fürstengüter euch beschert,
So, dass demutvollen Blickes
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Alt und Jung Verehrung schwört –Wenn euch teutscher Sinn gebricht,
Acht’ ich aller Schätze nicht.
Eure höflichen Geberden,
Eure schöne Redekunst,
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Ob sie laut gepriesen werden,Sind nur Spiel und eitel Dunst,
Und besteh’n, ihr Jungfrau’n, nicht,
Wenn euch teutscher Sinn gebricht.
Käm’t auch edeln Stammes wegen
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Ihr den Königinnen gleich,Dennoch wahrhaft überlegen
Bleibt ein teutsches Mädchen euch.
Hoher Stand beliebt uns nicht,
Wo der teutsche Sinn gebricht.
Heinrich Albert.
(1604–1639.)