Das Scherflein der Kinderlosen

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Titel: Das Scherflein der Kinderlosen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 362
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[362] Das Scherflein der Kinderlosen. Unsere „Deutschen Blätter“ („Literarisch-politische Beilage zur Gartenlaube“) veröffentlichten im Jahre 1873 eine den Lehrerstand betreffende Anregung des Herrn Gustav Rietz, eines deutschen Kaufmanns in Bukarest. Der in der Ferne lebende patriotisch fühlende Mann beschäftigt sich seit Jahren ebenso herzlich wie emsig mit der Frage, wie Deutschland seinen Volksschullehrern eine ihrer wichtigen Aufgabe, der Hohheit und Würde ihres Berufes angemessene Lebensstellung verschaffen und sichern könne. Deutschland habe große Ziele errungen, sei zu machtvollem Aufschwunge gediehen, aber die bedrängte Lage seiner Lehrer, denen es doch zum großen Theile diese Erfolge zu danken habe, von denen es einen so wirksamen Einfluß auf die glückliche Gestaltung der weiteren Zukunft erwarten müsse, sei ein schwacher Punkt seiner Kraft und ein unleugbarer Flecken auf dem Glanze seines Ruhmes. Ob der Staat den Lehrern nicht durchgreifend helfen wolle, oder ob er es nicht könne, ist wirklich zunächst für die Nothleidenden gleichgültig, denn ihre Bedrängniß bleibt bis zur Entscheidung der Streitfrage nach wie vor dieselbe. Während aber der Staat doch etwas thut, verhält sich das Volk und der Bürgerstand dem argen Schaden, der schweren und beschämenden Calamität gegenüber noch immer theilnahmlos und unthätig, als ob es eine Sache beträfe, die sie nichts anginge, in die sie nicht gleichfalls aus eigenem Antriebe einzugreifen hätten. Eltern freilich, denen die Erziehung von Kindern obliegt, zahlen dem Schulwesen und somit den höheren Aufgaben der Gesellschaft schon einen entsprechenden Tribut, und man weiß, wie sauer ihnen das in zahllosen Fällen wird. Was aber thut die große Masse der Kinderlosen und Unverheiratheten, die sich doch gleichfalls aller Segnungen, Vortheile und Annehmlichkeiten erfreuen, welche die Förderung und der Fortschritt der Cultur der Gesammtheit aller Staatsbürger bringt?

Hier ist der Punkt, an welchen der Vorschlag des Herrn Rietz sich knüpft. Ungefähr nach der Organisation des Gustav-Adolf-Vereins will er einen über ganz Deutschland sich verbreitenden, etwa in Berlin centralisirten Verein gegründet sehen, in dessen Casse jeder selbstständige Mann, der keine Kinder zu ernähren und zu erziehen hat, jährlich nicht mehr als einen einzigen Thaler zahlt. Aus den reichen Mitteln, die hierdurch zusammen kämen, sollen dann Volkspensionen für alte und gebrechliche Lehrer, für Wittwen und Waisen von Lehrern und zur Aufbesserung von Lehrergehalten in armen Gemeinden bestritten werden. Der Anreger des Gedankens setzt voraus, daß in jeder Stadt, in jedem Städtchen und Dorfe sich einige Männer finden, die sich der Sache annehmen, und daß kein „Kinderloser“ sich der kleinen Steuer entziehen wird, wenn er den Blick auf den Nachbar richtet, der jährlich so viele Thaler für die Kinder ausgeben muß. Wir unsererseits setzen das nicht so ohne Weiteres voraus, aber schon die „Deutschen Blätter“ bemerkten zur Zeit, daß Schwierigkeiten allein nicht von der Verwirklichung eines guten und edlen Planes zurückschrecken dürfen. In der That ist die Idee schon in vielen Kreisen mit warmer Theilnahme aufgenommen worden, so daß Herr Rietz sich ermuthigt fühlte, die Verwirklichung der von ihm sehr rüstig betriebenen Angelegenheit der binnen Kurzem in Breslau tagenden „Allgemeinen deutschen Lehrer-Versammlung“ in einem besonderen Flugblatte an’s Herz zu legen. Was freilich die Lehrer selber in Bezug auf eine Dotation thun können, die ihnen von dem dankbaren Pflichtgefühle des Volkes entgegengebracht werden soll, steht noch dahin. Jedenfalls aber hielten wir uns für verpflichtet, auch unsererseits die Aufmerksamkeit auf ein immerhin der ernsten Erwägung würdiges, aus den reinsten und selbstlosesten Motiven hervorgegangenes Project zu lenken.