Das Raimund-Denkmal in Wien

Textdaten
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Autor: Moritz Necker
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Titel: Das Raimund-Denkmal in Wien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 357, 386
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[357]
Datei:Die Gartenlaube (1898) b 0357.jpg

Das Ferdinand Raimund-Denkmal in Wien.
Nach dem Entwurf von Franz Vogl.

[386] Das Raimund-Denkmal in Wien. (Zu dem Bilde S. 357.)

„Brüderlein fein, Brüderlein fein,
Mußt mir ja nicht böse sein!
Scheint die Sonne noch so schön,
Einmal muß sie untergeh’n! …“

Dieses Lied wird gesungen allüberall, wo die deutsche Zunge klingt, und sein Dichter Ferdinand Raimund, der nicht bloß die Worte, sondern auch die Melodie dazu gefunden, lebt noch mit seinen dramatischen Märchen und Volksstücken auf allen deutschen Bühnen, insbesondere mit seinem „Verschwender“, aber auch mit seinem „Bauer als Millionär“, worin dieses Lied von der „Jugend“ gesungen wird, mit dem „Alpenkönig und Menschenfeind“, mit der kürzlich erst zu neuen Ehren gekommenen „Gefesselten Phantasie“. Dem Duft von Poesie und Schönheit, der auf Raimunds lebensvollen Allegorien und idealen Verkörperungen volkstümlicher deutscher Charaktere lagert, haben die Jahrzehnte nichts anhaben können. Sie sind unvergänglich. Ihm ist nun am 1. Juni d. J. in seiner Heimatstadt Wien, vor dem Deutschen Volkstheater, ein schönes Denkmal errichtet worden. Es ist zugleich das erste öffentliche Denkmal, das ein deutscher Schauspieler erhält; denn Raimund war nicht bloß der Dichter, sondern auch der erste und beste Darsteller seines Rappelkopf, Wurzel und Valentin. C. L. Costenoble, der bei der Erstaufführung des „Verschwenders“ zugegen war, schrieb am 15. März 1834 in sein Tagebuch: „So wie Raimund ist kein jetzt lebender Schauspieler ins menschliche Herz gedrungen, und keiner hat das Vermögen, das Aufgefaßte in so hoher Vollendung wiederzugeben.“

Der Wiener Bildhauer Franz Vogl hat nun diesen Dichter in kongenialer Weise aufgefaßt, indem er ihn so, von der Phantasie belauscht, die sein Genius und sein Dämon zugleich war, darstellte: mitten im Walde, von der schönen Natur umgeben, die Raimund so leidenschaftlich liebte, auf einer Bank ruhend, in stilles Sinnen träumerisch verloren. Nur aus der liebevollsten Vertiefung in das Gemüt und die Persönlichkeit des Dichters konnte diese originelle Auffassung entstehen. Sie wirkt daher auch ganz unmittelbar auf uns. Diesen Eindruck hatten auch die Preisrichter, als sie über die Entwürfe zu entscheiden hatten, die nach einer zum hundertsten Geburtstage Raimunds (1. Juni l890) ausgeschriebenen Preiskonkurrenz in größerer Anzahl eingelaufen waren. Vogls Entwurf erhielt den ersten Preis. Mit einem Aufwand von 32 600 Gulden wurde er in Laaser Marmor ausgeführt; aus einem der größten Marmorblöcke, die je nach Wien geschafft worden sind. Das nötige Kapital wurde durch Spenden von Kunstfreunden, an deren Spitze der Kaiser selbst mit einer Gabe von 2000 Gulden stand, und durch Musteraufführungen Raimundscher Werke aufgebracht. Besonders verdient ums Denkmal machten sich Geheimrat Nikolaus Dumba und Regierungsrat Dr. Karl Glossy, Obmann und Schriftführer des Denkmalkomitees.

Als Franz Vogl diesen ersten Preis errang, war er schon, ungeachtet seiner Jugend – er wurde am 4. April 1861 in Wien geboren – ein anerkannter Künstler. Seine Lehrzeit hatte er an der Wiener Akademie und dann im Atelier des Meisters Weyr durchgemacht. Als er 1885 bei der Konkurrenz für die plastische Ausschmückung des Deutschen Theaters in Prag einen Preis erhielt, wurde er selbständig. 1886 gewann er den ersten Preis in der Konkurrenz für die Ausschmückung des Deutschen Volkstheaters in Wien durch seine originelle Giebelgruppe (Bacchuszug); er hat sie dann mit noch vielen anderen Figuren, die das Haus schmücken, ausgeführt, und sein älteres Werk wird nun auf sein neuestes, das Raimund-Denkmal, herniederschauen. Auch für die Theater in Zürich und Wiesbaden war Meister Vogl hervorragend beschäftigt, und ganz jüngst noch hat er mit seinem anmutigen „Radl-Madl“ für den Wiener Bicycleklub eine rasch populär gewordene Figur geschaffen. Moritz Necker.