Textdaten
<<< >>>
Autor: William Cullen Bryant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Das Grab einer Überwinderin
Untertitel:
aus: Lieder- und Balladenbuch amerikanischer und englischer Dichter der Gegenwart, Seite 57–60
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1862
Verlag: Hoffmann & Campe
Drucker: Jacob & Holzhausen
Erscheinungsort: Hamburg
Übersetzer: Adolf Strodtmann
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[57]
William Cullen Bryant.

Am 3. November 1794 zu Cummington in Massachusetts geboren, veröffentlichte er schon in seinem vierzehnten Jahre die erste Sammlung seiner Gedichte. Seit 1826 ist er einer der Hauptredakteure der „New York Evening Post,“ eines geachteten und freisinnigen Journales. Bei aller Formvollendung gebricht es seinen gefeierten Dichtungen allzusehr an origineller Kraft und hinreißender Gluth der Empfindung. Ein Meister in Naturschilderungen und stillen Reflexionen, wird er kaum einen Tadler seiner poetischen Leistungen finden – aber es ist ermüdend, eine größere Anzahl derselben ohne Unterbrechung zu lesen.


     Das Grab einer Überwinderin.

     In diesem Grabe ruht ein Siegesheld –
Doch keine Kunde giebt davon der Stein,
Noch grub der Meißel um den Namen ein
     Des Ruhms Embleme, welcher nie zerfällt:

5
Die Garbe, wo sich Epheu, Amaranth

Des Lorbers königlichem Reis verband.
 Ein schlichter Name nur,
 Den kaum die Welt erfuhr,
Ist dort zu lesen; wilder Blumen Zier

10
Rankt sich empor am niedern Steine hier,

     Demüth’ge Veilchen, dürftig Kraut der Flur.

[58]

     Es ward der stillen Erde hier vermählt
Kein Mann von Eisen und mit blut’ger Hand,
Der herrisch ausgetobt an Stadt und Land

15
     Die Leidenschaft, die seine Brust zerquält –

Nein, Eine, deren Bau von zarterm Stoff gewebt,
 An Blick und Seele mild,
 Ein sanftes Frauenbild,
Das vor des Tadels Odem scheu gebebt.

20
Der Sanftmuth Lächeln weilt’ in ihrem Aug’,

     Wie Blumen stehn im Lenz an sonn’gem Ort;
Doch bei dem Leiden Andrer trieb ein Hauch
     Von schönrer Trauer schnell das Lächeln fort.

Glaubt nicht, dass, wenn die Hand, die hier zerfällt,

25
     Sich drohend hob, gezittert hat die Welt,

Dass bei dem Wink ein Heer dem Grund entsprang,
     Wie Wolk’ an Wolk’ am Regenhimmel schwillt,
Dass Knab’ und Greis in Schlachtkolonnen drang –
     Ein Mahl, dran seine Lust der Geier stillt!

30
Die Todte hier – nicht also hat den Krieg

Sie ausgekämpft, nicht so erlangt den Sieg.
 Allein hat sie die Schlacht,
 Allein ihr Werk vollbracht,
Nach andrer Hoffnung niemals ausgespäht,

35
Als Gott allein, noch andre Hilf’ erfleht.


[59]

Ein Blick, der ewig klar dem Aug’ entflog,
     Bezwang, wie sehr es dräut’, der Sorgen Heer;
Bald war die grimme Brut bezähmt und bog
     Den Nacken still, und dräute nun nicht mehr.

40
Zurück auch scheuchte ihre Hand den Zorn,

 Zerbrach mit stiller Kraft
 Den Pfeil der Leidenschaft,
Und wies von ihrem Pfad der Schmerzen Born.
     Verzweiflung nie hat ihre Brust zerklafft;

45
Mit Liebe schlug sie Hass, und überwand

Mit Gutem Böses, wo den Kampf sie fand.

Ihr Ruhm ist nicht von jener eitlen Art,
     Ruhm, der wie flücht’ges Morgenroth verglüht;
Nein, als sie Engelschören sich geschart,

50
     Hat manch ein Himmelsauge froh gesprüht.

Rings Blumenduft und tönender Gesang!
Der Himmelssaal von Willkommsliedern klang, –
 Und Er, des Menschen Sohn,
 Der einstmals Schmerz und Hohn

55
     Mit sanftem Blick ertrug und Duldersinn,

     Sah lächelnd auf die zage Fremde hin;
Er, der aus Grab und Hölle wiederkam,
Den Sieg der Gruft, dem Tod den Stachel nahm.

     Du schlummre fort! Die Sonne taucht hinab,

60
Ein kühles Fächeln kündet schon die Nacht.
[60]

     Getröstet geh’ ich fort von deinem Grab,
Von Hoffnung halb, und halb von Schmerz entfacht.
 Die Zeit, die Gott mir gab,
 Ist kurz, und schwer der Streit –

65
     Doch jedem Siege steht ein Kranz bereit.

Noch fließt der Born, dess Wasser dich getränkt;
     Viel’ Siegernamen fasst des Himmels Buch,
Bevor der Herr es schließt – auch uns geschenkt
Ist jede Wehr, die dich zum Siege trug.