Das Bild im Auge sterbender Tiere

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Titel: Das Bild im Auge sterbender Tiere
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aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 172
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[172] Das Bild im Auge sterbender Thiere. Im Herbste 1857 durchlief alle amerikanischen und deutschen Zeitungen eine Sensationsnachricht, nach welcher amerikanische Aerzte entdeckt haben sollten, daß das letzte Bild, welches sich in den Augen eines Sterbenden abbildet, auf der Netzhaut, wie auf einer Daguerreotyp-Platte fixirt bleibe. Es wurde daraus gefolgert, daß, wenn der letzte Anblick, den ein Ermordeter gehabt hat, sein Mörder gewesen ist, das von den Augen genommene Doppel-Portrait desselben als ein furchtbarer Zeuge der That zurückbleiben werde, um den Verbrecher seiner Schuld zu überführen. Obwohl die Namen eines Dr. Pollok in Chicago und Dr. Sandfort genannt wurden, die nach diesem Verfahren den Urheber eines in Auburn verübten Mordes entdeckt haben sollten erwies sich die Geschichte bei weiterer Verfolgung als amerikanischer Schwindel, aber als ein Schwindel, der, wie wir nunmehr erfahren, zufällig den allgemeinen Umrissen nach die Wahrheit getroffen hat.

Am 15. Januar dieses Jahres machte nämlich Professor W. Kühne in Heidelberg die interessante Entdeckung, daß wirklich, wenn man das Auge eines soeben enthaupteten Thieres dem hellen Fenster zukehrt und es dann sogleich im Dunkeln oder bei dem gelben Scheine des Natronlichtes herausnimmt und in Alaunlösung legt, das scharfe Bild des Fensters, weiß auf purpurrotem Grunde, mit purpurrothen Fensterkreuzen, auf der innern Seite der vom Augenhintergrunde abgelösten Netzhaut erscheint und auf demselben vierundzwanzig bis achtundvierzig Stunden sichtbar bleibt. Nur darf man diese Fläche nicht dem Tageslichte aussetzen denn dieses bleicht den tief purpurroten Farbstoff in weniger als zwanzig Secunden völlig. Diese Versuche welche seitdem mit dem vollkommensten Erfolge mehrfach wiederholt worden sind, wurden angestellt in Folge einer höchst wichtigen, zuerst im November 1876 in der Berliner Akademie mitgeteilten Entdeckung von Franz Boll, nach welcher die innere Fläche der den Augenhintergrund bedeckenden Netzhaut bei Wirbeltieren und Wirbellosen mit einem bis jetzt übersehenen, lichtempfindlichen tiefpurpurrothen Farbstoffe bedeckt ist, den Professor Kühne „Sehpurpur“ zu nennen vorschlägt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Farbstoff beim Sehen beständig gestört und durch den Lebensproceß neu erzeugt wird, sodaß das thierische Auge noch mehr, als man bisher geglaubt hat, der dunklen Kammer des Photographen gleicht, d. h. einer solchen, deren lichtempfindliche Platte wie die Selenplatte des auf Seite 780 des vorigen Jahrgangs erwähnten künstlichen Auges immer wirksam bleibt. Wir benutzen die Gelegenheit, zu bemerken, daß es in jenem kleinen Artikel statt: je seltener es beleuchtet wird, heißen mußten je stärker.