Das Beschlagen des Faschingspferdes im Gailthale
[147] Das Beschlagen des Faschingspferdes im Gailthale. (Mit Illustration S. 137.) Am Faschingsonntag geht es hoch her in den sonst stillen Dörfern des Gailthales. An diesem Tage muß sich ja in jedem reichen Hause beim Mittagsmahle „der Tisch biegen“, und in allen Häusern werden „Krapfen“ in solchen Mengen gebacken, als gälte es heimkehrende Sieger zu bewirthen. Abends beschließt der Tanz die Freuden des Tages und
„Es schmettert das Blech, es rumpelt der Baß,
Die Geigen tönen ohn’ Unterlaß – –“
bis in die späte Nachtstunde hinein.
Dies Alles bildet jedoch nur ein Vorspiel zu dem letzten Scherz in dieser tollen Zeit, zum Beschlagen des Faschingspferdes, welches am Dienstag nach dem Karnevalssonntag stattfindet. Einige Auserwählte der muthigen Dorfjugend zimmern in einem Stalle aus Holz, Pappe und Stroh das wunderliche trojanische Pferd und vermummen sich für den drolligen Umzug. Ihre Garderobe ist von Groß und Klein dicht umschart wie ein Theater in der Großstadt – alle harren ungeduldig auf das Erscheinen der jungen Faschingsnarren. Endlich sind sie kostümirt, der kleine Tambour schlägt die große Trommel und schreitet gravitätisch aus der aufspringenden Stallthür; ihm folgt das weiße Roß auf vier jungen Menschenfüßen; seine Strohmähne flattert im Winde, froh wiehert es aus einer Oeffnung des langen Papierhalses. Ein stattlicher Soldat in einer Uniform aus den Franzosenkriegen führt es am Zügel. Hinterdrein kommt ein großer Schmied mit Hammer und Zange; seine riesige Blechnase glänzt wie das Eisgefilde des Glockners im Morgenlicht; ihm zur Seite gehen Buben als Bajazzos gekleidet mit großen Sammelbüchsen. Ein hundertstimmiges Freudengeschrei begrüßt diesen Zug, der sich nun unter allerlei Possen und Schnacken zuerst vor das Wirthshaus begiebt, wo der Schmied der Wirthin eine launige Anrede hält, die darauf hinzielt, sie möge ihre Hand aufthun, das Faschingspferd wolle beschlagen sein, denn es hätte auf dem Weg zu ihrem Hause einen Huf verloren. Lachend steckt die Wirthin jedem Bajazzo einige Sechserln in die Sparbüchse und bringt Wein und Krapfen für das Roß und sein Geleit.
Der Schmied hebt nun einen Hinterfuß des Pferdes auf und hämmert so tapfer darauf los, daß es sich bäumt und ausschlägt. Ein schallendes Gelächter begrüßt seine Sprünge, und währenddessen raubt der Soldat der nächsten schmucken Dirne einen Kuß, und wenn sie ihn dafür schlägt – einen zweiten und dritten. Und die Bajazzos sind auch nicht faul, sie üben hundert Bosheiten, bis endlich der Schmied seine Arbeit beendet und der Hausfrau prophezeit, es werde der Segen Gottes nicht von ihrem Hause weichen, weil sie das Faschingspferd mit Silber hat beschlagen lassen. Und unter Trommelschall und Gelächter und Jubelgeschrei ziehen sie mit ihrem Roß von Haus zu Haus, bis der Abend einbricht und der Zug ins Wirthshaus zurückkehrt.
Ob der Gebrauch des Pferdebeschlagens germanischen oder wendischen Ursprungs ist, ob das weiße Roß an Odin’s oder Triglav’s Opferthiere gemahnen soll – wagen wir nicht zu entscheiden; doch freuen wir uns, daß solche Feste die wenigen Wenden, die im Gailthale wohnen, mit den deutschen Bewohnern in traulicher Gesellschaft vereinen – und daß sie
dabei lieber und leichter deutsch als „slovenisch“ sprechen.[137]